Die Energiewende: Anspruch und Wirklichkeit
Von Jürgen Duckert
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Über dieses E-Book
Klimawandel, staatliche Regulierungen, Strommarkt, erneuerbare Energien, Energiespeicher sowie der deutsche und europäische Ansatz zu einer Energiewende sind die wesentlichen Themen des Buches.
Ein Hinweis auf weitere wichtige Informationsquellen erleichtert interessierten Lesern den Einstieg zu einer Vertiefung der Thematik.
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Buchvorschau
Die Energiewende - Jürgen Duckert
Vorwort
Der Klimawandel ist ein Thema, das uns sowohl bei unserer Arbeit als auch im privaten Bereich beinahe täglich begegnet. Eine erdrückende Menge von Langzeitbeobachtungen der klimatischen Umweltbedingungen und eine stetig zunehmende Ereignisdichte im Bereich Umweltkatastrophen legen die Vermutung nahe, dass der zu beobachtende Klimawandel zu einem großen Teil durch unseren sorglosen Umgang mit fossilen Brennstoffen verursacht wird.
Wir erahnen heute schon, dass wir unter Umständen die früher als rote Linie definierte 2 °С-Grenze für die Erderwärmung überschreiten werden und dass die Regenwälder in etwa 40 Jahren verschwunden sein werden, wenn wir so weiter machen wie bisher. Obwohl größte Eile geboten ist, die Abhängigkeit von den fossilen Brennstoffen zu überwinden, müssen wir uns vor einer Überzeichnung von Katastrophen und zukünftigen Szenarien bis hin zur Apokalypse hüten.
Unser modernes Weltbild vermittelt an sich schon sehr viel Bewegung und wenig Sicherheit und zwingt jeden Einzelnen zu mehr Eigenverantwortung. Der Glaube an die omnipotente Technik kann unmittelbar in Zweifel Umschlägen und die Zukunft als unberechenbar erscheinen lassen. Die weltweite Vernetzung kann zudem sehr schnell zu einer Hysterie führen, die dann zu einer Beschleunigung der ohnehin schon starken „Entsolidarisierung" der Menschen führt.
Untergangsszenarien sind unproduktiv, weil sie die Rationalität umgehen, zu Hyperaktivität verleiten und letztendlich zum Burnout führen. Diesen Teufelskreis können wir durch ein moderates mahnendes Verhalten durchbrechen, weil es uns dann eher gelingt, die Menschen mitzunehmen. Wir sollten uns auch vor der Formulierung von großen Zielen hüten, wenn wir uns nicht zu 100 % sicher sind, diese auch zu erreichen. Jede Verfehlung eines zu hoch gesteckten Zieles erzeugt ein gewisses Gefühl der Ohnmacht, wie die zunehmende Verbreitung des „peak-oilblues beweist. Das Aufzeigen von Möglichkeiten für jeden Einzelnen, etwas zu verändern, ist wichtiger als die Erstellung von „road maps
, die von der Mehrheit nicht verstanden werden.
Durch eine klare Schilderung der bestehenden Umweltverhältnisse und der Möglichkeiten zur positiven Veränderung können wir eine Verbundenheit mit der Welt, wie sie ist, und damit eine Bezogenheit zum Thema hersteilen. Dieser Verantwortung sollten wir uns bei unserer Arbeit in allen Facetten der Außenwirkung bewusst sein, wenn wir möglichst viele Menschen auf die Reise mitnehmen wollen, deren Ziel uns als erstrebenswert scheint.
[ 1 ]
Über unsere Energieversorgung denken wir nach, wenn sie einmal ausfällt, wenn wir uns über die jährliche Abrechnung der Stadtwerke ärgern, oder wenn die Spritpreise wieder mal steigen. Die Energieversorgung soll nach unseren Vorstellungen sicher, preiswert und - wenn es geht - auch möglichst klimafreundlich sein. Dabei bedenken wir kaum, wie sehr sich diese Forderungen gegenseitig beeinflussen. Egal an welcher Stelle innerhalb dieses Dreiecks wir an einer Stellschraube drehen, wir verschieben den Schwerpunkt in Richtung einer der drei Ecken. Das ist einer der Gründe, warum sich die Politik so schwer mit diesem Thema tut. Für den jeweiligen Mix aus diesen 3 Argumenten setzt jede Partei andere Schwerpunkte und die können sich auch noch zeitlich ändern, wenn es der Wahlkampf oder geopolitische Verschiebungen erfordern. Veränderungen in der Energiepolitik haben meist auch mit Investitionen in altbekannte oder neue Technologien zu tun. Projekte haben meist lange Laufzeiten, die Investoren verlangen Rechtssicherheit und Bestandsschutz. Von daher ist eine gewisse Beständigkeit in der Energiepolitik unerlässlich.
