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Lehrbuch Biblische Seelsorge: Band 2: Theologische Grundlagen für die Seelsorge
Lehrbuch Biblische Seelsorge: Band 2: Theologische Grundlagen für die Seelsorge
Lehrbuch Biblische Seelsorge: Band 2: Theologische Grundlagen für die Seelsorge
eBook612 Seiten4 Stunden

Lehrbuch Biblische Seelsorge: Band 2: Theologische Grundlagen für die Seelsorge

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Über dieses E-Book

Dieses Lehrbuch einer biblischen Seelsorge ist auf der Grundlage von Seelsorgekursen entstanden, die im Zeitraum von ca. 30 Jahren im ganzen deutschsprachigen Raum und in mehreren osteuropäischen Ländern durchgeführt wurden, mit insgesamt über 30.000 Teilnehmern. Das Kursmaterial wurde in didaktischer Hinsicht permanent verbessert. In den Büchern spiegelt sich das durch eine klare Strukturierung, durch viele Beispiele und Gleichnisse, aber auch durch insgesamt 130 Abbildungen wider. Das Lehrbuch Biblische Seelsorge besteht insgesamt aus vier Bänden und 48 Lektionen. Dieser zweite Band des "Lehrbuchs Biblische Seelsorge" behandelt die theologischen Grundlagen der Seelsorge. In 12 Lektionen werden folgende Themen behandelt: "Biblische Anthropologie"; "Seelsorge und die Lehre von der Sünde", Heilsgewissheit und Heilssicherheit", "Die Bedeutung der Vergebung", "Biblische Heiligungslehre", "Das Kreuz in der Seelsorge", "Wahrheit contra Lüge", "Gefahren, um die wir wissen sollten".
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum3. Jan. 2022
ISBN9783347394681
Lehrbuch Biblische Seelsorge: Band 2: Theologische Grundlagen für die Seelsorge
Autor

Roland Antholzer

Roland Antholzer ist Diplompsychologe und verheiratet. Nach langjähriger Tätigkeit mit verhaltensgestörten Kindern/Jugendlichen und in einer Fachklinik für Suchtkranke widmete er sich seit 1985 nebenberuflich und seit 1993 vollzeitlich der Gemeindeaufbauarbeit sowie der Schulungs- und Vortragstätigkeit im Bereich Seelsorge. Er ist Studienleiter der GIBB e.V. und Autor mehrerer Bücher.

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    Buchvorschau

    Lehrbuch Biblische Seelsorge - Roland Antholzer

    Lektion 1:

    BIBLISCHE ANTHROPOLOGIE /1

    1. Nach dem Bilde Gottes geschaffen

    1. Mose 1,27: „Gott schuf den Menschen ihm zum Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn." Aus diesem Wort lässt sich ableiten, dass zwischen Gott und dem Menschen eine Ähnlichkeit besteht. Allerdings auch, dass keine Gleichheit vorhanden ist. Wir sind keine Götter. Ich habe in meiner Brieftasche ein Bild von meiner Frau. Manchmal zeige ich es jemandem und sage dann, indem ich auf das Bild zeige: Das ist meine Frau. Natürlich ist sie das nicht wirklich, es ist ein Bild von ihr, das sie abbildet. Ein Bild ist ja nicht gleichzusetzen mit dem, was es abbildet. Ein Bild von einer Person ist doch nur ein dürftiger Ersatz für die Person selbst.

    Das Bild ist genaugenommen nichts in sich selbst. Es erhält seinen Wert durch den oder das, wen oder was es abbildet. Aus dieser Tatsache lässt sich eine Einsicht gewinnen zu der Frage des Selbstwerts und der psychologischen Antwort dazu. Man sagt, die Aufgabe des Menschen sei es, ein gutes Bild von sich selbst zu entwickeln, indem er seinen Wert in sich selbst entdeckt. Das ist unrealistisch und kann nur funktionieren, wenn der Mensch Illusionen aufbaut. Denken wir an einen Spiegel: Ein Spiegel hat nur den einen Zweck, ein möglichst genaues Bild von dem zu geben, den es widerspiegeln soll. Für einen Spiegel wäre es unsinnig, wenn er versuchen würde, ein gutes Bild von sich selbst zu entwickeln.

