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Rheinland, deine Zombies!: Apokalyptischer Endzeit Roman
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eBook748 Seiten10 Stunden

Rheinland, deine Zombies!: Apokalyptischer Endzeit Roman

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Über dieses E-Book


In einem privaten biologischen Labor im Leverkusener Gewerbegebiet, in dem riskante Experimente durchgeführt werden, wird durch eine schicksalhafte Verkettung von Umständen ein schreckliches Virus freigesetzt, das Tote dazu bringt, aufzustehen und Jagd auf die Lebenden zu machen. Der in Erithrea geborene Doktorand Heinrich Dawit Lederer erhält den Stamm des Virus, um einen Impfstoff gegen die Verwandlung der Lebenden in lebende Tote zu entwickeln. Dieser Urstamm muss in das Bundeswehrlabor in Leipzig gebracht werden, wo sich die besten am Leben verbleibenden Wissenschaftler und Virologen Deutschlands befinden. Heinrich ist bereit, diese Aufgabe zu übernehmen - seine Vergangenheit ist der ISAF Auslandseinsatz in Afghanistan und treue Freunde, die bereit sind, mit ihm durch Dick und Dünn zu gehen.

SpracheDeutsch
HerausgeberTabea Urbiner
Erscheinungsdatum4. Juli 2023
ISBN9798223678816
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    Buchvorschau

    Rheinland, deine Zombies! - Tabea Urbiner

    Prolog

    Dieser Frühlingstag war nicht anders als andere. Es war Mitte März, ganz am Anfang des Frühlings. Es war ein von der Bevölkerung sehnsüchtig erwartet warmer Frühling und man spürte den Atem der aufgewachten Natur. Und während immergrüne Rasenflächen hier und da noch mit Herbstlaubresten bedeckt waren, war es recht voll mit joggenden und Rad fahrenden Personen, die normale Passanten zwangen, Umwege zu finden, aber der Frühling war gekommen, er lag in der Luft, und die Menschen, müde von den garstigen Zuständen des Dauer-Lockdowns der letzten zwei Jahre, warteten auf Wärme und Freiheit. Kurzgesagt, Frühling wie er sein soll – ein Vorgeschmack des Lebendigen, des Blühenden, eine Erneuerung des Lebens eben. Dieser Tag war anders nur in einer Sache: Er war der letzte in einer Abfolge von ruhig fließenden, ähnlichen Tagen. Noch wusste niemand etwas, die Autos fuhren auf den Straßen der Stadt, die Menschen eilten ihren Geschäften nach. Nichts hatte überhaupt Zeit zu geschehen, aber alles Wahrhafte, die Weltordnung begann bergab zu beschleunigen, bis zu jenem letzten Sprungbrett, von dem es nur einen Weg gab - in die Dunkelheit.

    In den Tod.

    Die Krüger-Schwestern

    14. März, Montag, Nachmittag

    Die ältere Schwester hieß Franziska, und sie war zwanzig Jahre alt. Groß, dunkelhaarig und dunkeläugig, hatte sie keine Ähnlichkeit mit ihrer Mutter oder ihrem Vater, aber sie ähnelte auffallend den Porträts ihrer Großmutter mütterlicherseits, einer Schauspielerin am Kölner Senftöpfchen Theater, die in den Nachkriegsjahren fast alle Hauptrollen spielte, bis zu ihrem tragischen Tod bei einem Autounfall in 1964. Franziska studierte Kommunikations- und Medienwissenschaft an der HHU in Düsseldorf und träumte davon, wie sie zukünftig mit ihren kritischen Reportagen zum Thema Umwelt-, Arten- und Tierschutz den Zuschauern die eine oder andere Träne abringt. Sie liebte Tiere wahnsinnig und diese Liebe führte mehr als einmal zu den bittersten Konsequenzen. Die aus dem Tierheim mitgebrachten Katzen haben die Vögel gefressen und die schönen Fische aus dem Aquarium gefischt. Die ebenfalls aus Tierheim „geretteten Hunde gerieten mit den Katzen aneinander und verursachten gelegentlich Chaos in der Wohnung. Die Tiere wurden dann schließlich mithilfe von Franziskas FB Freunden in gute Hände gegeben, um Platz für die nächste Generation der „Geretteten zu schaffen.

    Doch in den letzten Monaten stellte sich in der Wohnung ein prekäres Gleichgewicht ein - das neue Aquarium machte es schwierig für den Kater, Fische zu fangen, und es wurde zudem beschlossen, keine Hamster mehr zu kaufen, damit sie nicht an diese riesige flauschige schwarze Kreatur mit düsteren gelben Augen verfüttert werden. Zwischen dem Hund - einer Mischung aus kaukasischem Schäferhund und wer weiß was noch - und dem Kater entstand eine Art Waffenstillstand, basierend auf dem sanften Wesen des Ersten und einer monströsen Arroganz und Gerissenheit des Zweiten. Kurzum, der Kater hat es geschafft, die Umwelt an seinen Lifestyle anzupassen.

    In diesem Augenblick Franziska „predigte nun „für den Weltfrieden, um ihre Mutter zu zitieren. Ihre Rede richtete sich an ihre jüngere Schwester, die siebzehnjährige Schülerin Tina, die Tiere liebte, aber keine Journalistin werden wollte, und deren Lebenspläne nur darin bestanden, die meisten Grand-Slam-Pokale zu gewinnen und anschließend alle Boulevardzeitungen der Welt mit ihren Fotos zu schmücken. Dafür verbrachte sie fünfmal pro Woche drei Stunden in der Tennisschule und hämmerte fleißig gelbe Bälle in den rötlichen Bodenbelag des Courts. Außerdem verbrachte sie jeden Tag ein wenig Zeit mit Schularbeiten und viel Zeit damit, nackt im Badezimmer vor dem Spiegel zu stehen, mit Bildern von Kurnikowa und Scharapowa auf dem Schminktisch. Jedes Mal, wenn sie zugab, dass ihre Figur nicht schlechter war als die von Kurnikowa und ihr Gesicht nicht schlechter als das von Scharapowa, kam sie in der Regel zu dem Schluss, dass sie die Tugenden von beiden vereint hatte und es besser war, gleich einen Platz auf den Titelseiten der Wochenzeitschriften zu buchen. Tina, mit einem Gesicht, das dezent an ihre Mutter und ihren Vater erinnerte, war von Natur aus blond, von mittlerer Größe und mit einer athletischen Figur.

    Die Schwestern tranken Chai Latte, während sie am Bartisch in der geräumigen Küche saßen, die mit Edelstahl glänzte und wie ein Leichenschauhaus aus einem Amerikanischen Krimi oder ein Kommandoposten eines Raumschiffs aus einer alten sowjetischen Fiktion aussah.

    Die Familie Krüger zog vor einem Jahr in die Wohnung aus einer typischen Reihenhaussiedlung im Kölner Vorort auf der „Schäl Sick". Der Vater der Schwestern, Hermann, war ein in akademischen Kreisen berühmter Virologe, der die Hälfte seiner Karriere mit Expeditionen verbrachte, auf der Jagd nach besonders seltenen und besonders fiesen Krankheitserregern. Hermann hat zahlreiche Aufsätze und Monographien veröffentlicht, die ihm viel Ruhm in wissenschaftlichen Kreisen und eher durchschnittliches Geld einbrachten.

    Vor ein paar Jahren hatte er jedoch Glück. Die Forschungsgruppe, die er leitete, war Teil eines gemischten deutsch-Amerikanischen Teams von Virologen. Die Amerikaner hatten einen Zuschuss von einer Amerikanischen Stiftung unter dem NCID in Atlanta, Georgia erhalten. Daraufhin begab sich Hermann auf eine Expedition, und zwar nicht irgendwohin, sondern zunächst nach Australien und dann nach Haiti. Er kehrte zurück, mit einer Sonnenbräune und einem neuen Thema, in das er sich kopfüber stürzte, um es zu bearbeiten. Und gleich darauf folgte die Einladung, eine Forschungsgruppe in Deutschland zu leiten, die an diesem Programm arbeitet. Hermann überlegte nicht lange, vor allem, als man ihm von dem Gehalt, den Boni und anderen Möglichkeiten erzählte, die es ihm erlaubten, den Lebensstandard seiner Familie auf ein deutlich höheres Niveau zu heben.

    Wenig später stellte sich jedoch heraus, dass Hermanns eigentlicher Arbeitsplatz die berüchtigte Firma ‚Luigo Pharma Holding" war, die einem nicht minder bekannten Michael Thierburgh gehörte - einem sehr vermögenden Unternehmer mit den Neigungen eines Stiers im Porzellanladen. Seit den späten 90ern hat er ein Firmenimperium im Bereich Nahrungsergänzungsmittel und Immobilien aufgebaut. Er war auch derjenige, der die Stiftung finanzierte, obwohl sie Amerikanisch war.

