Tretrollersport kompakt
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Über dieses E-Book
Der Fahrspaß ist das größte Argument für einen Tretroller. Doch es spricht auch sachlich vieles für den Tretroller als Gesundheits-, Spaß- und Sportgerät. Beim Tretrollerfahren werden wesentlich mehr Muskelgruppen angesprochen als beim Radfahren. Nicht nur Beine, sondern auch Rücken, Füße und der ganze Oberkörper werden trainiert. Alle 5 bis 20 Tritte wechselt man die Füße. Lange Strecken sind ohne Sitzbeschwerden erstaunlich problemlos möglich. Es gibt verschiedene Trittvarianten und Fahrtechniken, für hohe und gemütliche Geschwindigkeiten, für bergauf und bergab fahren. So liegt das durchschnittliche Tempo bei etwa ¾ von dem, das der gleiche Fahrer mit dem Fahrrad fahren würde. Bei dem Projekt "Kickfrance 2013" zeigten sechs starke Tretrollerfahrer, dass es möglich ist, die Tour de France-Strecke mit mehr als 3400 km und rund 50000 Höhenmetern mit Tretroller in 3 Wochen zu fahren. Die Tretrollerszene wächst weiter. Die Weltmeisterschaft 2012 in St. Wendel hatte bereits ca. 300 Teilnehmer.
Entdecken Sie, welch Potential im großen Tretroller steckt. Neben dem Schwerpunkt Tretrollersport finden Sie im Buch auch Informationen zu allen anderen Einsatzbereichen wie Alltagseinsatz, Hundesport und Reisen, sowie Informationen über Material, gesundheitliche Aspekte und vieles mehr.
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Buchvorschau
Tretrollersport kompakt - Jens Seemann, Joachim Sternal
1 Vorwort
Oder: Der Tretroller auf dem Sprung zum anerkannten Sportgerät
Nach Erscheinen des umfangreichen Buches „Tretrollersport" Ende 2011 war die Zeit reif für eine günstigere Variante. Diese neue Kompaktversion enthält alles Wichtige zu großen Tretrollern, mit neuen Fotos, Berichten und aktualisierten Informationen.
Rollern liegt bzgl. Geschwindigkeit, Bewegungsform und technischem Aufwand genau zwischen Laufen und Rad fahren. Wer sich von der früheren Einordnung Roller = Kinderspielzeug löst, erkennt, dass der Roller ein sehr gutes Sport- und Fitnessgerät ist. Das Fahren bietet mehr Variationen als auf dem Fahrrad und ist athletischer. Der Roller trainiert den Oberkörper stärker mit, da die Haltung weniger statisch ist. Aus diesen Eigenschaften ergeben sich zudem gute Alltags- und Reha-Einsatzmöglichkeiten.
Viele, die sich erstmals näher mit großen Tretrollern beschäftigen, sind zunächst überrascht, wie groß der Aktionsradius ist. Tagesetappen von 100 km oder auch über 200 km sind für den sportlichen Menschen möglich. Das Projekt „Kickfrance 2013" hat gezeigt, dass Tretrollerfahrer sogar die Tour de France-Strecke mit über 3400 km und ca. 50000 Höhenmetern in 3 Wochen fahren können.
Ein Höhepunkt aus deutscher, aber auch internationaler Sicht, war die Tretroller-Weltmeisterschaft 2012 in St. Wendel/Deutschland mit ca. 300 Teilnehmern aus aller Welt. Nach Welt- und Europameisterschaften sind ebenso Rennserien wie der EuroCup und der Deutsche TretrollerCup (DTC) attraktiv. Die Bandbreite der Leistungen von Teilnehmern ist groß und es waren bisher noch keine Qualifikationsrennen nötig. Dies macht einen gewissen Reiz der noch relativ familiären Rennveranstaltungen aus.
Der Tretroller ist ein simples Fahrzeug, wie es kaum einfacher sein kann. Ohne Antriebsteile liegt der Wartungsaufwand erheblich unter dem von Fahrrädern. Der Tretroller ist sauber und leicht, womit er deutlich besser zu transportieren ist. Die Laufräder lassen sich ohne Ritzel schnell herausnehmen und der Kofferraum wie auch die Hände müssen keine schmierige Kette fürchten. Von dieser Einfachheit des Tretrollers geht für Puristen ein besonderer Reiz aus.