    Jeder Versuch, das Bild in sich und durch sich selbst zu erfassen, ist zum Scheitern verurteilt. Die Identität des Menschen ist von dem her bestimmt, was er abbildet. Die Identität des Menschen ist von seinem Schöpfer her definiert. In sich selbst kann er sie nicht finden. Da wir Bild Gottes sind, ist auch unser Selbstwert in Gott bzw. in Christus begründet. Es macht einen großen Unterschied, ob wir uns in unserem Menschenbild nach unten hin (zu den Tieren) oder nach oben hin (zu Gott) orientieren. Das Menschenbild der Evolutionisten ist nach unten hin orientiert. Auf dem Hintergrund eines solchen Menschenbildes ist es letztlich nur zu verstehen, dass es unter Hitler ein Euthanasieprogramm gegeben hat und einen millionenfachen Mord an Juden, Romas und Behinderten, die alle seiner Meinung nach lebensunwert waren. Hitler meinte, er könne die Höherentwicklung des Menschen beschleunigen, indem er das Schwache und Unwerte beseitigt. Man nennt das „Sozialdarwinismus". Darin zeigt sich, welch hohe Bedeutung unser Menschenbild hat. Denn so wie wir über den Menschen denken, werden wir mit ihm umgehen.

    Wie Gott besitzt – wenn auch in beschränktem Maß – auch der Mensch …

    1) einen Willen, mit dem er – wenn auch in begrenztem Umfang – Entscheidungen treffen kann (Lk 23,25);

    2) Verstand und Erkenntnisfähigkeit, wie sie sich z.B. in Wissenschaft und Technik zeigen (Röm 12,2);

    3) die Fähigkeit zu werten bzw. zu wählen, also Religion, Moral und Ethik zu haben (Jos 24,15);

    4) schöpferische Fähigkeiten und auch einen Sinn für Schönheit (1Kön 6,9ff);

    5) die grundsätzliche Fähigkeit zu lieben (1Petr 1,22);

    6) die Fähigkeit, die Zukunft zu antizipieren, an die Ewigkeit zu denken (Pred 3,11);

    7) die Fähigkeit, Herrschaft auszuüben (1Mo 1,26).

    2. Geschaffen als Leib, Seele und Geist

    In 1. Mose 2,7 wird uns sehr knapp und doch außerordentlich aufschlussreich mitgeteilt, wie sich die Erschaffung des Menschen zutrug. Am Anfang steht der Plan (1Mo 1,26): „Und Gott sprach: Lasst uns Menschen machen nach unserem Bild …". Dann kommt es zur Ausführung (1Mo 2,7): „Da bildete Gott der HERR den Menschen, Staub von der Erde, und blies den Odem des Lebens in seine Nase, und so wurde der Mensch eine lebendige Seele." Das Ergebnis war eine „lebendige Seele".

    Abb. 1-1

    Staub von der Erde: Damit ist ausgesagt, dass der Mensch nach seiner stofflichen Beschaffenheit durchaus mit den irdischen Geschöpfen zusammengehört. Er ist Materie – aber er ist nicht nur Materie. Diesem Erdstoff, den Gott zur Substanz menschlicher Leiblichkeit wählte, hauchte Er seinen Atem ein.

    Das Wort hier heißt auch „Geist" (ruach). Dieser Geist ist Träger und Vermittler des Lebens. Infolge der Geisteinhauchung wird der Mensch „eine lebendige Seele (ein beseeltes Lebewesen). Die Verbindung von Geist und Leib schafft ein Neues, Drittes, das mehr ist als die Summe seiner Teile. Es entsteht die Seele bzw. die beseelte Persönlichkeit mit Eigenschaften, die weder im Leib noch im Geist vorhanden waren. Darum kann von „Seele gesprochen werden. Die Seele hat allerdings keine substantielle Existenz. Es gibt keine Seelensubstanz, die unabhängig von Leib und Geist existiert. Der Mensch hat nicht eine Seele, er ist Seele. Die Existenz der Seele ist an Leib und Geist gebunden. Wenn es zur Trennung von Leib und Geist kommt (im Tod), ist der Leib dem Zerfall preisgegeben, während der Geist (der vielleicht 80 Jahre lang als Geist-Seele existiert hat) zu Gott geht (Pred 3,21). Genau genommen müsste man sagen, dass er unter die Verfügung Gottes kommt, der ihm seinen Ort zuweisen wird.

    Im Hebräischen gibt es drei Begriffe für „Mensch", die sehr aussagekräftig sind, die vor allem die Geschöpflichkeit, die Schwachheit und Abhängigkeit des Menschen verdeutlichen.

