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Meine Reise ins Blau: Als Granny Aupair in Bella Italia
Meine Reise ins Blau: Als Granny Aupair in Bella Italia
Meine Reise ins Blau: Als Granny Aupair in Bella Italia
eBook379 Seiten4 Stunden

Meine Reise ins Blau: Als Granny Aupair in Bella Italia

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Über dieses E-Book

Es gehört schon Mut dazu, wenn eine alleinstehende Rentnerin ohne ein Wort der Sprache zu können als Oma auf Zeit in eine turbulente Familie mit zwei quirligen Kleinkindern nach Italien geht. Mit der neuen Aufgabe beginnt ein großes Abenteuer mit so manchen Hürden und skurrilen Erlebnissen rund um dieses faszinierende Land und seine freundlichen Menschen. Wie bereichernd dieser beherzte Aufbruch ins Blau der sieben Seen ist, erfahren Sie in diesem sehr persönlichen Tagebuch über das Leben als Granny Aupair im wunderschönen Italien.
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum25. Aug. 2023
ISBN9783757844646
Meine Reise ins Blau: Als Granny Aupair in Bella Italia
Autor

Monika Mattner

Monika Mattner, im Juli 1955 im Rheinland geboren. Mutter, kontaktfreudiger Eremit, Nomade mit Wahlheimat Italien. Ernährungswissenschaftlerin, Lehrerin, Künstlerin und jetzt auch Schriftstellerin.

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    Buchvorschau

    Meine Reise ins Blau - Monika Mattner

    Durch meine persönliche Geschichte erfahren Sie etwas über mein Leben als Granny Aupair, aber auch über Land und Leute – eine Autofiktion

    Wenn mein Glück eine Farbe hat,

    dann ist es blau

    Eine ganz persönliche Liebesgeschichte

    Inhaltsverzeichnis

    Vorwort

    Meine Kriterien zur Auswahl von Gastfamilien

    Wagen mit ausländischen Nummernschildern

    Countdown läuft: noch 5 Tage bis zur Abfahrt

    Auf ins Centro!

    Italienischer Caffè für Fortgeschrittene

    Monika allein im Haus

    Auf geht’s nach Gavirate

    Ruhe im Karton ähm Haus

    Essen wie Gott in Italien

    Varese Centro

    Lieblingsort

    Borgo di Mustonate

    Sie sind wieder da

    Ausflug zu Ikea Milano

    Villa Toeplitz

    Heute ist der große Tag.

    I go with the flow

    Sorgen im Paradies

    „Es ist wichtig, dass man glücklich ankommt, egal wann!"

    Blues im Blau

    Samstag in Ravena

    Das erste Mal

    Ein paar Worte zum Müll

    Sonnige Langeweile auf der Terrasse!

    Mit Leonie nach Varese

    Ab ins Piemont

    Giulia ist positiv!

    Ich treffe Nicola

    Biscotti

    Driving home for Christmas

    Vorwort

    Diese Geschichte basiert auf meinen persönlichen Erlebnissen als Granny Aupair im wunderschönen Italien. Sie ist also wahr und zugleich in vieler Hinsicht auch wieder nicht. Sie spiegelt mich und mein Bild des Lebens in Italien wider. Es gibt Abermillionen andere Blicke auf dieses faszinierende Land, seine Kultur und seine Menschen.

    In diesem Buch kommen Menschen vor. Menschen, die es wirklich gibt. Zugleich habe ich sie doch alle ein bisschen verändert, sozusagen auf den Punkt gebracht in ihren für mich bedeutsamen Eigenschaften. Es kommen auch Menschen in meiner Geschichte vor, die es so überhaupt nicht gibt. Sie sind eine Zusammenstellung aus beobachteten typischen Eigenschaften. Ihre Wesenszüge werden sozusagen personalisiert, um zu beschreiben, warum es mir so gutgetan hat, in dieses Leben einzutauchen.