Dieses magische Dreieck
der Energieversorgung macht deutlich, wie schwierig eine ausgewogene Energiepolitik ist und zeigt gleichzeitig, dass radikale Maßnahmen leicht zu einer Instabilität des gesamten Systems führen können.
Es ist wichtig, dass die Energiewende nicht nur die Stromversorgung sondern auch alle anderen Bereiche, wie Verkehr, Privathaushalte, Industrie und Landwirtschaft, umfasst. Momentan kann man die offensichtliche Verengung des Themas auf die Energiewirtschaft nur dadurch erklären, dass für die anderen Bereiche noch keine mittel- und langfristigen Strategien entworfen wurden. Ein weiterer Grund liegt in dem deutlich erkennbaren Trend in Richtung elektrische Versorgung in den Bereichen Verkehr, Haushalt und Prozesswärme. Neben der Beschreibung des derzeitigen Standes der Technik ist es von Bedeutung, die möglichen und notwendigen Ansätze in der Forschung zu beleuchten.
Wie auch immer man die Energiewende anpacken will - man darf den eigentlichen Grund hierfür nicht aus den Augen verlieren: der Klimawandel muss begrenzt werden. Will man die Erderwärmung auf maximal 2 °C begrenzen, dann sind die Zeithorizonte, die auf dem G7-Gipfel am 07.06.15 genannt wurden, zu weit gesetzt.
Für den Laien ist das Thema Energiewende nur schwer in den Griff zu bekommen. Es gibt eine verwirrende Vielzahl von Meinungen, die in den Medien publiziert werden, die sich sehr oft widersprechen und nur selten völlig objektiv sind. Es hängt immer davon ab, wer hinter den jeweiligen Publikationen steckt. Politiker denken an ihre Wiederwahl, Firmen an ihre Quartalsergebnisse, Berufsverbände an ihre Mitglieder und Forschungseinrichtungen an die Fördermittel. Das Klima selbst hat leider keine Lobby.
Der Autor befasst sich zunächst mit der Energiewende in Deutschland und gibt dann einen Ausblick auf Europa. Deutschland hat in den letzten 20 Jahren bemerkenswerte Anstrengungen zur Reduzierung der Emissionen von klimaschädlichen Gasen unternommen und kann in nächster Zukunft sicherlich nachweisen, dass der Ausstieg aus der fossilen Energieversorgung bezahlbar, sicher und sozial verträglich ist.
Ein entscheidender Aspekt der Energiewende sollte immer die Nachhaltigkeit sein. Nachhaltig ist wohl eines der derzeit am häufigsten missbrauchten Worte. Nachhaltig bedeutet, dass wir unseren Planeten den nachfolgenden Generationen mindestens im momentanen Zustand oder ein bisschen schöner hinterlassen. Es bedeutet aber auch, dass wir bei unseren Bestrebungen zur Energiewende auch die Endlichkeit einiger wichtiger Ressourcen, wie Wasser, landwirtschaftlich nutzbarer Flächen und vieler anderer Rohstoffe achten. Unser Hauptziel bleibt jedoch, den Klimawandel zu stoppen oder zu minimieren.
Die für jedermann sichtbaren Veränderungen im weltweiten Klima und die teilweise verheerenden Auswirkungen haben für eine hohe Sensibilisierung für dieses Thema in der Bevölkerung gesorgt, was jüngste Umfragen deutlich bestätigen. Neben allen Anstrengungen, notwendige Veränderungen durch politisches Handeln zu erreichen, gilt auch hier „fördern und fordern". Das bedeutet im Klartext, dass jeder Einzelne von uns sein Verhalten ändern muss, damit die gesteckten Ziele erreicht werden können. Dazu ist es nötig, objektiv zu informieren. Die nachfolgenden Kapitel sollen einen kleinen Beitrag hierfür liefern.
An dieser Stelle sei noch einer der glühendsten Verehrer unserer Erde zitiert:
Yann Arthus-Bertrand:
„Um die Ursachen für ein Problem zu finden, hilft es meist, ein wenig Abstand vom diskutierten Objekt zu nehmen".
Der Klimawandel und seine Folgen
Der Klimawandel an sich ist ein natürlicher Vorgang, der sich ohne das Zutun der Menschen schon immer langfristig abgespielt hat.
[ 2 ] Quelle: Robert A. Rhode; Der Temperaturverlauf der letzten 2000 Jahre nach den verschiedensten Rechenmodellen.
Was uns derzeit Sorgen macht, ist der steile Anstieg der Erdtemperatur in den letzten Jahrzehnten, der von anthropogener Natur