    1. Da ist zunächst das Wort „adam", das mit Abstand am häufigsten vorkommt (562mal). Es ist neben der Gattungsbezeichnung auch der Eigenname des ersten Menschen. In diesem Wort stecken die Begriffe „Erdboden, „Acker, aber auch die Farbe „rot. In 1. Mose 2,7 heißt es, dass Gott den Menschen aus „Staub aus dem Erdboden (adama) gemacht hat. Dass für die Menschheit und das Individuum Mensch der gleiche Begriff gebraucht wird, weist darauf hin, dass beide eng zusammengehören. Es gibt eine kollektive Verantwortlichkeit des Menschen. Was der Einzelne tut, betrifft auch seine Nachfahren. So hat das Tun Adams für ihn selbst, seine Frau, aber auch für seine Nachkommen schwerwiegende Folgen gehabt. In Römer 5,12-21 sagt uns Paulus, dass die Sünde des einen Menschen Adam die ganze Welt in die Sünde und in den Tod riss. Aber: Durch die Gerechtigkeit eines Adamskindes, des „letzten Adam" (1Kor 15,45), wird eine neue Menschheit begründet, die wie Christus gerecht ist und Leben empfängt.

    2. Der zweite Begriff im AT heißt „änosch". Die Wurzel dieses Wortes bedeutet „krank und schwach sein". Meist wird das Wort so verwendet, dass es einen Schaden bezeichnet, der unheilbar ist. Jeremia 30,12: „Denn so spricht der HERR: Dein Schaden ist verzweifelt böse und deine Wunde unheilbar [anusch]". So betont diese Bezeichnung die Schwachheit und Hinfälligkeit des Menschen.

    3. Die dritte Bezeichnung für den Menschen im AT lautet „mat". Die Wurzel dieses Wortes steht für sterben, nominal für den Tod. Dieses Wort für Mensch kommt allerdings nie in der Einzahl, sondern immer in der Mehrzahl vor, als „metim" (23mal). Von der Grundbedeutung her heißt es Sterblicher. In Jesaja 41,14 heißt es: „So fürchte dich nicht, du Würmlein Jakob, du Häuflein Israel; denn ich helfe dir, spricht der HERR, und dein Erlöser ist der Heilige Israels." Was hier mit „Häuflein Israel" übersetzt ist, heißt eigentlich „ihr Sterblichen Israels" [mete Jisrael].

    Im griechischen NT lautet die Bezeichnung für Mensch „anthropos". Die Etymologie dieses Wortes ist unklar und gibt für unsere Zwecke nichts her. Von diesem Wort ist der Begriff „Anthropologie" (Menschenkunde) abgeleitet.

    3. Der erste, der gefallene und der erlöste Mensch

    Der Mensch ist also geschaffen im Bilde Gottes, und zwar als ein Gegenüber für den Sohn Gottes. Er ist geschaffen zur Gemeinschaft mit dem dreieinigen Gott. Wenn das aber der eigentliche Zweck der Erschaffung des Menschen ist, dann wird es entscheidend wichtig sein, wie die Beziehung des Menschen zu Gott aussieht. Gemeinschaft setzt Beziehung voraus und zwar eine positive Beziehung. Um die Beziehung des Menschen zu Gott zu klären, müssen wir uns aber erst vor Augen führen, was sich durch den Fall verändert hat und schließlich, was die Erlösung durch Christus bewirkt hat. Anders gesagt: Wie sah die Beziehung des „ersten Menschen, also des Menschen vor dem Sündenfall aus, wie sieht die Beziehung des „gefallenen Menschen aus und wie schließlich die des „erlösten Menschen".

    3.1 Der Mensch vor dem Sündenfall

    Adam lebte vor dem Fall in ungebrochener Gemeinschaft mit Gott.

    1) Er war im Bilde Gottes geschaffen und konnte – weil er mit Gott Umgang hatte – seine Identität in Gott (bzw. im Sohn Gottes) finden.

    2) Adam lebte in einer völligen Abhängigkeit von Gott. Er handelte nie autonom, aus eigenem Willen.

    3) Seine Bedeutung und seine Sicherheit fand Adam in seiner Beziehung zu seinem Schöpfer. Was könnte auch einem Geschöpf Gottes mehr Bedeutung vermitteln als das Wissen darum, von seinem Schöpfer unendlich geliebt zu sein.

