30 Minuten Digitale Regionalökonomie
Von Carl Naughton und Corinna Pommerening
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Über dieses E-Book
- Mit lokalen Angeboten in eine nachhaltige digitale ZukunftZahlreiche Geschäftsmodelle werden in den kommenden Jahren nicht mehr ertragreich sein. Globale Angebote disruptieren regionale Offerten. Gleichzeitig werden Kundenbedürfnisse anspruchsvoller und komplexer. Regionale Ökosysteme bedienen beides. Sie sind die nächste evolutionäre Stufe der Wirtschaft und prägen mit kollaborativen Geschäftsmodellen die Zukunft. Mit zukunftsweisenden Ökosystemen werden Regionen die Chance haben, sich im Wettbewerb um Bürger, Kunden, Unternehmen und lokale Wertschöpfung zu positionieren und mit neuen Leistungen und Angeboten zu emanzipieren. Regionale Unternehmen spielen für diesen Prozess vor Ort eine zentrale Rolle. Zugleich hängt ihre eigene Zukunftsfähigkeit davon ab, wie sie sich innerhalb des neu entstehenden digitalisierten regionalen Ökosystems positionieren.
Dieses Buch zeigt Ihnen, wie Sie regionale digitale Ökosysteme andenken, validieren und eine informierte Entscheidung für ein solches Projekt fällen können.
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Buchvorschau
30 Minuten Digitale Regionalökonomie - Carl Naughton
1. Treiber und Verstärker regionaler digitaler Ökosysteme
Regionale Ökosysteme entstehen auf Basis von Bedürfnissen der Bürger. Diese Bedürfnisse resultieren auch daraus, wie sich Dinge entwickeln. Trends beeinflussen hier wesentlich. In diesem Kapitel beschäftigen wir uns mit relevanten Megatrends, die als Treiber regionaler Ökosysteme zu erkennen sind, und mit aktuellen gesellschaftlichen und geopolitischen Verstärkern.
Die Corona-Pandemie hat gezeigt, auf welch fragilen Gerüsten die Wertschöpfungsprozesse der Globalisierung stehen. Diese Fragilität wird durch die Auswirkungen des Russland-Ukraine-Kriegs verstärkt sichtbar. Daraus ergibt sich die Logik, dass wirtschaftliche Resilienz zukünftig vor Ort in den Regionen gestärkt werden muss, um Abhängigkeiten durch eigene Stabilität im regionalen Wirtschaftskosmos zumindest ausgleichen zu können.
1.1 Gesellschaftliche und geopolitische Verstärker
In der jüngeren Vergangenheit sind drei Entwicklungen in den Vordergrund gerückt, die deutlich machen, warum Regionen gerade jetzt eine progressive Rolle einnehmen sollten:
Klimatische Veränderungen
(Post-)Corona-Pandemie
Russland-Ukraine-Krieg
Nachhaltigkeit gegen die Klimakrise
Der Begriff Nachhaltigkeit bestimmt unsere Zeit. Die aktuellen Sachstandsberichte des Weltklimarates (IPCC) zeigen unerbittlich, dass die selbst verursachte Klimakrise längst in der Gegenwart angekommen ist. Menschen und Ökosysteme spüren ihre Auswirkungen deutlich. Jüngste Ereignisse wie die Ahrtal-Flut oder Hitzewellen, Dürren, Starkregen und Stürme in ganz Deutschland sprechen eine deutliche Sprache. Nachhaltigkeit muss also als Prinzip verstanden werden, als ein Gleichgewicht, in dem sich Konsum und kompensatorisches, regeneratives Wachstum mehr oder weniger die Waage halten. Wenn wir speziell von der Situation der Menschheit auf unserer endlichen Erde sprechen, ist das Prinzip der Nachhaltigkeit dann gegeben, wenn die Lebensbedingungen der Menschen hier langfristig aufrechterhalten werden können. Wir brauchen ein stabiles, aber keineswegs starres Gleichgewicht, in dem das (offene) System Erde in einem für Natur und Menschen lebensfähigen Zustand bleibt. Dieses Gleichgewicht ist aktuell aus der Balance und wir müssen nachhaltig gegensteuern. Denn ohne mehr Nachhaltigkeit wird die Welt für uns Menschen früher oder später zusammenbrechen.