    Alle Namen sind indes frei erfunden.

    Zudem habe ich natürlich in schriftstellerischer Fantasie und Freiheit so manches passend gemacht: Wer nicht zu Beginn in Italien verliebt ist, soll es auf alle Fälle am Ende sein. Vielleicht aber auch in ein ganz anderes Land oder ins Dörfchen nebenan: das Buch soll nämlich auch Mut machen, ganz unabhängig vom Alter sein Leben noch einmal umzukrempeln und glücklich durchzustarten.

    Ob nun als Oma-Aupair oder von was Sie sonst so träumen:

    Mettiamoci all’opera!

    Machen wir uns ans Werk!

    Für viele Menschen war 2020 ein schlechtes Jahr. Die Pandemie hatte die Welt fest im Griff: qualvolle Erkrankungen, Maskenpflicht, Quarantäne, immer wieder Lockdown, geschlossene Grenzen und Geschäfte, zerstörte Existenzen und geplatzte Träume. Für mich war es eines meiner besten Jahre. Vielleicht sogar das Allerbeste. Ich war so mutig, einen großen Schritt in eine ganz andere Welt zu machen. Eine Welt, die ich mir schon als Kind auf der Schaukel erträumt hatte … aber vor der ich auch große Angst hatte. Diese Welt war: eine Familie. Das macht Ihnen jetzt nicht so große Angst? Na ja, wenn man in einer halbwegs intakten Familie groß geworden ist, sucht man ja auch nicht nach einer anderen. Aber wenn man die Strukturen, Verbindungen und Gepflogenheiten eines zugewandten Familienlebens nicht kennt, dann ist es schon eine große Herausforderung, sich dem auszuliefern. Teil – genauer gesagt Oma – in einer fremden Familie zu werden. Dies zudem in einem mir unbekannten Land mit einer anderen Mentalität – und zu Beginn mit praktisch gar keinen Sprachkenntnissen. Das klingt für Sie jetzt doch nach einem großen Abenteuer?

    Kommen Sie mit mir nach Norditalien in eine deutsch-italienische Familie mit zwei kleinen Kindern. Aber fangen wir ganz vorne an! Mit den ersten Schritten!

    Durch eine frühere Kollegin war ich auf die Vermittlungsagentur Granny Aupair aufmerksam geworden. Ich stelle Fotos auf die Internetseite der Agentur ein. Sportlich, vital und freundlich möchte ich erscheinen: die Serie beim Minigolf, auf dem Fahrrad in Zeeland, lachend und winkend, mit dem Morgenkaffee im Urlaubsgarten.

    Ich beantworte die vielen Fragen im Profilbogen und schreibe frei über mich, meine beruflichen Aktivitäten, meine Erfahrungen mit Kindern und meine Interessen.

    Warum ich das überhaupt mache, fragen Sie sich. Ich bin gerade in Rente gegangen und habe zugleich eine nicht so gut funktionierende Fernbeziehung beendet. Meine Tochter ist erwachsen und lebt ihr eigenes Leben in Norddeutschland. Also irgendwie muss ich diese Leere füllen, die so langsam entstanden ist und plötzlich deutlich spürbar wird. Und: Ich habe große Lust, auf meine alten Tage noch mal etwas ganz anderes zu probieren … na ja, und ich hatte schon immer den Traum am Meer zu leben.

    Ich bezahle den Beitrag der Granny Aupair Agentur und schon kurz darauf ist mein Profil freigeschaltet.

    ‚GRANNY AUPAIR‘ SAGT IHNEN SO GAR NICHTS? DAS IST DIE SILBERVERSION EINES AUPAIR MÄDCHENS.