    4) Adam fiel es nicht schwer, den Willen Gottes zu tun. Es war für ihn die natürlichste und selbstverständlichste Sache. Er konnte sich zunächst gar nichts anderes vorstellen. Deshalb lebte er auch in einem völligen inneren Frieden. Die Versuchung kam nicht aus seinem Herzen, sondern von außen. Die Sünde hatte sich noch nicht wohnlich niedergelassen in seinem Herzen. Auch Satan hatte zunächst keinen Bezug zu Adam.

    3.2 Der gefallene Mensch

    Durch den Sündenfall brach – wie es Gott vorher warnend gesagt hatte – die Herrschaft der Sünde und des Todes an. Die Situation hat sich grundlegend gewandelt.

    1) Durch seinen Ungehorsam gegen Gott und seinen Gehorsam gegen Satan ist der Mensch in eine Beziehung zu dem Gegenspieler Gottes getreten und lebt seither unter der Sklaverei Satans. Gleichzeitig wurde die Beziehung zu Gott gelöst – Gott ist jetzt außerhalb seines Lebens.

    2) Der Mensch wollte sein wie Gott, frei und unabhängig. Und er lebt nun auch so, als wäre er es, verkennt dabei aber völlig, dass er jetzt an die Sünde versklavt ist.

    3) Seine Bedeutung und Sicherheit muss er jetzt außerhalb von Gott finden, seine Identität muss er sich selbst schaffen. Er definiert sie seither von seinem Mitmenschen her.

    4) Zu einem Gehorsam Gott gegenüber ist der unerlöste Mensch nicht in der Lage. Sein Wille ist gebunden. Bei aller religiösen Bemühung, bei aller Ethik und Moral – der Mensch ist unfähig, das Gute zu tun und sich selbst zu erlösen.

    Abb. 1-2

    3.3 Der erlöste Mensch

    Der durch Christus erlöste Mensch lebt unter der Herrschaft der Gnade und der Gerechtigkeit. Die Beziehung zu Gott ist wiederhergestellt. Trotzdem ist jetzt nicht wieder alles so, wie es vor dem Fall war: Satan und die Sünde sind als Mächte in seinem Leben immer noch wirksam und können es potentiell beeinflussen.

    1) In Christus ist der Erlöste ein neuer Mensch geworden, eine „neue Schöpfung".

    2) Er steht nun wieder in einer Abhängigkeit von Gott, wenn auch diese Abhängigkeit nicht mehr so unumschränkt ist wie bei Adam vor dem Fall.

    3) Er findet seine Bedeutung und Sicherheit in Gott und hat eine neue Identität in Christus. Er muss sie sich jetzt nicht mehr von seinem Mitmenschen her definieren.

    4) Der alte (unerlöste) Mensch ist gekreuzigt, damit auch die Sklaverei Satans und der Sünde gebrochen. Der erlöste Mensch hat jetzt die Möglichkeit zu wählen: entweder den Willen Gottes zu tun oder den Impulsen des Fleisches und der Sünde (und damit letztlich Satans) nachzugeben.

    Er ist insofern frei, als er jetzt wählen kann, wem er dienen möchte, ob er seine Glieder der Sünde als Werkzeuge der Ungerechtigkeit oder Gott als Werkzeuge der Gerechtigkeit zur Verfügung stellt (Röm 6,13). Die Versuchung zum Ungehorsam kommt jetzt – im Unterschied zu Adam vor dem Fall – aus dem Inneren des Menschen, gleichermaßen auch seine Antwort darauf.

    Die Beziehung des Menschen zur Sünde ist in folgender Darstellung – die in der lateinischen Sprache ein Wortspiel darstellt – noch einmal deutlich gemacht.¹

    Der 4. Punkt bedarf vielleicht einer kurzen Erläuterung: Hin und wieder wurde ich gefragt, ob sich das ganze Drama von Sündenfall und Erlösung nicht wiederholen könnte. Schließlich seien Adam und Eva ja auch sündlos geschaffen worden und doch war es möglich, dass sie sündigten. Was könnte man dagegen ins Feld führen? Der Verweis darauf, dass Satan und seine Mächte auf ewig ausgeschaltet seien, würde als Gegenargument zu kurz greifen. Der Mensch ist prinzipiell auch aus eigenem Antrieb dazu fähig, sich gegen Gott zu stellen.

