6. Bubenreuther Literaturwettbewerb
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Über dieses E-Book
Christoph-Maria Liegener
Christoph-Maria Liegener. Geboren 1954 in Berlin. Lebt heute in Bubenreuth bei Erlangen. Physiker. Viele Jahre Wissenschaftler an verschiedenen Universitäten, promoviert, habilitiert. Zahlreiche Artikel in Fachzeitschriften. Familie, zwei Söhne. Inzwischen lyrische, philosophische und humoristische Texte.
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Buchvorschau
6. Bubenreuther Literaturwettbewerb - Christoph-Maria Liegener
Die Siegertexte
Erster Platz: Gisela Verges
Septembermorgen
Die alte Sonne
Legt behutsam ihren Glanz
Auf meine Wiese
Recht müde wirkt sie
Am Septembermorgen
Das Licht scheint mild
Es gibt kein Gleißen
Die alte Sonne
Streichelt sanft das Gras
Und küsst so manches Blatt
Am hochbetagten Baum
Nimmt Abschied
Ohne Tränen
Auf ihrem Weg nach Süden
Ganz ohne Mitleid
Ohne Trauer
Sie weiß um ihre Wiederkehr
Die alte Sonne
Und sie lacht verstohlen…
Kommentar: Bildhafte, poetische Sprache, natürlicher Rhythmus. Auf Satzzeichen und Reime konnte verzichtet werden. Die Stimmung überträgt sich direkt auf den Leser.
Das ist nicht alles. Die ganze Symbolik einer scheidenden Jahreszeit wird aufgerufen und macht nachdenklich. Großartig!
Zweiter Platz: Ralf Raabe
Der Stau
„Mir ist heiß und ich muss zur Toilette, entfuhr es meiner Mutter. „Es sind nur ein paar Meter bis zum Rastplatz und ich …
Vater unterbrach sie, ohne den Blick vom Lenkrad zu lösen. „Und wenn sich der Stau plötzlich auflöst?"
„Wir stehen hier seit einer geschlagenen Stunde."
„Von der linken Spur komme ich nicht auf den Standstreifen."
„Mir reicht`s!"
Sie schlug die Tür hinter sich zu. Mit Schwung, weil Vater das hasste. Mühelos überwand sie die Leitplanke und verschwand im Toilettenhäuschen. In diesem Moment kam Bewegung in die Kolonne.
Meine Eltern stritten oft, was ich erst später begriff, als ich ihre Ehe mit der meinen verglich. Vater gehörte zu jener Sorte Mensch, die zu Terminen eine halbe Stunde zu früh erschienen, um dann bis zum verabredeten Zeitpunkt reglos im Auto zu verharren. Wann immer ich mit meinen Eltern auf die Abfahrt eines Reisebusses oder den Abflug eines Flugzeugs wartete, meldete sich bei meiner Mutter in allerletzter Minute ein menschliches Bedürfnis.
Vater trieb das zur Weißglut.
Jedes einzelne Mal.
„Na, großartig", sagte er jetzt mit vor Sarkasmus triefender Stimme. Von der Rückbank sah ich Schweiß seinen Nacken herablaufen. Hinter uns drängte das Hupkonzert. Endlich drehte Vater den Zündschlüssel, legte einen Gang ein und setzte den Wagen in Bewegung.
Das Toilettenhäuschen lag ruhig in der flirrenden Hitze. Aus dem Seitenfenster, später aus dem Heckfenster, blickte ich ihm nach.
Ich frage mich oft, was aus Mutter geworden ist.
Kommentar: Autsch! Knallharte Pointe. Erlebnisgeschichte: Man sieht das Ende kommen, kann es aber nicht verhindern.
Dritter Platz: Angelika Lichteneber
Neben mir sitzt Gott
Es ist kein Tag wie jeder andere. Ich bin allein in den Bergen unterwegs. In meinem Leben läuft es gerade nicht gut, ich weiß nicht, wie es weitergehen soll. Wenn ich wüsste, was Gott von mir will, denke ich, dann wäre alles einfacher.
Ich gehe an einem kleinen See vorbei und setze mich auf eine Bank, die im Halbschatten am Ufer steht. Ich schaue auf den See, auf den Wald ringsum und die Berge dahinter, da bemerke ich, dass Gott neben mir sitzt.
Kein Donnern, kein Blitz, kein brennender Busch. Er sitzt einfach da und sieht mich freundlich lächelnd an.
Ich bin irritiert wegen des fehlenden Spektakels und der Einfachheit seines Auftritts.
Normalerweise folgt jetzt der Auftrag, denke ich, so wie in der Bibel mit den Propheten.
Ich schaue vorsichtig zu Gott neben mir. Er lächelt weiter, macht aber keine Anstalten, mich mit einem Auftrag zu betrauen oder mir besondere Mitteilungen zu machen.
Wir sitzen beide auf der Bank und schauen gemeinsam auf den See, auf den Wald ringsum und die Berge dahinter. Wir sitzen und schweigen und ich denke an mein bisheriges Leben und warte auf die Antwort, die sicher noch kommen wird und mein Leben grundlegend wandeln und ganz einfach machen wird.
