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Wolfskrieger: (Gaisgeach madadh-allaidh)
Wolfskrieger: (Gaisgeach madadh-allaidh)
Wolfskrieger: (Gaisgeach madadh-allaidh)
eBook524 Seiten7 Stunden

Wolfskrieger: (Gaisgeach madadh-allaidh)

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Über dieses E-Book

14 v Chr. Es ist ein früher Morgen, nicht weit von der germanischen Siedlung Elven in den Wäldern Oberlands. Der Germanenjunge Saro wird von einem Wolf schwer am Bein verletzt. Seine Freundin Runa kann Hilfe holen, er überlebt mit einem verkrüppelten Bein. Saros Leben ist nun sehr beschwerlich und belastet auch seine Familie. Als Runa zur Frau wird, verspricht ihr Vater und Stammeshäuptling Folkward sie dem Häuptlingssohn eines Nachbarstammes, um Frieden zu wahren. Saro, der seine Freundin Runa aber heiraten wollte, versucht durch Störungen des Things die Hochzeit zu verhindern. Als Strafe wird er zusammen mit einer blauen Brosche an den Gaukler und Sklavenhändler Gandolf verkauft. Gandolf verkauft Saro, die Brosche und eine wertlose Sklavin an den römischen Händler Faustus. Nach Fluchtversuch, Folter und Schiffbruch werden Saro, die beiden Sklaven Elke und Frowin von Colatin, einem keltischen Druiden gerettet. Dieser hat erstaunliche Heilkräfte und weiß, was mit der blauen Brosche anzufangen ist. Er befreit seine Freundin Clidonach aus der Brosche, dabei erfahren die anderen, dass es Elvenwesen und Magie gibt. Nach Evandaphirs Weissagung ist Saro der geweissagte Wolfskrieger, ein Mensch mit Elvenblut, der durch sein Blut die Elvenwelt vor dem Untergang bewahren soll. Beim Kampf mit dem Drachen Saphiraton wird dieser getötet und Saro verschluckt versehentlich etwas vom Drachenblut. Kommt nun der Fluch von Sith Elven zurück?
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum20. Aug. 2021
ISBN9783347370838
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    Buchvorschau

    Wolfskrieger - Rouven Fentrohs

    ~KAPITEL I~

    Es war ein früher Oktobermorgen im Oberland ungefähr fünfunddreißig km östlich von Oppidum Ubiorum, tief im Gebiet des Stammes der Sugambrer, Barbaren, vierzehn v. Chr. nahe der germanischen Siedlung Elven. Die Sonne ging gerade auf. Der Himmel war etwas bewölkt und leichter Nebel hing zwischen den Bäumen des unendlich zu sein scheinenden Laubwaldes. Saro und Runa rannten durch den Laubwald Oberlands etwa dreihundert Meter entfernt von der Siedlung. Die Sonne zeigte sich in einer Wolkenlücke, so gerade über dem Horizont.

    Runa, rannte, so schnell sie konnte zwischen den großen Laubbäumen, mit Laub in den verschiedenen Braun- und Gelbtönen gefärbt hindurch. Immer wieder drehte sie sich zu Saro um und schrie: „Schneller Saro, schneller, er holt uns ein! Saro schrie zurück: „Ich weiß, lauf mir einfach nach! Ihnen auf den Fersen war ein hungriger, schon stark ergrauter und großer Wolf, der seit Tagen nichts gefressen hatte. Runa schrie immer verzweifelter: „Er hat uns gleich eingeholt, Hilfe! Ihr Herz klopfte rasend schnell. Saro schrie zurück: Dann lauf halt schneller!" Auch sein Herz klopfte so schnell es konnte. Der Atem der Drei war in der kalten Luft des Morgens zu sehen. Saro bog links hinter einer dicken Eiche ab. Weil Runa sich zum hetzenden Wolf umgesehen hatte, lief sie weiter geradeaus. Plötzlich stolperte Saro über eine aus dem stark belaubten Waldboden ragende Wurzel und blieb nach drei Überschlägen bewusstlos auf dem Boden liegen. Der Wolf war ihm gefolgt. Da lag es, sein nächstes Frühstück. Runa hatte das Missgeschick ihres Freundes gesehen und blieb stehen. Völlig außer Atem sah sie zu Saro. Als sich der Wolf immer näher an Saro heranschlich schrie sie auf. Sie suchte nach einem Stein, fand ihn und warf ihn dem Wolf an den Kopf. Er knurrte, ließ sich aber nicht von Saro ablenken. Langsam schlich er sich näher an ihn heran. Runa fing vor Angst an zu weinen. Sie warf noch einen Stein und traf den Wolf wieder am Kopf. Der sprang herum und fletschte seine Reißzähne. Runa schrie auf vor Angst und lief weg in Richtung Elven. Der Wolf wendete sich wieder Saro zu. Er schnupperte an dem Knaben und zerrte an seinem Hosenbein. Dann der erste Biss in den Unterschenkel des linken Beins. Saro war immer noch bewusstlos. Der Wolf verbiss sich in den Unterschenkel und begann den regungslosen Körper des Jungen hin und her zu ziehen. Die klaffende Wunde blutete stark. Plötzlich ließ der Wolf von seinem Opfer ab und drehte sich um. Er fletschte laut knurrend die Zähne, etwas Speichel und Blut tropfte von seiner Lefze. Ein mächtiger Braunbär hatte sich dem Ort des Geschehens genähert. Zuerst beobachtete er nur, doch dann ging er näher heran. Der Wolf wich immer weiter von Saro zurück. Als der Bär sich aufstellte und ohrenbetäubend brüllte, lief der Wolf schließlich mit eingezogener Rute und geducktem Kopf davon.