    So zogen Hermann und seine Mitarbeiter in ein zweistöckiges Gebäude im Gewerbegebiet zwischen Köln und Düsseldorf, das früher ein Laborgebäude einer Sparte des Leverkusener Pharmakonzerns war. Nach der Restrukturierung wurde ein großer Teil des Geländes von anderen Firmen aufgekauft, und ein großer Teil wurde von einer Firma namens OptiChem Development GmbH übernommen, einer der unzähligen „Töchter" der Luigo Pharma Holding AG.

    Die Örtlichkeit war abgelegen. Die Zufahrt zu ihr war etwas umständlich, erst durch das Werksgelände, obwohl das Laborgrundstück selbst an die Industriestraße grenzte, wobei bei Bedarf und mit relativ wenig Aufwand war es durchaus möglich, eine separates Torhaus zu errichten.

    Dann erschien ein ehemaliger Mitarbeiter der Justizvollzugsanstalt Köln, ein gewisser Marco Austewig - mittelgroß, stämmig, mit einem unscheinbaren Gesicht, aber arrogant wie ein Panzer. Aktuell war der ehemalige ADVler Austewig im Sicherheitsdienst des Konzerns Luigo Pharma tätig und bekleidete dort eine herausgehobene Position. Durch sein Wirken wurde das eingeschlafene Dasein der „Opas" – betagter Wachleute, durch große Kerle in schwarzer paramilitärischer Uniform, mit Pistolen und Teleskop-Schlagstöcken am Bund und mit halbautomatischen Schrotflinten über der Schulter ersetzt. Dann fluteten osteuropäische Arbeiter das Gelände, Lastwagen mit Laborausrüstung beladen, und in sechs Monaten war das ehemalige Laborgebäude aus grauen Betonblöcken, die vom Regen ergraut waren und deprimierend aussahen, in etwas verwandelt worden, das wie ein modernes Gebäude aussah, mit Fenstern aus Isolierglas und einer noch moderneren Ausstattung im Inneren.

    Um es einfach auszudrücken: Hermann hatte noch nie ein Labor wie dieses. Das einzige, was seine Arbeit dort überschattete, war die regelmäßige Anwesenheit von Austewig, den Hermann auf den Tod nicht ausstehen konnte, da er ihn intuitiv einer tiefen geistigen Abscheulichkeit verdächtigte. Aber Austewig selbst hielt sich aus Krügers Sicht heraus, erschien nicht mehr als zweimal pro Woche und kurz im Labor und behielt es nur mit einem halben Auge im Blick. Er hatte genug  andere Dinge zu tun. So verlief der Arbeitsprozess in den letzten Jahren recht reibungslos.

    Eine weitere etwas verwirrende Sache war, dass ein privates Unternehmen begann, mit wenig erforschten Viren innerhalb der Stadtgrenze zu arbeiten, aber auf der anderen Seite war die Stadt Leverkusen selbst um ein Riesenlabor herum gebaut worden. Hermann wusste, mit welchen Sicherheitsvorkehrungen zum Beispiel Militärbiologen arbeiteten - sein ehemaliger Doktorand Heiko Müricke war derzeit in einer leitenden Position eines solchen geschlossenen Militärlabors für die Entwicklung von Impfstoffen. Hier gab es nichts, was deren Sicherheitsmaßnahmen ähnelt. Austewig selbst versicherte, dass der Schlüssel zur Sicherheit darin bestand, so wenig Aufmerksamkeit wie möglich zu erregen. Allerdings hatte hier auch niemand vor, mit gefährlichen Kulturen arbeiten, also dachte Hermann nicht allzu viel darüber nach. Darüber hinaus unterzeichnete Luigo Pharma auf einen Schlag den Arbeitsvertrag mit Hermann mit garantierter fast lebenslangen Beschäftigung, gestand ihm ein wahrhaft königliches Gehalt zu, und unterstützte ihn vor kurzem bei der Erlangung eines Immobiliendarlehens zur Finanzierung der 180 Quadratmeter großen Wohnung mitten in der begehrten Lage Düsseldorfs.

    Als Ergebnis zog die Familie Krüger in eine neugebautes, Business-Class Wohnkomplex in der Nähe der U-Bahn Universität, und ihr altes Reihenhaus wurde recht zügig erfolgreich verkauft, womit die Mutter von Schwestern, Celine, ausreichend Mittel zur Verfügung hatte, um neue Möbel zu kaufen. Es schien, als käme der reale Wohlstand.

    Doch die inbrünstige Rede, die Franziska jetzt zu ihrer jüngeren Schwester hielt, war kein Lob für Krüger-Vater für ihr schickeres Leben. Franziska hatte entdeckt, dass Virologen Experimente an Tieren durchführen. Nicht, dass sie das nicht schon vorher gewusst hätte, aber Hermann arbeitete mehr im Feld, und seine Kollegen infizierten die Tiere. Nun begann Hermann, im Labor zu arbeiten. Und eines Abends stellte ihm seine älteste Tochter wie beiläufig eine Frage: „Pa, welche Art von Tieren verwendet ihr? Ich meine, für Experimente?"

    Er befand sich mitten in einem wichtigen und recht komplexen Gedankengang, und daher sich der wahren Bedeutung der Frage gar nicht bewusst. Also antwortete er automatisch, dass es sich natürlich um einen kompletten Satz handelt – angefangen bei Ratten bis hin zu Affen. Das Gespräch entwickelte sich nicht weiter, aber Franziska brandmarkte ihr Elternteil sofort als Tierquäler und Vivisektierer. Darüber hinaus war sie so unachtsam, diese neue Erkenntnis mit ihren Freunden aus der Uni zu teilen, die aus verschiedenen Gründen ihre Ansichten über das Problem der Tierrechte teilten. Infolgedessen bildete Franziska einen Kreis von Gleichgesinnten, der es nicht zuließ, das „Drama um Hermanns Tierquälerei" zu beruhigen.

    Franziska hat sogar aufgehört, mit ihrem Vater zu sprechen, außer wenn sie Geld brauchte, denn ihre Mutter hielt Franziska’s Taschengeld in Grenzen. Aber Hermann, ein Workaholic in einem schweren Stadium dieser respektablen Krankheit, bemerkte es, seinem Verhalten nach zu urteilen, nicht einmal und beraubte so seine Tochter der Möglichkeit, ihm mit einem wütenden Vorwurf auf die Frage zu antworten: „Franzi, was ist passiert?" Ihre Schwester fungierte nun als Papas Anwalt.

    „Wie kannst du ihn verteidigen?! Er macht Tierversuche! Verstehst du das? Es ist, als ob er an Tommy oder Flex experimentieren würde!. Das sind die Namen des Katers und des Hundes. „Liebst du sie? Du liebst sie doch? Würdest du sie Papa geben, damit er sie mit einer Seuche infiziert und sieht, was passiert?

    „Zuallererst liebt Papa die beiden, erwiderte Tina, „Tommy schläft auf seinem Kopfkissen. Nicht auf deinem, sondern auf seinem, nebenbei bemerkt. Zweitens: Kennst du eine andere Möglichkeit, Arzneien zu testen? Nach dem, was ich so gehört habe, haben sie noch keine andere Methode erfunden.

    „Sollen sie es doch erst erfinden und dann ihre Doktorarbeiten schreiben!"

    Tina gekicherte. „Ich glaube, mein Vater hat schon vor zehn Jahren alle möglichen Doktorarbeiten verteidigt. Oder ist es noch länger her?"

    „Also hilft er anderen, seinen Komplizen, die Doktorarbeiten zu schreiben!"

    „Weißt du überhaupt, was sie machen?"

    „Ich weiß es nicht und will es nicht wissen!, Franziska winkte nur ab. „Es reicht mir, dass sie in ihrem Labor Tiere quälen!

    Tina zuckte mit den Schultern, als wollte sie sagen: „Was für ein Dummkopf", sagte aber trotzdem:

    „Soweit ich weiß, arbeitet man an der Möglichkeit, den Organismus bei langen Weltraumflügen zu konservieren, ohne ihn einzufrieren. Und generell das Überleben unter extremen Bedingungen. Wenn man zum Beispiel in die Antarktis geht, friert man ein. Wenn du in warme Umgebung gebracht wirst, taust du auf und läufst einfach weiter. Etwas geht in deinem Körper aus und schaltet sich  wieder ein, wenn du es brauchst"

    Franziska schnaubte und starrte ihre Schwester mit den Händen in den Hüften an.

    „Woher hast du das, Kurnikowa? Hat der Trainer es dir gesagt?"