Nach einer ganzen Weile des gemeinsamen Sitzens und Schweigens sagt Gott mit liebevoller und neugieriger Stimme: „Und jetzt? Wie soll es weiter gehen?"
Ich brauche eine Weile, bis ich verstanden habe.
Ach so ist das, denke ich.
Ja, so ist das, sagt Gott.
Ich bleibe noch eine Weile sitzen. Dann stehe ich auf und gehe nach Hause. Am Waldrand drehe ich mich noch einmal um. Gott sitzt immer noch da. Er weiß, dass ich noch keine Antwort habe. Aber ich weiß jetzt, dass ich sie finden werde.
Kommentar: Gott als Protagonisten einzusetzen, mag für manchen die Ehrfurcht vermissen lassen. Trotzdem ein interessanter Gedanke, dass der wortlose Kontakt zu Gott alle Ratschläge ersetzen kann. Ich würde ja sagen, dass dies ein Beispiel für die weiblich werdende Welt ist, die ich schon mehrfach beschrieben habe. Aber es ist ja nur eine Geschichte.
Weitere ausgewählte Werke
Jutta v. Ochsenstein
Winter
das Nachtweiß deiner Augen
eine Handvoll Schneeflocken
die ich stahl
aus deinem Zeitbeutel
jeder Schritt leuchtet und tönt
weit in deiner Zustimmung
verwirf nun
den schweren Kristall
leicht verweht der frühe Schnee
auf Wimpern sinken Flocken
die Stille
flimmert in deinem Wort
Kommentar: Interessante Nominalkompositionen.
Hans-Joachim Kuhn
Nachtflug
Einst warf ich mich an Land aus jenen Teichen
ins Dunkel welches mich jäh eingesogen
da sich die Nächte in die Tage mischten
und Jahr um Jahr nichts weiter als ein Gischten
auf angefachten Wellen deren Wogen
mich in die Tiefen zogen sondergleichen
dort trieb ich lange wie ein Erdentferntes
gleich einer Insel die im Meer versunken
nur manchmal glaubt’ ich einen Streif zu sehen
der mich mit Händen griff um zu verwehen
gleichsam ein Traum in dem ich mich betrunken
kein Himmel weder Wolken noch Besterntes
war es nun Sommer Herbst womöglich Winter
wär ich ein Schwan der auf den Wassern reitet
blau beschmückt mit Rosen um den weißen Bug
ich stiege auf und höbe an zum Jungfernflug
wie läg die Welt so farbig hingebreitet
wohlan mein Herz es gibt ein Reich dahinter
Kommentar: Seltene Reimstruktur. Reizvoll.
Torsten Krippner
Winterregen
Rissig- welkes Laub am Boden
Vom Winterregen vollgesogen
Vor spiegelnd blinden Fenstern
Silhouetten gleich Gespenstern
Wo sich fest eingepackte Menschen stoßen
Vogelwolken die vom Sturm zerstoben
Ist der graue Himmel wie ein schweres Tuch
Nicht gereinigt von der Atmosphäre Fluch
Klingeltöne schallen grell
Flirrende Stimmen schneidend hell
Reden, reden im Gerenne
Fegen Worte aus der Tenne
Geschminkter Glanz in fremden Mienen
Fassaden mit Leuchtreklame dienen
Reiz der Belustigung, Reiz der Befriedigung
Rettung in seeliger Zerstreuung
Da eine Sperlingsfeder schwebend
Unendlich langsam tänzelnd drehend
Unerreichbar, höhnisch überwindend schon
Die Mauern meiner Interpretation
Roland Ruether
Ohne Titel (Super-8-Mörder)
»Ich merke wirklich, dass ich alt werde. Heutzutage werden Telefone dazu benutzt, um Fotos mit ihnen zu machen oder Filme damit zu drehen. Ich bin noch mit Super-8-Filmen groß geworden. Das war ein wirklich sinnliches Erlebnis! Anders als heute, wo man alles sofort sehen kann, musste man ein oder zwei Wochen warten, bis der Film entwickelt vom Labor zurückkam. Jeder schickte seine Filme zum Labor in Stuttgart, wo sie dann alle zusammengeklebt und gemeinsam entwickelt wurden. Wenn man den Film dann endlich zurückbekam, waren am Ende des Films immer noch drei oder vier Einzelbilder eines völlig fremden Films zu sehen. Einige davon habe ich immer noch. Ich habe mich immer gefragt, was passieren würde, wenn ich auf diesen fremden Bildern mal einen Mord finden würde, so wie David Hemmings in Blow Up
. Aber leider waren es meistens nur Familien, die durch Wiesen hüpften oder am Strand lagen…«
Kommentar: Nette Erinnerungen. Wie die Zeiten sich ändern!
Wolfgang Rinn
Grenzerfahrung
Mir war als träumte ich ein zweites Leben,
geführt von einer unsichtbaren Hand,
fast schien es so als würde mir gegeben
für kurze Zeit ein Blick in jenes Land
da Berges Rand und Himmel sich berühren,
sich öffnet uns ein heimatlicher Raum,
sehr zögernd nur, doch einmal darfst du spüren
wo deine Reise enden wird, und kaum
ist dir begegnet solch ein Augenblick,
bist du erwacht aus deinen tiefen Träumen,
der Abend naht, du sollst nun nicht mehr säumen,
den nächsten Weg zu gehn ins Tal zurück.