    Etwa zur selben Zeit war Runa in Elven angekommen und schlug sofort Alarm. Sie schlug mit einem Stock auf die, zwischen zwei Holzpfählen hängende, etwa ein Meter im Durchmesser große Blechschüssel, die bereits mit einer leichten Patina rostrot überzogen war. Hilfe, Hilfe, schrie Runa dabei so laut sie konnte. Saro ist tot und wird von einem Wolf aufgefressen! Hilfe!! Sie schrie, weinte und schlug gleichzeitig wie wild auf die Schüssel ein. Dann, endlich öffnete sich die Tür eines der Langhäuser der Siedlung und Folkward trat heraus. Er schaute mit verschlafener Miene aus der Türöffnung: Was, bei Odin, ist hier los? Aber vor lauter Weinen konnte Runa kaum sprechen. Sie lief zu Folkward. Als sie vor ihm stand, hielt er sie an beiden Schultern fest und sah ihr in ihre verweinten Augen. Nun mal ganz ruhig, was zum Odin ist passiert und warum bist du um diese Zeit schon hier draußen? Runa versuchte ihrem Vater schluchzend zu erklären was geschehen war. Wir waren, wir waren, im Wald unterwegs, wir wollten doch die jungen Hirsche im Nebel beobachten. Sie schluchzte weiter und zog dabei die Nase hoch, dann ließ sie ihren Kopf hängen. Folkward schüttelte sie an ihren Schultern und fragte weiter: Und was ist nun mit Saro? Was ist passiert? Wir wurden von einem Wolf verfolgt, dann ist Saro hingefallen und ich habe den Wolf mit Steinen beworfen! Sie wischte sich, mit ihrem Ärmel ihre Tränen aus dem Gesicht. In der Zwischenzeit waren auch Heilrun, Arnhild und Sonnwinn aus den Häusern gekommen. Heilrun nahm ihre Tochter in den Arm. Sie versuchte weitere Informationen zu bekommen. Runa, wo ist Saro? Runa sah ihre Mutter an und zog erneut die Nase hoch. Er liegt tot im Wald, der Wolf frisst in auf! Schluchzte sie. Folkward war bereits zur Alarmschüssel gelaufen und schlug kräftig darauf ein. So laut er konnte rief er zur Siedlung: Kommt raus ihr Männer aus euren Häusern, wir müssen Saro suchen!! Nach einer kurzen Weile liefen sieben Männer, geführt von Folkward, der Runa auf dem Rücken trug, in den Wald, um Saro zu suchen. Sie alle waren mit Hosen aus Leinen und mit grau-weißen Pelzmänteln gekleidet. So früh am Morgen war es noch nicht richtig warm. Folkward befragte seine Tochter immer wieder nach dem Weg. Runa, wo geht es lang?! Runa versuchte sich zu erinnern. Ich weiß nicht mehr genau, da vorne in den Wald und dann, ähh…! Folkward schrie sie an: Konzentriere dich, seid ihr links in den Buchenwald, oder rechts durch den Eichenwald zur Lichtung gelaufen? Runa runzelte ihre Stirn. Ich, ich glaube in Richtung Lichtung Dann erreichten sie den Waldrand. Folkward bog hart rechts ab und rannte weiter in Richtung der Lichtung, da wo sie ihre Opfergaben an Odin darbrachten. Runa schaukelte stark, da Folkward ein stämmiger, einen Meter achtzig großer Hüne war und sie sich so grade eben noch an ihm festhalten konnte. Etwa siebzig Meter vor der Lichtung konnte er etwas auf dem Boden liegen sehen. Daneben saß noch der Bär. Die sieben Männer liefen schneller und alle fingen an so laut es ging zu brüllen und mit den Armen zu rotieren. Erst kurz bevor die Männer bei Saro ankamen machte sich der Bär davon. Angekommen sprang Runa von Folkwards Rücken. Sonnwinn war auch einer von den sieben Männern. Er stürzte direkt zu seinem Sohn, der immer noch blutend auf dem Boden lag und nur noch schwach atmete. Er kniete sich neben ihn, steckte seine Arme langsam unter Knie und Kopf und hob ihn hoch. Er sah seinen Sohn an, dessen Gesicht schon aschfahl geworden war. Sonnwinn war geschockt, Tränen liefen über sein Gesicht, und er schrie: Bei Odin, das darf nicht sein, lass ihn nicht sterben! Blut tropfte von Saros Bein. Folkward forderte ihn auf: Komm Sonnwinn, lass uns zurück nach Elven gehen. Dein Junge braucht dringend Hilfe. Sonnwinn nickte, Tränen rannen über seine sonnengegerbte Haut. So liefen die Männer und Runa zurück nach Elven. Am Rand der Siedlung wurden sie schon von Heilrun, Arnhild und ein paar anderen Frauen erwartet. Heilrun hatte schon alles in ihrem Haus vorbereitet und Felle, mit der Lederseite nach oben auf den Tisch gelegt. Ihre Heilkräuter standen bereit. Kamillentinktur, Beinwell, Wegerich und Weidenrinde. Schnell liefen sie zum Haus der Heilerin und Sonnwinn legte Saro auf das Fell und ließ Heilrun genug Platz zum Arbeiten. Sie hatte bereits neue Leinentücher mit Kamillentinktur angefeuchtet und legte sie Saro, nach dem sie sein Bein und die tiefe Bisswunde gründlich gesäubert hatte, sanft um das Schienbein, sodass die Wunde komplett verbunden war. Zwischen erster und zweiter Lage fügte sie die Weidenrinde, zur Schmerzlinderung hinzu. Dann band sie Kordel darum, um den Verband zu fixieren. Saro war immer noch sehr schwach, Heilrun war nicht sicher, ob er den Tag überleben würde. Arnhild nahm ihren Sohn vorsichtig auf den Arm und brachte ihn zusammen mit Sonnwinn in ihr Haus. Dort legte sie ihn sanft auf sein Bett. Während Sonnwinn neben dem Bett stand, hatte sich Arnhild neben Saro auf die Bettkannte gelegt. Saro zitterte trotz der Felle, die Arnhild auf ihn gelegt hatte. Auch `´Schnell Wie Der Wind´´ hatte sich neben Saro auf das Fell gelegt. Normalerweise durfte der Hund dies nicht, doch Arnhild machte heute eine Ausnahme. Es klopfte an der Tür, Heilrun kam herein. Wie geht es ihm? Arnhild sah sie besorgt an. Er ist ganz heiß und zittert, ich weiß nicht. Heilrun war zu Saros Bett gegangen und legte ihre Hand auf seine Stirn. Er hat Temperatur, sein Körper arbeitet gegen die Verletzung. Ich hoffe, dass die Kamillentinktur das Bluten seiner Wunde stoppt. Dann müssen wir weitersehen, ob die Wunde auch wieder verheilt. Lege ihm feuchte Tücher auf die Stirn, getränkt mit kaltem Brunnenwasser. Ich komme heute Abend noch einmal vorbei, um den Verband zu wechseln. Am Abend kam Heilrun wieder, um nach Saro zu schauen. Wie geht es unserem kleinen Wolfsbezwinger? Sie lächelte vorsichtig. Arnhild war immer noch sehr besorgt. Er zittert immer noch, es hat sich nicht verbessert. Heilrun ging zu Saros Bett und sah sich vorsichtig den Verband an. Blut war deutlich zu sehen. Wir müssen ihn zu mir nach Hause bringen, ich muss noch einmal den Verband wechseln." Der Behandlungsort in Heilruns Haus war immer noch so, wie er am Morgen gewesen war, nur mit neuen Fellen als Unterlage. Vorsichtig legte Sonnwinn seinen Sohn auf die Felle. Mit sehr viel Geduld entfernte Heilrun den Verband von Saros Bein. Es hatte weiter geblutet, und sie machte sich große Sorgen. Sie reinigte die Wunde noch einmal und verband das Bein erneut. Die kommende Nacht wurde lang für Arnhild und Sonnwinn. Abwechselnd wachten sie am Bett ihres Sohnes. Die Geschwister von Saro kümmerten sich derweil um die anderen Aufgaben im Haus.