    „Ich habe mir die Notizen meines Vaters angesehen, antwortete ihre Schwester nonchalant. „Er hat sie alle auf dem Tisch. Er schreibt einen Aufsatz oder ein Buch über seine Arbeit. Nimm und lies es doch selbst.

    „Und du willst mir erzählen, dass du alles verstanden hast? Was hattest du in diesem Halbjahr in Bio?", fragte Franziska, indem sie so viel Sarkasmus in ihre Stimme legte, wie sie konnte.

    „Ich habe das Vorwort verstanden, zuckte Tina mit den Schultern, „Wenn du den Rest verstehen willst – lies es selbst, du bist ja so schlau, Bestnoten und so, zum Thema Tierschutz wirst du bald im Fernsehen zu sehen sein.  Ist genau der richtige Fall für dich. Gehe und lies. Das nennt man übrigens Investigativer Journalismus.

    „Woher hast du das ‚und so‘?,  Franziska grinste. „Von deinen unterbelichteten Sportkameraden?

    „Nein, aus Büchern, die Absolventen des Studiengangs Journalistik schreiben. Ich muss los."

    Tina verließ die Küche, hob ihre Tennistasche vom Boden im Flur auf, schob die herumlungernde Katze von sich und ging hinaus in den Flur. Als sie die Tür erreichte, klingelte es an der Türsprechanlage. Tina ignorierte den Ruf, drehte sich nur zum Inneren der Wohnung um und rief:

    „Streberiiin! Der Rest der Rattenrechtler ist hier, um dich zu sehen.", und ging zur Tür hinaus.

    Sie stieß mit den Schützern zusammen, als sie den Aufzug verließ. Es waren vier Schützer - ein Mädchen und drei Jungs. Das Mädchen Ronja und zwei Jungs studierten mit Franziska im gleichen Studiengang. Der dritte war Ronjas älterer Bruder Rezzo. Doch der kleine, schwächliche Rezzo, der eine Nerdbrille mit dickem, eckigen Plastikgestellen trug, was nicht zu seinem dünnen, spitzen Gesicht passte, sah viel jünger aus als seine Schwester. Ronja war übergewichtig, aber zu ihrem Pecht nicht „curvy- ihre cellulitischen Oberschenkel bildeten Ohren, die sie versuchte, in zu enge schwarze Hosen zu drücken. Hosen-Ohren" nicht reduzieren, sondern eher betonen, außerdem fielen Ronja Fettflanken aus dem engen Bund und hingen wie ein Muffin Top.

    Ronja selbst hielt sich aus irgendeinem Grund für ein Szene-Diva, die sich zum Dark Wave-Stil hingezogen fühlte, also färbte sie sich die Haare in einem radikalen Schwarz mit weißen Strähnen und trug ein blass-rotes Make-up, das, gepaart mit einer langen Nase und aufgerollten schwarzen Augen, sie einfach creepy aussehen ließ.

    Rezzo hatte bereits sein Studium an der RWTH abgeschlossen und war ein sehr fähiger Programmierer. Er langweilte sich jedoch, sein unbestreitbares Talent für friedliche Zwecke einzusetzen.

    Einer der anderen beiden Jungen - Timo, groß, leicht schielend und früh kahl werdend, war der Enkel eines TV-Produzenten, und Bünyamin war der Sohn eines erfolgreichen Rechtsanwalts. Im Allgemeinen bildete sich diese Clique, weil Bünyamin - dunkelhaarig, gutaussehend und von der Aufmerksamkeit der Mädchen verwöhnt - beschlossen hat, die Gunst von Franziska zu erlangen.

    Anders als der Rest von Bünyamins Mädchen, brach Franziska nicht kraftlos unter seinem charmanten Druck zusammen. Dafür war Franziska zu sehr in sich selbst vertieft und zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Deshalb behandelte sie ihre Verehrer etwas abweisend und - man könnte vielleicht sagen - despotisch. Manchmal bemerkte sie ihre Anwesenheit nicht einmal. Infolgedessen machte sich Bünyamin daran, um Tiere und die Umwelt zu schützen, an deren Schicksal er in seinem Leben nie gedacht hatte, sein Freund Timo schloss sich ihnen an, weil er sich immer zu Bünyamin gesellte, Ronja betrachtete sich als Timos Freundin, und alles wäre auf der Ebene von Kaffeeklatsch geblieben, wenn es nicht Rezzo gegeben hätte.

    Trotz seines eher „friedlichen Berufs als Programmierer war Rezzo im Herzen ein leidenschaftlicher Mann, der bereit war, seine ganze Zeit jeder Form von politischer Aktivität und/oder Action zu widmen: dem Tierschutz, dem Kampf für soziale Gerechtigkeit, der Ausrottung von Tieren oder dem Kampf gegen jede Form von sozialer Gerechtigkeit - solange es nach einer Verschwörung roch und ihm das Gefühl gab, dass er außergewöhnlich war und Teil von etwas Großartigem sein konnte. Nachdem Rezzo also in ihren Kreis eingetreten war, begannen die Gedanken der Schützer" eine ziemlich konkrete und bereits gefährliche Richtung einzuschlagen.

    Die ganze Clique der Schützer nahm, nachdem sie Tina vorbeigelassen und gegrüßt hatte, den Aufzug in den sechsten Stock und ging hinaus auf den Flur. Franziska wartete bereits an der offenen Tür auf sie. Nachdem sie die obligatorischen Küsschen, also an beiden Seiten des Gesichts die Luft in der Nähe der Wangen geschmatzt hatten, wie es nach der Ferrero-Werbung im Fernsehen plötzlich zum Usus wurde, betraten die jungen Leute die Wohnung.

    „Käffchen?", fragte Franziska in die Runde.

    Alle wollten Kaffee. Franziska ging in die Küche, und man konnte dort das Surren der Kaffeemühle hören. Der Duft von frisch gemahlenen Arabica Bohnen breitete sich in der Wohnung aus.

    Hermann Krüger, Virologe

    14. März, Montag, am Nachmittag

    Hermann Krüger stand im Labor vor einer Doppelwand aus dickem Sicherheitsglas mit Metallrahmen. Es waren noch zwei andere Personen bei Krüger. Einer war jung, groß, schlank, drahtig und leicht gekrümmt, Afrikaner mit relativ hellen Haut und sehr kurzem Haarschnitt. Der andere hingegen war eher älter, von untersetzter Statur und trug eine Brille ohne Rahmen. Er hatte sein schütteres graues Haar zurückgekämmt.

    Der größere hieß Heinrich Lederer, er war ein Doktorand, und Professor Krüger war sein Doktorvater. Der andere war ein Amerikaner aus einem Forschungsinstitut, das dem Amerikanischen Pharmakonzern LifeTek Inc. gehört, Dr. Edward DiMaggiore. Er war zwei Monate zuvor aus den USA angereist, um mit Krüger an diesem Projekt zusammen zu arbeiten. Sie waren damit beschäftigt, die Ergebnisse zusammenzustellen, die in ihren Ländern von den beiden Forscherteams erzielt worden waren. Er sprach ein wenig Deutsch, und Krüger beherrschte fließend Englisch, also kamen sie ohne Dolmetscher aus.

    Nun kamen sie wegen eines „Notfalls" ins Vivarium, und die große Verwirrung konnte man allen Drei sehr gut ansehen. Hinter Glaswänden reihten sich mehrere Regale mit großen Drahtkäfigen aneinander. Die Regale waren durch Wände in Fächer unterteilt. Einige Käfige waren leer, und in einigen waren Grünen Meerkatzen, die aus Afrika gebracht wurden. Im ersten Käfig auf der linken Seite war ein lag ein regelrechter Kannä und chaotisches Durcheinander vor. Einer der Käfige stand offen, ein anderer war ebenfalls auf den Boden gekippt worden. Die Tür aufgeschlagen, und obwohl sich kein Affe im Käfig befand, war der Boden unter der Gitterwand mit Blut verschmiert, und eine purpurne, klebrige Pfütze aus Haaren und anderen Teilen schwamm in dem lila, schnell wachsenden, klebrigen Durcheinander.

    Einer der Affen, dessen Gesicht blutverschmiert war, saß in der Nähe auf dem Boden und schaukelte unruhig hin und her wie ein Wackelkopf. Der andere saß auf dem umgestürzten Käfig, aber nicht ganz. Sie saß zwar aufrecht, aber an einem ihrer Arme war kein Fitzelchen Fleisch oder Fell zu sehen, und die irgendwie zusammenhaltenden Knochen hingen runter wie Peitschen. Ihm fehlte auch ein Teil des Gesichts, genauer gesagt die gesamte linke Hälfte, die sorgfältig von den Knochen abgeknabbert worden war. Der Affe saß schweigend und vollkommen still, und es war offensichtlich, dass solche grausamen, wahrscheinlich sogar tödlichen Wunden ihn überhaupt nicht störten, als ob nichts geschehen wäre.

