Kommissar Pedro Sanchez
Von Minoka Balcon
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Über dieses E-Book
Mitten im zweiten Weltkrieg wurde Minoka Balcon in Wien geboren und hat in Österreich ihre Kindheit und Jugend erlebt. Nach dem Gesangsstudium an der Wiener Akademie für Musik und Darstellende Kunst, war sie an mehreren Opernhäusern tätig.
Seit 1980 lebt sie aus privaten Gründen in Hamburg und ist seit 2017 schriftstellerisch tätig.
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Buchvorschau
Kommissar Pedro Sanchez - Minoka Balcon
FALSCHE SPUREN IM SAND
Jetzt wo sie schon lange wieder zu Hause war, wollte das Erlebte immer noch nicht in ihren Kopf passen. Zu vieles blieb im Dunkeln und Ungewissen. Man wollte sie benachrichtigen, sobald alle Rätsel um ihn gelöst wären. Das, was geschehen war, es lag Monate zurück, aber es war keine Nachricht aus Portugal gekommen.
Ramon P. – sie hatte ihn vor ein paar Wochen auf einem Internetportal kennengelernt. Sie schrieben sich fast täglich und beim persönlichen Treffen bald darauf, hatte es gleich gefunkt. Da beschloss er, nachdem sie sich verlobt hatten – sie gab ihm eine wertvolle Armbanduhr als Geschenk und er ihr eine kleine Reise in die Algarve – seine Heimat zu besuchen. Nach den frostigen Apriltagen hier, freute sie sich sehr auf diese Reise in den sonnigen Süden. Sie packte etwas leichte Kleidung in den kleinen Koffer, laut Wetterbericht war es dort schon fast sommerlich.
Er hatte für sie beide ein Zimmer in einem zauberhaften kleinen Hotel gemietet, etwas außerhalb der größeren Touristenhotels. Nahe an der etwas höher gelegenen Uferstraße, man hatte einen wunderbaren Blick auf das Meer und die kleine etwas felsige Bucht.
Gestern bei ihrem ersten Spaziergang am Strand, glaubte er zwischen den Felsbrocken eine kleine Höhle entdeckt zu haben; die wollte er nun näher erkunden. Badegäste zog es nur selten in die kleine Bucht. Sie lagen lieber in dem Strandabschnitt weiter oben und genossen die doch schon kräftig strahlende Sonne auf ihren Liegen unter einem Schirm.
Er aber kam von seinem Ausflug nicht zurück.
Man wartete noch bis in den späten Abend und wollte sich dann bei Tagesanbruch auf die Suche machen. Und im Morgengrauen begann das Grauen Gestalt anzunehmen. Es fand sich bald eine seiner Sandalen, aber der zweite Schuh war nicht zu finden. Hatte ihn jemand an sich genommen, den er unterwegs getroffen hatte? Wenn ja warum? Wollte jemand eine Spur verwischen? Man ging hin und her, aber der Zweite blieb unauffindbar.
Alles erschien so unlogisch, doch da spiegelte das erste Sonnenlicht sich auf etwas Gläsernem, blendete fast. Alle staunten nicht schlecht, als sie da seine Armbanduhr erkannte, ihr Verlobungsgeschenk. Hatte er sie abgelegt, als er in die Höhle eintauchen wollte? Aber sie war doch wasserdicht und auch sonst mit allerlei Extras ausgestattet; sie konnte Schritte zählen, den Puls messen und vieles mehr. Ein Räuber, dem er vielleicht begegnet war, hätte sie sicher an sich genommen. Aber sie lag da, unschuldig wie gerade gemacht.
Auch war sie ausgeschaltet, oder hatte sie sich von selbst abgeschaltet, doch über viele dieser technischen Dinge wusste sie nicht Bescheid, hatte sie selbst nur eine zwar teure Uhr, die jedoch nur die Zeit und das Datum anzeigte. Solch unnütze Gedanken schwirrten ihr durch den Sinn.
Nur das, was wirklich zählte, blieb ungelöst. Ihr Verlobter Ramon war bis jetzt nicht gefunden.
Aber als sich dann später kurz vor Einbruch der Dunkelheit, etwas weiter abseits, ein regloser männlicher Körper auffand, glaubte sie ihren Verlobten zu erkennen. Vielleicht der Wunsch als Vater des Gedankens. Bevor man Hilfe holte, um dann festzustellen, dass er offensichtlich keine äußeren Verletzungen hatte, aber nicht mehr lebte. Vielleicht ein plötzlicher Herztod? Doch ihr
Verlobter hatte kein Herzleiden. Und bei genauerem Hinsehen waren die Haare des Gefundenen kürzer, aber vor allem: Er hatte eine Armbanduhr an seinem Handgelenk. Die war komischerweise stehen geblieben und zeigte eine Zeit an, die schon einige Stunden zurücklag. Das war mehr als verwunderlich, denn diesen Strandabschnitt hatte man um diese Zeit bereits abgesucht, da lag dieser Mann noch nicht da. Hatte ihn jemand in der Dämmerung dort abgelegt und war dann unbemerkt verschwunden? Sicher war es nur ein Spaziergänger, den vielleicht ein Hitzschlag getroffen hatte.
Sie aber war den Tränen nahe, Erschöpfung und der Misserfolg ließen sie ohnmächtig werden. Ihre Begleiter verließen sie, um die leblose Person so schnell wie möglich in ein Krankenhaus zu bringen, damit weitere Untersuchungen erfolgen konnten.
Als sie bald wieder zu sich kam, stand der Vollmond hoch am Himmel, strahlte sein grelles Licht in die umliegenden Felsbrocken, die schlanker erschienen und einen zuckenden Tanz begannen. Mal Schatten auf sie warfen, um dann singend ihre Tageshitze abzuwerfen, sich schließlich in die Dunkelheit zurückzogen und ein Tuch des Schweigens über alles legten.
