Gretel und Hänsel: Grimms Märchen neu erzählt → mit farbigen Illustrationen und deren Skizzen zum Aus- und Übermalen
Von Thora Rademaekers, Long Nguyen und Falko Mäbert
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Über dieses E-Book
★ Der Leser bekommt wie bei allen Märchen eine kindliche Stimmung, doch bei dieser neuen Version erkennt man die Zusammenhänge zur damaligen Welt, zu historischen Situationen. Die Geschichte ist ausführlicher gestaltet. Hexenreime tragen zur Leichtigkeit des Lesens bei.
★ Auf den letzten Seiten des Buches finden sich die Skizzen zu den Illustrationen. Hier darf jeder selbst zu bunten Stiften greifen und entweder die farbigen Bilder als Vorlage nutzen und nachstellen oder die Skizzen mit anderen Farben aufleben lassen. Die dicken Buchseiten verhindern das Durchscheinen der Farbe.
► Dieses Märchen besitzt den üblichen Aufbau:
★ Märchenanfang (Titelheldin in einer Notsituation)
★ Märchenhandlung (Aufbruch, Zauber, Prüfungen und Rätsel)
Kinderarbeit, Kinderehen, Krankheiten und Aberglaube treiben die Handlung an, mit der Auseinandersetzungen zwischen Richtig und Falsch, Gut und Böse.
★ Märchenende: Das Gute wird belohnt, das Böse bestraft.
★ Lehre: Sich zu nichts zwingen lassen, was gegen die eigene Natur und Würde ist oder einem Schaden zufügt. Doch niemals sein Glück auf das Unglück anderer bauen.
★ Protagonisten im Handlungsabriss:
Es ist im finsteren Mittelalter. Eine Epidemie rafft die arme Landbevölkerung dahin oder lässt sie so entstellt zurück, dass sie kaum mehr arbeiten können. Gretel, das schöne Kind einer Schusterfamilie soll ihnen Wohlstand bringen. Der Stiefvater will sie in eine morganatische Ehe zwingen. Die Mutter schenkt ihr ein schützendes Amulett und beklagt, dass Frauen keine Wahl haben. Doch das Kind entscheidet anders und läuft fort, tief in den Wald hinein. Ihr Bruder Hans findet sie auf einer Waldblöße. Diese Lichtung führt ein spukhaftes Eigenleben fernab der Gesetze der Natur. Trotzdem kann er seine Schwester nicht zur Umkehr bewegen. Sie legt ihm ihr Amulett um und läuft weiter. Mit jedem Schritt reißen ihr alle vier Jahreszeiten an den Gliedern. Als sie sich zum Trinken über eine Pfütze beugt, sieht sie, dass sie zu einer jungen Frau gereift ist. Unheimliche Mächte haben sie durch die Zeit geführt und nun stand sie vor einem festlich geschmückten Barbarabaum. Der Weg vor ihr ist einladend und ein lebendes Pfefferkuchenhaus auf zwei Hühnerbeinen lockt sie. Eine Stimme in Reimform spricht zu ihr und verlangt, ihren Bruder zu rufen. Sie erliegt den Verlockungen und gehorcht. Einen Augenblick später stand Hans ohne das Amulett vor ihr, ebenfalls um sieben Jahre gealtert. Die unheimliche Stimme gehört einer boshaften Alten, die sich nun den Kindern zeigt. Alles Schöne ist fort, die Umgebung präsentiert sich schauderhaft. Hans sitzt eingesperrt und fett gemästet und Gretel putzt und kocht wie eine lebende Puppe unter einem Zauber. Die Zeit naht, da der Junge gebraten werden soll. Die Kinder versuchen, die erblindete Hexe auszutricksen. Hans gibt mit einem Hühnerknochen vor, noch zu dünn zu sein. Gretel lockt sie mit einem Glücksspiel. Als alles scheitert, fragt das Mädchen, wie ihr Bruder in den Kamin passen soll. Die Alte will es zeigen, da schubst Hans sie in den Ofen hinein. Der böse Zauber war gelöst und die Kinder wandern mit dem Schatz der Hexe den seltsamen Weg zurück zur Lichtung. Dort treffen sie auf ihre Mutter, die hier einst das Amulett wieder gefunden hatte und die nicht aufgehört hat nach ihren Kindern zu suchen. Sie versprechen sich nie mehr zu verlassen und füreinander Verständnis aufzubringen.
