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4 Arizona Western Januar 2023
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eBook536 Seiten6 Stunden

4 Arizona Western Januar 2023

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Über dieses E-Book

4 Arizona Western Januar 2023

 

von Alfred Bekker & Pete Hackett & Thomas West & Barry Gorman

 

 

 

Dieses Buch enthält folgende Romane:

 

Barry Gorman: Grainger und die Generalstochter

Alfred Bekker: Das heiße Spiel von Dorothy

Pete Hackett: Die wilde Louella

Thomas West: Weidekrieg

 

"Die Kerle sind irre geworden!", stieß Kevin hervor. "Die zünden sich selbst das Dach über dem Kopf an!"

Grainger hielt Billy the Kid nicht für verrückt, sondern für äußerst kaltblütig. Bei den herrschenden Windverhältnissen wurde der schwarze Rauch in Richtung von Pat Garrett und dessen Männern gedrückt. Die Sicht und somit das Schussfeld wurden erheblich schlechter.

"Wenn die Regulatoren nicht gegrillt werden wollen, müssen sie bald herauskommen", rief Grainger Kevin zu, während er weiter feuerte. Seine Augen brannten, denn der Wind frischte auf. Immer mehr Qualm waberte ihm entgegen.

Plötzlich ertönte das schnelle Pochen von Pferdehufen. Zu der Hütte gehörte auch ein kleiner Schuppen, in dem war offenbar ein Gaul verborgen gewesen. Ein Reiter hockte im Sattel des nach Westen galoppierenden Tieres. Grainger erblickte nur kurz die kleine schmächtige Gestalt des Flüchtenden, dann sah er nur noch eine große Staubwolke. Schon war der Bandit hinter einer Bodenwelle verschwunden.

Offenbar gab es keine weiteren Pferde in dem Verschlag. Die übrigen Regulatoren machten nämlich keinen Fluchtversuch. Sie verließen die inzwischen lichterloh brennende Hütte. Dabei feuerten sie ununterbrochen weiter. Doch da sie nun ohne Deckung vorrückten, nützte ihnen auch der Rauchvorhang nicht mehr viel.

SpracheDeutsch
HerausgeberAlfred Bekker
Erscheinungsdatum27. Jan. 2023
ISBN9798201711238
4 Arizona Western Januar 2023
Autor

Alfred Bekker

Alfred Bekker wurde am 27.9.1964 in Borghorst (heute Steinfurt) geboren und wuchs in den münsterländischen Gemeinden Ladbergen und Lengerich auf. 1984 machte er Abitur, leistete danach Zivildienst auf der Pflegestation eines Altenheims und studierte an der Universität Osnabrück für das Lehramt an Grund- und Hauptschulen. Insgesamt 13 Jahre war er danach im Schuldienst tätig, bevor er sich ausschließlich der Schriftstellerei widmete. Schon als Student veröffentlichte Bekker zahlreiche Romane und Kurzgeschichten. Er war Mitautor zugkräftiger Romanserien wie Kommissar X, Jerry Cotton, Rhen Dhark, Bad Earth und Sternenfaust und schrieb eine Reihe von Kriminalromanen. Angeregt durch seine Tätigkeit als Lehrer wandte er sich schließlich auch dem Kinder- und Jugendbuch zu, wo er Buchserien wie 'Tatort Mittelalter', 'Da Vincis Fälle', 'Elbenkinder' und 'Die wilden Orks' entwickelte. Seine Fantasy-Romane um 'Das Reich der Elben', die 'DrachenErde-Saga' und die 'Gorian'-Trilogie machten ihn einem großen Publikum bekannt. Darüber hinaus schreibt er weiterhin Krimis und gemeinsam mit seiner Frau unter dem Pseudonym Conny Walden historische Romane. Einige Gruselromane für Teenager verfasste er unter dem Namen John Devlin. Für Krimis verwendete er auch das Pseudonym Neal Chadwick. Seine Romane erschienen u.a. bei Blanvalet, BVK, Goldmann, Lyx, Schneiderbuch, Arena, dtv, Ueberreuter und Bastei Lübbe und wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt.

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    Buchvorschau

    4 Arizona Western Januar 2023 - Alfred Bekker

    Copyright

    Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von

    Alfred Bekker

    © Roman by Author 

    COVER: EDWARD MARTIN

    © dieser Ausgabe 2023 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen 

    Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

    Alle Rechte vorbehalten.

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    Alles rund um Belletristik!

    4 Arizona Western Januar 2023

    von Alfred Bekker & Pete Hackett & Thomas West & Barry Gorman

    ––––––––

    Dieses Buch enthält folgende  Romane:

    Barry Gorman: Grainger und die Generalstochter

    Alfred Bekker: Das heiße Spiel von Dorothy

    Pete Hackett: Die wilde Louella

    Thomas West: Weidekrieg

    Grainger und die Generalstichter

    von Barry Gorman

    New Mexico, Juni 1881: Grainger bekommt überraschend einen neuen Auftrag. Er soll die spurlos verschwundene Tochter von General Harris Braddock wiederfinden. Schnell findet der Abenteurer heraus, dass der gewissenlose Schurke Luke Warren sich die junge Schönheit gefügig gemacht hat. Kann Grainger verhindern, dass die Generalstochter als Freudenmädchen in einem Bordell landet?

    Sheriff Pat Garrett gab ein Handzeichen. Daraufhin eilten Grainger und zwei weitere Männer des Aufgebots einen zerklüfteten Felshang hinauf. Ungefähr zehn Pferdelängen vor ihnen befand sich eine halb verfallene Hütte. Einst hatten hier Goldsucher vergeblich nach Nuggets gegraben. Nun hielten sich angeblich Billy the Kid sowie einige seiner Regulatoren in der schäbigen Kate auf.

    Da brüllten schon mehrere Waffen auf. Gewehrläufe waren aus den Fensterluken geschoben worden, Mündungsfeuer blitzte. Grainger war mit einer Winchester bewaffnet, genau wie seine Kameraden. Sie deckten die Hütte mit ihren Schüssen ein, nachdem sie an der Felskante Deckung genommen hatten.