Anders wirtschaften
Unsere Gesellschaft verinnerlicht dieses Prinzip mit einer hohen Dynamik. Ressourceneffizientes und nachhaltiges Wirtschaften lautet die Antwort auf die neu entstehenden Konsummuster, die Regionalität als Nachhaltigkeitsprinzip miteinbeziehen. Diese neue Art des Wirtschaftens bietet die Möglichkeit, gerade auf regionaler Ebene das Prinzip der Nachhaltigkeit verstärkt zu leben. Denn regionale Wertschöpfungsketten, wie die im Bereich von Lebensmitteln, Mobilität und vor allem Energie, können einen hohen Beitrag zur Bewältigung der Klimakrise leisten und mit neuen Geschäftsfeldern die Resilienz stärken. Die Befriedigung von (Grund-)Bedürfnissen der Region aus der Region heraus schont die Ressourcen – zukünftig ein klarer Wettbewerbsvorteil.
Abhängigkeiten globaler Wertschöpfung
Als zweiter Verstärker ist die (Post-)Corona-Pandemie zu nennen. Sie hat die Labilität komplexer globaler Wertschöpfungsketten verdeutlicht. Die Just-in-time-Produktion und das Offshoring, das heißt der Rückgriff auf eine kleine Zahl von Zulieferern aus Niedrigkostenländern, haben zwar zu einer erheblichen Senkung der Einkaufs-, Produktions- und Arbeitskosten geführt. Durch nationale Lockdowns und Grenzschließungen kam es aber zu Ausfällen in Produktion und Lieferung, sodass eine Mehrzahl der Unternehmen von rasanten Umsatzeinbrüchen betroffen war. Das machte die Fragilität globaler Wertschöpfungsketten transparent und verdeutlicht: Wir benötigen die Entwicklung resilienter Wertschöpfungsketten.
Der Russland-Ukraine-Krieg zeigt das noch drastischer. Bei Energieträgern, Metallen, Feldfrüchten und Holz gibt es starke Lieferengpässe und Preissprünge. Ein weiterer Beweis dafür, dass unser Wirtschaftssystem aus einem Gerüst fragiler Abhängigkeiten besteht. Diese aus dem Ausland importierte Unfreiheit kann zum Beispiel bei der Energieversorgung direkt regional reduziert werden. Dafür brauchen wir emanzipierte Regionen, die mutig ihre Potenziale nutzen und die Regionalisierung als Gegengewicht zur Globalisierung als Chance begreifen. Denn:
Das Regionale gewinnt mit einer hohen Dynamik an Bedeutung.
Die Reflexion über die Herkunft unserer Produkte und Dienstleistungen erhöht unsere Wertschätzung gegenüber der lokalen Produktion und etabliert neue Konsummuster.
Die Produktion in regionalen Kreisläufen, die von diesen globalen Lieferketten weitgehend unabhängig sind, wird immer wichtiger.
Kurze, regionale Liefer-, Leistungs- und Wertschöpfungsketten stehen für Nachhaltigkeit und Resilienz und sind die Antwort auf gegenwärtige Bedrohungen.
Der Deglobalisierungseffekt führt dazu, dass klassische Handelsstrukturen hinterfragt und im Hinblick auf Nachhaltigkeit und Resilienz neu gedacht werden müssen.
Klimatische Veränderungen, die Corona-Pandemie und der Russland-Ukraine-Krieg verstärken die Relevanz regionaler digitaler Ökosysteme und zeigen: Die Wirtschaft braucht mehr Resilienz. Deshalb sollten Regionen diese Krisen als Chance nutzen, globale Wertschöpfungsketten zu regionalisieren.
1.2 Megatrend Neo-Ökologie
Die Ökologie, also die Wechselbeziehung zwischen Lebewesen und ihrer Umwelt, erlebt im Megatrend Neo-Ökologie ihre Renaissance. Der Begriff spiegelt eine neue Reihe umweltbewusster Werte wider, die in jeden Bereich unseres täglichen Lebens hineinreichen. Ob es um Kaufentscheidungen, Moralvorstellungen oder die Unternehmensstrategie geht: Das Paradigma der Nachhaltigkeit verändert das Verhalten und die Sichtweise der globalen Gesellschaft, von Kultur und Politik und lenkt das Handeln von Unternehmen und