    Dass der Mensch in der Vollendung nicht mehr sündigen kann, muss eine andere Begründung haben. Es gilt zu verstehen, dass der Mensch in der Vollendung nicht mit Adam verglichen werden kann. Er hat eine viel höhere Stellung, die sich daraus ergibt, dass er sein Leben nicht durch den Odem Gottes hat, sondern durch die Innewohnung des dreieinigen Gottes². Weil Gott (bzw. Christus) nicht sündigen kann, deshalb werden auch wir nicht sündigen können. Das hat noch eine weitergehende Konsequenz. Wir müssen davon ausgehen, dass Adam nicht das eigentliche Ziel von Gottes Schöpfung war, sondern dass Gott von Anbeginn an den Menschen in der Vollendung im Blick hatte. Gott ist nicht mit Plan A (Adam) gescheitert und hat dann auf Plan B zugegriffen. Es ging von Anbeginn an um eine Braut für den Sohn und diese musste wesensgleich sein. Der erste Mensch wäre dafür nicht geeignet gewesen.

    4. Die Folgen des Sündenfalls für den Menschen

    Der Sündenfall hatte gewaltige Folgen, die in allen Bereichen der Schöpfung spürbar sind. Die ganze Schöpfungsordnung Gottes wurde durcheinandergebracht. Gott hat deswegen eine Erhaltungsordnung einführen müssen, wozu auch das Gesetz zählt.

    4.1 Folgen im physischen Bereich

    Die Folgen im physischen Bereich sind am augenfälligsten und auch vom gottlosen Menschen nicht zu leugnen, auch wenn er sie nicht dem Abfall von Gott zuschreiben mag. Sie heißen: Krankheit, Leiden, Schmerzen und als Endpunkt der Tod. Die Gründe dafür sind der Alterungsprozess des Menschen, damit ein Funktionsverlust der Organe; eine Schädigung des Erbguts (z.B. durch Strahlung); Krankheitserreger; Gifte; Radioaktivität (Zerfallsprodukt). Zur Frau sagte Gott: „Ich werde sehr vermehren die Mühsal deiner Schwangerschaft, mit Schmerzen sollst du Kinder gebären." (1Mo 3,16) Der Mensch lebt auf einer verdorbenen und feindseligen Erde. Unter Schweiß und Mühen muss er dem Acker die Frucht abringen. Disteln und Dornen, Unkraut.

    4.2 Folgen im geistlichen Bereich

    Der Mensch hat den geistlichen Tod erlitten, d.h. die Beziehung zu Gott ist zerbrochen. Der Mensch steht nun unter der Verurteilung und dem Zorn Gottes. Er ist unfähig zum Guten, weil er in seiner Autonomie handelt und alles, was er tut, auch das vermeintlich Gute, eine Auflehnung gegen die Herrschaft Gottes darstellt. Er ist an Satan versklavt, der ihn zu einem mehr oder weniger willfährigen Werkzeug machen kann. Auch wenn das Gesetz Gottes in seinem Gewissen noch präsent ist, so gilt doch: „Der natürliche Mensch vernimmt nichts vom Geiste Gottes." (1Kor 2,14) Da ihm ein primäres Gottesbewusstsein verblieben ist, sucht der natürliche Mensch Antworten und Hilfen im Übernatürlichen, und so verfällt er immer wieder der Abgötterei und dem Aberglauben. Der Mensch hat seine Identität, die er vor dem Fall in Christus hatte, verloren und muss sich eine neue Identität schaffen, eine Identität ohne seinen Schöpfer.

    4.3 Folgen im ethischen Bereich

    Der Mensch hat nun zwar das Wissen um das Gute und Böse, aber das Gute kann er nicht mehr vollbringen – er ist böse geworden. Er vermag sich vom Bösen nicht zu befreien. In seinem Denksinn ist er verfinstert. Denken wir nur an die pervertierten Gedanken mancher Philosophen. Gerade diejenigen, die doch die „Liebe zur Weisheit" (Philosophie) zu ihrem Anliegen gemacht haben, sind in ihrem Denken am meisten irregegangen. Hier gilt Römer 1,21f.: „Denn obgleich sie Gott erkannten, haben sie ihn doch nicht als Gott geehrt und ihm nicht gedankt, sondern sind in ihren Gedanken in nichtigen Wahn verfallen, und ihr unverständiges Herz wurde verfinstert. Da sie sich für weise hielten, sind sie zu Narren geworden." Typisch ist auch der Versuch, Sünde und Fehlverhalten zu leugnen und auf vielfältige Weise zurückzuweisen (siehe Abwehrstrategien, Bd. 1, S. 202).