    STATT EINES JUNGEN MÄDCHENS BRINGT DIESE AGENTUR ÄLTERE GESTANDENE FRAUEN ÜBER 50 MIT FAMILIEN ZUSAMMEN, DIE UNTERSTÜTZUNG IM ALLTAG BENÖTIGEN. DIE AUPAIR-OMA LEBT BEI FREIER KOST UND LOGIS BEI DER FAMILIE UND KÜMMERT SICH IM GEGENZUG MIT UM DIE KINDER UND DEN HAUSHALT.

    Jetzt kann ich mir auch die Profile der suchenden Familien anschauen. Ich lerne seit mehr als einem Jahr Spanisch, deshalb ist das mein erstes Kriterium:

    Ich suche eine Familie in einem spanischsprachigen Land und da gibt es ja viele Möglichkeiten, auch in Südamerika.

    Für meinen ersten Auslandsaufenthalt als Granny Aupair möchte ich doch lieber nicht direkt so ganz weit weg. Also: Spanien. Für dieses Land gibt es nichts, außer dem Angebot einer anderen Agentur. Schade! Dann finde ich gleich zwei sehr interessante Angebote in Deutschland. Vielleicht auch nicht so schlecht, gerade beim ersten Test dieses Oma-Arrangements in der Nähe zu bleiben. Vielleicht gefällt mir diese Aufgabe gar nicht so gut, wie ich es mir jetzt denke, vielleicht sind die Kinder viel zu anstrengend … vielleicht, vielleicht…

    Ich habe nur eine Tochter großgezogen und eine „Übermama" war ich wirklich nie. Ich wollte immer auch berufstätig sein und Zeit für mich selbst haben. Den Haushalt zu machen, gefiel mir auch nie so richtig. Kochen und backen nur bei Lust und Laune, eher meist schnelle Küche; waren das überhaupt gute Voraussetzungen? Andererseits hatte ich mit meinem Kind immer viel Freude beim Spielen, Verkleiden, Malen, Lesen und Basteln. Dabei holte ich auch vieles nach, was mir meine eigene Kindheit nicht beschert hatte.

    Ich liebe Kinder und Kinder fühlen sich schnell zu mir hingezogen, zumal ich gerne Quatsch mit ihnen mache und sehr viel Geduld aufbringen kann. Dennoch, so ganz ohne Zweifel ob meiner Pläne bin ich weiß Gott nicht.

    Meine Wahlenkelin hatte mir zu Weihnachten so lieb geschrieben: „Oma ist dein Beruf. Du kannst Oma wirklich gut!"

    Darüber war ich sehr erfreut und gerührt – und habe mit dieser Aussage meine Beschreibung im Profil auf der Internetseite der Agentur eingeleitet.

    Seltsam übrigens: Früher als junge, immer mehr oder weniger berufstätige Mutter war es mir sehr wichtig, vor allem meine berufliche Seite anerkannt zu bekommen. Ausschließlich Mutter wollte ich nicht sein. Das reichte mir nicht – warum eigentlich war mir das nicht genug? Jetzt finde ich „nur Oma sein" einfach wunderschön für mich. Allerdings gelten Enkel ja ohnehin als Entschädigung für die eigenen Kinder. Man hat alle Zeit der Welt, wenn sie da sind – und nicht ganz unwichtig: Man kann sie wieder abgeben.

    Sehr schnell kommen die ersten drei Anfragen von Familien.

    Eine Künstlerfamilie mit riesigem Bauernhof irgendwo im Nirgendwo in Süddeutschland sucht jemanden. Sie bieten eine kleine Einliegerwohnung für die Oma Aupair. Sie haben zwei Kinder im Grundschulalter: Grundschulalter erscheint mir richtig. Es ist ein unkompliziertes und nettes Alter. Keine Kleinkinder, die gewickelt und getragen werden müssen. Die womöglich viel Weinen und vieles nicht können oder verstehen. Grundschulkinder können laufen, sich allein waschen und anziehen, sie sitzen am Tisch und essen, sie lernen und können sich unterhalten. Sie können sagen, was sie möchten oder wo es wehtut. Nicht ganz unwichtig: zum Ausruhen oder für andere Aktivitäten zu haben. Sie sind mindestens den halben Tag in der Schule. In den meisten anderen Ländern sogar oft bis am Nachmittag. Es bleibt also viel freie Zeit in einer solchen Familie. Zwei Kinder ist eine Anzahl, die ich bewältigen kann. Ich habe wie gesagt nur eine Tochter. Selbst mit nur einem Kind war ich als berufstätige Mutter schon vollauf beschäftigt.