    Drei Tage später öffnete Arnhild die kleine Tür, hinter der halbhohen Holzwand, neben Saros Bett, durch die die Hühner ins Haus und wieder hinausgelangten. Saro sah seine Mutter mit verschlafenem Blick an und jammerte: Ooch Mama, es ist kalt draußen. Saro zog sich das Fell bis über beide Ohren. Es klopfte an der Tür. Als Arnhild öffnete kam Heilrun herein und fragte, na, wie geht es unserem kleinen Patienten denn heute Morgen? Arnhild sah nicht mehr ganz so besorgt aus. Es geht ihm schon etwas besser, das Fieber ist weiter zurückgegangen. Heilrun ging zu Saros Bett und setzte sich an den Rand. Sie hob vorsichtig das Fell über seinem Bein hoch. Saro hatte das Fell weiterhin bis über beide Ohren hochgezogen. Na, mal sehen wie der Verband aussieht. Sehr gut, kein Blut mehr zu sehen. Trotzdem werden wir heute Abend noch einmal einen neuen Verband machen. Saro schüttelte heftig mit dem Kopf, denn der Wechsel des Verbandes war ziemlich schmerzhaft. Heilrun zog sein Fell etwas herunter, damit sie sein Gesicht sehen konnte und ein verstrubbelter Jungenkopf guckte unter dem Fell hervor. Sie blickte ihn ernst an. Oh doch, junger Mann, wer morgens früh auf Hirschjagd gehen kann und sich dabei noch von einem Wolf fangen lässt, der muss da durch. Saro verzog sein Gesicht und meinte: Das ist gemein, der war aber auch verflixt schnell und dann die blöde Wurzel da im Boden! Heilrun sah ihn unbeeindruckt an und antwortete: Keine Ausreden, was man sich einbrockt, muss man auch auslöffeln! Saro verschwand wieder unter seinem Fell und murmelte: Gemein, gemein, gemein! Heilrun deckte das Bein wieder zu und stand auf. Er muss heute etwas Kräftiges essen und kurz vor Sonnenuntergang bringt ihr ihn wieder zu mir. Dann mache ich einen neuen Verband. Es sieht ganz gut aus. Sie lächelte Arnhild zu, die daraufhin tief durchatmete. Als sie durch die Tür ging schlüpfte Runa hindurch und schlich zu Saro. Sie schubste ihn an. Wie geht es dir, kannst du bald wieder aufstehen? Saro steckte seinen Kopf wieder unter seinem Fell hervor. Oh Runa, wie geht es dir, gab es großen Ärger? Ein bisschen, ging aber noch. Sie haben sich mehr Sorgen um dich gemacht, ihr Gesicht war etwas zerknirscht. Ich möchte ja gerne wieder aufstehen, meinte Saro, aber es geht noch nicht. Tut es sehr weh, fragte Runa ihren Freund. Sie verzog ihr Gesicht, als würde es ihr selbst wehtun. Schon, sagte Saro mit ernstem Blick, aber es geht. Nur gut, dass dir nichts passiert ist! Dann lächelte er seine Freundin an. Runa lächelte verschmitzt zurück. Am Abend desselben Tages brachten Sonnwinn und Arnhild Saro wieder zu Heilrun. Es war bereits dunkel und die Fackeln, die die Wege zwischen den Häusern beleuchteten waren angezündet. Diesmal stand auch Runa am Tisch, als Heilrun den Verband wechselte. Immer wenn Saro vor Schmerz zischte, stöhnte, oder quiekte, machte sie dieselben Töne. Die Wunde sah schon bedeutend besser aus, und erste Heilungsanzeichen waren sichtbar. Die Kräuter scheinen zu helfen, erklärte sie Arnhild, wenn es so weiter geht, hat er wirklich viel Glück gehabt. Normalerweise überlebt man solch eine Verletzung nicht. Es war nicht nur Glück, erwiderte Arnhild, du hast mit Odins Hilfe ein Wunder vollbracht.