So nahe waren dir des Himmels Wesen,
als seien sie ein Teil von dir gewesen.
Kommentar: Ein tiefgreifendes Erlebnis in die Form eines Sonetts gegossen.
Kurt Blessing
Cha Cha Cha
Lesevorgabe 4/4 Takt
Tan.zen ge.hen, Spiel zu zweit,
hei.ße Klän.ge in der Zeit.
Ku.bas Bes.ter ist jetzt da,
bun.ter Rei.gen, Cha Cha Cha.
Flot.ter Rhyth.mus hält uns fit,
lang.sam lang.sam , quick, quick, quick.
Se.xy Klei.dung bunt bis schrill,
Schim.mer Glim.mer ist der Stil.
Schnel.le Dre.hung rechts und links
pres.to pres.to, guck, da ging‘s.
Haa.re wir.beln durch die Luft,
bla.nke frei.e Brust mit Duft.
Kur.zer Fum.mel, Po im Glanz,
wei.che Ar.me, schön beim Tanz.
Hüf.ten krei.sen um sich rum,
lan.ge Bei.ne, wird man stumm.
Stram.me Wa.den, rund und keck,
ho.he Schu.he, rot, fein, schick.
Wer.ben, bal.zen wie ein Pfau
Vol.ler An.trieb, nicht so lau.
Bei.de ge.hen aus sich raus,
tol.les Ge.fühl bleibt nicht aus.
Mu.sik-En.de, dann ist Schluss
Kur.zer Ab.schied mit ‘nem Kuss.
Lieselotte Degenhardt
Träumer
Ja, wir sind Träumer.
Am Rande der Dämmerung
kippen wir über Bord,
gezogen, geschoben, gesprungen,
wer weiß das schon.
Kurzweilig rudern wir
noch auf den Wellen,
krallen uns fest an Wassertürmen,
entgleiten uns,
vorbei an fliegenden Tümmlern
und wiegenden Lilien.
Pendelnd zum Grund
lösen wir uns auf,
sinken in unseren Traum,
treiben dorthin,
woher wir gekommen sind.
Mona Ullrich
Geschichte einer Kastanie
Jeden Morgen geht Stella aus dem Haus und spazieren. Da erlebt sie immer, was für ein Wetter gerade ist. Sie geht im Sommer im Schatten der vielen Alleen von Berlin, und sie geht im Winter um die gefrorenen Stellen herum.
Einmal im Herbst stürmte es sehr, und Stella hatte Angst, von einem losen Ast getroffen zu werden. Sie ging sehr schnell. Aber trotzdem fiel ihr etwas auf den Kopf und tat weh. Das war eine kleine Kastanie.
Stella bückte sich und hob sie auf. Sie hatte noch halb ihre Schale an und lugte frech und braunglänzend hervor.
„Du kleiner Bösewicht! sagte Stella. „Ich weiß doch auch ohne dich, dass jetzt Herbst ist!
Sie steckte die Kastanie ein und brachte sie ihrem Mann mit, den eine Erkältung plagte. Sie legte sie neben sein Bett auf den Nachttisch.
Da blieb sie aber nicht lange. Der Mann legte ein aufgeschlagenes Buch darüber und schlief ein. Als er aufwachte, nahm er das Buch wieder in die Hand. An die Kastanie dachte er nicht mehr.
Die war unterdessen auf den Boden gefallen. Als Stella nach ihrem Liebsten schaute, rutschte sie darauf aus. Wieder hob sie die Kastanie auf. Du kleiner Bösewicht! Hast du mich nochmal erwischt!
Sie legte die Kastanie auf ein Fensterbrett. Sie vergaß sie wieder und bemerkte sie nur, wenn sie an dem Fenster vorbei kam.
Aber Kastanien werden nicht gerne vergessen. Sie wurde ganz hart und dunkel. Die Putzfrau steckte sie in ihre Schürzentasche, als sie an das Fenster wollte, und dann musste sie aufs Klo. Und die Kastanie fiel auf den Boden im Bad.
Da richtete sie erst recht Schaden an! Stellas Mann konnte am frühen Morgen noch kaum aus den Augen schauen, und als er das Fussbodenhandtuch vor die Wanne legte und da einsteigen wollte, rutschte er aus und tat sich am Wannenrand weh.
„Teufel nochmal, was soll das!" rief er und hielt sich den schmerzenden Arm.
Stella war herbeigeeilt und entdeckte neben dem verrutschten Fussbodenhandtuch unsere Kastanie. „Du schon wieder! rief sie. „Jetzt passe ich aber auf!
Sie legte die Kastanie in ihren Geldbeutel. Da blieb sie dann und störte nicht und wurde nicht gestört.
Und seither haben Stella und ihr Mann nie wieder Geldsorgen.
Kommentar: Nette Geschichte, auch für Kinder geeignet.
Werner Siepler
D r i n g e n d b e n ö t i g t e r P l a t z
Sie ist und bleibt sein geliebter Schatz.
Er nennt sie zärtlich: Mein kleiner Spatz.
Dieser hat trotz Hungerkur,
eine mollige Figur,
denn Schönheit benötigt nun mal Platz.
Kommentar: Manchmal ist es so.