    Grainger hatte sich dem Aufgebot angeschlossen, nachdem Billy the Kid im April 1881 dem Galgen entronnen war und bei seiner Flucht zwei Deputys erschossen hatte. Pat Garrett war nun die Aufgabe zugefallen, den Flüchtenden der Gerechtigkeit zuzuführen. Die wilde und lebensfeindliche Landschaft New Mexicos mit ihren weiten Einöden und Wüsten bot unzählige Versteckmöglichkeiten für einen Outlaw. Aber nun hatte die Posse Billy the Kid und dessen Komplizen, die sich Regulatoren nannten, gestellt. Jedenfalls hofften sie das.

    Pat Garrett nahm mit der Mehrzahl seiner Leute die Hütte von der östlichen Seite unter Feuer, während Grainger sowie Kevin und Art die Westflanke sicherten. In der Hütte mussten mindestens ein halbes Dutzend Männer stecken. Sechs Repetiergewehre waren es nämlich, die einen Kugelhagel auf die Belagerer prasseln ließen.

    Das Aufgebot des Sheriffs war zahlenmäßig überlegen. Doch bisher hatte Billy the Kid immer bewiesen, dass er seinen Kopf hervorragend aus der Galgenschlinge ziehen konnte. Und auch an diesem Tag schien er nicht an ein Aufgeben zu denken.

    Plötzlich wurde eine Dynamitpatrone durch ein Fenster nach draußen geschleudert. Grainger war der Einzige, der die Sprengladung mit der glimmenden Zündschnur rechtzeitig kommen sah. Er sprang auf, riss Kevin mit sich zur Seite und warf sich flach auf den Boden.

    „Dynamit!", rief er gellend. Art rappelte sich ebenfalls aus seiner Deckung hoch, schaffte es aber nicht mehr rechtzeitig. Der Explosionsstoff detonierte unmittelbar neben dem Posse-Reiter. Die Dynamitladung ging hoch, und Art wurde förmlich zerfetzt. Doch Grainger rächte den Kameraden sofort, denn er hatte bereits den Werfer der Stange über Kimme und Korn anvisiert. Der Bandit in der Hütte war nicht sofort wieder in Deckung gesprungen, um sein Vernichtungswerk besser sehen zu können. Dafür bekam er nun die Quittung.. Grainger jagte ihm ein Stück heißes Blei direkt in die Brust.

    Die Schießerei ging weiter. Pat Garrett signalisierte von der anderen Seite aus Grainger mit einer Geste seine Anerkennung für den Meisterschuss. Doch der Angriff geriet ins Stocken, denn die Regulatoren schossen weiterhin aus allen Rohren. Und nun züngelten auch noch Flammen in der Hütte hoch, dicker Qualm umhüllte das Gebäude.

    „Die Kerle sind irre geworden!, stieß Kevin hervor. „Die zünden sich selbst das Dach über dem Kopf an!

    Grainger hielt Billy the Kid nicht für verrückt, sondern für äußerst kaltblütig. Bei den herrschenden Windverhältnissen wurde der schwarze Rauch in Richtung von Pat Garrett und dessen Männern gedrückt. Die Sicht und somit das Schussfeld wurden erheblich schlechter.

    „Wenn die Regulatoren nicht gegrillt werden wollen, müssen sie bald herauskommen", rief Grainger Kevin zu, während er weiter feuerte. Seine Augen brannten, denn der Wind frischte auf. Immer mehr Qualm waberte ihm entgegen.

    Plötzlich ertönte das schnelle Pochen von Pferdehufen. Zu der Hütte gehörte auch ein kleiner Schuppen, in dem war offenbar ein Gaul verborgen gewesen. Ein Reiter hockte im Sattel des nach Westen galoppierenden Tieres. Grainger erblickte nur kurz die kleine schmächtige Gestalt des Flüchtenden, dann sah er nur noch eine große Staubwolke. Schon war der Bandit hinter einer Bodenwelle verschwunden.

    Offenbar gab es keine weiteren Pferde in dem Verschlag. Die übrigen Regulatoren machten nämlich keinen Fluchtversuch. Sie verließen die inzwischen lichterloh brennende Hütte. Dabei feuerten sie ununterbrochen weiter. Doch da sie nun ohne Deckung vorrückten, nützte ihnen auch der Rauchvorhang nicht mehr viel.

    Es gelang den Gesetzlosen, zwei von Pat Garretts Leuten zu verwunden. Doch Grainger erschoss einen Banditen, drei weitere wurden von dem Sheriff und einem Deputy niedergestreckt. Daraufhin warfen die übrigen Outlaws ihre Waffen fort und ergaben sich.

    Die Männer des Aufgebots wollten in die Sättel ihrer eigenen Pferde steigen, um dem Flüchtenden nachzusetzen. Aber Pat Garrett winkte ab.

    „Nein, Leute. Das ist eine Sache zwischen Billy und mir. Ich werde ihn allein verfolgen. Ihr könnt die Regulatoren ins Jail von Ruidoso bringen. Dort wird man sie vor Gericht stellen."

    Grainger blickte den Sheriff forschend an. Pat Garrett war erst vor kurzem als Gesetzeshüter gewählt worden. Allgemein wurde angenommen, dass er in Lincoln County wieder für Ordnung sorgen und Billy the Kid an den Galgen bringen würde. Grainger war kein Einwohner dieser Gegend. Er hatte sich aus purer Abenteuerlust und Neugier dem Aufgebot angeschlossen. Lange konnte er nie in einer Gegend bleiben, das widersprach seinem Freiheitsdrang. Außerdem verriet ihm sein Instinkt, dass schon wieder eine neue Aufgabe auf ihn wartete. Trotzdem wandte er sich noch einmal an den Sheriff mit den ernsten Augen und dem imposanten Schnauzbart.

    „Und Sie sind sicher, dass Sie sich Billy the Kid allein vorknöpfen wollen, Garrett?"