    Ein paar Stunden später schreibt mich eine amerikanische Familie mit fünf Kindern an; das älteste ist 6 Jahre alt. Wackere Leistung der jungen Frau: Sie ist erst 31. Aber das ist mir auf jeden Fall zu viel Verantwortung und Aufgabe. Ich sage die Anfrage direkt höflich ab. Amerika als Land reizt mich auch nicht. Was ich davon bei Urlauben gesehen habe, reicht mir.

    Zurück zu dieser Familie mit Mutter und Vater, die beide bei Beruf ‚Künstler‘ eingetragen haben und ländlich in einem winzigen Ort wohnen. Ich stelle nach kurzer Überlegung fest: das ist nichts für mich. Ich möchte gerne eine Infrastruktur, um neben dem Leben in und mit der Familie noch etwas für mich machen zu können, etwa einen Sprachkurs oder vielleicht auch einfach nur einen kleinen Schaufensterbummel mit einem Kaffee in der Sonne.

    Beim Kästchen: ‚Beschäftigen Sie eine Putzfrau?' prangt zudem ein NEIN. Bei 12 Zimmern auf dem Hof! Wer macht das denn bitte schön alles sauber? Ach ja, und ich bin zwar tierlieb, aber es gibt einen ganzen Zoo an Tieren: Katzen, ein Hund, ein Esel, ein Pony, Hühner, Kaninchen. Klingt nett? Vielleicht, aber klingt auch nach sehr, sehr viel Arbeit. Das kommt nicht in Frage! Ich sage auch hier höflich ab.

    Die dritte Anfrage ist eine deutsch-britische Familie in einem norddeutschen Städtchen. Da ich selbst drei Jahre in Großbritannien gelebt habe, bin ich gleich Feuer und Flamme. Ein kleiner Robbie mit rötlichem Flaum auf dem Köpfchen, Wickelkind … mmhhh … nicht wirklich, was ich mir vorgestellt habe.

    Die Familie hat einen Link mit einem Video, wo man auf YouTube durchs wunderschöne Haus geführt wird. Alles sehr beeindruckend, vor allem auch das großzügige Zimmer für die Oma auf Zeit. Natürlich wie fast immer in den Beschreibungen mit eigenem Bad. Ein eigenes Bad mache ich fortan zu einem gesetzten Kriterium für meine Auswahl.

    Bis dato hatte ich noch nie etwas von diesem hübschen Städtchen im Norden gehört. Liegt immerhin an einem schönen See. Ich wäre näher bei meiner eigenen Tochter und könnte an den Wochenenden schnell mal nach Hause fahren. Ich spreche Englisch – die Familiensprache –, was ich außerdem überaus gerne und seitdem ich nicht mehr arbeite, leider kaum noch tue. Mit Klein-Robbie würde ich, so der Wunsch im Profil, Deutsch sprechen.

    Die meisten Familien suchen eine deutsche Oma, damit die Kinder viel Deutsch hören und sprechen. Sie haben einen deutschen Papa oder eine deutsche Mama, leben aber oft in einem Land, wo eine andere Sprache gesprochen wird.

    Meine Kriterien zur Auswahl von Gastfamilien

    Ans Meer

    Spanisch-sprachig

    Europa, nicht zu weit weg

    Grundschulkinder

    Nicht mehr als 2

    Eigenes Bad

    Reinemache-Frau

    Wenn schon Haustier, dann Katze

    Ich schreibe die nette Familie aus dem Norden an – und bekomme zu meiner großen Enttäuschung überhaupt nie Antwort. Leider kann man auf der Internetseite der Agentur nicht sehen, ob die Nachricht gelesen wurde.

