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Kurze Geschichten: Geschichten, die das Leben schreibt
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eBook185 Seiten2 Stunden

Kurze Geschichten: Geschichten, die das Leben schreibt

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Über dieses E-Book

Unterhaltsame Geschichten in verschiedenen Lebenslagen, die einen den Alltag vergessen lassen.
Ideal für Freizeit und Urlaub.
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum4. Dez. 2018
ISBN9783746974866
Kurze Geschichten: Geschichten, die das Leben schreibt

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    Buchvorschau

    Kurze Geschichten - Emilie Westi

    Der Gewinn

    Endlich Wochenende, denkt Gabi. „Ich nehme die rechte Kasse. Obwohl man sich angeblich immer für die falsche Schlange entscheidet. Gleich kann ich meine Sachen auf das Förderband legen, viel ist es ja nicht und normalerweise geht es immer ganz schnell.

    Und wie sollte es anders sein: Sie hat sich für die Seite entschieden, an der es vor ihr ein Problem mit einer Bankkarte gibt.

    „So ein Mist, denkt sie. „Tief durchatmen, ich kann es jetzt eh nicht ändern. Womöglich habe ich es herbeigeredet, eher herbeigedacht. Egal, es ist Samstagnachmittag. Morgen kann ich ausschlafen und dann habe ich zwei Wochen Urlaub.

    Als Gabi dann wenig später bezahlen will, spricht sie ein Herr an.

    „Entschuldigen Sie die Störung! Mein Name ist Walter, der Leiter des Marktes."

    Gabi zuckt unwillkürlich zusammen als ob sie etwas verbrochen hätte.

    „Gibt es ein Problem?"

    Sie wird augenblicklich nervös und wartet irritiert auf seine Antwort.

    „Keine Angst, ich habe nur gute Neuigkeiten. Sie haben gewonnen!"

    „Ich habe gewonnen? Wie meinen Sie das?"

    „So wie ich es sage. Sie sind der 1.000.000 Kunde seit der Eröffnung unseres Marktes und wir haben für Sie eine Überraschung. Ihren Einkauf müssen Sie nicht bezahlen, das übernehmen wir. Den Hauptgewinn erhalten Sie in meinem Büro. Wenn Sie mir bitte folgen würden? Um Ihre Einkäufe kümmern wir uns und packen diese gleich für Sie ein."

    Gabi wird ganz zittrig. „Das gibt es doch nicht, ich habe noch nie etwas gewonnen. Was das wohl sein wird? Oder hat sich jemand einen Scherz erlaubt? Bestimmt ist das alles nicht wahr", denkt sie und folgt dem Marktleiter.

    Im Büro angekommen wird Gabi gebeten, auf einem Stuhl Platz zu nehmen. Ihr klopft das Herz bis zum Hals. Total aufgeregt und mit bebenden Knien setzt sie sich.

    „Zur Feier des Tages erst einmal ein Glas Champagner. Prost!", sagt der Marktleiter und reicht ihr ein Glas.

    Sie stoßen an und in dem Augenblick öffnet sich die Tür des Zimmers. Eine Frau in einer weißen Schürze betritt den Raum. Gabi dreht sich zu ihr um und sieht ein Baby in ihren Armen.

    „Was wird das jetzt?, denkt Gabi. „Soll ich für ein dunkelhäutiges Kind die Patin spielen? Es kann doch nicht sein, dass das der Gewinn ist! Und wenn, dann wäre das doch nicht wirklich ein Hauptgewinn. Ich sehe schon die Kosten, die dann im Nachhinein auf mich zukommen.

    Ihre Gedanken werden jäh unterbrochen.

    „Ich freue mich, Ihnen unseren kleinen Jim überreichen zu dürfen!", sagt die Frau im weißen Kittel.

    „Ich bin hier wohl im falschen Film! Das gibt es doch nicht, denkt Gabi. Doch laut sagt sie: „Das kann nicht Ihr Ernst sein!

    „Doch, das ist der heutige Gewinn für Sie. Sehen Sie doch, wie süß er ist…, sie schaut das Baby sanft an. „Den muss man einfach liebhaben!