    „Ja, Grainger. Diese ganze Verfolgungsjagd ist letztlich ein Duell zwischen dem Outlaw und mir selbst. Ihr alle habt mir geholfen, aber ab hier will ich allein reiten."

    Der Abenteurer nickte, während er einen der gefangenen Banditen mit einem Stück Seil fesselte. Monate später erfuhr Grainger, dass Billy the Kid von Sheriff Pat Garrett einen Vorsprung von sechs Wochen bekommen hatte. Das sah nach Cassidys Meinung wirklich nach einem Duell zwischen zwei Männern aus, die ihre Regeln selbst festgelegt hatten. Aber auf die Dauer konnte sich Billy the Kid seinem Verfolger nicht entziehen. Im Haus von Pete Maxwell in Fort Sumner ereilte den Gesetzlosen schließlich sein Schicksal, als er von Pat Garrett geschossen wurde. Aber davon hörte Grainger später nur in den Saloons, denn zu der Zeit hatte er selbst schon wieder mehrere lebensgefährliche Abenteuer bestanden.

    *

    Ann Braddocks Herz klopfte bis zum Hals, und sie drehte nervös ihr Sonnenschirmchen in den behandschuhten Fingern hin und her. Langsam flanierte die bildschöne junge Frau über die hölzernen Bürgersteige von Ruidoso. Neugierig schaute Ann sich um.

    Das verschlafene Städtchen in New Mexico war eine fremde Welt für sie. Und das lag gewiss nicht nur daran, dass in Ruidoso immer noch viele Mexikaner lebten und Spanisch die gängige Umgangssprache war. Alles in allem stellte Ruidoso nicht mehr als ein verschlafenes Provinznest in einem unbedeutenden Teil New Mexicos dar.

    Aber für Ann war diese Siedlung so aufregend, als ob sie sich in einer europäischen Metropole wie London oder Paris aufhalten würde. Die staubige Main Street kam ihr vor wie eine gepflasterte Straße in einer Ostküstenstadt. Die junge Frau mit der atemberaubenden Figur kannte nicht viel von der Welt. Da Anns Mutter schon früh gestorben war, hatte sie den größten Teil ihres zwanzigjährigen Lebens in einem Mädchenpensionat an der Ostküste verbracht. Doch ihr Vater hatte sie vor einem halben Jahr zu sich geholt. Und da Harris Braddock als General die US-Truppen der Südwest-Grenze befehligte, war Ann zwangsweise größtenteils hinter den Festungsmauern von Fort Stanton geblieben.

    Dort hatte sich die junge Frau sehr fremd gefühlt, denn die Offiziersgattinnen waren alle viel älter als sie selbst. Eifersüchtig hielten sie ihre Ehemänner von der jungen und hübschen Generalstochter fern.

    Und zu den attraktiven jungen Leutnants durfte Ann ebenfalls keinen Kontakt pflegen, von den einfachen Soldaten ganz zu schweigen. Sie fühlte sich also oft einsam, denn ihr Vater konnte wegen seiner Dienstpflichten wenig Zeit mit ihr verbringen. Umso stolzer war Ann jetzt auf sich, weil sie Harris Braddock die Erlaubnis für einen Ausflug nach Ruidoso abgetrotzt hatte. Es war nämlich nicht leicht, sich gegen einen so willensstarken Mann durchzusetzen, der zudem noch das Befehlen seit vielen Jahren gewohnt war. Aber Ann hatte ihrem Dad schließlich dramatisch klargemacht, dass sie in dem Fort noch versauern würde.

    Natürlich bestand der General darauf, dass seine einzige Tochter nicht ohne Begleitschutz in das Städtchen fuhr. Daher war Ann Corporal Sam Duff als Aufpasser mitgegeben worden. Der Uniformierte benahm sich ihr gegenüber völlig korrekt. Doch die Blonde hatte die sehnsuchtsvollen Blicke richtig gedeutet, die der Unteroffizier in Richtung Saloon gerichtet hatte. Ann konnte sehr charmant sein, wenn sie wollte. Sie hatte dem Corporal ein paar Dollar gegeben und ihn dazu ermutigt, sich an der Theke zu „erfrischen".

    „Was soll mir denn in einem so ruhigen Provinznest schon passieren?, hatte Ann den Unteroffizier mit einem unschuldigen Augenaufschlag gefragt. „Falls es wirklich Ärger gibt, dann schreie ich einfach. Das werden Sie gewiss auch im Saloon hören können, Corporal. Es muss doch langweilig für Sie sein, mich beim Einkaufen von lauter Frauen-Krimskrams zu beaufsichtigen. Das kann ich einem gestandenen Mann wie Ihnen nicht antun. Außerdem bin ich kein kleines Kind, das ohne Begleitung noch nicht einmal die Straße überqueren darf.

    Und so kam es, dass die junge Schönheit nun wirklich allein unterwegs war. Ann genoss jede Minute ihrer neugewonnen Freiheit. Gewiss, Ruidoso bestand nur aus wenigen staubigen Straßen. Doch das hier war endlich eine Umgebung ohne das Klirren der Waffen beim Exerzieren und die Trompetensignale zum Wecken beim Morgenappell. Ann war stolz auf ihren Vater und seinen hohen Rang, aber sie selbst war nun einmal kein Soldat. Sie war eine junge Frau, die sich sehr für Mode und schöne Dinge interessierte.

    Es gab sogar hier in Ruidoso einen Schneider, dessen Auslagen sie sich unbedingt ansehen wollte. Ann verließ den hölzernen Bürgersteig, um die Main Street zu überqueren. Dabei schaute sie weder nach links noch nach rechts. Und so kam es, dass sie beinahe von einem Fuhrwerk überfahren worden wäre. Und das, obwohl in der kleinen Stadt nicht gerade ein starker Straßenverkehr herrschte.

    Aber dem Mann auf dem Pritschenwagen gingen die Pferde durch, weil sie sich wegen eines Skorpions so erschreckt hatten. Er konnte die Gespanntiere nicht mehr zügeln. Er rief mit gellender Stimme eine Warnung Der Wagen ratterte mit einem irrsinnigen Tempo durch die kleine Ortschaft, während der Kutscher fluchend die Vierbeiner zur Räson zu bringen versuchte.