Christian Engelken
Corona
Für Bergamo und Umgebung
Ein Raubtier, weitaus kleiner als ein Panther,
Rund 140 Nanometer klein,
Ein wahrer Winzling, doch ein unbekannter,
Ein Virus, Killer, Hunter, SARS-Verwandter,
Rast um den Erdball und bedrängt das Sein
Und sperrt den Großen Satan Menschheit ein.
Es wütet überall und nirgendwo,
Als wäre es der Teufel in persona:
Ob Wuhan, Teheran, Madrid, Cremona -
Die Welt verwandelt sich in einen Zoo,
Doch kein Jardin des Plantes - o nein! Corona
Schafft`s ohne tausend Stäbe einfach so.
Und töten kann es: Im Vorüberschlendern
Fällt es den Menschen an - das war noch nie,
Für uns noch nie so schnell in allen Ländern…
Wie klein bist du, o Mensch, wie groß dies Vieh!
Die Wissenschaftler nennen`s Pandemie,
Doch es ist mehr: „Du musst dein Leben ändern."-
20./22.3.20
Anmerkung: Geschrieben in Erinnerung an R. M. Rilke
anlässlich der COVID-19-Pandemie 2020. Nembro bei
Bergamo gilt als Hotspot der Pandemie in Europa. „Madrid"
kann auch durch „Seoul" ersetzt werden.
Kommentar: Ein großes Thema. Dazu kann man sich äußern und es wird nie genug sein.
Thomas G. Vömel
Deine Haut glüht zurecht von der Ferne
und kleine Sonnen schwärzen dein Haar mit Rubin
Ich schenke den Wein und den Schatten
mit jedem Wort in dein Ohr
und schöpfe die Gischt aus den Augen
Tief knote das dunklere Schweigen
und gürte die Feste ins Herz
wenn der Wind an den Ufern uns traut
Kommentar: Gekonntes Spiel mit der Sprache, das jedes einzelne Wort bedeutungsschwer erscheinen lässt.
Thees Schagon
Stadtelegie
Betonbaum. Grauer Bau.
Im Haus aus einem Gusse
klaffen Risse wie Blitze.
Darin hängen andere Nester,
aus denen gerade eine Amsel kroch, noch
trägt sie, die stählerne Stütze.
Aus scheinbar bleibendem Stein treibt
eine feine Ulme durch eine Ritze.
Könnte sie doch später jemand seh’n…,
die Städte wär’n nur Witze.
Kommentar: Transportiert eine Message.
Xenia Hügel
REVOLUTION
Wir haben auf eine Veränderung gewartet,
hier ist sie – wir sind die Veränderung!
Wäre die Menschheit wach,
wäre diese Chance jetzt nicht da.
Du hast dies vielleicht schon tausendmal empfunden,
aber diese gemeinschaftliche Situation wird uns heilen.
Wenn wir hier durchgehen,
kommt etwas viel Schöneres!
Bringst du es hin, dich zu freuen?
Du bist nicht alleine!
Feiere das Leben, dich selbst und die Menschheit,
sei frei und in der Frequenz der Freude.
Die Veränderung ist Liebe.
Du bist schön,
du liebst!
Setze etwas positives ins Feld –
nutze es!
Es ist die positive Energie deiner Handlung!
Es geht um die Liebe.
Lebe diese Revolution der Liebe,
damit du wieder merkst, wie schön das Leben und die
Menschheit ist –
in ihrem Kern ist sie wunderschön.
Herbert Glaser
Reine Liebe
„Guten Tag meine Damen, wie kann ich Ihnen helfen?"
„Ist diese Rechnung aus Ihrem Laden?", begann Tina.
Der Mann betrachtete aufmerksam das Papier.
„Die Quittung habe ich selbst ausgestellt."
„Aber der Preis", ergänzte Sabine, „das muss doch ein
Fehler sein!"
„Zehn Euro? Das ist absolut korrekt."
Die jungen Frauen sahen sich verständnislos an.
„Erinnern Sie sich auch an die Kunden?"
„Gewiss, Maximilian und Katharina."
Sabine verdrehte die Augen. „Unsere Kinder Maxi und Kathi."
Sie zückte ein kleines, edles Etui und klappte es auf. „Wie können Sie Siebenjährigen so etwas verkaufen?"
Prüfend beugte sich der Verkäufer vor. „Ist damit etwas nicht in Ordnung?"
„Nicht in Ordnung? Tina schrie fast. „Das hier ist ein teures Schmuckgeschäft.
„Ja, mit handgefertigten Einzelstücken in höchster Qualität versuche ich, gegen die Billigkonkurrenz aus dem Internet zu bestehen."
„Da haben wir es! Das ist bestimmt echtes Gold."
„Genau genommen handelt es sich um bicolore Ringe aus Weiß- und Gelbgold mit 18-karätiger Legierung, hochpolierter Oberfläche und drei Diamanten."
Tina musste sich abstützen. „Und das verkaufen Sie an Kinder?"
„Die beiden haben sich für diese Ringe entschieden – eine gute Wahl."
„Und der Betrag?"
„Sie hatten nur zehn Euro dabei, also musste ich den Preis anpassen."