    ~KAPITEL II~

    Arnhild, Sonnwinn, Saro, seine Geschwister saßen am Tisch neben der Feuerstelle ihres Hauses und aßen. Vier Monate waren vergangen und die Sonne ging gerade auf. Der Hund lag neben Saros Füßen. So, heute sind einige Aufgaben zu erledigen, erläuterte Arnhild ihren Töchtern, Brunhilde und Frauke, ihr werdet die drei Kühe melken und sie nachher mit Stroh abreiben. Sie verdrehten ihre Augen, Danach muss unsere Kleidung gewaschen und am Feuer aufgehängt werden. Och Mutter, warum denn ich schon wieder, beschwerte sich Brunhilde, die zwölf-jährige, etwas dickliche Schwester von Saro, mit einem Po langen geflochtenen Zopf aus leuchtend blondem Haar, Frauke kann es auch mal machen. Du willst doch nur nicht mit deinen fetten Fingern ins kalte Wasser am Bach, erwiderte Frauke, die vierzehnzehn-jährige Schwester von Saro, die ihre mittelblonden Haare geflochten hochgesteckt trug. Plötzlich krachte die Faust von Sonnwinn auf den Tisch, so dass alle Gefäße einen Satz machten und scheppernd wieder auf ihrem Platz landeten. Schluss jetzt, brüllte er, ihr habt eure Mutter gehört. Also kein Gezeter, jeder hat seine Aufgabe!

    Frauke und Brunhilde verschränkten die Arme vor dem Bauch und blickten finster drein. Nach dem Frühstück humpelte Saro, mit Hilfe zweier Gehhilfen aus Holz, die sein Vater für ihn angefertigt hatte, zurück zu seinem Bett. Was hältst du davon heute mit aufs Feld zu kommen, fragte Sonnwinn seinen Sohn. Ja klar, erwiderte Saro mit enttäuschter Miene, mit den beiden krummen Stöcken? Damit mich alle angucken können?! Nein, ich dachte eher auf Schnauf, lächelte Sonnwinn, dann brauchst du gar nicht laufen. Schnauf war der große Bulle der Familie, mit hell braunem und kuscheligem Fell. Er wurde auch beim Ackerbestellen genutzt. Oh ja, das ist eine großartige Idee!" Ein Lächeln machte sich auf Saros Gesicht breit. Saro ritt furchtbar gerne auf Schnauf, obwohl es seine Mutter nicht gerne sah. Schnauf war ein richtig großer und kräftiger Bulle, der gerne auch mal Reißaus nahm.

    Als Sonnwinn am frühen Vormittag das Haus verließ, die Sonne stand über dem Horizont, hatte er Saro auf dem Arm und setzte ihn auf den Rücken des Bullen. Kurz darauf ging Sonnwinn, Schnauf an einem Seil haltend mit Saro auf seinem Rücken durch Elven in Richtung Feld. Der Hund lief mit ihnen. Überall spielten kleinere Kinder neben dem Weg und sahen begeistert zu Saro, der auf dem Rücken des Bullen reiten durfte. Einige liefen neben ihm her. Ein wenig später erreichten sie das Feld. Hier stand der Pflug, den Sonnwinn an Schnauf befestigte. Neben seinem Feld lagen die Felder der anderen Familien. Während Sonnwinn Schnauf über das Feld führte und den Boden pflügte, lief und hüpfte der Hund um Sie herum, da er zu Saro auf Schnaufs Rücken wollte. Es war ein angenehmer Februarvormittag mit milden Temperaturen. Die Aussaat der Gerste stand kurz bevor, so musste das Feld bald fertig gepflügt sein. Nach der mittäglichen Pause ging es weiter. Kurz vor Sonnenuntergang kamen Sie zurück am Haus an. Sonnwinn half Saro von Schnaufs Rücken herunter. Er sah die Blicke der Nachbarn, die ihn schmerzlich trafen. Als es dunkel war, traf er sich in der kleinen Taverne noch mit den Männern der anderen Familien zu einem Horn Honigbier.