    Dafür kommt am 27. Juni 2020 eine Nachricht vom Lago di Varese in Italien: „Super Profil, Moni!! Wir würden Dich sehr gerne kennenlernen …"

    Oberitalien. Großartige Gegend, die ich ein wenig von verschiedenen Urlaubsreisen in jungen Jahren kenne. Irgendwie schlägt mein Herz etwas höher, als ich mir im Internet Bilder vom Ort und der Umgebung ansehe. Die vielen schönen Seen. Die Region heißt sogar: Zona dei sette laghi, also Zone der 7 Seen. Am Wasser zu leben, wäre das super?

    Aber diese Familie hat überhaupt keine Bilder auf dem Profil eingestellt. Das stört mich. Es ist mir schon wichtig, auch einen optischen Eindruck von den Menschen zu haben, mit denen ich in einen weiteren Kontakt trete.

    Die Bilder kommen schon sehr bald über WhatsApp. Ebenso wie viele liebe Nachrichten und kleine Videos: Giulia, Mauro, Lorenzo – kurz Loro – und Beatrice – kurz Bea genannt. Eine sympathische deutsch-italienische Familie. Wir beginnen einen regen Austausch. Schnell habe ich das Gefühl, diese netten Menschen schon zu kennen.

    Giulia – eigentlich Julia – ist eine deutsche Ärztin mit toller Figur und wilden blonden Locken. Sie lacht herzlich aus hellblauen Augen und hat eine sehr sympathische Stimme und Art.

    Mauro ist Italiener und Techniker, nicht sehr groß, aber ebenfalls sehr sportlich und natürlich braun gebrannt. Er hat ganz kurze dunkle Haare und lebhafte braune Augen. Er ist deutlich ruhiger als seine Frau, spricht prima Englisch und hat eine sehr humorvolle Art.

    Die beiden Kinder – bald vier und bald eins – sind hübsch wie aus dem Bilderbuch. Blonde Haare, hellbraune Augen. Ebenfalls unglaublich braun gebrannt und aktiv. Die Kleine mit ihren knapp 12 Monaten läuft schon prima alleine. Die Familie lebt direkt an einem der kleinen Seen in Oberitalien. Landschaftlich ist das einfach unglaublich schön: welch ein Blick von der Terrasse über den See bis hin zu den Alpen.

    Zudem liegt auch Mailand mit einer Schnellbahnanbindung von Varese aus direkt vor der Tür. Aber Italienisch? Ich lerne doch gerade Spanisch!

    Giulia führt mich per Video durch das schöne, moderne Haus. Ich kann mich gar nicht am Blick von der Terrasse zum See sattsehen, ganz romantisch bei Sonnenuntergang.

    Ich sehe mein großzügiges Zimmer mit seiner großen Fensterfront zum Garten, den Pool, der gerade angelegt wird.

    Ich kann die Tür öffnen und morgens ins Wasser robben, wie herrlich ist denn das alles. Ein Geschenk des Himmels!

    Die Stadt Varese liegt in der Nähe von Mailand am Rande der Alpen. Sie ist wegen ihrer hohen Lebensqualität, den vielen Parks und Gartenanlagen von den Mailändern als Ausflugsziel und Wohnort geschätzt. Die Hauptattraktion ist der Sacro Monte: ein Pilgerziel oberhalb der Stadt, das zum UNESCO-Kulturerbe gehört. Besonders sehenswert in der Stadt sind die Basilika San Vittore sowie die Villa Panza, die ein Museum für moderne Kunst beherbergt und der Palazzo Estensi, in dem das Rathaus untergebracht ist. Beide liegen in weitläufigen Gartenanlagen und tragen zum Ruf als „Gartenstadt" bei.