Thora Rademaekers
Thora Rademaekers wurde im August 1970 in Schwedt/O. als jüngstes Kind von drei Geschwistern geboren. Im Alter von 19 Jahren verließ sie die DDR und siedelte sich im nördlichen Münsterland an. Dort erlernte sie neben ihrem Beruf als Bürokauffrau, den der Arzthelferin. Als sie Mutter von zwei Kindern wurde, begann sie für diese Gedichte und Geschichten zu schreiben. So entwickelte sich ihre Romanheldin Alva, die sich mit philosophischen Fragen auseinandersetzt. Dabei siedelt die Autorin diese Geschichte im Genre der Urban- und High Fantasy an. Aber auch Märchen der alten Zeit schmückt sie neu aus und verleiht ihnen frischen Glanz.
Ähnlich wie Gretel und Hänsel
Titel in dieser Serie (3)
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Buchvorschau
Gretel und Hänsel - Thora Rademaekers
Es war in einem Jahr ohne Sommer, in einem Jahrhundert, das als die dunkelste Zeit in die Geschichte der Menschheit einging. Hunger dominierte das Leben. Diese Not bestimmte auch den Alltag des Schusters, seiner jungen Frau und deren zwei Kinder.
Alle Hoffnungen der Eltern ruhten auf Greta, der kleinen Tochter, die durch ihre Schönheit manche Blicke auf sich zog. Ihre Mutter kleidete sie stets in dunkle Stoffe und bedeckte ihre Haare, um keine Missgunst oder unkeusche Gedanken im niederen Volk zu erregen. Sobald aber adelige Männer ins Dorf einkehrten, platzierte sie der Vater geschickt am Markt. Dann schmückte auch die Mutter ihre Gretel mit einem roten Kleid, eine Farbe die ihrem Range nach nicht gestattet war. Der Schuster riskierte für diesen Verstoß gegen die Ordnung stets eine Strafe. Für dies Vergehen stand das Errichten einer halben Rute Stadtmauer mit Kalk, Lehm und Steinen. Doch der Charme des Mädchens brachte ihm Nachsicht ein. Der Vater genoss die Gunst eines Freiherren aus dem Adel, der gönnerhaft für den Ablass seiner Strafen sorgte.
Neben Greta wuchs ihr jüngerer Bruder Hans auf. Er war äußerlich schlicht und so lieb, dass er nirgendwo auffiel. Er jammerte kaum, forderte nichts und erledigte alle Aufgaben ohne jedes Murren. Machte er einen Fehler, drohte ihm der Vater damit, ihn als Klaubejunge ins Bergwerk zu schicken.
Mit dem Alter von sechs Jahren galten Kinder als genug entwickelt, um zum Lebensunterhalt beitragen zu können.
Feuchtkalt pfiff der Wind um alle Häuserecken. Menschen und Vieh hatten kaum Fett auf den Rippen und die Kälte zog in ihre Knochen und schmerzte. Der frühe Winter riss seine ersten Opfer durch die Missernten im Sommer.
Zudem ging eine seltsame Krankheit um, die nur nach der armen Landbevölkerung langte. Der Adel blieb verschont. Die hohe Gesellschaft ernährte sich von Fleisch und Weizen, doch es war der Roggen, in den sich ein giftiger Getreidepilz eingenistet hatte. Ein brennender Schmerz durchdrang die Erkrankten wie ein Feuer. Kaum einer empfing Gnade, auch nicht angesichts der Reue seiner Sünden. Der Teufel erntete viele Menschenleben oder ließ sie entstellt zurück.
Der alte Schuster, der sich täglich eine Scheibe Brot zuteilte, litt am meisten. Die Finger schmerzten und die Zehen spürte er kaum mehr, sodass er nur noch plump laufen konnte.
Die fügsame Mutter durfte die Brotkanten essen, wenn das Brot angeschnitten wurde oder sich dem Ende neigte. Doch eines Tages stand sie vor Schmerzen gekrümmt an der Wand und gebar ihr drittes Kind zu früh. Es kam tot zur Welt.
Das Geschwisterpaar brauchte kaum etwas, so entschied es der Vater. Sie hatten gelernt, mit den Krumen auszukommen. Eine Klage darüber hätte ihnen nur eine Strafe eingebracht.
Der Hunger ließ die Kinder auch an jenem Abend nicht zur Ruhe kommen. Sie lagen im Bett und ihre Mägen waren leer wie der Geldbeutel, der am Schrank des