    4.4 Folgen für die Fähigkeiten des Menschen

    Der Sündenfall hat das Bild Gottes im Menschen nicht gänzlich vernichtet, aber stark entstellt. Der Mensch verfügt noch immer über die ihm von Gott verliehenen Fähigkeiten, aber nicht mehr in der ursprünglichen Qualität. Adam war jedem heutigen Menschen geistig, psychisch und körperlich weit überlegen. Sein Auftrag war, alle Tiere mit Namen zu versehen.³ Namen wurden nicht willkürlich gegeben, sondern sie sollten immer etwas von dem Wesen des so Benannten ausdrücken. Adam musste also die Tiere gut kennen, um ihnen passende Namen geben zu können. Das war eine geistige Leistung, zu der kein heute lebender Mensch in der Lage wäre. Er sollte den Garten Eden bebauen und bewahren. Das war ein Gebiet, das größer war als Deutschland. Wer von uns würde sich wohl zutrauen, ganz Deutschland zu bebauen und zu bewahren? Daraus ergibt sich, dass die Menschheit nicht höher entwickelt, sondern degeneriert ist. Wir haben nur über die Jahrtausende hinweg Wissen angehäuft, das Adam noch nicht zur Verfügung stand. Gewissermaßen stehen wir auf den Schultern unserer Ahnen.

    Ein Weiteres: Der Mensch setzte seine Fähigkeiten zunehmend für das Böse ein. So gebraucht er etwa seine intellektuellen und schöpferischen Fähigkeiten zu Bösem. Denken wir nur an den Erfindungsgeist, der in die Entwicklung von Vernichtungswaffen investiert wurde. Oder denken wir an den Einfallsreichtum gewerbsmäßiger Betrüger oder auch an so manches, was unter dem Begriff „Kultur" firmiert, sei es in Malerei, Theater oder Musik.

    4.5 Nichts Unversehrtes in der Menschennatur

    Jede Vorstellung, die beim natürlichen Menschenwesen einen unversehrten, von der Sünde verschonten Bestandteil voraussetzt, ist entschieden falsch. Der Mensch ist nicht ein Sünder, weil er sündigt, sondern er sündigt, weil er ein Sünder ist. Sünde entspricht seiner gefallenen Natur. In Sprüche 22,15 heißt es, dass Torheit dem Knaben im Herzen steckt. Noch nie musste einem Kind beigebracht werden zu sündigen. Das ganze Menschenwesen ist von Geburt an durchdrungen von der Sünde. David hatte das erkannt, wenn er sagte: „Siehe, ich bin als Sünder geboren" (Ps 51,7). Sehr verbreitet ist die Sicht, dass der Geist als das reine, von Sünde und Befleckung nicht betroffene Reservat verstanden wird, als das Organ, das Gott als seine Wohnstätte wählt. Dabei verkennt man aber die Ganzheitlichkeit des Menschen, die die Vorstellung verbietet, es könnte einen Teil geben, der dem Einfluss der innewohnenden Sünde enthoben wäre. Die Schrift macht unmissverständlich klar, dass im Menschen nichts Gutes wohnt, dass der ganze Mensch durch den Fall betroffen ist. Paulus schreibt an die Korinther, dass sie sich „von aller Befleckung des Fleisches und des Geistes reinigen" sollen (2Kor 7,1). Gäbe es einen solchen verschonten Anteil im Menschen, dann wäre dieser Teil nicht erlösungsbedürftig. Die Schrift macht aber klar, dass der ganze Mensch Erlösung braucht.

    Der bekannte Theologe Wilhelm Schlatter schrieb in seinem Buch „Biblische Menschenkunde: „Wer vom Geist wahr denken und reden will, muss sich durch das Wort Gottes sagen lassen: Menschengeist ist nicht der Heilige Geist. … Als solcher konnte er sich der Sünde nicht erwehren, sondern ist selbst in ihre Gewalt und dadurch in Not und Erlösungsbedürftigkeit geraten. Mit diesem Bekenntnis der Wahrheit, dass auch der Geist im Menschen unter der Sünde steht, ist eingeräumt, dass das gesamte natürliche Menschenwesen bis in den Grund, den Geist, widergöttlich entartet ist und Errettung nötig hat.