    „Also ganz ehrlich, er sieht sicherlich recht süß aus. Schon allein wegen der schokoladenfarbenen Haut. Aber sorry, ich habe mit Kindern nichts am Hut. Ich wollte nie welche und ich kann auch nicht mit ihnen umgehen. Ich weiß nicht einmal genau, wie man ein Baby auf den Arm nimmt."

    „Oh, das ist ganz einfach. Hier, halten Sie mal", sagt die Frau und legt ihr das Kind in die Arme.

    Völlig überrumpelt lässt Gabi es geschehen. Ein warmes Gefühl steigt in ihr auf als sie den kleinen Wurm in ihren Armen hält. Eingehüllt in eine weiche, hellblaue Decke, schaut nur sein kleiner Kopf heraus. Intuitiv drückt sie das Kind an sich. Zeit vergeht. Sekunden, Minuten? Sie ist sich nicht sicher, doch sie fühlt sich plötzlich unendlich zufrieden. Ein unbestimmtes Gefühl, welches sie so noch nie in ihrem Leben hatte. Sie wiegt das Kind in ihren Armen, ganz langsam, hin und her. Es scheint ihm zu gefallen, denn es lächelt mit geschlossenen Augen. Nach einer Weile schaut sie auf. Die Augen der Frau im weißen Kittel strahlen Gabi an.

    „Ich wusste, dass Sie die richtige sind!", sagt sie, dreht sich um und verlässt das Büro.

    Erschrocken wendet sich Gabi Herrn Walter zu.

    „Das ist ein Scherz, oder? Denn niemand verschenkt ein Kind, als wäre es eine Puppe. Also, raus mit der Sprache: Was ist nun der echte Gewinn?"

    „Den halten Sie tatsächlich in Ihren Händen."

    „Bin ich hier bei der versteckten Kamera? Jedenfalls kommt es mir so vor. Allerdings mit dem Unterscheid, dass ich weder bekannt, noch prominent bin. Aber klar, auch Normalbürger werden mal auf die Schippe genommen…, etwas vom Thema abgekommen, schüttelt Gabi entrüstet den Kopf: „Ich schlage vor, dass Sie mir jetzt das Kind abnehmen und ich mit meinen Einkäufen nach Hause gehe, denn ich erwarte noch Besuch.

    Doch nichts dergleichen passiert. Stattdessen antwortet er:

    „Ich kann Ihnen das Kind nicht abnehmen, denn es gehört jetzt Ihnen."

    „Es tut mir leid, aber ein Kind hat in meinem Leben nichts zu suchen. Sie müssen eine andere Person finden, die dafür Verantwortung übernimmt. Und überhaupt, wer gibt Ihnen das Recht, ein Kind zu verschenken? Was sagt das Jugendamt und andere Behörden dazu?"

    „Das ist alles juristisch abgesegnet. Hier sehen Sie die Urkunde. Es ist nichts dem Zufall überlassen."

    „So ein Blödsinn. Sie und auch sonst niemand kennt mich. Außerdem habe ich einen Beruf, der mich voll und ganz einspannt. Ich habe keine Zeit für ein Kind. Es gibt weder einen Lebensgefährten, noch bin ich verheiratet. Absolut schlechte Voraussetzungen gepaart mit Null Kindererfahrung. Jetzt beenden Sie die Show, ich muss zur Essensvorbereitung nach Hause."

    Gabi will ihm das Baby geben, aber er dreht sich weg und sagt:

    „In spätestens zwei Stunden wird die Erstausstattung bei Ihnen zu Hause angeliefert. Dazu gehört alles, was Sie benötigen: ein Kinderwagen, Kinderbett, Decken, Spielzeug, Fläschchen usw. Sie erhalten zusätzlich ein unbegrenztes Abo für Windeln, Flaschenmilch und später Breigläschen. Sowie Gutscheine für Kleidung für die ersten sieben Jahre. Der Kitaplatz ab dem ersten vollendeten Lebensjahr ist bereits reserviert. Jeden Monat gibt es eine garantierte Überweisung von 1.200 EUR auf Ihr Konto. Ach ja, das hätte ich fast vergessen: Eine Nanny gibt es bei Bedarf jederzeit, egal wie lange und zu welcher Uhrzeit. Selbstverständlich für Sie kostenlos, bis das Kind sechs Jahre alt ist. Hier sind die Kontaktdaten."