    Die Generalstochter sah die vier wildgewordenen Pferde auf sich zukommen, blieb aber zunächst wie angewurzelt stehen. Sie kam sich vor wie in einem Alptraum, aber das hier war die harte Wirklichkeit. Sie musste sich bewegen, wenn sie nicht zermalmt werden wollte.

    Ann konnte im letzten Moment zur Seite springen. Die Gespanntiere und das Fuhrwerk rasten an ihr vorbei und ließen nur eine große Staubwolke hinter sich. Aber Ann knickte mit dem Fußgelenk um und landete der Länge nach im Straßenstaub. Der Schock kam mit kurzer Zeitverzögerung, sie schrie laut. Erst jetzt begriff Ann, dass sie um ein Haar unter den wirbelnden Pferdehufen zermalmt worden wäre.

    Da fiel plötzlich ein Schatten auf sie.

    Die junge Frau blickte blinzelnd nach oben. Sie schaute in das kantige Gesicht eines Gentlemans, das von einem breitkrempigen Stetson beschattet wurde. Trotzdem konnte sie das Leuchten seiner schönen Augen gut erkennen. Das kantige Kinn zeugte von Entschlusskraft. Der Mann war in einen Anzug aus erstklassigem Stoff gekleidet. So etwas sah man hier im Südwesten nicht oft. Der Mann war kein Latino und auch kein Indianer, sondern ein weißer Amerikaner wie sie selbst.

    Ann war nur an die blauen Uniformen der Kavallerie gewöhnt. Ansonsten wurde das Fort meist nur von fahrenden Händlern oder mexikanischen Wanderarbeitern besucht, die alle eine mehr oder weniger schäbige Kluft trugen. Nein, dieser Mann war etwas ganz Besonderes. Das fiel ihr sofort auf. Und er hatte sehr gute Manieren. So etwas kannte Ann ansonsten nur von den Helden der Romane, die sie sich aus dem Mädchenpensionat mitgebracht hatte.

    „Fehlt Ihnen etwas, Miss? Sind Sie verletzt?"

    „Nein, es geht schon", stammelte Ann. Der Mann half ihr auf die Beine. Im Stehen bemerkte sie, dass er sie fast um Haupteslänge überragte. Er war hochgewachsen und hatte breite Schultern. Ann versuchte, ihn nicht zu offensichtlich anzustarren. Seine Gegenwart machte sie verlegen, verwirrte sie auch. Konnte es solche Männer wirklich außerhalb von Romanseiten geben? Ann riss sich zusammen, so gut es ging. Der Gentleman sollte sie nicht für eine unbedarfte Landpomeranze halten!

    Doch als sie mit ihrem linken Fuß auftreten wollte, merkte sie, dass er verstaucht war. Sie stieß einen kleinen Schmerzensschrei aus und hielt sich am Arm des Fremden fest. Ann liefen abwechselnd heiße und kalte Schauer über den Rücken, als sie seine harten Muskeln unter dem Stoff ertasten konnte. Sonst kam sie Männer nicht so nahe. Auch der Corporal, der sie nach Ruidoso gefahren hatte, war auf einen respektvollen Abstand zu der Generalstochter bedacht gewesen. Und selbst bei einer Tanzveranstaltung im Fort wurde Ann unter den strengen Blicken ihres Vaters von ihrem jeweiligen Tanzpartner nur äußerst behutsam angefasst. Daher war es gleichermaßen ungewohnt und schön für sie, einen Mann so dicht bei sich zu spüren. Und dann auch noch ein so charmantes und fürsorgliches Exemplar des starken Geschlechts ...

    „Sie sind ja doch verletzt! Ich bringe Sie zum Doc. Das muss sofort behandelt werden."

    Und bevor Ann protestieren konnte, hatte der Fremde sie auf seine Arme gehoben. Er trug sie zum Haus des Arztes von Ruidoso hinüber. Ann musste sich eingestehen, dass die Fürsorge dieses Mannes ihr sehr guttat. Gewiss, ihr Vater kümmerte sich ebenfalls um sie, wenn es seine Zeit erlaubte. Aber von dem General fühlte sich die junge Frau oftmals eingeengt und gegängelt. Außerdem war er ihr Dad, und sie konnte für Harris Braddock niemals solche Gefühle wie für einen fremden Mann entwickeln. Schon jetzt, nach dieser kurzen Begegnung, breitete sich im Körper der liebeshungrigen jungen Frau ein sehnsüchtiges Ziehen aus. Und das, obwohl sie den Namen des Gentlemans noch gar nicht kannte.

    Es war, als ob der Fremde ihre Gedanken gelesen hätte. Er lächelte Ann charmant an.

    „Ich habe mich noch gar nicht vorgestellt. Mein Name ist Lukas Warren, aber meine Freunde nennen mich nur Luke. Ich bin Geschäftsmann und eigentlich nur auf der Durchreise. Wer hätte gedacht, dass ich in dieser abgelegenen Ecke von New Mexico eine so attraktive junge Lady kennenlernen würde?"

    Der Name war falsch, aber das konnte Ann unmöglich wissen oder ahnen. Ein lebenserfahrener Mensch hätte sich von der aalglatten Fassade dieses Mannes wahrscheinlich nicht so leicht blenden lassen. Aber die junge Frau schmolz dahin wie Butter in der Sonne. Ihre Gesichtshaut brannte, und das lag gewiss nicht nur an der erbarmungslos vom Himmel strahlenden Sonne.

    Warren hatte seinen richtigen Namen zurückgelassen, als er vor einer Mordanklage aus Texas geflohen war. Er hieß in Wirklichkeit James Barclay. Immerhin hatte er nicht gelogen, als er sich als Geschäftsmann bezeichnet hatte. Doch sein Handel war illegal, denn er verkaufte Waffen an die Indianer und weiße Frauen an reiche mexikanische Hacienda-Besitzer.