    Noch etwas gefällt mir sehr an den Fotos und Videos. Giulia schickt sie direkt aus dem Alltagsleben. Ich sehe keine brav gekämmt für ein Foto hingesetzten Kinder, sondern quirliges Familienleben, verschmierte Kinderhände, schmutzige Kleidung, Tränen, Pflaster, Ungeduld, Gestreite, Spielzeug auf dem Boden und daneben angeknabberte Apfelreste. Keine Botschaft, die nicht durch Fragen, Nöte oder Kindergebrüll durchsetzt ist. Die Vorstellung Teil eines so lebendigen Chaos zu werden, gefällt mir sehr. Hier wird niemand Perfektion abverlangen. Herrlich! Und so anders als alles, was ich bisher kannte und im Grunde ja auch in meiner eigenen Erziehung gelernt und weitergegeben habe. Ich habe erst später angefangen, zu hinterfragen, ob es gut ist, ständiges Funktionieren zu verlangen. Wie weit entfernt man sich damit von seinen inneren Gefühlen und Bedürfnissen und wie wenig lernt man sie überhaupt erst wahrzunehmen.

    Seufz: Italienisch …? Ich bin so stolz auf mein bisschen Spanisch, das ich mittlerweile beherrsche. Aber: Das Leben passiert, während du Pläne machst. Es präsentiert mir gerade eine wunderbare Chance! Also stelle ich – überwältigt von so viel überzeugenden Aspekten – meine Sprachlern-App schon bald auf die neue Sprache um. Dann lerne ich eben jetzt Italienisch. Die Sprache und das Land gefallen mir im Grunde ohnehin besser als Spanisch und Spanien. Ich war auch einige Male in der Toskana, zum Wandern in Südtirol und in Rom und Mailand.

    Giulia und ich telefonieren viel über unsere Vorstellungen, über die Aufgaben, über unsere Ansichten und Erfahrungen in allen möglichen Bereichen.

    Giulia arbeitet 2,5 Tage die Woche, in denen ich allein für die Kinder verantwortlich wäre. Loro geht schon in den Kindergarten, na ja, eher ging, denn durch den Corona-Lockdown war die Familie in den letzten Monaten fast immer zu viert zusammen zu Hause. Loro hatte gerade vom Kleinkindhort in die Kita für ‚Große‘ gewechselt, als nach ein paar Tagen die Schließung kam. Ob er so gerne jetzt wieder dort hingeht?

    Wir haben beide unsere Zweifel, ob das am Anfang alles so leicht wird. Er ist ein Mama-Junge und auch recht eifersüchtig auf seine kleine Schwester. Keine ungewöhnliche Situation.

    Der Papa ist zukünftig unter der Woche beruflich bedingt unterwegs. Ironie des Schicksals: hauptsächlich in Deutschland.

    Giuli und ich sind uns einig. Wir werden Humor, Langmut und gute Nerven brauchen, bis sich alles gut eingespielt hat. Mir gefällt supergut, dass wir uns so offen austauschen können, auch mögliche Schwierigkeiten schon mal ansprechen, überlegen, wie wir damit umgehen werden. Das nimmt mir natürlich auch die Last, dass alles so reibungslos funktionieren muss.

    Ich schreibe Gedanken, Absprachen, Aufgaben, noch offene Fragen und Wünsche auf und schicke ihr diese Mail zum Abgleich. So ist besser garantiert, dass wir dann auch wirklich das Gleiche meinen, wenn wir über etwas sprechen.

    Auszug aus der Mail an Giulia (Antworten fett gedruckt)

    Was isst Bea mittags?

    Sie isst mit uns. Gerne mit den Händen: kleine Portionen.

    Kriegt sie Fläschchen?

    Nein. Sie wird gestillt.

    Gibt es Dinge, die sie oder auch Loro auf keinen Fall essen/trinken soll/darf?