    „Das klingt alles recht schön und gut, aber ich will trotzdem kein Kind, auch nicht unter diesen Umständen. Nicht nur, weil mir jegliche Kenntnisse fehlen, die man benötigt, um ein Kind optimal zu betreuen."

    Ungerührt von ihrem Einwand fährt Herr Walter fort:

    „Am Montag erhalten Sie Besuch vom Jugendamt, damit die notwendigen Formalitäten geklärt werden können. Außerdem von einer Krankenschwester, die Ihnen das notwendige Wissen beibringen wird. Sie ist dann so lange bei Ihnen, um Sie zu unterstützen, bis Sie in der Lage sind, alleine klarzukommen. Hier ist noch ein Maxi Cosi, darin können Sie das Baby transportieren. Unterschreiben Sie bitte hier für den Erhalt und notieren auch Ihre Adresse. Und dann bitte ich Sie, zu gehen, da wir jetzt gleich schließen werden und ich noch meinen Rundgang machen muss. Viel Vergnügen mit Ihrem Gewinn und noch ein schönes Wochenende!"

    Völlig entgeistert schaut Gabi den Mann an.

    „Sie kennen doch noch nicht einmal meinen Namen!", protestiert sie hilflos.

    „Hier unterschreiben und dann gehört Jim Ihnen. Jetzt gehen Sie endlich, ich habe für Sie keine Zeit mehr", sagt er energisch.

    „Das ist nicht Ihr Ernst, oder? Ich gebe Ihnen jetzt das Baby zurück und gehe dann nach Hause!"

    Gabi hat es kaum ausgesprochen, da verlässt der Mann das Büro. Perplex steht sie da und fühlt sich zusehends unwohler in dieser Situation.

    „Was mache ich jetzt bloß? Was, wenn es zu schreien beginnt? Ich habe weder Milch zum Füttern, noch Windeln, wobei ich sowieso nicht wüsste, wie ich die wechseln soll. Das ist ein Alptraum, nur mit dem Unterschied, dass ich nicht aufwachen kann, da es Realität ist."

    Sicherheitshalber kneift sie sich trotzdem. Es zwickt so, wie sie es gewohnt ist.

    Nach kurzer Zeit merkt Gabi, dass ihr nichts anderes übrigbleibt, als das Baby mitzunehmen. Sie geht zu ihrem kleinen Auto, neben dessen Fahrertür ihre Einkaufstüten stehen. Unsicher und mehr als umständlich versucht sie den Kindersitz auf der Beifahrerseite mit dem Sicherheitsgurt zu befestigen. Die Tüten stellt sie anschließend in den Kofferraum. Kaum ist sie selbst eingestiegen und will losfahren, beginnt das Baby zu weinen. Sie beugt sich zu ihm hinüber und versucht es zu beruhigen, doch es wird sogar noch schlimmer. Das Weinen geht in Schreien über. Die Lautstärke nimmt von Sekunde zu Sekunde zu, so stark, dass ihre Ohren klingeln. Sie sieht kurz aus dem Fenster, ob jemand in der Nähe ist, aber der Parkplatz ist wie leergefegt. Da beschließt sie, auszusteigen und das Kind in die Arme zu nehmen. Sie kann den kleinen Jim tatsächlich wieder in den Schlaf wiegen und fährt nach Hause.

    Dort angekommen erwartet Gabi bereits der Lieferservice, der die versprochenen Utensilien aus einem Transporter lädt. Zwei Männer bringen die Sachen in ihre Wohnung. Da diese bloß 65 m² misst, verwandelt sich die sonst sehr ordentliche Wohnung schnell in ein einziges Chaos.

    „Wo soll ich die Sachen nur unterbringen?, denkt Gabi. „Nachher kommt Ben, was soll der von mir denken? Kochen muss ich auch noch. Und mich umziehen.

    Sie schaut auf die Uhr: „Sowas Blödes, nur noch eine Stunde Zeit. Am besten ich rufe die Nanny an, sonst schaffe ich das nie."

    Nachdem Gabi die Nummer gewählt hat, landet sie prompt auf einem Anrufbeantworter.