    Und diese Blonde kam ihm wie gerufen!

    Warren hatte sie schon beobachtet, als sie gemeinsam mit dem Soldaten in einem Zweispänner angekommen war. Es war ihm nicht entgangen, dass die junge Schönheit den Blaurock in einen Saloon geschickt hatte. Der Soldat hatte vor ihr salutiert, also war sie vermutlich eine Offizierstochter aus Fort Stanton. Das war von Ruidoso aus gesehen der nächste Army-Posten. Im Handumdrehen hatte der Geschäftemacher einen ausgekochten Plan entwickelt.

    Nun, dieser Soldat konnte Warren noch gefährlich werden. Deshalb hatte er seinem Handlanger George den Auftrag gegeben, den Uniformierten an der Theke kräftig abzufüllen und mit einem Pulver zu betäuben. Dass dann ein Fuhrwerk die junge Frau zum Stolpern gebracht hatte, war nur ein glücklicher Zufall gewesen. Warren glaubte, am Anfang einer neuen Glückssträhne zu sein. Er konnte die Dollarnoten in seiner Tasche förmlich schon knistern fühlen.

    Der Arzt war daheim und behandelte Anns Fuß sofort. Er war ein älterer Mann, der die junge Frau über den Rand seines Kneifers hinweg anschaute und dann das Gelenk sorgfältig untersuchte. Gebrochen war es nicht, aber der Mediziner trug Salbe auf und legte einen Verband an. Warnend hob er den Finger.

    „Sie dürfen während der nächsten Stunden nicht auftreten, bis heute Abend sollten Sie sich schon besser fühlen", gab der Doc Ann noch mit auf den Weg. Die junge Frau bezahlte ihn von dem Geld, das sie eigentlich für einen schicken neuen Shawl ausgeben wollte. Dann verließ Ann mehr schlecht als recht das Haus des Arztes. Sie zog das linke Bein etwas an und hüpfte auf dem rechten Fuß, wobei sie sich an Warrens Schulter festhielt. Und endlich fiel ihr ein, dass dieser beeindruckende Mann ja noch nicht einmal ihren Namen kannte.

    „Mein Name ist Ann Braddock, und ich bin wohl der größte Pechvogel von New Mexico, sagte sie mit einem schüchternen Lächeln zu dem Gentleman. „Da habe ich meinen Dad ein einziges Mal überreden können, mich nach Ruidoso fahren zu lassen – und prompt verstauche ich mir den Fuß.

    Warren hob die Augenbrauen. Sein Interesse verstärkte sich noch weiter.

    „Sind Sie verwandt mit General Braddock?"

    „Er ist mein Vater", gab Ann zu. Der Geschäftemacher hätte beinahe laut durch die Zähne gepfiffen. Er war dem hohen Offizier noch nicht begegnet. Aber er wusste, dass General Braddock die Truppen des Südwestens kommandierte und kompromisslos gegen den Waffenschmuggel vorging. Es konnte Warren sicher nichts schaden, die Tochter dieses Mannes in seine Gewalt zu bringen. Sofort dachte er an Erpressung und Lösegeld. Das verbrecherische Gehirn des Schurken entwickelte sofort einige Möglichkeiten. Diese Chance durfte Warren auf gar keinen Fall ungenutzt verstreichen lassen.

    Und das hatte er auch nicht vor. Wieder wickelte Warren Ann mit seiner Ausstrahlung ein.

    „Wer hätte gedacht, dass General Braddock eine so schöne Tochter hat? Sie müssen unbedingt mit mir ein Glas Champagner trinken, darauf bestehe ich. Dann werden Sie sich gleich besser fühlen und die Schmerzen in Ihrem Fuß vergessen. Außerdem möchte ich Sie dafür entschädigen, dass Sie nun nicht mehr durch Ruidoso bummeln können."

    *

    Ann hatte ihre geplanten Einkäufe schon fast vergessen. Sie war selig, als Warren sie nun wieder auf seine Arme hob und hinüber zum Hotel trug. Die Passanten starrten sie an, einige tuschelten sogar hinter vorgehaltener Hand. Einige von ihnen glaubten gewiss, der stattliche Gentleman wäre Anns Verlobter oder gar Ehemann.

    Diese Vorstellung erfüllte die unerfahrene junge Frau mit Stolz und ließ sie abermals erröten. Sie fühlte sich in der Nähe dieses Mannes von Minute zu Minute wohler. Warren brachte sie gar nicht erst in das Hotel-Restaurant, sondern schaffte Ann sofort auf sein Zimmer. Im Vorbeigehen bestellte er an der Rezeption noch eine Flasche Champagner. Der edle Tropfen wurde wenig später von einem Hausdiener gebracht. Doch als der Bedienstete das Behältnis öffnen wollte, winkte Warren ab: „Das mache ich selbst."

    Der Geschäftsmann gab dem Hausdiener ein Trinkgeld. Gleich darauf war er mit Ann allein. Er hatte die junge Frau auf einem Sofa platziert. Ann schaute sich scheu um. Warren bewohnte zweifellos das beste Zimmer dieses unscheinbaren Provinzhotels. Sie war noch niemals mit einem Mann allein in einem Hotelzimmer gewesen, und allmählich fühlte sie sich doch etwas unbehaglich.

    Noch vor einer Stunde hatte sie den Gentleman überhaupt nicht gekannt. Und nun war sie hinter verschlossenen Türen allein mit ihm. In ihren Romanen endeten solche Situationen oftmals mit einer wilden Umarmung. Aber hatten diese ausgedachten Geschichten auch etwas mit der Wirklichkeit zu tun?

    Es war eine neue Situation für Ann. Abgesehen von einem scheuen Kuss eines jungen Kadetten bei einem Offiziersball verfügte sie über keine Erfahrungen mit dem starken Geschlecht. Vielleicht war das auch ein Grund dafür, dass ihr Liebesbedürfnis so groß war. Doch gleichzeitig hatte sie auch Scheu vor dem Unbekannten.