    Einige Wochen später saß Sonnwinn wieder mit den Männern im Haus von Baldwin zusammen. Sie saßen um die Feuerstelle herum. Er trank nun meist so lange, bis er kaum noch laufen konnte. So bekam er die Sprüche der anderen Männer über Saro dem vom Wolf gebissenen nicht mehr mit. Spät in der Nacht schwankte und strauchelte Sonnwinn zurück zum Haus, wo Arnhild auf ihn wartete. Arnhild öffnete die Tür, nachdem er den Türöffner nicht finden konnte und so ziemlich laut an der Tür gepoltert hatte. Ach nein, meinte Arnhild enttäuscht, nicht schon wieder. Wie soll das nur weiter gehen? Sie versuchte ihn irgendwie zu stützen, damit er nicht auch noch auf den Boden stürzte. Die Kinder waren vom Krach wach geworden. Sonnwinn stammelte und lallte irgendetwas Unverständliches vor sich hin. Mit viel Mühe schaffte sie es ihn aufs Bett zu bringen.

    Am nächsten Morgen gab es wieder einmal Streit beim Frühstück. So kann das nicht weiter gehen, schrie Arnhild ihren, immer noch betrunkenen Mann an, du bist ja nicht mehr du selbst! Dann schlug sie mit der flachten Hand auf den Tisch. Ach was weißt du schon Weib?! Lass mich in Ruhe, brüllte Sonnwinn zurück. Er schwang seinen Arm über den Tisch, sodass sein Teller mit samt dem Essen über den Tisch flog und bei Frauke im Schoß, auf dem neuen Kleid landete. Sein Krug landete kurz vor der Nase des Hundes, der sich schon in die hinterste Ecke des Raums zurückgezogen hatte. Vor Schreck sprang er winselnd auf und versteckte sich bei Saro. Ich weiß es ist nicht nett, versuchte Arnhild mit ruhigeren Worten zu erklären, was einige der Männer über uns erzählen, aber das kann dir doch egal sein, du weißt doch, dass es nicht so ist. Sonnwinn sah sie mit verkatertem Blick an, Wenn sie es über mich erzählen würden, wäre es nicht schlimm, aber sie ziehen über Saro her, der überhaupt nichts dafür kann."

    Arnhild hatte sich mit beiden Händen, neben ihrem Mann auf den Tisch gestützt, Ich werde mit Heilrun und Folkward sprechen, als Stammesführer soll er doch mal ein Machtwort sprechen. Sonnwinn sah vor sich auf den Tisch, mach doch was du willst Weib, mach dich lächerlich! Danach sprang er auf und verließ das Haus, die Tür knallte zu. Brunhilde und Frauke standen auf, beide weinten.