„Anpassen? Wollen Sie uns auf den Arm nehmen? Wieso verkaufen Sie sündteure Ringe für Erwachsene zu einem Spottpreis an Kinder?"
„Weil mich noch nie eine Liebesbekundung zweier Menschen so berührt hat. Die Gefühle füreinander sind rein und unverfälscht. Sie haben vor, zu heiraten, wenn sie erwachsen sind. Deshalb verlangten sie auch keine Kinderringe. Ganz ehrlich, wie hätte ich da Nein sagen können?"
Tina blies die Backen auf. „Nun mal halblang! Sie erzählen hier irgendwas über Liebe und Heirat. Glauben Sie wirklich, dass die beiden eine Vorstellung haben, was wahre Liebe ist. Wer weiß, ob sich ihre Wege nicht trennen."
„Ich hatte von reiner und unverfälschter Liebe gesprochen, ein großer Unterschied zu Gefühlen zwischen Erwachsenen. Ob sich Ihre Kinder später tatsächlich ineinander verlieben - äußerst unwahrscheinlich. Es gibt angeborene psychologische Mechanismen die verhindern, dass man sich in die Menschen verliebt, mit denen man aufwächst, auch wenn man nicht blutsverwandt ist. Damit verhindert die Natur Inzest, denn in der Regel sind es eben Geschwister, die ihre Kindheit miteinander verbringen."
„Dann ist mir erst recht unklar, warum Sie …"
„Weil mich dieser Moment so bezaubert hat. Zwei Kinder, die gerade mal so groß sind, dass sie über die Verkaufstheke sehen, gestehen sich ihre Liebe – oder was sie dafür halten. Er beugte sich vor. „Natürlich verstehe ich Ihre Skepsis. Ein Vorschlag von mir: Ich werde die Ringe im Safe verwahren, bis Ihre Kinder volljährig sind. Danach können die beiden entscheiden, was damit geschehen soll. Sind Sie einverstanden?
Unschlüssig sahen sich Tina und Sabine an.
„Ich hoffe, das Wort, das Sie suchen, ist Ja."
Kommentar: Bezaubernd. Und das, obwohl die Kinder gar nicht selbst auftreten!
Werner Krotz
das abendrot
am ganzen horizont
der flammende beweis
für nichts
Sahara, 12. 3. 2003
Kommentar: Kurz und paradox.
Heiko Thomsen
edgars POEsie
edgar war dafür bekannt,
dass er mädchen reizend fand
jungen mädchen schickte er
liebesbriefe hinterher
alten mädchen schrieb er nie,
die störten seine POEsie
Kommentar: Verspielt und humorvoll.
Hermann Ruf
Schöpferische Freiheit
Der Dichter schafft
ein Bild der Welt,
das wahre Fantasie
enthält.
Wer diese Freiheit
nicht erkennt,
des Dichters Weltbild
Trugbild nennt.
Kommentar: Wie wahr!
Jürgen Rösch-Brassovan
Isa in der Schlange
Isa Yang war nervös. Die Schlange vor ihr war viel zu lang, was allerdings auch am Sicherheitsabstand lag, jetzt in Zeiten des Virus. Was, wenn sie kein Toilettenpapier bekam? Sie hatte nur noch eine Rolle! Angespannt verlagerte die Frau mit den kurzen dunklen Haaren und dem Mundschutz immer wieder das Gewicht von einem Bein aufs andere, die Hände in den Taschen.
Wieso tat sich nichts? Zu Anfang war es doch noch schneller voran gegangen!
Außerdem gab es da dieses Kind, das Isa störte. Dunkelblonde, struppige Haare. Vielleicht elf, zwölf Jahre alt. Stand kaugummikauend herum, an einen Laternenpfahl gelehnt, und starrte ständig zu der Schlange hinüber. Was sollte das? Penetranter Typ! Ah, da tauchte ein weiterer Junge auf, mit einer schwarzen Mütze. Ein bisschen älter, schon ziemlich groß und kräftig, dem schloss sich der Blonde an.
Isa atmete tief durch. Ihr Blick fiel auf die rötlichen Haare ihres einen Nachbarn, eines Musikers. Der war schon am Ladeneingang. Ausnahmsweise ohne Gitarrenkoffer. Ein distanzierter Mensch. Grüßte im Treppenhaus nur nonverbal, mit einer Art Nicken. Jetzt durfte er in den Laden, der bekam sein Toilettenpapier. Im Gegenzug kam eine Rentnerin mit glücklichem Gesicht heraus, ihre Packung unter dem Arm, und ging an Isa vorbei.
Die schaute ihr mit ihren dunkelbraunen Augen neidisch hinterher. Oh, da waren auch wieder diese beiden Jungen. Der Blonde vorweg, stellte sich der Seniorin auf einmal mit dreistem Grinsen in den Weg! Die mittelgroße, schlanke Isa in nächster Nähe kümmerte ihn dabei nicht. Die Oma hielt inne, man merkte ihrer Körpersprache förmlich die Angst an. Und dann stürzte sich der andere auf sie, zerrte an dem Toilettenpapier. Entriss es der Frau. Da schritt Isa ein! Schnell und vehement … Ein Schmerzensschrei, das Toilettenpapier fiel auf den Boden. Der Blonde taumelte zurück, stolperte. Doch er kam wieder auf die Füße und rannte davon. Der andere hielt sich zunächst den Arm, das Gesicht schmerzverzerrt; die sportliche Isa hatte ihn genau am Musikantenknochen getroffen. Dann suchte auch er das Weite, während Isa die Packung Klorollen aufhob und der alten Dame reichte. Da ertönte die laute Stimme einer Ladenangestellten. „Das Toilettenpapier ist ausverkauft! Tut mir leid, Sie müssen die nächste Lieferung abwarten. Das kann in drei, vier Tagen der Fall sein."