    „Bitte hinterlassen Sie Ihre Telefonnummer, ich rufe Sie sobald wie möglich zurück."

    „Ja klar, war irgendwie zu erwarten, murmelt Gabi missmutig. „Es hätte mich auch gewundert, wenn es anders gewesen wäre. Ob ich mit dem Kind in ein Krankenhaus fahre? Aber wer würde mir die Story glauben? Womöglich werde ich in die geschlossene Anstalt eingeliefert. Das mache ich dann doch lieber nicht.

    Gabi überlegt kurze Zeit und ruft ihre Mutter an. Aber auch diese ist nicht erreichbar, weil Gabi in der Aufregung vergessen hat, dass ihre Mutter auf Mallorca in ihrem Ferienhaus ist. Wo sie eigentlich Mitte nächster Woche ebenfalls hinfliegen wollte. Toll! Jetzt ist guter Rat teuer und zudem klingelt es an ihrer Wohnungstür. Wie auf Knopfdruck beginnt das Baby zu schreien. Nun steht sie da und weiß nicht weiter. Es klingelt erneut. Davon irgendwie wachgerüttelt, nimmt sie intuitiv das Kind auf den Arm und geht zur Tür

    Im Hausflur steht ein Mann mit verärgerter Miene.

    „Guten Tag, mein Name ist Renz. Ich bin seit einer Woche Ihr neuer Nachbar. Ein Postbote hat ein Paket für Sie abgegeben. Das wollte ich Ihnen bringen., stirnrunzelnd betrachtet er das Baby. „Leider hat mir niemand gesagt, dass es hier im Haus ein Baby gibt, sonst hätte ich die Wohnung nicht genommen. Sie müssen wissen, ich bin Bäcker und muss morgens sehr früh aufstehen. Es wäre sehr schlecht, wenn Ihr Kind mich dann wachhält, weil es so laut schreit. Ich brauche meinen Schlaf! So eine Lautstärke… Das geht überhaupt nicht.

    Das Baby schreit weiter und von der Situation völlig überfordert, schließt Gabi einfach die Wohnungstür. Sofort klingelt es wieder. Es bleibt ihr nichts Anderes übrig als zu öffnen, da das andauernde Klingeln das Schreien des Kindes nur verstärkt.

    „Hören Sie, das ist nicht mein Kind. Ich weiß auch im Moment nicht, wie ich es beruhigen kann", sagt Gabi mit unsicherer Stimme.

    „Nicht Ihr Kind? Das ist wohl ein Witz, oder? Ich sehe doch hier einen Kinderwagen in Ihrem Flur stehen. Also erzählen Sie mir keine Märchen!"

    „Doch das ist so und ich weiß nicht, wie ich das Wochenende überhaupt überstehen soll."

    „Ach, geben Sie mal her", sagt der Mann und nimmt das Baby an sich.

    Sofort hört es auf zu schreien.

    „Das gibt es doch nicht. Wie machen Sie das?", fragt Gabi ihn erstaunt.

    „Keine Ahnung, lautet die überraschte Antwort. „Eigentlich kann ich gar nicht mit Kindern.

    Kommen Sie doch herein, sagt Gabi, „dann können wir weitersprechen."

    Nach kurzem Zögern betritt der Mann mit dem Baby im Arm die Wohnung und setzt sich nach Aufforderung auf einen bequemen, dunkelgrauen Sessel im Wohnzimmer. Das Baby schläft friedlich in seinen Armen.

    Möchten Sie etwas trinken?, fragt Gabi leise.

    „Nein, besten Dank, ist die Antwort. „Ich will vielmehr wissen, wie das jetzt weitergehen soll.

    „Wenn ich das nur wüsste, sagt sie. „Sehen Sie doch was hier alles bei mir herumsteht. Das wurde vorhin geliefert. Apropos liefern…

    Gabi springt von ihrer Couch auf, holt das Paket aus dem Flur, stellt es auf den Wohnzimmertisch und öffnet es.

    „Hab ich mir doch gedacht, murmelt sie. „Babynahrung. Ich sollte vielleicht mal lesen, wie man die Ersatzmilch zubereitet. Wenn es wieder aufwacht, hat es sicher Hunger.

    „Sie wissen nicht, wie das geht?", fragt Herr Renz

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