    ~Kapitel III~

    Saro humpelte aus dem Haus. Es war ein schöner Tag Anfang Mai. Er pfiff auf zwei Fingern, kurz darauf kam auch Runa aus ihrem Haus. Beide schlichen in den Wald. Die Temperatur war frühlingshaft. Kurz darauf saßen sie in ihrem Versteck. Es war aus Weidenruten gebaut, die unterschiedlich lang waren. So sah es aus wie ein halbes Ei, das mit der flachen Seite auf dem Boden lag. Da beide Seiten der Weidenruten im Boden steckten, waren sie angewachsen und bekamen jeden Frühling frische Blätter. Runa hatte die vielen Äste der Weidenrute miteinander verwebt, so war das Versteck sehr stabil geworden. Ich kann nicht lange bleiben, flüsterte Runa, als sie nebeneinander saßen, ich muss zurück sein, bevor meine Mutter mitbekommt, dass ich nicht mehr da bin. Was ist denn los bei euch?. Saro sah sie an und ließ seinen Kopf hängen. Du hast es doch sicher schon mitbekommen, was die anderen Männer der Sippe so über mich sagen, oder? Ja, meinte Runa, aber das ist doch nur dummes Gerede und Aberglaube. Da brauchst du doch nichts darauf zu geben. Tue ich auch nicht, erwiderte Saro, doch meinem Vater scheint es weitaus mehr zu bedeuten, wenn die Männer über mich reden. Zudem fangen auch die anderen Jungs in Elven an über mich zu reden. Runa warf ein, Meine Mutter hat gesagt, dass es nicht stimmt, und sie muss es doch wissen. Runa hockte neben Saro und sah ihn von der Seite aus an. Er blickte stur auf den Boden. Hast du gehört, was ich gesagt habe? Es stimmt nicht, dass du bei Skuld in Ungnade gefallen bist. Dir haftet kein Unglück an. Das mag ja sein, meinte Saro, doch mein Vater glaubt eben auch an Skuld, die eine Norne war und somit über mein Schicksal entschieden hat. Runa schüttelte den Kopf, ihre blonden, etwas struppigen, langen Haare wehten herum. Ich muss jetzt wieder zurück, meine Eltern wollen heute noch nach Süden zur Siedlung des Adalbert. Ich soll seinen Sohn Eberhard, kennenlernen. Runa stand auf, schaute noch einmal zu Saro und lief dann nach Hause. In der Abenddämmerung humpelte Saro zurück nach Elven. Seit ein paar Tagen konnte er wieder ohne seine Gehilfen gehen, langsam und humpelnd, aber er konnte. Als er ins Haus kam, stand Arnhild neben der Feuerstelle und rührte in einem Kessel. Mutter, warum soll Runa Eberhard kennenlernen, wollte er wissen, haben wir nicht ständig Streit mit Adalberts Stamm um die Felder und den Bach im Süden? Genau deswegen, Folkward möchte Frieden schließen zwischen uns und Adalberts Stamm. Wenn Runa Eberhards Frau wird, dann könnte es gelingen unsere Stämme zu versöhnen, meinte sie, nachdem sie den Löffel im Topf stehen gelassen hatte und ihren Sohn mit hochgezogenen Augenbrauen ansah. Wie Eberhards Frau, die Frau für dieses Ekelpaket Eberhard? Der ist ja sogar älter als vierzehn und hat schon einen Bart. Das kann Folkward doch nicht wirklich wollen? erschrocken sah Saro seine Mutter an. Wenn es um das Wohl des Stammes geht, dann kann er, versuchte Arnhild ihrem Sohn zu erklären, ich weiß du und Runa, ihr mögt euch sehr gerne, doch wenn es um das Wohl aller geht, dann können wir nichts dagegen machen. Saro ging mit nach hinten zu den Kühen. Wütend und enttäuscht begann er das alte Stroh zu sammeln und hinter das Haus zu bringen. Draußen brummelte er vor sich hin. Das kann Folkward doch nicht tun? Sie soll doch meine Frau werden und nicht die Frau dieses Ekels Eberhard!! Mit voller Wucht trat er gegen einen Holzeimer, der unschuldig in der Nähe stand. Der Eimer fiel um und drehte sich noch eine Weile um seine eigene Achse. Trotz der Dunkelheit und des heftigen Regens konnte er sehen, dass Heilrun nicht mit zu Adalberts Stamm gegangen war. Langsam lief er durch den Regen, über den sehr matschigen Weg zu ihr hinüber. Als er die Tür geöffnet und Heilrun ihn gesehen hatte, wusste sie genau, worum es ging. Ich weiß warum du gekommen bist, sagte Heilrun mit sanfter Stimme, während sie im Lichtschein der Feuerstelle saß und Wolle spann, Runa hat dir davon erzählt, nicht wahr? Ja hat sie und ich verstehe es nicht, erwiderte Saro mit verzweifelter Stimme, Runa und ich gehören doch zusammen! Ich weiß doch, fuhr Heilrun fort, aber du bist mit deinen dreizehn Jahren noch zu jung zum Heiraten. Eberhard ist eine gute Partie, er ist der Sohn des Stammesoberhaupts Adalbert. Zudem können wir so Frieden zwischen unserenStämmen schließen. Ach, vergiss doch den Frieden, oder liegt es eher daran, dass ich bei Skuld in Ungnade gefallen bin, wollte Saro nun wissen. Ihm standen die Tränen in den Augen. Nein, das ist doch Unsinn, versuchte Heilrun ihn zu beruhigen, daran liegt es nicht. Es ist einzig und allein, das, was ich dir gesagt habe. Saro konnte und wollte es nicht akzeptieren. Das ist so gemein, was sagt denn Runa dazu? Sie wird tun, was ihr Vater sagt und Eberhard heiraten, sagte Heilrun, während sie sich wieder zu ihrem Webstuhl drehte. Saro hätte am liebsten so laut es ging geschrien, doch er ging durch die Tür und warf sie so stark zu, dass es laut krachte.

    Drei Tage später, das erste sanfte Tageslicht schien durch das Geäst der kleinen Bude aus Weidenästen, die Saro und Runa gebaut hatten. Es war wieder einmal früh am Morgen und der Bodennebel hatte sich auch in das Versteck der beiden gelegt. Runa und Saro saßen sich gegenüber. Wir sind erst gestern Abend zuhause angekommen, meinte sie, während sie Saro mit traurigem Blick ansah, war das eine blöde Reise. Mir tun voll die Füße weh. Und gefällt er dir? Saro sah auf den Boden und kratzte mit einem kleinen Stock in der Erde.