    „Was war denn los?", fragte Hermann Krüger seinen Doktoranden.

    „Die Schlösser an diesen Zellen sind defekt, ich habe das mehrmals gesagt, sagte Heinrich. „Sie öffnen sich unkontrolliert. Früher oder später laufen alle Affen weg.

    „Was die Schlösser betrifft, habe ich verstanden, sie werden nächste Woche komplett ausgetauscht, aber was genau ist passiert?"

    Lederer nickte zu der Reihe von Computermonitoren auf dem Tisch. „Schlagen Sie alles in den Protokollen nach, aber in aller Kürze... Es gibt nur zwei Affen in diesem Regalfach, beide sind infiziert worden. Sie sitzen schon seit über einem Monat und fühlen sich prima."

    „Das sind diejenigen, die mit HIV infiziert sind, wandte sich Krüger an DiMaggiore. „Wir haben versucht, das HIV-Virus mit unserer ‚Nr. 13‘ zu verdrängen.

    „Und was ist das Ergebnis?"

    „Es stellt sich heraus, dass wir AIDS besiegen. Und nicht nur AIDS. Alle Hepatitisarten, zum Beispiel, sogar die gewöhnliche Grippe. Alle viralen Erkrankungen. Unser Virus duldet überhaupt keine Konkurrenten, schon gar nicht solche, die für den Träger schädlich sind. Wenn wir es schaffen, die ‚13‘ auf ein stabiles Niveau zu bringen, können wir vorab nach Stockholm fahren und dort schon auf den Nobelpreis warten. Und Mr. Thierburgh wird zehnmal reicher sein. Oder einhundert. Tut mir leid, Heinrich, und was nun?"

    Lederer nickte und fuhr fort: „Ich hörte ein Geräusch und rannte ins Labor. Einer der Affen schaffte es, den Käfig zu öffnen, begann im Regalfach herumzuspringen, öffnete den zweiten Käfig und hing dann an dessen offener Tür. Der zweite Affe begann ebenfalls auszuflippen, und die beiden schüttelten den Käfig und ließen ihn aus dem Regal fallen, so dass der Käfig den an der Tür hängenden Affen tötete. Seine Hand blieb in den Gitterstäben stecken, der Affe konnte nicht ausweichen, und der Käfig fiel auf ihn und brach ihm den Brustkorb. Wenn er seine andere Seite zu Ihnen dreht, können Sie sehen, welche Wunde er hat. Alle seine Rippen sind gebrochen und ihre Lunge ist wahrscheinlich durchgebohrt. Der zweite Affe bekam Angst und verkroch sich in die hinterste Ecke des Regalfachs. Während ich meinen Schutz anlegte und beabsichtigte, hineinzugehen und aufzuräumen, bewegte sich der tot geglaubte Affe plötzlich."

    Gleichzeitig spulte Lederer auf dem Computerbildschirm an die richtige Stelle ein Schwarz-Weiß-Video zurück, das von einer Überwachungskamera aufgenommen worden war. „Hier, schauen Sie von dieser Stelle an."

    Einer der Bildschirme zeigte ein Bild von Lederer, der an der Glaswand stand, einen weißen Overall trug, aber ohne Helm, auf dem zweiten und dritten Bildschirm war es möglich, das Regalfach von innen zu beobachten. Tatsächlich regte sich der aufgespießte Affe plötzlich, kletterte unter dem Käfig hervor, setzte sich hin und erstarrte in Stille. Das weckte die Neugierde des zweiten Affen. Er näherte sich langsam ihrem unerwartet wiederbelebten Freund. Aber er kam nicht näher, als ob etwas ihn auf Abstand hielt. Seine ganze Körperhaltung war ein Ausdruck von Unsicherheit. Der auferstandene Affe reagierte nicht auf die Annäherung, schaute nicht einmal in diese Richtung. So ging es etwa drei Minuten lang weiter. Dann stürzte der Auferstandene lautlos, ohne einen Laut von sich zu geben, und ohne irgendeine Warnung oder Drohgebärde zu machen, auf den anderen zu, packte ihn und schubste ihn zu Boden. Es folgte ein kurzes Gerangel, dann hörte der Angegriffene auf zu zucken und streckte sich auf dem Boden aus, und der Wiederauferstandene setzte sich neben ihm und ergriff seinen Arm.

    „Ist... ist es das, was er tut?", DiMaggiore fragte.

    „Er hat ihn getötet und jetzt isst er ihn", antwortete Lederer.

    „WTF?!, als würde er seinen Augen nicht trauen, schüttelte der Amerikaner den Kopf. „Warum? In unseren Berichten wurden nie Fälle von unmotivierter Aggression oder Kannibalismus erwähnt. Und Grüne Meerkatzen sind Pflanzenfresser.

    „Unsere Berichte umfassen entweder Feldbeobachtungen an Menschen oder Experimente an Ratten, zuckte Lederer mit den Schultern. „Vielleicht ist das Virus mutiert, vielleicht ist es aber auch die Einwirkung direkt auf die Psyche des Affen. Und die Aggression ist sehr motiviert, so scheint es mir - um der Nahrung willen. Welches andere Motiv brauchen Sie? Da, da, schauen Sie! Hier kommt das Wichtigste!

    Er tippte mit seinem Fingernagel auf den Bildschirm des Monitors. Dort geschah etwas Erstaunliches. Der eine Affe fraß weiter Fleisch vom Arm des anderen, während der andere, der inzwischen tot war, sich bewegte.

    „Sehen Sie?"

    Der Killeraffe ließ plötzlich sein Opfer fallen, trat zur Seite, setzte sich auf den Boden und machte schluckende Bewegungen. Der zweite Affe setzte sich ebenfalls hin und erstarrte. Dann begann er hin und her zu schwanken.

    „Und so saßen sie über eine Stunde lang da. Es hat sich nichts geändert. Beide scheinen tot zu sein. Die Wärmebilder zeigen, dass ihre Körper weiter abkühlen", resümierte Lederer.

    „Worauf wollen wir also hinaus? Der Virus funktioniert, aber nicht ganz so, wie wir es uns erhofft haben?" DiMaggiore fragte.

    „Es scheint so, antwortete Krüger für den Doktoranden. „Beide waren trotz der Infektion am Leben. Sie waren auf den ersten Blick völlig gesund, bis einer von ihnen bei einem Unfall starb. Und hier sehen wir die Bestätigung der australischen und haitianischen Fabeln - der tote Affe ist ‚aus dem Sarg auferstanden‘, und zwar ganz klassisch, um sich ‚von den Lebenden zu ernähren‘. Obwohl auch bei den Aborigines Aggression nicht durch Fakten bestätigt wurde, nur in Märchen. Wie ist es dazu gekommen?

    „Höchstwahrscheinlich eine portale Hypertension, wie wir bereits vermutet haben. In der Tat müssen wir sie fangen. Und hineinschauen.", sagte Lederer. 

    DiMaggiore sah ihn aufmerksam an: „Sie verstehen, wie vorsichtig Sie sein müssen?"

    „Ich verstehe, nickte Lederer. „Und ich habe nicht vor, diese Affen allein einzufangen, ich werde Laboranten einbeziehen, mit Schutzausrüstung und allem Pipapo. Übrigens habe ich Methoxyfluran in diesem Fach dreimal freigesetzt - ohne Wirkung. Sie scheinen überhaupt nicht zu atmen. Ich habe die Wirkung sogar in einem anderen Fach getestet, mit nicht infizierten Affen, aber dort hat es funktioniert. Die Tiere waren innerhalb von drei Minuten eingeschlafen. Und diesen beiden macht das Gas überhaupt nichts aus.

    „Ja, interessant, seufzte DiMaggiore. „So etwas hatten wir vermutet, aber nicht in der gleichen Art und Weise oder mit der gleichen Wirkung. Nun müssen wir sehen, was daraus folgt und wie wir es zum besten Nutzen der Menschheit wenden können. Haben wir noch mehr infizierte Exemplare?

    „Nein, aber es ist nicht schwer, es zu einzurichten, grinste Lederer. „Wir infizieren sie. Und wir fangen besser mit den Ratten an, es gibt nicht genug Affen.

    Die „Tierrechtler"

    14. März, Montag

    „Rezzo, bist du sicher, dass deine Bombe niemanden umbringen wird, fragte Ronja ihren Bruder. „Es geht diesmal um etwas anderes, als irgendwelche Datenbanken zu hacken.

    Rezzo schüttelte verneinend den Kopf: „Ich habe alles vermessen und berechnet. Die Abschnitte des Betonzauns entsprechen fast genau den Fenstern in der Gebäudewand. Der fünfte Abschnitt auf der linken Seite befindet sich genau gegenüber dem ersten Fenster auf der linken Seite im ersten Untergeschoss. Nachts hält sich dort niemand auf, die Fenster sind fast ebenerdig. Zwei Wachen befinden sich im Hauptgebäude, eine weitere am Torhaus."