    Der Geschäftemacher musste sich ein siegessicheres Grinsen verkneifen. Er ahnte, dass er bei Ann leichtes Spiel haben würde. Warren ließ den Korken knallen und füllte zwei Gläser mit der prickelnden Flüssigkeit. Ann hatte noch niemals Sekt getrunken, geschweige denn französischen Champagner. Ihr Vater war der Meinung, dass junge Frauen keinen Alkohol zu sich nehmen sollten. Doch sie wollte sich vor dem Gentleman keine Blöße geben. Also kippte Ann den Champagner herunter, als ob sie frisches Quellwasser im Glas gehabt hätte.

    Warren setzte sich neben sie und schaute ihr tief in die Augen.

    „Glaubst du an Schicksal, Ann – ich darf dich doch Ann nennen, nicht wahr?"

    Seine Stimme hörte sich warm und einschmeichelnd an. Ann kam sie so angenehm vor wie dunkler Samt. Sie konnte nur stumm nicken. Ihr Herz schlug einen heftigeren Rhythmus als die Regimentstrommel bei einer Parade.

    „Ich denke, dass wir füreinander bestimmt sind. Warren blickte ihr tief in die Augen. „Ann und Luke. Luke und Ann. Du wirst mich Luke nennen, wie meine Freunde es tun. Und wir sind doch Freunde, oder?

    In Wirklichkeit hatte der gewissenlose Geschäftsmann überhaupt keine Freunde, nur Komplizen und Handlanger. Aber das konnte die lebensfremde junge Frau nicht ahnen. Sie brachte ohnehin kaum eine Antwort heraus, weil ihre Kehle dank der Nähe des Mannes staubtrocken geworden war.

    „J-ja, Luke", hauchte Ann. Dann bekam sie einen Hustenanfall. Daraufhin goss Warren ihr Glas noch einmal voll. Es war nicht schwierig, Ann betrunken zu machen. Nach dem dritten Champagner zog er sie einfach in seine Arme. Ann wurde fast schwindlig vor Lust, als Warren an ihrem Ohrläppchen zu knabbern begann und seine heißen Lippen auf Anns zarten Hals drückte.

    Sie stöhnte hemmungslos und zog den Mann fester an sich, gab jede Zurückhaltung auf. Warren musste sich ein siegessicheres Grinsen verkneifen. In diesem Moment wusste er, dass er gewonnen hatte. Er wollte mit dieser jungen Schönheit seinen Spaß haben, aber nicht nur das. Später würde sie ihm ein schönes Sümmchen einbringen. Aber zunächst dachte er an sein eigenes Vergnügen. Doch bei Ann musste er behutsam vorgehen, sonst würde er sie verschrecken. Und das wäre nicht gut. Wenn er sie sich gefügig machte, wurden die Dinge für ihn einfacher.

    „Ich liebe dich, Ann", heuchelte er. Dann gab er der Generalstochter einen wilden Kuss, den sie leidenschaftlich erwiderte. Das war etwas Anderes als der feuchte Schmatzer, den ihr der Kadett seinerzeit verabreicht hatte. Ann lag zum ersten Mal in ihrem jungen Leben in den Armen eines richtigen Mannes.

    Und Warren? Trotz seiner berechnenden Art spürte er, wie sehr diese junge Schönheit sein Blut in Wallungen brachte. Die Männlichkeit in seiner Anzughose hatte sich schon längst aufgerichtet, war einsatzbereit und gierte nach der Vereinigung. Aber noch war es nicht soweit. Zuerst musste Warren Ann entkleiden. Und das tat er nur allzu gerne.

    Mit jedem Knopf, den er öffnete, wurde seine Erregung gesteigert. Und das war auch kein Wunder, denn unter dem bodenlangen und hochgeschlossenen Kleid verbarg sich eine traumhafte weibliche Figur mit Rundungen an den richtigen Stellen. Während Warren Ann auszog, küsste er ihre Lippen und ihre Gesicht unaufhörlich weiter. Ihr junger Körper bebte, die ungewohnten Liebkosungen lösten einen Strudel der Wollust in ihrem Inneren aus.

    Bald lag Ann splitternackt auf dem Sofa. Sie war trotz der Alkoholwirkung immer noch schüchtern. Die Augen hielt sie deshalb geschlossen. Aber gerade weil sie das tat, waren ihre übrigen Sinne umso geschärfter. Sie hörte Warrens keuchende Atemstöße, sie fühlte seine Lippen und seine rauen Hände. Und natürlich tastete Ann auch selbst über seinen Körper. Noch niemals zuvor war sie einem Mann so nahe gewesen.

    Es war wie ein Schock, als sie plötzlich seine Zungenspitze in sich fühlte!

    Ann gab einen Laut des Erschreckens von sich, der aber gleich darauf durch einen langgezogenen Seufzer des Wohlbefindens abgelöst wurde. Die junge Frau riss nun doch ihre Augen auf. Und sie sah Warrens Kopf zwischen ihren Oberschenkeln. Viel wichtiger als dieser Anblick war aber das irrsinnig schöne Gefühl, das sich in ihrer Körpermitte auszubreiten begann. Instinktiv krallte sie ihre Finger in Warrens Haar.

    Sie hatte diesen Mann erst vor einer knappen Stunde kennengelernt, und schon konnte sie sich ein Leben ohne ihn nicht mehr vorstellen. Warren verstand sich meisterhaft auf die Verführungskunst. Er gab sich nicht mit dem raffinierten Zungenspiel zufrieden, sondern drehte mit seinen Fingern auch noch Anns empfindliche Warzen. Sie waren bereits hart wie Kieselsteine, und dank Warrens Berührungen wurden auch von dort aus Wellen der Lust durch den ganzen Körper geschickt.