    Nein, eigentlich nicht. Bei Bea keine Nüsse oder so was, woran sie ersticken könnte.

    Was sind die Lieblingsgerichte der Kinder?

    Loro ist ein eher schlechter Esser, isst am liebsten Süßes.

    Bea probiert so ziemlich alles, was an Obst, Gemüse, Fisch, Fleisch auf den Tisch kommt.

    Hat Bea ein Lieblingskuscheltier?

    Nein. Und Loro? Nein!

    Wie ich merken werde, haben sie Dutzende von Kuscheltieren, aber so gar keins mit Bedeutung. Wie anders war das bei meiner Tochter mit ihrer kleinen Stoffpuppe Nana. Ohne die ging nichts. Nana kam immer mit uns mit und half auch beim Einschlafen.

    Gibt es bestimmte Rituale, z. B. beim Schlafen gehen, beim Essen?

    Nein, eher nicht.

    Wir essen zusammen zu Abend: Um wie viel Uhr etwa?

    Das wechselt je nachdem. Wir haben oft Freunde hier oder sind unterwegs.

    Was gibt es normalerweise? Ist das die warme, gemeinsame Mahlzeit?

    Viel Salat, viel Gemüse, viel Obst, gerne Pasta und Pizza. Wir sind in Italien! Zeiten sehr unterschiedlich. Je nachdem, was wir machen und ob wir überhaupt zu Hause sind.

    Wer kocht? Ich bin eine Heldin der Gemüsepfannen und backe gerne Kuchen, am liebsten mit Streusel. Soll ich mich, vor allem an deinen Arbeitstagen, um das Einkaufen und vorbereiten kümmern?

    Wir handhaben diese Dinge alle flexibel.

    Das Familienleben scheint offensichtlich etwas anders zu funktionieren, als man es im Allgemeinen aus Deutschland so kennt. Mal schauen, wie mir das gefällt.

    Trotzdem, es steht fest: Ich gehe als Granny Aupair – oder nonna alla pari, wie es auf Italienisch heißt – nach Italien.

    Ich bin glücklich, ich bin aufgeregt, ich freue mich und sterbe zugleich förmlich vor Angst. Aber ich habe zugesagt! Schicksal, nimm deinen Lauf!

    Die Granny Aupair Agentur fragt, ob man Interesse an einer Begleitung der Vorbereitungen und des Auslandsaufenthaltes durch einen Fernsehsender hätte: Definitiv nicht! Ich möchte in Ruhe in meine neue Aufgabe hineinwachsen.

    Giulia tut alles, um mir das Gefühl zu geben, dass ich willkommen in der Familie bin. Als beschlossen ist, dass ich am 23. August ankomme, schickt sie mir ein Foto des Familienkalenders. Groß steht da in rot:

    MONIKA KOMMT!

    Ich reise also zu einem Zeitpunkt an, wo in Italien Ferien sind. August ist, wie ich später lerne, der Ferienmonat schlechthin. Von Mitte Juni bis Mitte September sind Schulferien. Im August schließen viele Firmen und Geschäfte. Das ganze Land fährt in Urlaub, vorrangig ans Meer. Aber auch in die Berge zu fahren, ist sehr beliebt. Wenn man die Hitze in diesem Monat erlebt, selbst im Norden, versteht man, warum.

    Ferragosto: Am 15. August hat ganz Italien frei – dann feiern die Katholiken und folglich die typischen Italiener Maria Himmelfahrt. Außerdem gilt dieser Tag als heißester Tag im Jahr und er markiert den Wendepunkt des Sommers. Es ist auch die Zeit, in der sich Millionen Italiener in Urlaub begeben.