Isa stand wie erstarrt da, die Enttäuschung stand ihr ins Gesicht geschrieben, während die Schlange sich auflöste. Für eine kurze Weile nahm sie nichts mehr um sich wahr, auch nicht, dass die alte Frau einfach wegging, ohne sich zu bedanken. Doch dann stand auf einmal der Musiker vor Isa, schaute sie mit seinen kühlen grauen Augen an. Er hielt ihr die Packung entgegen, die er gerade erstanden hatte, und sagte: „Für 1,50 können sie die Hälfte der Rollen haben. Isa sah ihn einen Moment lang entgeistert an, dann lächelte sie erleichtert und entgegnete: „Sie sind meine Rettung! Und ich dachte schon, Sie würden nie mit mir sprechen!
Kommentar: Das Leben in der Corona-Krise. Eine neue Welt.
Ralf Hilbert
Hölderlin im Stift
Auf die Furt gezwungen.
Das Dunkel hat ein Gesicht,
ein Scherben mit einem Stern
in der Nabe.
Ihren Ring
im Schuh versteckt,
auch die anderen
bergen rostige Schließen,
offene Schellen,
bronzene Fibeln,
chtonische Sore.
Sein Finger
beschreibt den Tagesbogen,
die Sonne
blüht ihm
zweifelnd im Aug‘
unter der einen
gesunden Hand
(Autenrieth steht oben
am Fenster),
nur Sommer, nichts sonst.
Beim Schein des Nachtlichts,
grüne Schatten, Tropfen wehen
zum Fenster herein,
Spiegel im Spiegel,
im Unendlichen
gelöster Blick.
Frank Knollmann
Schein
Elvira zupfte an meiner Krawatte und wischte eine imaginäre Fluse vom Jackett.
„Ich habe dir Schinkenbrote mit Gürkchen gemacht. Sie reichte mir die Aktentasche und küsste mich auf die Wange. „Schönen Tag, Schatz.
„Danke, dir auch." Ich lächelte und trat durch die Tür, die Elvira mir aufhielt.
Draußen winkte ich meiner Frau zu und ging Richtung Bushaltestelle. Als ich außer Sichtweite war, verharrte ich und blies aus.
In der SB-Bäckerei war nicht viel los. Der Kaffee war heiß und günstig – es gab sogar einen Keks dazu–, und das WLAN war kostenlos. Ich nippte an der Tasse und fuhr das Notebook hoch, scrollte mich durch die Seiten und machte mir Notizen.
Am Kiosk verlangte ich die Börsen-Zeitung, die Frankfurter und das Handelsblatt und steckte sie so in das Seitenfach der Aktentasche, dass die Titel herauslugten. Ich nahm den Bus, biss einmal ins Brot, stieg am Hauptbahnhof aus und warf die Brote in den Mülleimer.
Mehrmals schaute ich mich um, bevor ich das Pfandhaus betrat. Eintausendfünfhundert Euro bekam ich für die goldene Uhr meines Großvaters. Reichen würde es für Elviras neuen Nerz zum Geburtstag nicht und viele Erbstücke besaß ich nicht mehr.
Das südliche Westend erreichte ich zu Fuß. Ich blickte auf die Hochhäuser. Weiter hinten befand sich der Glaskasten, drei Monate war es her. Näher als hierhin hatte ich es seitdem nicht mehr geschafft.
Auf einer freien Bank nahm ich Platz, studierte die Zeitungen und machte mir wieder Notizen.
Der Eintopf in der frei zugänglichen Kantine des Bankhauses schmeckte mir nicht. Aber ich schnappte ein paar interessante Gesprächsfetzen an den Nebentischen auf. Unterhaltungen über Kapital zu sanfter Musik aus den Lautsprechern und dem Geruch von Gemüse, Fett und verschwitzten Oberhemden.
Das Dessert holte ich mir später, damit ich am anderen Tisch wichtigen Leuten lauschen konnte.
Ich wiederholte das Ganze in einer anderen Kantine und an zwei Würstchenbuden, von denen ich wusste, dass die Anzugträger sie aufsuchten.
Den Rest des Tages fuhr ich die Aufzüge rauf und runter, gesellte mich zu den Leuten in den Raucherbereichen vor den Gebäuden, hörte da zu, lauschte dort hin, hielt Augen und Ohren offen, saugte alles in mich auf, nahm an den Debatten der Anzugträger teil, indem ich zustimmend nickte oder bloß ein paar gescheite Worte an passenden Stellen beitrug.
Es war gegen siebzehn Uhr, als ich heimkam.
„Na, wie war es heute? Harter Tag?", fragte Elvira.
Ich nickte und wusste nicht, ob sie mich bemitleiden oder ohrfeigen würde.