Trotz geringerer Gepäck-Kapazität eignet sich der Tretroller auch gut für Reisen. Er benötigt in der Bahn keine Fahrradkarte. Sitzbeschwerden gibt es nicht und mäßige Radwege sind mit dem Tretroller tendenziell angenehmer zu fahren, da man nur etwa ¾ Tempo des Rades fährt und die Beine Bodenunebenheiten gut ausfedern können. Ideal ist der Tretroller für Stadtrundfahrten. Man darf ihn auf Bürgersteigen und durch Fußgängerzonen fahren und kann bei Bedarf leichter stoppen, um die Gegend zu erkunden oder zu fotografieren.
Wer einen zugfähigen Hund besitzt, hat sogar noch ein weiteres Argument für die Anschaffung eines Tretrollers, denn viele Hunde mögen das Ziehen gerne, zumal es sicherer ist als mit einem Fahrrad.
Sie sehen: Der Tretroller ist ein universelles Gerät mit enormem Spaßpotential! Er ist ideal für Freizeit und Fitness, aber auch als ernsthaftes Wettkampfsportgerät bestens geeignet.
2 Geschichte des Tretrollersports
Nach Lars Kessler und Joachim Sternal
Der Tretroller ist technisch betrachtet ein sehr einfach konstruiertes Fortbewegungsmittel, lässt sich selbst aus Schrottteilen zusammenbauen und war somit gerade in den bitterarmen Nachkriegsjahren in Gesamteuropa ein verbreitetes Verkehrs- oder Fortbewegungsmittel, auch für Erwachsene. Heute besitzt fast jedes Kind als „Lernspielzeug" einen Tretroller, denn diese eignen sich hervorragend zum Aufbau und Training des Gleichgewichtssinns und des Koordinationsvermögens.
Doch warum tauschen Kinder den Tretroller irgendwann gegen ein Fahrrad ein und der gute alte Roller gerät in Vergessenheit? Warum kann der Tretroller nicht als eigenständiges Fortbewegungsmittel betrachtet werden, wenn mit ihm sogar spannende Sportwettkämpfe ausgetragen werden können? – Und das von Athleten jeden Alters!
Vier europäische Länder (Finnland, Tschechien, Italien und die Niederlande) verfügten bis 1996 über eine eigenständige Tretrollerszene, die groß genug war, sie als „Szene" zu bezeichnen.
In Finnland entwickelte sich der Tretrollersport aus der sehr viel älteren Tradition des Tretschlittenfahrens. Den Tretschlitten gibt es in Finnland und Skandinavien schon seit weit über 100 Jahren als Fortbewegungsmittel auf dem Lande für mittlere Strecken für Personen und Waren. Auf Eis und Schnee wurden bereits sehr früh Wettkämpfe ausgetragen. Das populäre „Kickbike" wurde von seinem Schöpfer, Hannu Vierikko, Anfang der Neunziger Jahre ursprünglich zu dem Zweck entwickelt, um im schnee- und eisfreien Sommer ein Trainingsgerät für den Sport während der Sommermonate zu haben.
Tschechien und die Niederlande verfügen schon seit kurz nach dem Krieg über eine ausgeprägte Szene mit zahlreichen Clubs und Vereinen, die über das gesamte Land verteilt sind. Die Niederlande sind dabei wohl das am besten erschlossenste Land; seit 1987 existiert die Niederländische Tretrollervereinigung (NAF) und zahlreiche lokale Clubs. In beiden Ländern gibt es eigenständige Rennserien bzw. Ligawettbewerbe und nationale Meisterschaften; zusätzlich noch zahlreiche Touren und sonstige Aktivitäten rund ums Tretrollerfahren.
In Italien entwickelte sich vor mehr als 20 Jahren rund um die Stadt Ivrea im Aosta-Tal eine kleine, aber feine Tretrollerszene. Eine lokale Rennserie gibt es auch hier.
Im Jahr 1996 kam es zu ersten lockeren „Besuchen" der Tretrollerländer untereinander; Vertreter aus Finnland waren zu Gast in den Niederlanden. Man vereinbarte weitere zukünftige Treffen und dachte laut über internationale Wettkämpfe nach. Die Tschechen wurden mit ins Boot geholt.