    „Vielleicht wird das Gebäude auch nachts bewacht?", fragte die Schwester erneut. Je näher die Umsetzung rückte, desto weniger gefiel ihr die ganze Idee. In der Planungsphase schien es Spaß zu machen, aber je näher es zu konkreten Taten kam, desto erschreckender wurde es. Rezzo war das egal, er sah nur ein neues Ziel vor sich und ging voran, um es zu erreichen.

    „Ich habe gezählt, wie viele Leute kommen und gehen, erwiderte ihr Bruder leicht entrüstet. „Die Kellerfenster sind alle dunkel, nur die Notfallbeleuchtung ist an. Ich habe mein Smartphone an einem Selfie-Stick über den Zaun gehoben und alles gefilmt. Es kann keinen Fehler geben. Und Franziska war ja auch schon mal da - sie besuchte Papa am Arbeitsplatz und schaute durch das Fenster. Sie sagte, es gäbe einige Geräte und Computer. Und etwas, das ein Schaltschrank zu sein scheint. Wenn die Explosion all das wegfegt, wird es lange dauern, es wieder aufzubauen. Und die Bombe wird nicht einmal im Gebäude hochgehen, sondern draußen. Glas wird zerspringen, Computer werden zerbrechen, materieller Schaden wird angerichtet, das ist alles. Und was Franzi vorschlägt, ist unmöglich, denn wir kommen nicht einmal über den Zaun.

    „Zumindest könnten wir versuchen, die Tiere zu befreien, und so würden wir sie womöglich töten." Dies wurde in der zaghaften Hoffnung gesagt, dass sich der ganze finstere Plan einfach in einen Scherz verwandeln würde. Und alle würden einfach nach Hause gehen.

    „Die Käfige sind an einem ganz anderen Ort, das hast du selbst gesagt", ärgerte sich Rezzo leicht.

    „Eine Bombe ist eine Bombe!"

    „Was soll das heißen?, er sprang in seinem Stuhl auf, „Das soll eine Bombe sein? Ein Böller, hergestellt aus Salpeter und Heizöl. Weich wie Teig, eingewickelt in Frischhaltefolie. Gibt nicht einmal Splitter ab. Es kann nichts passieren, es ist wahrscheinlicher, dass der Betonzaun umkippt, als dass die Wand des Gebäudes beschädigt wird.

    Die Tierschützer beschlossen, in Aktion zu treten. Wie immer bei solchen Unternehmen, die von radikalen Ideen geleitet sind, für eine edle Sache zu kämpfen, tun sie früher oder später etwas, das sie entweder selbst bereuen oder, was noch häufiger der Fall ist, jemand anderes bereut. Jeder wollte im Kampf ein wenig weiter gehen als der andere. Rezzos Anwesenheit spielte die Rolle eines Katalysators, und am Ende beschlossen sie, eine Explosion im Hof des Forschungsinstituts zu arrangieren, in dem Hermann Krüger  arbeitete.

    Man muss es den Terroristen lassen: sie versuchten ihr Bestes, um Verluste zu vermeiden, und selbst das Verursachen von Sachschäden schien nicht so wichtig zu sein. Die Hauptsache - etwas zu tun, das dann untereinander besprochen werden könnte und das sie in etwas Geheimes verwickelt machen würde. Und im Allgemeinen, mit Ausnahme von Franziska, war das Schicksal der Affen, die im Forschungsinstitut eingesperrt waren, eher nebensächlich.

    Der Plan war nicht besonders kompliziert. Irgendwo im Darknet hatte Rezzo eine Anleitung zur Herstellung von Sprengstoff und Zündern gefunden. Er kaufte die nötigen Zutaten und baute einen  „mantellosen Sprengsatz", der etwa drei Kilogramm wog, zusammen. Das einzige Problem bestand darin, den Sprengsatz vor den dafür vorgesehenen Fenstern im Kellergeschoss des Gebäudes zu positionieren, um die Möglichkeit auszuschließen, dass die Bombe an anderer Stelle explodiert und jemanden verletzt.

    Eine recht elegante Lösung des Problems kam Rezzo in den Sinn, als er zufällig im Park ein Boule Spiel beobachtete. Und Rezzo hat so etwas wie eine Hängerutsche mit einem kleinen Sprungbrett aus einem Aluminiumwinkel gebaut. Wenn er es oben auf das Zaunende stellte, mit dem Sprungbrett in Richtung der Fenster, vorsichtig „die Teigrolle" Bombe darauf legte und losließ, würde es auf den Boden fallen und bis zum ausgewählten Fenster rollen.

    Dennoch war das Forschungsinstitut keine militärische Einrichtung, und man ging davon aus, dass die dort betriebene Forschung keine ernsthaften Probleme verursachen könne. Warum sollten irgendwelche Bösewichte nicht als biologisch gefährliche eingestufte Stoffe aus einer nicht als Hochsicherheitslabor eingestuften Einrichtung brauchen, die in ferner Zukunft nützlich sein könnten, zum Beispiel in der Weltraummedizin. Daher wurde das Gebäude vor allem vor Dieben bewacht, die gerne neue Computer stehlen würden, vor Betrunkenen, denen es nichts ausmacht, um die Ecke zu urinieren und vor Obdachlosen, die gerne in den Kellern übernachten würden, wenn sie die Gelegenheit dazu hätten. Drei Wachen, bewaffnet mit Schrotflinten und Pistolen, und eine gute Alarmanlage, waren für solche Zwecke völlig ausreichend. Die Kameras überwachten in der Regel nur den inneren Bereich und ließen den gesamten Raum hinter dem Zaun im „toten Winkel. Es war durchaus möglich, an die richtige Stelle entlang des Zauns zu gehen, den Schieber" von oben an der Wand zu befestigen und eine Ladung darauf fallen zu lassen.

    „Okay, Rezzo, zeig mir die Bombe", bat Bünyamin.

    „Kein Problem, das ist sie."

    Rezzo bückte sich und öffnete schnell den Reißverschluss der Sporttasche.

    „Ist sie das?, fragte Timo ein wenig enttäuscht, „sieht aus wie eine dicke Wurst.

    „ Ja, das ist sie. Was hast du denn erwartet?"

    „Ich weiß es nicht., Timo machte eine vage Geste. „Eine Art Bombe, wahrscheinlich wie eine Ananas aus Stahl, und das hier ist nur eine Verpackung.

    „Richtig, denn eine solche ‚Wurst‘, wie du sagst, würde keine Splitter abgeben, nickte Rezzo. „Und wenn es Splitter geben würde, dann können diese zum Beispiel jemanden verletzen oder sogar töten. Und unsere Bombe ist so geformt, dass sie geschmeidig die Rampe runter rollt.

    „Und was ist das?" Ronja zeigte auf ein paar längliche Gegenstände, die in der gleichen Tasche lagen.

    „Das sind die Führungsschienen."

    „Wow, echt klasse!", sagte Bünyamin.

    „Sagte ich doch!", sagte Rezzo stolz.

    Franziska wurde es ganz mulmig in der Bauchgegend. „Und was, wenn wir von der Polizei erwischt werden?" Sie runzelte die Stirn.

    „Keine Sorge, wir werden unsere Telefone ausschalten und Gesichtsmasken tragen. Dazu kommen wir einzeln und auf unterschiedlichen Routen dahin. Nach der Aktion kehren wir auch getrennt zurück. Ich habe schon für jeden von uns eine Route auf G Maps ausgemacht." Rezzo schien wirklich alles bedacht zu haben. Sie hörten, wie das Schloss an der Eingangstür aufgeschlossen wurde.

    „Pssst, pack alles weg! Schnell!, sagte Franziska leise. „Tina ist wieder zurück.

    „Was, wird sie uns verpfeifen?", fragte Rezzo.

    Eigentlich mochte Rezzo Tina wirklich, aber sie verhielt sich so offensichtlich ironisch und abfällig gegenüber Tierschützer Clique, dass Rezzo klar wurde, dass er, solange er mit ihnen zusammen war, keine Chance bei Tina hatte. Und die hätte er aber sehr gerne.

    „Das würde sie wahrscheinlich nicht, aber sie würde es trotzdem irgendwie ruinieren. Verstecken, sagte ich!", verlangte ihre Schwester.