    ¹ Die folgende Darstellung (Seite 9) geht vermutlich auf den Kirchenvater Augustinus zurück.

    ² Johannes 14,23: „Wenn jemand mich liebt, so wird er mein Wort befolgen; und mein Vater wird ihn lieben, und wir werden zu ihm kommen und Wohnung bei ihm machen." Jakobus 4,5b: „Ein eifersüchtiges Verlangen hat der Geist, der in uns wohnt." Die ganze Gottheit nimmt Wohnung im Menschen.

    ³ Man könnte denken, dass das ja nicht so schwierig war. Nun muss man aber wissen, dass es der Wissenschaft bis heute nicht gelungen ist, die vorhandenen Tiere auch nur zu katalogisieren. Quentin Wheeler, Gründungsdirektor des International Institute for Species Exploration (IISE), sagt: „Ich bin immer wieder aufs Neue erstaunt, wie viele neue Arten auftauchen und welche Vielfalt die Neuentdeckungen haben". Doch er betont auch, wie gefährdet viele der neuentdeckten Arten sind: „Wir entdecken zwar pro Jahr rund 18.000 neue Spezies, gleichzeitig sterben aber rund 2000 Arten jährlich aus." (Hervorh. durch den Autor)

    ⁴ Schlatter, Wilhelm, Biblische Menschenkunde. Die biblische Lehre von Geist, Seele und Leib. Luther-Verlag GmbH, Bielefeld, 5. Aufl., S. 30.

    Fragen zur Lektion 1:

    BIBLISCHE ANTROPOLOGIE /1

    Frage 1: Die Aussage, dass der Mensch nach dem Bild Gottes geschaffen ist, wirft die Frage auf, worin er Gott gleicht. Nennen Sie einige Eigenschaften und Fähigkeiten, die er – wenn auch in unterschiedlicher Qualität – mit Gott gemeinsam hat.

    Frage 2: Wenn der Mensch nach dem Bild Gottes geschaffen ist, wäre es dann nicht möglich, unsere Gotteserkenntnis zu erweitern, indem wir vom Menschen auf Gott zurückschließen?

    Frage 3: Nennen Sie ein paar Unterschiede zwischen dem Menschen vor dem Fall und dem Menschen nach dem Fall.

    Frage 4: Wie heißen die drei hebräischen Begriffe für den Menschen und was sagen sie über den Menschen aus?

    Frage 5: Worin unterscheidet sich der gefallene Mensch von dem ersten Menschen (Adam)?

    Frage 6: Worin unterscheidet sich der erlöste Mensch von dem gefallenen Menschen?

    Frage 7: Was wäre im Zusammenhang mit dem sog. „Seelsorgegeheimnis" zu beachten?

    Frage 8: Warum ist die Sicht, dass der Mensch einen von der Sünde verschonten Bestandteil hat, so problematisch? Was bedeutet das für die Lehre vom Heil?

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    Aspekte biblischer Anthropologie für eine bibelorientierte Seelsorge

    (Klaus Giebel)

    1. Gottes Schöpfung – der Mensch im Urzustand

    Der Mensch ist Geschöpf Gottes. Aber nicht nur die Tatsache, dass der Mensch geschaffen wurde, sondern auch das Wie und Wozu geben Aufschluss darüber, wer der Mensch ist. Nach 1. Mose 1,26-27 und 1. Mose 2,7 lässt sich sagen, dass der Mensch sowohl von seinem Ursprung her als auch bezüglich der Zielsetzung zum Bild Gottes geschaffen wurde. Mit Ausführungen über seine materielle und geistige Beschaffenheit wird ihm auch eine Zweckbestimmung gegeben: er wird zum Botschafter Gottes auf Erden. Gegenüber der übrigen Schöpfung repräsentiert er den lebendigen Schöpfer, er ist der „König der Erde" (Erich Sauer).