Da schrie sie mit letzter Kraft um Hilfe und die Helfer, die inzwischen zurückgekehrt waren, sammelten die Wankende auf und brachten sie ins Hotel zurück.
Am nächsten Tag wollte die Polizei vorbeikommen, man hätte noch einige Fragen, sie solle das Hotel vorher nicht verlassen. So richtete es ihr der Portier aus, dann war sie kurz in die angrenzende Bar gegangen, um einen Cognac zu trinken.
Es wurden einige, denn sie war der einzige Gast und der Barmann noch froh über etwas Gesellschaft. Einige Gerüchte waren schon bei ihm angekommen, aber sie war nicht mehr gesprächsbereit. Es wurden einige Cognacs und so begleitete er sie schließlich auf ihr Zimmer, an dem inzwischen eingeschlafenen Nachtportier vorbei. Dort fiel sie, noch angekleidet auf ihr Bett und in einen traumlosen Schlaf. Als sie mitten in der Nacht kurz aufwachte und nur feststellte, weil ihr Arm im Nebenbett keinen Widerstand spürte, dass das Bett leer war, da kam sie zur Besinnung und endlich löste sich eine Tränenflut, die nicht aufhören wollte, bis sie vor Erschöpfung wieder einschlafen konnte.
Am Morgen klopfte es schon an der Tür, sie war noch im Halbschlaf, gleichzeitig läutete das Zimmertelefon:
„Hallo guten Morgen Frau R., die Polizei wollte in einer halben Stunde hier sein, um Sie zu befragen. Wir bringen Ihnen gleich noch einen Kaffee auf Ihr Zimmer. Wir können auch ein Frühstück veranlassen." Sie nickte nur, aber das konnte der Pförtner ja nicht sehen.
„Nochmal, möchten Sie denn einen Kaffee?"
Sie antwortete nun endlich: „Ja bitte und eine Kopfschmerz Tablette, wenn sie eine haben."
Dann schlich sie ins Bad, sah ihre noch vom Weinen verquollenen Augen, versuchte ihr Gesicht mit kaltem Wasser zu erfrischen, aber aus dem Hahn kam nur lauwarmes. Sie sah, dass sie in ihrer Kleidung von gestern im Bett die Nacht verbracht hatte, lief zum Koffer, der noch immer nicht ganz ausgepackt war. Kopfschüttelnd wühlte sie frische Wäsche und ein anderes Sommerkleid heraus. Sie waren ja erst vor zwei Tagen hier angekommen. Es erschien ihr viel länger; sie hatte jegliches Zeitgefühl verloren. Und jetzt wartete auch noch die Polizei auf sie, was hatte sie denn mit der Polizei zu tun? Ja, einmal wegen Falschparken. Also die wartete schon an der Rezeption; sie hatte gerade noch Zeit an dem lauwarmen Kaffee zu nippen und das Aspirin mit einem Schluck Wasser einzunehmen.
Was wollte man überhaupt von ihr? Sie war auf der Suche nach ihrem Verlobten Ramon.
Also ging sie einigermaßen gefestigt nach unten zur Rezeption. Dort warteten zwei Beamte, ein älterer und ein wesentlich jüngerer.
„Lassen Sie uns an einem ruhigen Tisch im Frühstücksraum Platz nehmen. Der ist schon fast leer, wenn nötig können wir später in die Dienststelle wechseln."
Und so begann etwas, an das sie sich später nur undeutlich erinnerte, denn alles, was danach geschah, war nicht vorhersehbar und für sie noch immer nicht fassbar. Der Ältere der beiden begann mit dem Gespräch:
„Gestatten Sie, mein Name ist Mario Pozzoli, ich bin der Kriminalkommissar hier für den Distrikt Algarve und Umgebung. Das ist mein Assistent Herr Pedro Sanchez, der unser Gespräch auch auf Tonband aufnimmt. Es wird als Protokoll zu den Akten gefügt. Seit wann Sie hier sind, können wir aus der Anmeldung hier in diesem Hotel ersehen, die Ihr Verlobter über eine Internetbuchung vorgenommen hat. Das Zimmer wurde auf seinen Namen Ramon P. bestellt. Bei der Ankunft legte er einen Führerschein auf diesen Namen lautend vor, Sie ihren Reisepass. Inzwischen haben wir festgestellt, es gibt weder hier noch in Deutschland einen Mann, auf den die hier vorgelegten Angaben zutreffen. Fakt ist also zurzeit: wir suchen ein Phantom, dem nur Sie und die Herren von der Rezeption, leibhaftig begegnet sind. Seit wann sind Sie verlobt?"
„Wir haben uns erst kürzlich verlobt und wollten das mit einer Kurzreise hierher feiern."
„Ihr Verlobter Herr P. ist seit gestern verschwunden, haben Sie eine Erklärung dafür? Die inzwischen geborgene Leiche war nicht ihr Verlobter. War er allein unterwegs und warum? Und vor allem wo waren Sie zu dieser
Zeit?"
„Er wollte sich die kleine Höhle an Strand näher ansehen, die wir am Tag davor bei einem Strandspaziergang entdeckt hatten. Mich interessieren solche Höhlen nicht, deshalb habe ich in einem kleinen Restaurant oberhalb an der Uferstraße auf ihn gewartet. Als er so nach mindestens zwei Stunden nicht dorthin kam, dachte ich, er ist vielleicht schon ins Hotel zurückgekehrt und wir hätten uns einfach verpasst. Aber ich habe ihn dort nicht angetroffen.