    Ich werde mich mit meinem eigenen Wagen auf die Reise machen. Zum einen, weil die Familie kein Fahrzeug zur Verfügung stellt, aber ein Auto gebraucht wird, um die Kinder transportieren zu können. Außerdem bin ich so mit meinem Auto vor Ort flexibel. Ich möchte mir ganz viel von der schönen Gegend anschauen. Die ‚Kinderfahrten‘ werden wir natürlich abrechnen.

    Die lange Fahrt werde ich mit einem Zwischenstopp im schönen Straßburg unterbrechen. Darauf freue ich mich schon. Reise- und Übernachtungskosten übernimmt die Familie komplett.

    Wenn ich ankomme verbringen wir eine Woche miteinander, um uns kennenzulernen. Danach wird die Familie in Urlaub fahren und ich habe 14 Tage ganz viel Zeit, mich mit allem vertraut zu machen. So kann ich den Weg zur Kita schon mal fahren, schauen, wie es mit Parkplätzen aussieht. Ich kann unseren kleinen Stadtteil erkunden, den Sprachkurs beginnen, den Pool und den See genießen; denn, wenn alle wieder da sind, geht der normale Alltag direkt los. Ich fühle mich gut bei dem Gedanken, die allgemeinen Gegebenheiten schon vorher erkunden zu können.

    Ach, da ist übrigens noch die nonna Adele, Mauros Mutter. Eine sehr liebe Frau, wie Giuli sagt. Sie spricht kein Deutsch, aber sie kann mir sicherlich auch ein bisschen beim Einleben helfen. Die Nachbarn freuen sich auch schon auf mich, wie mir versichert wird! Überhaupt scheint die Familie viele Kontakte zu haben, sie sind viel unterwegs und haben häufig Besuch von Freunden. Schön.

    Dennoch mischen sich auch etwas Unwohlsein und Grummeln in meine Gefühle: Wenn mir das bloß nicht zu viel wird. Ich lese auch gern, male viel, hänge auf dem Sofa rum und gucke in Ruhe eine Serie zur Entspannung. Ich lebe seit Jahren allein in einer großen Wohnung, wo ich schalten und walten kann, wie ich möchte. Ich ziehe mich durchaus gern mal zurück. So regeneriere ich mich. Passt das denn wirklich zu diesem lebhaften Familiendasein? Ich muss unbedingt sicherstellen, dass ich meine Zimmertür schließen und dann zu bestimmten Zeiten allein bleiben kann. So generell hatten wir darüber schon gesprochen: ich würde mich am Anfang stärker an der Familie orientieren; ich kenne ja noch nichts und niemanden, aber dann möchte ich auch ein eigenes Leben. Im schönen Italien.

    Wir haben meinen Aufenthalt zunächst bis Weihnachten begrenzt, auf vier Monate also. Mit den Erfahrungen aus dieser Zeit wollen wir entscheiden, ob wir danach ‚verlängern‘. Ursprünglich hatte ich nur an drei Monate gedacht, aber Giulis freundliche Art zieht mich mit. Für die Kinder wäre eine längere Lösung sicherlich vorteilhaft. Ich bin schon entsetzt zu lesen, dass in den Profilen mancher Familien ein Wechsel der Granny im 3-Monats-Rhythmus üblich zu sein scheint. Manchmal sogar nach noch kürzeren Phasen – auch, wenn manche Ersatz-Omas wiederkommen, widerspricht das meiner Auffassung von dem, was für ein kleines Kind gut ist. Schuld daran sind sicherlich oft auch die Visumbeschränkungen der Länder. Innerhalb von Europa sind Aufenthalte jedoch ganz unproblematisch; man braucht kein Visum.

    Wir haben auch besprochen, dass wir uns eher trennen, wenn wir merken, dass wir nicht gut miteinander klarkommen. Es ist für beide Seiten die erste derartige Erfahrung.

    Um mich auf mein bevorstehendes Abenteuer einzustimmen, trete ich in Facebook einer internationalen Gruppe von Menschen bei, die in Varese leben. Dort mitzulesen, macht Freude und bringt Anregungen und

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