    Die Frage, die die Theologie stets beschäftigt hat, ist, worin diese „Ebenbildlichkeit (oder einfach, wie manche Theologen es vorziehen, die „Bildlichkeit) besteht. Die Bedeutung zäläm (lat. imago, griech. eikon) ist primär Bild, Abbild, Abbildung. Das andere Wort, demuth (lat. similitudo, griech. homoiosis), bedeutet Gleichung, Gestalt, Nachbildung, Ähnlichkeit. Der Versuch einiger griechischer und lateinischer Kirchenväter, in ersterem den körperlichen Bereich („Abbild", konkrete Ähnlichkeit) und in letzterem Begriff (abstrakte Ähnlichkeit) mehr den sittlichen Aspekt der Gottebenbildlichkeit zu sehen, ist aus der Begriffsbildung heraus nicht gerechtfertigt. Die beiden Begriffe verstärken sich und heben hervor, dass der Mensch als Bild, man könnte auch sagen als Veranschaulichung für Gottes Wesen geschaffen wurde. Dies hat natürlich ausschließlich für die Eigenschaften zu gelten, die nicht exklusiv und unveräußerlich in der göttlichen Natur verankert sind, also Merkmale wie Allmacht, Allwissenheit und Allgegenwart Gottes.

    Damit sind die Parameter für die grundlegende Wesensbestimmung des Menschen gelegt: Der Mensch widerspiegelt innerhalb der Schöpfung das Wesen Gottes, ohne dabei mit Gott identisch zu sein. Er ist geprägt von der Abhängigkeit gegenüber seinem Schöpfer. Gott schuf sich also ein Gegenüber, zu dem er reden konnte, das ihn verstand und seine Pläne und Absichten in besonders hervorragender Weise vertreten konnte. Weil der Mensch sich von Gott anreden lassen kann, liegt darin seine Würde und Bedeutung.

    Alle Modelle, die den Menschen partikular betrachten („Triebwesen, „animal rationale, etc.) verkennen die Bedeutung dieser Dimension des Menschen, den Gott persönlich ansprechen will und den er deshalb-auch nach dem Sündenfall – persönlich anspricht: „Da rief Gott der HERR den Menschen und sprach: „wo bist du?" (1Mo 3,9). Letztlich will sich Gott immer beim Menschen Gehör verschaffen. Wer Seelsorge übt, wird dies zu keinem Zeitpunkt der Beziehung zu einer ratsuchenden Person außer Acht lassen. Auch nach dem Sündenfall bleibt der Mensch formal als derjenige sichtbar, den Gott zu seinem Bild geschaffen hat. .

    Ein anderer Gesichtspunkt, der sich aus den Aussagen des Schöpfungsberichts ergibt, ist die wesensmäßige Einheit des Menschen. Der Mensch wurde eine lebende Seele (hebr. näphäsch chajah), was bedeutet, dass es nicht Gottes Absicht war, einem unsichtbaren Teil des Menschen lediglich eine sichtbare Hülle zu geben, sondern dass der sichtbare und der verborgene Mensch aufs engste zusammengehören. Der Mensch ist Gottes Bild, und dazu gehören sowohl die geistige eine Dimension als auch die entsprechende sichtbare Dimension, der Leib. Wer den Leib tötet, vergreift sich am „Bild Gottes", ebenso wer den Menschen mit Worten verletzt (vgl. 1Mo 9,6; Jak 3,9-10).

    Sowohl seine moralische, also auch seine geistigen Fähigkeiten sowie sein Ichbewusstsein, die Fähigkeit zur Kommunikation mit sich, mit anderen, all das macht die Einzigartigkeit des Menschen aus. Die Kommunikationsfähigkeit scheint nach dem biblischen Zeugnis eine besonders herausragende Eigenschaft zu sein, die den Menschen als das Gegenüber Gottes auszeichnet, und zwar auf unterschiedlichen Ebenen.

    Ein weiterer Aspekt dieser schöpfungsmäßigen Dimension ist, dass der Mensch dazu berufen ist, seinem Schöpfer Ehre, Dank und Anbetung zu erweisen (Röm 1,18-23). Wenn der Mensch nicht mehr auf den Schöpfer bezogen denkt, dann wird er sich ein anderes „Gegenüber" suchen, d.h. der Mensch wird zum Götzendiener. Diese Glaubensdimension des Menschen kann nicht fein säuberlich von anderen Bereichen seines Lebens getrennt werden. Nicht erst wenn der Mensch selbst von seiner Religion spricht oder spezifisch religiös handelt, ist er religiös. Alle Ebenen seiner Werte, Überzeugungen, sein Fragen nach Sinn und Bedeutung sind letztlich ein Ausdruck seiner Religiosität. Er kann seine Herkunft

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