Erstes oder zweites Tretrollerrennen in Wolfsburg 1995 oder 1996 (Foto: Thijza Brouwer)
Etwa zur selben Zeit kamen erstmals Tretroller der Firmen Rollerbyke und Blauwerk in Deutschland auf den Markt und wurden auch in vielen Fahrradläden verkauft, verschwanden aber in den folgenden Jahren wieder vom Markt. 1997 fand in Wolfsburg das erste große internationale Tretrollerrennen statt (organisiert vom Extremsportler und Aidsaktivisten Joachim Franz) und gilt bis heute als eine der größten und beeindruckendsten Tretrollerveranstaltungen jemals. Es folgten weitere internationale Wettkämpfe in Finnland, den Niederlanden und Tschechien. Man einigte sich 1998 auf die Bezeichnung „IKSA – International Kicksled and Scooter Association" (www.iksaworld.com) als Name für die weltweite Dachorganisation des Tretrollersports und verabredete eine feste jährliche europäische Wettkampfserie, den EuroCup. Es folgten Europameisterschaften und seit 2004 auch Weltmeisterschaften im jährlichen Wechsel in zahlreichen europäischen Ländern.
Nach 1997 wurde es um den Tretrollersport in Deutschland wieder recht ruhig, erst 2003 organisierte eine handvoll Tretrollerfahrer mit dem IKSA Eurocup den nächsten großen deutschen Wettkampf in Sankt Wendel, wo seitdem regelmäßig internationale Wettbewerbe stattfinden.
Inzwischen erkennen immer mehr Organisatoren anderer Sportarten das große Potential, welches in diesem „kleinen" Sport steckt, und tragen im Rahmen ihrer Veranstaltung auch Tretrollerwettkämpfe aus. Oft handelt es sich dabei um große Lauf-, Inline- oder Handbike-Events. Seit 2008 findet mit dem DTC auch in Deutschland eine jährliche nationale Wettkampfserie statt, wobei die Austragungsorte über das ganze Land verteilt sind (siehe Kapitel 12.2). 2010 wurde mit dem Deutschen Tretroller Verband (DTRV) der erste bundesweite deutsche Tretrollerverein gegründet (siehe Kapitel 12.1). 2012 traute sich die deutsche Szene erstmals zu eine WM auszurichten und es wurde die bis dahin größte und teilnahmestärkste Tretroller-WM mit über 330 Teilnehmern und 250 Startern.
Als weitere aktive Länder sind die letzten Jahre USA, Australien und Frankreich dazu gekommen, die seit 2008 regelmäßig an der alle 2 Jahre stattfindenden WM bzw. an den europäischen Wettbewerben teilnehmen und inzwischen eine nationale Szene mit mehreren hundert Aktiven haben und wachsende Verkaufszahlen von einigen tausend Tretrollern über die letzten Jahre. Auch in anderen Ländern wie Österreich oder Spanien gibt es eine kleine Szene und einige Fachhändler. In Madrid und Barcelona gibt es mit „Trixi sogar große Verleihstationen und geführte Citytouren mit Tretrollern, in Katalonien die Downhillszene rund um „Gravityfreescooters
(siehe Kapitel 7.4.3).
Bisherige Welt- und Europameisterschaften
Da Tretroller fahren noch nicht olympisch ist ☺, sind Titel bei Welt- und Europameisterschaften die höchsten. Einige Rennen bei diesen Meisterschaften gehen auch in die Wertung der EuroCup-Serie ein. Welt- und Europameisterschaften bestehen aus mindestens drei Renntagen und finden jedes Jahr im Wechsel statt, d.h. eine WM in den geraden Jahren, eine EM in den ungeraden. Darüberhinaus gibt es jedes Jahr noch ca. vier sogenannte EuroCups in verschiedenen Ländern, die jeweils aus zwei Renntagen bestehen. Reine EuroCups sind hier jedoch nicht gelistet.
• 2001 EM in Pilsen/Tschechien
• 2002 EM in Pilsen, Carlsbad/Tschechien
• 2003 EM in Hattem, Kampen, Amersfoort/Niederlande
• 2004 WM in Karlovy Vary, Pilzen, Lopatarna/Tschechien
• 2005 EM in Ivrea, Torino, Aglie/Italien
• 2006 WM in Helsinki/Finnland
• 2007 EM in St. Wendel/Deutschland
• 2008 WM in Kampen + Kamperzeedijk/Niederlande
• 2009 EM in Pilsen/Louny/Tschechien
• 2010 WM in Ivrea/Italien
• 2011 EM in Woudenberg, Nieuwegein/Niederlande
• 2012 WM in St. Wendel/Deutschland
• 2013 EM-Rennen in St. Brevin/FRA., Jüterbog/D, Twente/NL, Ganlose/DK
Voraussichtliche Weltmeisterschaften:
• 2014 WM in Pilsen/Tschechien
• 2016 WM in Queensland/Australien