    Warren konnte sich jetzt kaum noch beherrschen, und er wollte es auch nicht. Das heiße Vorgeplänkel hatte seinen Drang immer mehr verstärkt. Er stand schon fast vor dem Platzen. Also riss er sich ebenfalls die Kleider vom Leib. Ann lag immer noch wie hingegossen auf dem Sofa. In ihrem Kopf drehte sich alles, und das lag gewiss nicht nur an dem ungewohnten Champagner. Ann wurde jetzt zur Frau, das spürte sie ganz deutlich. Ein neuer Abschnitt in ihrem Leben begann. Gewiss, ihr Körper war schon seit etlichen Jahren nicht mehr der eines Kindes. Aber nie zuvor war sie von einem Mann so begehrt worden wie von Luke Warren. Allein schon, weil Anns strenger Vater ihr dazu keine Gelegenheit gegeben hatte.

    Der Körper des nackten Mannes erinnerte Ann an eine griechische Götterstatue, die sie einmal bei einem Ausflug des Mädchenpensionats in ein Museum in Boston gesehen hatte. Warrens Schultern waren breit, die Hüften schmal, der Bauch flach – und der Penis imposant. Anns Blick wurde noch begehrlicher. Sie konnte sich in diesem Moment nicht vorstellen, jemals einen anderen Mann mehr zu lieben als diesen Gentleman mit der samtweichen Stimme.

    Warren gab ihr erst gar keine Gelegenheit zum Zaudern. Er legte sich zu ihr und glitt mit einer routinierten Bewegung zwischen ihre Schenkel. Der Mann verharrte einen Augenblick, dann drang er in Ann ein. Das Jungfernhäutchen konnte dem harten Glied nur kurz widerstehen. Ein stechender Schmerz durchzuckte die junge Frau, ihr kamen die Tränen. Aber gleich darauf wurde das unangenehme Gefühl durch Wellen der Glückseligkeit überspült, die durch ihren ganzen Körper drangen. Bis in die Zehen- und Fingerspitzen reichten sie.

    Ann klammerte sich an den Mann wie eine Ertrinkende an ein Stück Treibholz. Sie liebten sich wild, bis zur völligen Erschöpfung. Die junge Frau erlebte in Warrens Armen zum ersten Mal in ihrem Leben einen Höhepunkt. Schließlich schlummerte sie selig ein. Aber es lag nicht nur an dem ekstatischen Liebesakt, dass Ann vom Schlaf übermannt wurde.

    Warren hatte nämlich in ihr letztes Champagnerglas ein Schlafpulver gemischt.

    Der Verbrecher stand auf und zog sich an. Er warf einen siegessicheren Blick auf seine nackte Beute. Sein spontaner Plan hatte bis jetzt reibungslos geklappt. Es war einfach gewesen, fast zu einfach. Im Schutz der Dunkelheit wollte Warren die junge Frau fortschaffen, aber dafür brauchte er Hilfe. Es war, als ob sein Komplize Warrens Gedanken gelesen hätte. Im nächsten Moment klopfte es nämlich leise an der Tür.

    Der gutaussehende Schurke öffnete. Er hatte seinen Handlanger an dem geheimen Klopfsignal erkannt. George trat ein. Der Steigbügelhalter des Geschäftsmannes war ein schmieriger kleiner Ganove, der sich eine Zeitlang als drittklassiger Revolverschwinger über Wasser gehalten hatte. Jetzt arbeitete er als Zuträger für Warren, half ihm bei seinen Waffenschiebereien und anderen krummen Geschäften. George fielen fast die Augen aus dem Kopf, als er die nackte Ann sah. Seine Stimme war ganz heiser vor Gier.

    „Was haben Sie sich denn da wieder für ein Prachtstück an Land gezogen, Boss!"

    Warren trat ihm in den Hintern.

    „Willst du nicht noch etwas lauter schreien, du Dummkopf? Die Kleine soll nicht aufwachen. Das Schlafpulver ist zwar Gold wert, aber man weiß ja nie. Du wirst mir jetzt helfen, sie anzuziehen, kapiert?"

    „Wieso denn? George grinste schmierig. „Von mir aus kann sie gerne nackt bleiben.

    Aber er beeilte sich damit, den Befehl auszuführen. Der Handlanger wusste nämlich, dass sein Boss keinen Spaß verstand, wenn es ums Geldverdienen ging. Und bei Warren drehte sich fast alles um harte Dollars. Die Männer kleideten die bewusstlose Frau an, was ihnen mehr schlecht als recht gelang. Besonders das Korsett wollte nicht richtig sitzen. Aber Warren wollte nichts riskieren. Wenn ihnen beim Abtransport der Ohnmächtigen jemand begegnete, konnte man immer noch behaupten, dass Ann einfach betrunken sei. Bei einer nackten Frau wäre das Aufsehen einfach zu groß, und der Zeuge würde dieses Erlebnis bestimmt nicht so schnell vergessen.

    „Du holst die Kutsche. Und achte darauf, dass die Fenster verhangen sind, befahl der Geschäftsmann. „In ein paar Stunden geht die Sonne unter. Dann schleppen wir das Mädchen über die Hintertreppe hinaus und verfrachten sie in die Kutsche. Wenn wir Glück haben, wird hier im Hotel niemand Lunte riechen. Außerdem werde ich sicherheitshalber noch den Portier bestechen, damit er vergisst, dass ich die Frau mit aufs Zimmer genommen habe. Was ist mit dem Soldaten?

    „Der ist voll wie ein Cowboy am Zahltag, berichtete George. „Er hat sich im Saloon auf einen Stuhl gepflanzt und pennt. Ich schätze, der wird irgendwann in der Nacht aufwachen und sich an seine Pflichten erinnern. Aber dann sind wir längst fort. Schaffen Sie die Kleine ins Bordell von Madame Rosa?

    „Sicher, gab Warren zurück. „Wohin denn sonst?

    *

    Grainger wollte nicht nach Ruidoso. Im Gegensatz zu den anderen Männern des Aufgebots wohnte er nicht im Lincoln County. Seine Heimat war der Sattel seines Rapphengstes. Der in Leder gekleidete Abenteurer verabschiedete sich von den Mitgliedern der Posse, um weiter nach Norden zu reiten.

    „Zwanzig Meilen von hier kommst du nach Fort Stanton, erklärte Kevin. „Dort kannst du deine Vorräte ergänzen und deine Wasserflasche auffüllen, bevor du die Sacramento Mountains erreichst.