    Du meinst Eberhard? Saro stöhnte genervt, nein Fraukes neuestes Lieblingsferkel… Er kratzte weiter in der Erde. Nun sei doch nicht so gemein, Runa warf ihm einen kleinen Stock an den Kopf, ich habe mir dieses zu groß geratene Baby nicht ausgesucht. Und er schwitzt immer so, voll ekelig. Und warum willst du ihn dann heiraten, hakte Saro nach. Will ich ja gar nicht. Vater will es aber so! Sie ließ den Kopf hängen. Dann musst du dich dagegen wehren, brummte Saro. Gegen den Willen meines Vaters, gegen den Willen des Stammeshäuptlings? Da schlägt er mich eher tot, als dass er sein Wort gegenüber Adalbert bricht! Tränen liefen ihr über die Wangen und tropften auf den Boden. Wir müssen doch etwas tun können, ich werde es nicht akzeptieren! Saro schlug mit seiner Faust auf den Waldboden. Runa rutschte näher an ihn heran, nahm Saros Hände in ihre und sah ihn traurig an. Dann küsste sie ihn auf seine Lippen. Wir können nichts dagegen tun, es ist mein Schicksal. Du musst dir ein neues Mädchen suchen, es gibt doch so viele in Elven. Saro sah sie mit großen Augen an, ich will aber kein neues Mädchen, ich möchte mit dir zusammen sein! Ich weiß, ich doch auch mit dir, so wie immer schon. Aber es geht nicht. Sobald ich eine Frau bin, werde ich Eberhard heiraten. Und das wird nicht mehr so lange dauern. Plötzlich warf Saro den Stock auf den Boden und stand auf, wofür er immer etwas länger brauchte, da sie auf dem Boden saßen und sein Bein immer noch nicht richtig mitmachen wollte. Dann schaute er noch einmal zu Runa und humpelt in gebückter Haltung aus dem Versteck. Runa folgte ihm, denn auch sie musste wieder zuhause sein, bevor der Rest der Familie wach wurde. Er kletterte vorsichtig durch die kleine Hühnertür zurück ins Haus. Er passte noch so eben da hindurch. Natürlich wusste Arnhild, dass Saro weg gewesen war. Folkward hatte Runas Ausflug zum Glück nicht mitbekommen, Heilrun schon.

    Als Sonnwinn am nächsten Morgen bereits zum Feld gegangen war, waren nur Arnhild und Saro noch im Haus. Arnhild legte ihre Hand auf Saros Schulter. Saro mein Schatz, ihr dürft euch nicht mehr im Wald treffen. Wenn Folkward mitbekommt, dass Runa sich morgens früh mit dir im Wald trifft, steckt ihr beide in großen Schwierigkeiten, Saro verschränkte seine Arme. Das ist uns egal, meinte er trotzig, soll er es doch erfahren. Wir können uns ja nur noch so früh morgens im Wald sehen, alles andere hat Folkward ja schon verboten!

    Arnhild nahm ihren verzweifelt dreinschauenden Sohn nun in ihre Arme. Glaub mir Saro, ich kann euch wirklich verstehen, aber es wird zu gefährlich für Runa sich mit dir zu treffen. Sie wird bald Eberhard heiraten, sehr bald. Bitte höre auf mich, wenn du sie wirklich lieb hast, musst du sie vergessen.

    Es war bereits Spätsommer geworden, Saro und Runa hatten sich doch immer wieder im Wald getroffen, so auch an diesem Tag. Es war wieder einmal früh am Morgen, als die beiden in ihrer Bude saßen. Es geht nicht mehr, es ist wirklich zu riskant. Mein Vater ist nicht dumm, er weiß es bestimmt, flüsterte Runa leise. Vielleicht sollten wir uns ein anderes Versteck suchen, meinte Saro, ich habe da eine kleine Höhle gefunden, nicht weit weg von hier, aber schwer zu erreichen. Da würde uns dein Vater ganz bestimmt nicht finden. Sie hatten sich gerade aneinander gekuschelt, da es so früh am Morgen recht kühl war, als plötzlich die Äste der Bude weggerissen wurden. Durch die Öffnung am vorderen Ende der Bude steckte Folkward seinen hocherröteten Kopf in die Bude. Das habe ich mir doch gedacht, dass ihr beiden euch hier draußen immer noch trefft! Wie oft habe ich es dir gesagt Runa, wie oft?! Nach dem ersten Schreck versuchten Runa und Saro nach hinten aus der Bude zu flüchten, doch dort stand Berengar. Sie sahen sich erschrocken und panisch an. Saro konnte noch durch eine Delle im Boden unter dem Geäst hindurchkriechen und flüchten. Runa wollte hinter ihm her, doch Folkward erwischte sie am Sprunggelenk. Mit einem groben Ruck zog er sie quer durch die Äste der Bude. So du kleine Kröte, jetzt ist Schluss mit dem Blödsinn! Mit einem weiteren heftigen Ruck zog er sie nun durch den Dreck zu sich hin und hob sie an ihrem Sprunggelenk hoch, so dass sie vor ihm baumelte. Sie zappelte wie wild, vielleicht schaffte sie es doch noch zu entkommen. Doch es war zwecklos, Folkward hatte sie fest im Griff. Er packte sie mit der anderen Hand am Arm und ließ ihr Sprunggelenk los, was zur Folge hatte, dass sie mit den Füßen auf den Boden fiel. So schleifte Folkward sie hinter sich her. Lass mich los, schrie Runa, aua, du tust mir weh! Ich will nicht mit zur Siedlung! Folkward blieb stehen, er sah sie erzürnt an. Dann schüttelte er Runa und brüllte sie an. Halt jetzt den Mund, es reicht! Du kommst mit nach Hause! Deine Mutter hat mir erzählt, was vor zwei Tagen geschehen ist! Dann zog er sie weiter hinter sich her. Sie stolperte mehrere Male und baumelte so eher an Folkwards Hand als dass sie lief. Trotz der misslichen Lage versuchte Runa weiter auf ihren Vater einzureden. Lass mich los, ich will nicht mit, ich will auch nicht zu Eberhardt! Plötzlich blieb Folkward stehen, zog Runa an sich heran und schlug ihr zwei Mal mit der flachen Hand ins Gesicht. Runa schrie kurz auf vor Schmerz. Du hältst jetzt den Mund und kommst mit!! Folkward kochte vor Wut. Runa rann Blut aus dem Mundwinkel. Tränen liefen ihr über die Wangen. Im Haus schlug Folkward einen dicken Pfahl in den Boden, nicht weit weg von der Feuerstelle.Bind sie da fest, damit sie nicht wieder verschwinden kann! Wie befohlen band Heilrun Runa mit einem Seil aus Hanffasern an den Pfosten. Runa weinte immer noch. Heilrun schaute besorgt zu ihrer Tochter. Auch die Geschwister, die ihrer Mutter im Haus halfen, sahen geschockt zu ihrer Schwester. Nur Kunna sah mit Argwohn herüber. Sie war die zweitälteste, nach Runa.