Sie nahm mir Aktentasche und Jackett ab und ging ins Wohnzimmer vor, wo mich Josef auf der Chaiselongue erwartete.
Mein Cousin hatte sich angekündigt. Er wollte sein Gespartes investieren, einen mittleren fünfstelligen Betrag. Aktien, Optionen oder Neue Märkte, was jetzt halt so angeboten würde.
Er gierte nach den Tipps eines Profis, dem er vertrauen konnte, der seit dreißig Jahren tagtäglich weltweit Abermillionen bewegte, Geld vermehrte, Bescheid wusste, dazugehörte.
Kommentar: Satirischer Blick auf unsere Scheinwelt. Trifft ins Schwarze. Erinnert mich an einen gewissen Werbespot.
Paul Fehlinger
Gib dir die Blöße
Verwirrt lief ich durch die Stadt. Ich war halbnackt. Keine dumme Metapher - ich war wirklich halbnackt. Nur ausgeleierte, karierte Boxershorts hatte mir der liebe Gott gelassen. Wo war der ganze Rest geblieben?
Ohne Pause, fast im Sprint und dem Kreislaufkollaps so nahe lief ich durch eine verzweigte Seitenstraße, die aus dem Zentrum der Stadt führte, hin zur ihr und ihrem Haus. Dafür, dass man in dieser Gegend oft das trostlose Nichts findet, war alles maßvoll überfüllt mit Touristen, die alles, auch das letzte Elend der Stadt, für fotografiewürdig hielten.
Sie sagte vorhin, dass sie mich dringlichst brauche. Sie sagte, sie würde vergessen und verzeihen, und dieser Wortlaut zusammen mit ihrer Stimme betäubte mich am Hörer, zog mich erneut in ihren Bann und nahm mir jeden, eigenen Willen. Ich rannte los. Ich rannte einfach los. Ich rannte.
Ich will zu ihr. Unbedingt. Aber warum gebe ich mir die Blöße? Ich dachte nicht, ich denke nicht. Ich rannte einfach los, ohne Rücksicht. Ohne Rücksicht auf Körper, Kleidung oder Verluste…
Alle Menschen, deren Wege ich bei dieser Hetzjagd kreuzte, starrten mich entweder belustigt oder fassungslos an. Die meiste Scham fühlte ich besonders dann, wenn ich in diesem Getümmel jemanden erkannte. Sogenannte Bekannte und Freunde, denen ich aber nie richtig nahestand und vertrauen konnte.
Vielleicht hatte ich mich verhört.
Vielleicht hatte sie auch gesagt:
„Gib dir die Blöße."
Ich weiß es nicht. Ich kam nie an. Ich verrannte mich.
Kommentar: Ein Alptraum.
Andreas Kircher
Ein Fischerleben
In Überlingen lebten in den vorherigen Jahrhunderten Generationen von Fischerfamilien von ihren alleinigen beruflichen Einkünften. Irgendwann gefährdeten Wirtschaftsveränderungen ein Fortbestehen von kleinen Fischereiunternehmen. Den geringeren Fangmengen, den sinkenden Einkommen folgten Pleiten von einheimischen Bodenseefischern.
Zeugen sichten an einstigen Anlagestellen von Fischerkähnen Segeljachten von betuchten Besitzern.
Den alteingesessenen Bewohnern kommen Erinnerungen an den unvergessenen Hermann Ellensohn, den in früheren Jahrzehnten in Überlingen beheimateten bärtigen Seebären.
Menschen mochten den Fischersmann, den zugänglichen, ungemein freundlichen, in breiten Gesellschaftskreisen willkommen geheißenen Alten von Herzen.
Pensionisten schwelgen in freudvollen Erzählungen von bemerkenswerten Zusammenkünften, unterhaltsamen Gesprächen, lustigen Anekdoten, gemeinsamen Erlebnissen. Begegnungen erfolgten in Hafenbereichen, an Uferabschnitten, Fischständen, in Verkaufshallen.
Hermann – sein Berufsleben begann in den Sechzigerjahren. Fischerjungen lernten in damaligen Zeiten von ihren vorbildhaften Vätern. Von nun an gehörten Hermann, Egon Ellensohn, von tiefen Wassermassen getragen, den schwäbischen Seefischern an.
Hermann, Egon verließen an arbeitsreichen Wochentagen.mitsammen den ruhigen Fischerhafen. Sonnenstrahlen erleuchteten den wunderschönen Bodensee in den Morgenstunden in hellen Farben. Naturgewalten verhinderten an stürmischen Schlechtwettertagen ein Auslaufen.
Hermann, Egon fingen an Spitzentagen in ausgeworfenen, prallvollen Netzen Unmengen an prächtigen Seewasserfischen.
Deren Bootsladungen an wohlschmeckenden Felchen, Barschen, Weißfischen, Hechten, Zandern füllten Mägen von tausenden schlemmenden Feinschmeckern.
Den geschäftstüchtigen Ellensohn brachten Fischlieferungen an Handelsunternehmen, Gaststätten, Haushaltskunden ein Vermögen ein.
Zeitungsabonnenten erfuhren von ihnen in ausführlichen Presseberichten: Den beiden Ellensohn wachsen Fischflossen. Hermann Ellensohn – ein Fischerleben. Fischerfamilien prägen den Hafen von Überlingen.