    Heinrich Dawit Lederer, Doktorand, stellv. Projektleiter

    14. März, Montag

    Mein Chef und DiMaggiore sahen aus, als wären sie in einem Zirkus. Ich wette, wenn die Schutzmasken nicht gewesen wären, hätte ich sie mit offenem Mund dastehen sehen, so wie ich es neulich erlebt habe. Ich sah etwas gelassener als die gestandenen Gelehrten, aber das war jetzt. Vorher sah ich auch nicht besser aus. Warum nicht? Überlegen Sie mal ... Wir standen alle drei in der Nähe eines Metalltisches, an dem ein sezierter Affe festgebunden war. Dabei war der Affe nicht tot, und ich habe nicht versucht, ihn am Leben zu erhalten. Es bewegte sich einfach weiter, öffnete sein Maul und versuchte, mit seinen Zähnen nach einem von uns zu greifen, und es sah überhaupt nicht so aus, als würde er im Sterben liegen.

    Halt, falsch! Er war absolut, hundertprozentig, klinisch tot, aber das hatte keinen Einfluss auf seine Aktivität. Obwohl die Vitalfunktionen wie Herzschlag und Atmung ausblieben, und seine Körpertemperatur der hiesigen Zimmertemperatur entsprach, war er sehr lebhaft und viel aggressiver als zu Lebzeiten. Sein Brustkorb war offen, zu den Seiten hin ausgestreckt, das regungslose Herz eingesunken, und gleichzeitig waren seine Kiefer weit geöffnet mit gefletschten Zähnen, seine Augen waren blass, und seine Haut, wo sie nicht von Pelz bedeckt war, hatte einen wächsernen Farbton. Seine Lungen funktionierten nicht, so dass er statt des verzweifelten Schreis, der Affen dieser Art eigen ist, von Zeit zu Zeit ein schwaches Wimmern ausstieß.

    „Heinrich... Klären Sie uns über das, was wir beobachten, auf", sagte der Chef in einem seltsamen Tonfall.

    „Haben Sie Angst, dass Ihre Augen Sie im Stich lassen? „Nein, mit Ihren Augen ist alles in Ordnung, sagte ich, als ob ich ihnen den sezierten Affen verkaufen wollte. „Sie können eine Kreatur sehen, die ziemlich tot ist, sich aber weigert, diese Tatsache zuzugeben. Gleichzeitig zeigt das Wesen eine bisher uncharakteristische Tendenz zur Aggression.

    „Ein Portalherz?", fragte DiMaggiore und kratzte sich am Hinterkopf.

    „Nein. Das dachte ich anfangs auch, seufzte ich und verschränkte theatralisch die Arme vor der Brust. - Das haben wir alle gedacht und in der ersten Phase der Arbeit auch beobachtet, aber jetzt ist es nicht so. Nachdem ich den reanimierten Leichnam seziert hatte, stellte ich fest, dass die Leberlappen noch funktionierten. Ich habe sie dann physisch zerstört und damit die Funktion des sogenannten Portalherzens" unterbunden. Außerdem ist in diesem Affen jetzt fast kein Milliliter Blut mehr. Ich habe es einfach abgepumpt. Wie Sie jedoch sehen können, hat er nicht die Absicht, sich zu beruhigen. Wenn wir ihn gehen lassen, wird er versuchen, uns zu verschlingen, wie es sich für einen wiederbelebten Leichnam gehört. Und er wird einen Affen seiner eigenen Art uns vorziehen. Seine Neigung zum Kannibalismus ist dominant.

    „Gibt es eine Theorie, warum sie das tun würde?",  fragte Chef.

    „Die habe ich., nickte ich, „Denn ich glaube, er braucht das genetische Material, um seinen Körper zu verändern.

    „Er ist doch tot", erinnerte mich Chef sanft.

    „Stimmt., nickte ich wieder, „Aber der Organismus lebt immer noch, nur auf eine andere Art und Weise.

    Mein Chef schwieg, dachte nach und nickte dann: „Ich stimme zu. Die Vitalität ist offensichtlich. Was haben Sie noch rausgefunden?"

    Ich habe viel nachgeforscht. Ich war zwei Wochenendendtage auf der Arbeit ohne Pause. Einiges davon ist bereits herausgekommen.

    „Ich versuche gerade, das zu systematisieren, was zu dem Affenunfall haben, und ich kann nicht fertig werden. Es ist alles auf den Kopf gestellt.

    „Nun, gehen wir die Schlussfolgerungen kurz durch."

    „Gerne., stimmte ich zu. „Erstens: Wir haben hier ein Virus mit sehr hoher Virulenz, nach dem wir nicht gesucht haben. Die Infektion kann auf jedem Weg erfolgen, bis hin zur Tröpfcheninfektion. Es reicht, wenn Sie nur in der Nähe sind, und Sie sind infiziert. Der Affe in dem Käfig, den ich zu dem Zombie-Affen gebracht habe, ist bereits infiziert, ich habe Bluttests gemacht. Es gibt keine Krankheitsanzeichen, das Virus verhält sich äußerst inaktiv. Dann nahm ich die Ratten wieder und um nicht herumzufummeln zu müssen, injizierte ich einfach vier Ratten subkutan das Blut des Zombie-Affen.

    „Woher kommt diese hohe Virulenz? Und welches Ergebnis haben Sie beobachten können?"

    „Bezüglich der hohen Virulenz... Hier ist eine Abbildung des Virus... - Ich klickte mit der Maus auf dem Monitorbildschirm und es erschien neben dem geöffneten CRISPR Editor eine Nahaufnahme des Virus unter dem Elektronenmikroskop. Aus der Viruszelle ragten ein Dutzend Viria, die etwas länger als die anderen waren. „Deshalb haben wir den Virus ‚Nr. 13‘ genannt. Sehen Sie diese Viria? Sie waren beim ursprünglichen Virusstamm nicht vorhanden, aber jetzt „fliegt das Virus, was es vorher nicht tat. Und was die erwähnte Injektion von totem Affenblut in lebende Ratten betrifft... Das war eine große Überraschung. Alle Ratten starben innerhalb einer Stunde und standen fünf Minuten später von den Toten auf. Sie zeigten kein Interesse aneinander, aber als ich Käfige mit lebenden Ratten neben ihre Käfige stellte, wurden die Zombies aggressiv.

    „Die lebenden Ratten sind infiziert?", fragte mein Chef nachdenklich.

    „Ganz genau., bestätigte ich, „Jede Einzelne von ihnen ist infiziert, aber sie wollen nicht sterben und fühlen sich scheinbar sehr gut! Keine Anzeichen für irgendeine Art von Krankheit. Außerdem waren zwei der Ratten aus der Hepatitis-Kohorte" und nun ist das Hepatitis-Virus in ihnen eindeutig in einem unterdrückten Zustand. ‚Nr. 13‘ scheint die konkurrierende Ansteckung zu bekämpfen. Dann habe ich folgendes getan: Ich habe eine lebende Ratte in den Käfig der Zombie-Ratte verlegt. Der Zombie ist viel langsamer als die lebende Ratte und deutlich schwächer, aber die lebende Ratte bekam eine richtige Panikattacke, sie konnte sich nicht einmal verteidigen. Es war, als hätten alle ihre Verteidigungsinstinkte versagt, denn sie hatten kein Verteidigungstaktik gegen den lebenden Leichnam angelegt.

    Ich ließ meinen Chef und Edward das Video der weißen Ratte begutachten, die im Käfig herumwuselt. Die zweite Ratte verfolgte sie ungeschickt, wobei sie von einer Seite zur anderen taumelte.

    „Hm, möglich ist es, sagte DiMaggiore und presste die Lippen zusammen. „Was ist dann passiert?

    „Die Zombie-Ratte hat es geschafft, ein gutes Stück Fleisch von der lebenden Ratte abzubeißen", fuhr ich fort. „Die Wunde war jedoch nicht tödlich. Ich trennte die Ratten wieder in separate Käfige und legte der verletzten Ratte ein Verband an. Sie war nach ca. einer Stunde tot. Fünf Minuten später war sie wieder lebendig. Ein wiederholtes Experiment mit dieser toten Ratte und einer lebenden Ratte ergab ein anderes Ergebnis - die lebende Ratte wehrte sich und griff sogar die tote an und biss sie recht heftig.

    „Und  ist dann auch gestorben?" fragte Krüger.

    „Genau!", bestätigte ich.

    Der Chef schwieg, verdaute die Information und sagte dann: „Es stellt sich also heraus, dass die Infektion, über die Luft übertragen wird, das Individuum nur zu einem Wirt macht. Führt sogar zu einem besseren gesundheitlichen Zustand. Und im Falle einer Ansteckung, wenn das Virus direkt in die Blutbahn gelangt, führt zum Tod und anschließender Wiederbelebung?"

    „Ganz genau. Es scheint, dass eine Schockdosis eines fremden Virus, der bereits für den spezifischen Wirt modifiziert wurde, direkt in den Blutkreislauf gelangt und ein Toxin produziert. Es tötet den Organismus und dann tritt der Wiederbelebungsmechanismus in Kraft. Möchte jemand einen Kaffee?"