    Grainger bedankte sich mit einem Kopfnicken und setzte seinen Weg ohne Begleitung fort. Er hatte gehört, dass Banden von Mescalero-Apachen die Gegend unsicher machten, aber ihm begegnete auf dem Weg zu dem Armeestützpunkt weder Freund noch Feind. Momentan herrschte Waffenstillstand, doch der Frieden war brüchig. Die Blauröcke mussten unentwegt entlang der Grenze patrollieren, um das Eindringen von weißen und indianischen Banden zu unterbinden.

    Fort Stanton unterschied sich kaum von unzähligen anderen befestigten Army-Lagern, die Grainger schon gesehen hatte. Hier im Südwesten wurden die Palisadenzäune durch weiße Adobe-Bauten ergänzt, die als Mannschaftsquartiere oder Munitionsspeicher dienten. Es gab in dem Fort natürlich auch einen Marketender-Laden, in dem sich Grainger mit Vorräten für seinen geplanten Ritt durch die Einöde versorgen wollte.

    Während der dicke Marketender Cassidys Bestellungen zusammensuchte, kamen die Männer miteinander ins Gespräch.

    „Dann zieht es Sie also nach Norden, Mister ...?"

    „Grainger."

    „Okay, Mr. Grainger. Ich bin Bobo. So nennen mich alle hier."

    „Alles klar, Bobo. Und lass‘ den Mister weg, das bin ich nicht gewöhnt. Grainger reicht vollkommen."

    Bobo grinste zustimmend und steckte sich eine Virginia-Zigarre an. Auch Grainger rollte sich eine Zigarette und blies genießerisch den blauen Rauch Richtung Decke. Bobo schien es zu genießen, mit einem Fremden plaudern zu können.

    „Momentan ist es hier ziemlich ruhig, sogar die Mescaleros halten die Füße still. Naja, wir haben auch Verstärkung bekommen, ein ganzes weiteres Regiment. Andererseits fallen immer wieder Banditen im Land ein, die über den Rio Grande vordringen und sich dann zurück nach Mexiko absetzen, bevor unsere Blauröcke sie in die Finger kriegen. Aber General Braddock hat die Lage im Griff – und das, obwohl ihm seine Tochter momentan so einen Kummer macht."

    Grainger zog an seiner Zigarette.

    „Wirklich? Und was stimmt nicht mit dem Mädchen?"

    Bobo beugte sich verschwörerisch über die Ladentheke vor.

    „Das süße junge Ding ist spurlos verschwunden. Angeblich hat man sie in Ruidoso mit einem Fremden gesehen, die Beiden sollen hemmungslos geknutscht haben. Wenn du mich fragst, dann ist sie mit irgendeinem Halunken durchgebrannt, weil ..."

    „Dich fragt aber keiner, Bobo."

    Dieser Satz war nicht von Grainger gekommen, sondern von einem alten Haudegen. Die Rangabzeichen auf seiner Uniform wiesen ihn als Master Sergeant aus. Sein Gesicht war wettergegerbt, die Nase wurde durch eine fürchterliche Narbe verunziert. Vermutlich hatte ein indianischer Krieger sie mit einem Tomahawk gespalten. Der Unteroffizier stiefelte auf den Abenteurer zu. Er hatte offenbar dem Gespräch schon eine Zeitlang gelauscht, ohne von Grainger und Bobo bemerkt worden zu sein. Das war in dem unübersichtlichen Laden allerdings auch keine Kunst. Der Master Sergeant warf Bobo einen unwirschen Blick zu. Er fand es offenbar nicht gut, dass der Marketender sich über die Generalstochter das Maul zerrissen hatte. Aber dann wandte er sich mit einem fragenden Gesichtsausdruck dem Abenteurer zu.

    „Sie sind dieser Grainger? Habe ich den Namen richtig verstanden?"

    Grainger nickte.

    „Es gibt viele Männer mit dem Namen, den auch ich trage."

    „Stimmt wohl. Aber nicht alle diese Hombres reiten auf einem Rapphengst durch die Gegend und haben eine Narbe unter dem rechten Auge. Sie haben einen Ruf, der Ihnen vorauseilt, Grainger. Sie sollen ein ganz harter Hund sein. Sie stecken oft in ernsten Schwierigkeiten, kommen aber immer mit heiler Haut wieder heraus, wenn man mal von dieser Messerverletzung absieht."

    Der Abenteurer hob die Schultern.

    „Man muss nicht alles glauben, was geredet wird."

    Der Master Sergeant nickt langsam.

    „Ja, das sehe ich auch so. Aber ich habe in diesem rauen Land schon sehr lange überlebt. Und wissen Sie auch, warum? Weil ich einen Mann richtig einschätzen kann. Und Sie sind jemand, der Vertrauen verdient. Und der die Gefahr nicht fürchtet. Das sehe ich auf den ersten Blick."

    „Wenn Sie meinen ..."

    „Das meine ich, Grainger. Und ich finde, dass der General Sie kennenlernen sollte."

    Der General? Der Abenteurer hatte nicht vor, in die Army einzutreten. Was konnte der Oberkommandant der Südwestgrenze von ihm wollen? Grainger war von Natur aus neugierig. Und sein Aufbruch Richtung Norden konnte warten, denn es gab ja niemanden, der über Cassidys Leben bestimmen konnte. Verabredet war er auch mit niemandem Grainger erklärte sich zu einer Begegnung mit dem General bereit. Der Master Sergeant eilte fort, um seinen Vorgesetzten zu informieren.

    Währenddessen trank Grainger in aller Ruhe mit Bobo einen Kaffee, wobei der Marketender zahllose Anekdoten aus dem Soldatenleben von sich gab. Er schien schon wieder vergessen zu haben, dass ihm der Master Sergeant so über den Mund gefahren war. Bobo war selbst Kavallerist gewesen, bevor er seinen Abschied genommen und den Laden eröffnet hatte.

    Wenig später

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