Wellenbewegungen schaukelten den abgenutzten Fischerkahn. Wogen klatschten an windigen Plätzen von allen Seiten dagegen. Wassergewalten schlugen von Sturmböen getrieben an den hölzernen Planken an. Fluten bewirkten ein Knarren, ein Knacken von biegsamen Brettern. Holzmaterialien trotzten den drückenden Einflüssen.
Schwappten in echten Gefahrensituationen Wassermengen herein, dann plagten den bedrohten, von starken Angstgefühlen durchdrungenen Seemann erzwungenermaßen Sorgen.
Mitmenschen wussten von den in größten Nöten überstandenen Seeabenteuern.
Hermann, Egon versanken, den Witterungsbedingungen unterlegen, in dunklen Seetiefen.
Deren Leichen blieben von Suchmannschaften ungefunden.
Unglücksnachrichten erschütterten Überlingen. Daraufhin errichteten Fischerkollegen einen klobigen Gedenkstein.
Kommentar: Wenn der Autor es mir nicht mitgeteilt hätte, wäre es mir gar nicht aufgefallen: Alle Wörter dieses Textes enden auf „n". Das so hinzubekommen, ist sicher nicht leicht. Es erklärt andererseits manches Missgeschick in den Formulierungen. Ob sich allerdings daraus eine eigene Literaturform entwickeln wird, wage ich zu bezweifeln.
Timo Mezger
Blickwechsel
Ich kann nicht aufhören, an ihn zu denken.
Seine Makel empören mich. Immer wieder fällt er bei mir
in Ungnade.
Dieser mickrige, mittelmäßige Mensch!
Nichts gibt es über ihn zu sagen. Obwohl – eigentlich
doch:
Er trinkt viel. Er bewegt sich wenig.
Er labert viel. Er handelt wenig.
Er streitet viel. Er liebt wenig.
Er träumt viel. Er erreicht wenig.
…
Die Liste ist unendlich.
Er ist zu wenig. Ist zu viel Mensch.
Ich kann immer noch nicht aufhören, an ihn zu denken.
Schaue ihn an.
Entdecke immer mehr an ihm.
Finde ihn auf einmal besonders.
Auch er schaut mich an.
Doch jetzt ist sein Blick anders.
Fast gütig.
„Wollen wir`s noch einmal miteinander versuchen?", frage ich leise.
Mein Spiegelbild deutet zaghaft ein Nicken an.
Tanja Wagner
Erfahrungen
Gerne möchte ich heute über die Erfahrungen im Leben schreiben.
Es gibt viele unterschiedliche Menschen, natürlich denkt und fühlt jeder einzelne von uns auch anders.
Ich bin der Meinung, dass das Älterwerden nicht nur seine Schattenseiten beinhaltet.
Wie es besonders oft von uns weiblichen Wesen betrachtet wird. Sondern auch durchaus positive Seiten mit sich bringt.
Weil man im Laufe der Jahre viele Erfahrungen gesammelt und Fehler gemacht hat, aus denen man gelernt hat und eventuell auch gewachsen ist.
Nehmen wir das Thema Liebe und Vertrauen.
Sind wir nicht in jüngeren Jahren ab und zu verliebt gewesen, jedoch mit der berüchtigt rosaroten Brille auf?
Naiv träumend, im Vertrauen zum Partner gutgläubig?
Und dann zutiefst enttäuscht und verletzt, weil alles doch nicht so perfekt war, wie wir es glaubten und erhofften?
Natürlich waren auch diese Zeiten oftmals schön, aber ich persönlich möchte nicht mehr zurück in die Vergangenheit und noch einmal alles erleben.
Heutzutage bin ich größtenteils dankbar für die Erfahrungen und Erkenntnisse, die ich gewinnen durfte.
Oftmals spüre ich heute schon, wenn irgendetwas nicht stimmt oder ein Mensch es nicht gut mit mir meint.
Anfangs vorsichtiger und skeptischer als früher im Umgang mit den Menschen im Allgemeinen.
Diese Einstellung schützt mich davor, dass mich noch mal jemand so unvorbereitet verletzt und enttäuscht.
Irgendwann einmal habe ich einen passenden Spruch hierzu gelesen:
Sei vorsichtig, wem du vertraust und deine Probleme erzählst. Nicht jeder, der dich anlächelt, ist dein Freund!
Allen liebenshungrigen Menschen da draußen möchte ich gerne einen schönen Spruch mit auf den Weg geben: DON`T FALL IN LOVE WITH SOMEONE WHO SAYS THE RIGHT THINGS.
FALL IN LOVE WITH SOMEONE WHO DOES THE RIGHT THINGS.
Natürlich bin ich nicht gefeit davor, auch weiterhin unerfreuliche Erlebnisse zu haben.
Nun aber nehme ich es gelassener hin, bin nicht mehr so erschüttert darüber.
So ist das mit der Schule des Lebens: Man lernt nie aus, macht immer wieder neue Erfahrungen. Letztendlich lernt man daraus und wird weiser, auch wenn die Lektion hart war.
Ein kleiner Ratschlag zum Schluss: Nimm` das Leben so, wie es ist.