    Ich ging zur Kaffeemaschine und schaltete sie ein.

    „Nein, danke, sonst werde ich heute nicht einschlafen können., Krüger schüttelte den Kopf. „Ich würde jetzt lieber eine rauchen, wenn Sie nichts dagegen haben, natürlich.

    Wie immer. Ich rauche nicht, und ich kann den Rauch nicht ausstehen, aber ich kann die Bitte meines Chefs nicht ablehnen. Nicht weil er der Chef ist, sondern weil ich ihn als Mensch wirklich mag. Ich respektiere ihn. Und wenn sonst jemand in meinem Labor rauchen würde, wäre er in kürzester Zeit weg.

    „Was soll’s, rauchen Sie."

    Ich nahm einen Metall-Aschenbecher mit dem Marlboro-Sheriffstern aus meinem Schreibtischfach, den ich speziell für solche Gelegenheiten aufbewahrte, und stellte ihn auf den Tisch. Ich weiß nicht, wo ich ihn her habe. Krüger schnippte sein Feuerzeug, zündete die Zigarette an und atmete den Rauch in eine Richtung weg von mir. Danke schön dafür.

    „Weiter, Heinrich, fahren Sie bitte fort."

    „Also., ich nickte und zerstreute den Rauch mit meiner Hand. „Genau, und so stellt es sich heraus. So nahm ich zu meiner Schande die Sünde auf mich, einer der infizierten, aber lebendigen Ratten eine Arsenlösung zu injizieren. Raten Sie mal, was passiert ist?

    „Die Ratte starb und ist danach auferstanden?"

    „Das ist richtig, bestätigte ich und sagte dann: „Wir haben also die Situation, dass das Virus, wenn es aus diesem dieser Situation nicht angemessen bewachten Labor herauskommt, den Tod der gesamten menschlichen Zivilisation verursachen wird.

    „Sind Sie sicher? Er hat sich fast am Rauch verschluckt, der Chef. „Das ist eine ziemlich radikale Schlussfolgerung. Ich verstehe, die Corona Pandemie geht an uns allen nicht spurlos vorbei, aber lassen Sie uns bitte bei der Sache bleiben.

    Eine definitiv radikale Schlussfolgerung, und ich soll sie nun erläutern. Gut, ich gebe mein Bestes.

    „Ich bin mir natürlich nicht hundertprozentig sicher, denn ich habe keine Experimente an Menschen durchgeführt, aber ich glaube, wenn auferstandene Affen lebende Affen angreifen, um sie zu fressen, wenn auferstandene Ratten lebende Ratten zum gleichen Zweck angreifen, dann kann etwas Ähnliches mit auch Menschen passieren."

    „Dem stimme ich zu, nickte Krüger. „Weiter bitte.

    „Und die Wahrscheinlichkeit, sich anzustecken, nur weil man in der Nähe eines Zombies ist, liegt bei fast hundert Prozent, verstehen Sie? Ich machte eine Geste, die eine Art Flug darstellen sollte. „Das Virus fliegt in der Luft, es verdampft förmlich. Als ob es auf diese Weise seine Konzentration im Körper nicht höher als eine bestimmte Grenze hält, die es für den Organismus für sicher hält.

    „Und? .."

    „Und dann wird jeder und jede Tote auferstehen, auch nicht unbedingt das Opfer eines Zombie-Angriffs. Ein Unfallopfer, ein Patient in der Notaufnahme, und so weiter. Jeder, der infiziert ist. Und wird dann jeden Lebenden in seiner Nähe angreifen, wobei der Lebende direkt durch diesen Angriff infiziert wird. Nach kurzer Zeit wird er sterben, auferstehen, und so weiter. Horrorfilme sind dagegen Mickey Mouse."

    Krüger seufzte, schwieg und betrachtete sein Spiegelbild im dunklen Glas des Fensters. Es war bereits Nacht geworden. Dann sagte er: „Wissen Sie, es könnte möglich sein. Die Gefahr besteht darin, dass das Virus den Wirt nicht krank macht. Zuerst muss der Wirt sterben, damit die ‚dunkle Seite‘ des Virus in Erscheinung treten kann. Solange der Wirt lebt, hat er nichts zu beklagen, eher das Gegenteil. Er wird nicht mal eine Corona oder Grippe bekommen."

    Nun, meine Erläuterung hat nicht viel Zeit in Anspruch genommen. Der Chef hat schnell herausgefunden, was das wahre Problem liegt.

    „Das ist richtig. Genau das ist die Gefahr, fuhr ich fort. „Wenn es nach mir ginge, würde ich jetzt alle Proben dieses modifizierten Virus vernichten. Bleiben wir bei dem, das wir bei der Expedition gefunden haben - null Virulenz, ausschließlich in den Körpern einiger Tiefseefische enthalten, und selbst wenn Sie einen dieser Fische essen würden, werden Sie nicht infiziert. Fangen wir wieder an zu arbeiten, von dem  ursprünglichen Ausgangspunkt aus.

    Ehrlich gesagt, die Haare auf meinem Kopf haben sich in den letzten 24 Stunden nonstop gesträubt. Ich habe mir nur vorgestellt, was dieser Virus anrichten kann. Es könnte sich rasch über die ganze Welt ausbreiten und niemand würde Alarm auslösen. Stellen Sie sich eine der großen viralen Pandemien der Vergangenheit, oder lieber der Gegenwart vor – COVID19, Spanische Grippe... Trotz eines beträchtlichen Anteils an Symptomlosen wurden viele Menschen krank und deshalb wurde die Pandemie so gut sie es ging, bekämpft. Naja, wenn ich auf die letzten zwei Jahre zurückblicke, kann ich es nur bedingt so stehen lassen. Dennoch... Stellen Sie sich nun vor, dass die Menschen infolge einer Infektion überhaupt keine Symptome aufweisen, sondern im Gegenteil sich besser fühlen. Würde jemand den Alarm auslösen? Ich bezweifle es. Und wenn schon, die Menschen sind sowas von müde und abgestumpft von der noch nicht bewältigten Corona Pandemie, dass die Reaktion sich in Grenzen halten dürfte. Die ganze Welt wäre in kürzester Zeit still und leise infiziert worden. Und dann würden die Toten auferstehen, um sich „von den Lebenden zu zehren". Und dann wäre es viel zu spät, den Virus zu bekämpfen. Warum? Denn wir alle hätten es bereits in uns.

    „So einfach ist das nicht, sagte der Chef nachdenklich. „Die Amerikaner zum Beispiel haben diesen Stamm. Unser Forschungsprogramm ist international, und selbst wenn wir die Proben hier vernichten, wird es keinen allzu großen Unterschied machen. Aber es ist notwendig, jetzt Alarm zu schlagen, damit haben Sie absolut Recht! Dieses Forschungsinstitut ist für die Arbeit mit gefährlichen Infektionen völlig ungeeignet, es gibt keine erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen, keine angemessene Bewachung. Morgen werde ich zu unserer Geschäftsleitung gehen und verlangen, die weiteren Arbeiten an einen Ort zu verlegen, wo die Sicherheitsmaßnahmen höher sind. Im Moment können wir nichts mehr tun. Was wissen wir sonst noch?

    „Ungefähr das, was wir vorher auch schon wussten, antwortete ich. „Aber es gibt etwas Interessantes. Als die potentielle Beute aus dem Blickfeld der Zombie-Ratten verschwanden, schienen zwei von ihnen weiter nach ihnen zu suchen und fielen dann in eine Art Wachkoma. Die anderen beiden verhielten sich eher passiv und verfielen innerhalt kurzer Zeit in Lethargie. Sobald jedoch die lebenden infizierten Ratten in der Nähe auftauchten, begannen sie wieder Lebenszeichen von sich zu geben. Ich habe die Zombie-Ratten zusammen in einen Käfig gesetzt und eine lebende infizierte Ratte hinzugesetzt. Und sie fraßen sie regelrecht auf und ließen fast nichts übrig, aber selbst das, was noch übrig war, wurde wieder lebendig. Was von ihr noch übrig war, war der Kopf und ein Drittel des Rumpfes, ohne Pfoten, wobei das meiste  Blut wohl ausgelaufen ist. Aber die Ratte lebte noch!

    Krüger nickte, als wolle er bestätigen, dass er die Information aufgenommen hatte, und fragte dann: „Und nun die vielleicht wichtigste Frage: Wie tötet man einen Zombie?"

    Das stimmt, es musste so weit kommen. Wie kann man etwas töten, das schon lange tot ist? Das klingt seltsam, auch wenn es auf Amazon mehrere Bücher genau dazu gibt. In der Realität war keiner der Autoren dieser Bücher mit diesem Problem konfrontiert. Noch nicht.

    „Ich habe es auf verschiedene Arten versucht, antwortete ich. „Weder giftige Substanzen noch geläufige lebensbedrohliche Verletzungen haben eine Wirkung auf sie. Ich konnte das Ergebnis vorläufig auf zwei Arten erreichen - durch die Zerstörung des Gehirns und durch einen Stromschlag. Bei der ersten Methode durchbohrte ich den Schädel der Ratte mit einer chirurgischen Ahle, bei der zweiten legte ich Elektroden an und gab dem Ratten-Zombie eine starke Ladung.

    „Sie haben es nicht auferstanden?"

    „Nein. Ich machte eine Geste, die eine Art von Super-Verneinung darstellen sollte. „Ich habe sie noch nicht in den Ofen gesteckt. Ich beobachte sie zwar weiter, aber es sieht aktuell so aus, dass aus ihnen nun gewöhnliche Leichen geworden sind.

    „Sie meinen, die es ist die zerstörende Einwirkung auf das zentrale Nervensystem, und das ist alles?", präzisierte Krüger.

    „Ja, ausschließlich die Zerstörung des zentralen Nervensystems, ich nickte zustimmend. „Schäden an der Wirbelsäule verursachen partielle Lähmung, genau wie bei den Lebenden. Mit dem Unterschied, dass es die Zombies nicht weiter zu stören scheint. Ein nicht mehr durch Nerven gesteuerter Teil des Körpers schaltet sich einfach ab. Eine aufgestandene Leiche kann dennoch getötet werden, auch wenn nur sehr schwer.

    „Gut, beenden Sie Ihren Bericht, und lassen Sie uns nach Hause gehen", seufzte der Chef schwer. „Oder besser, lass uns einfach nach Hause gehen, es ist schon spät.

    „Wahrscheinlich haben Sie Recht. Ich stimmte zu. „Ich kopiere den aktuellen Stand des Berichtes auf USB Stick und beende ihn dann in Ruhe zu Hause.

    Ich laufe beinahe gegen Wände vor Müdigkeit, ich sollte mich dringend schlafen legen. Erst danach wird es mir möglich sein, den Bericht zu beenden.

    „Dito, machen Sie es fertig und dann gehen wir."

    Hermann Krüger

    14. März, Montag

    Krüger drückte den Zigarettenstummel aus und ging aus dem Labor. Lederers Schlussfolgerungen waren nicht bloß auffällig, sie waren buchstäblich furchterregend. Einfach so, ganz zufällig, schufen sie eine biologische Waffe, beispiellos in ihren Eigenschaften, eine zum Greifen nahe Möglichkeit der realen Apokalypse, den Weltuntergang seiner reinsten Form, in seiner schrecklichsten Version. Die Bibel gehörte sicher nicht zu Hermanns Lieblingslektüre, aber er erinnerte dunkel sich an die Worte ... und die Toten werden auferstehen. Zwar fehlte hier vermutlich die Eigenschaft „unverweslich, aber das war genau der Fall. Und das ausgerechnet auf dem Forschungsgebiet, das die friedlichste Ausrichtung schlechthin hatte. Hermann war bei Weitem kein verrückter Wissenschaftler, wie Hollywood sie zum  großen Entzücken der Zuschauer darstellt, der bereit war, alles zu tun, um seine Forschung fortzusetzen. Er war nicht einmal dagegen, das erhaltene Virus, das den Spitznamen ‚Nr. 13‘ trug, an Ort und Stelle zu vernichten, aber das würde zu nichts mehr führen. Es gab noch Berichte, und umfassende Dokumentation seiner Modifikation, sowie weitere Proben des neuen Stammes in anderen Labors, die an diesem Programm arbeiteten. Das Verschweigen der hier gewonnenen Ergebnisse ist nun noch gefährlicher als die Veröffentlichung in der offenen Presse. Zu viele Leute sind bereits eingeweiht in das, was hier vor sich geht.

    Krüger zündete sich noch eine Zigarette an und schaute aus dem Fenster seines Büros. Ja, er rauchte in seinem Büro, wobei sich bis jetzt niemand sichtbar daran störte. Er hatte sich entschlossen. Morgen früh würde er seine Vorgesetzten offiziell bitten, die weiteren Arbeiten an der Dreizehn an einen Ort mit erhöhten Sicherheitsmaßnahmen zu verlegen. Wenn seine Vorgesetzten, was er allerdings sehr bezweifelte, es nicht für nötig hielten, solche Maßnahmen zu ergreifen, würde er, Krüger, seine Erkenntnisse über die Experimente offen an das Bundesgesundheitsministerium und die Bundeswehr übergeben. Er hatte Kontakte, und einige vorbereitende Schritte, heimlich von seinem neuen Management, hatte er im Voraus unternommen.

    Die Bundeswehr ist natürlich nicht der beste Partner für dieses Forschungsprojekt und wird wahrscheinlich die gesamte Arbeit an dem Programm an sich ziehen und den Zugang dazu für andere strikt versperren. Dennoch wäre es wahrscheinlich die beste Garantie dafür, dass die Forschung an einen Ort verlegt wird, an dem die Sicherheit des Projekts hundertprozentig gewährleistet ist. Das Bundeswehr-Labor in der unter Geheimhaltung fallende Nebenstelle des Sächsischen Instituts für Angewandte Biotechnologie an der Universität Leipzig, kurz SIAB, ist genau so ein Ort.

    Hermann nahm seine Laptopttasche vom Tisch, verließ das Büro, schloss die Tür hinter sich und ging die Treppe hinunter. An der Besucherschleuse, wohinter einer Glaswand zwei Sicherheitsleute saßen, stieß er mit Lederer zusammen, der ihm das Zungangsdongle zum Labor übergab.

    „Fertig für heute, Heinrich?"

    „Ja, ich werde den Bericht zu Hause fertigstellen."

    „Prima. Morgens hätte ich es gerne auf meinem Schreibtisch liegen. Sie haben Recht, wir müssen sofort Maßnahmen ergreifen. Ich werde mit Ihrem Bericht zur Geschäftsleitung gehen.

    „Werden sie adäquat reagieren?"

    „Wenn ich verspreche, es an die Bundeswehr zu übergeben, werden sie reagieren."

    „Ja, es wird funktionieren."

    Die beiden Wissenschaftler gingen aus dem dreistöckigen Gebäude des Instituts auf den Parkplatz im Innenhof. Es war bereits dunkel, aber der Abend war sehr mild für Mitte März. Krüger, den unerwartet erhöhten Wohlstand genießend, kaufte sich vor einem Jahr einen schwarzen Porsche 911 Baujahr 1987, den er jetzt fuhr. Lederers Auto , das direkt neben dem Porsche parkte, war ein älterer aber gut gepflegter VW Touareg mit Dachträger in bescheidenen Grau.

    „Also, dann bis morgen, Heinrich."

    „Bis morgen, Herr Krüger."

    Die „Tierrechtler"

    14. März, Montag

    „Ich kann das Zaunende nicht erreichen, verdammt!, zischte Bünyamin und versuchte, das von Rezzo gebaute Sprungbrettchen auf den Betonzaun zu setzen. „Hast du nicht darüber nachgedacht?

    „Ich habe sehr wohl darüber nachgedacht. Mach mal kein Drama hier, und lass mich auf deine Schultern setzen, ich mache schon den Rest.", flüsterte Rezzo in gleicher Weise.

    In der Dunkelheit am Zaun war ein leises Rütteln zu hören, und dann hob Dima den kleinen Rezzo, der auf seinen Schultern saß, an bis Rezzos Kopf an die Spitze des Zaunes reichte. Etwas Metallisches klapperte gegen den Beton, und zwei gebogene Metallstangen reichten von der Spitze des Zauns bis in den Innenhof des Instituts, wie Haken eines riesigen Kleiderbügels.

    „Lass mich kurz runter. Und jetzt die Bombe."

    Noch einmal gab es ein Rütteln, das Geräusch des sich öffnenden Reißverschlusses, dann wurde Rezzo wieder hochgehoben. In seinen Händen hielt er die Wurst eines Sprengkörpers. An seiner Seite baumelte ein langer Docht aus einem mit Salpeter getränkten Seil. Ein solcher Zünder brannte viel langsamer als normale Zündschnur und ermöglichte mit seiner Länge von fast einem Meter den Rückzug, lange bevor die Bombe explodierte. Rezzo schnippte das Feuerzeug, die Lunte zündete mit einem leisen Zischen, die Flamme kroch langsam auf die Bombe zu.

    „Ich lasse es fallen."

    „Mach. Dich runter lassen?"

    Die Bombe rollte an den Schienen entlang und landete mit einem schweren Schlag auf dem Boden auf der anderen Seite des Zauns.

    „Lass mich runter.", flüsterte Rezzo

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