    Draußen auf dem Feld, etwa zur gleichen Zeit arbeitete Arnhild im Feld, sie und ihre Töchter entfernten Unkraut. Saro stand daneben. Saros Brüder halfen dem Vater am Haus.

    Wir müssen doch etwas tun können, meinte Saro zu seiner Mutter, ich habe gesehen wie Folkward sie geschlagen hat. Wir können gar nichts tun. Runa ist nun eine Frau. Heilrun hat mir erzählt, dass Adalbert und Eberhard sie in zwei Tagen abholen werden!"

    Saro sah seine Mutter verzweifelt an, das kann nicht sein, vielleicht hast du dich verhört!

    Doch, dass kann sein, erwiderte Arnhild bestimmend, es ist so wie ich es dir gesagt habe! Dann zog sie Saro zu sich und umarmte ihn. Was ist denn mit Irmina, die ist doch eine sehr liebe junge Frau? Saro schüttelte sich frei und stieß seine Mutter zurück, sodass sie fast zu Boden gefallen wäre. Mutter, du weißt genau wie ich dazu stehe, lass mich in Ruhe mit den anderen Frauen! Er drehte sich um und lief weg, in Richtung der Lichtung.

    Es wurde ein Thing einberufen, eine Zusammenkunft des Stammes. Es gab einige Themen zu besprechen, auch die Ankunft von Adalbert und Eberhard. Es sollte ein großes Fest geben und das musste organisiert werden. Es war nicht erlaubt das Thing zu stören, doch Saro stürzte zwischen die Männer, die in einem Kreis um Folkward herumsaßen. Folkward, der gerade das Recht zur Rede hatte und deshalb stand, verstummte. Das kannst du nicht machen, schrie ihn Saro an, Runa gehört zu mir, bald können wir heiraten! Er war ziemlich erschöpft und konnte kaum reden. Der humpelnde Schritt war sehr anstrengend. Alle Thingmitglieder waren verstummt. Es war unter schwerer Strafe verboten, das Thing zu stören, oder gar zu unterbrechen. Folkward sah Saro streng an. Du wirst jetzt sofort das Thing verlassen, du weißt welche Strafe auf deiner Störung steht, oder?! Die Adern an Folkwards Schläfen waren geschwollen. Doch Saro stemmte beide Hände auf seine Hüften. Ich lass mich nicht von dir abwimmeln! Dann nahm er einen Krug Honigbier, der auf einem kleinen Tisch neben Folkward stand und warf ihn auf Folkwards Füße. Ein kaum sichtbares Licht erleuchtete Saros Innenhand. Das Bier tropfte von Folkwards Schuhen. Jetzt ist aber Schluss mit deinem törichten Kindergeschwätz!! Sonnwinn, bring deinen verrückten Sohn sofort hier weg, sonst werde ich es tun und das willst du sicher nicht!! Es gab ein Gemurmel unter den anderen Thingmitgliedern. Folkward hatte einen hoch erröteten Kopf. Sonnwinn packte Saro am Arm und zerrte ihn von der Lichtung. Als sie weit genug entfernt waren, blieb Sonnwinn stehen. Bist du nicht mehr ganz bei Trost? Du kannst nur hoffen, dass Folkward Milde walten lässt! Was ist nur in dich gefahren?! Runa ist versprochen, sie wird in zwei Tagen abgeholt, Folkward und Heilrun haben es so entschieden! Du kannst nichts mehr daran ändern! Du wirst die nächsten Tage im Haus verbringen und hoffen, dass Folkward gnädig sein wird! Saro kam gar nicht mehr zu Wort, da Sonnwinn ihn an seinem Zopf hielt und es viel zu wehtat. Zurück im Haus fesselte Sonnwinn Saro an einen der dicken Hauspfosten. So kam er gerade noch zu seinem Bett und zum Tisch. Nur wenn er sein kleines, oder großes Geschäft verrichten musste, band ihn Arnhild los und begleitete ihn. Wenn es nicht regnete konnte er Runa weinen hören. Er versuchte sich irgendwie aus den Handfesseln heraus zu winden, doch es war zwecklos.

    Der zweite Tag des Things ging zu Ende. Alles war vorbereitet für das Willkommensfest für Adalbert und Eberhard. Nur Sonnwinn und Folkward standen noch auf der Lichtung. Sonnwinn, du musst deinen Sohn zur Vernunft bringen, meinte Folkward besorgt, wir können uns morgen keinen Zwischenfall erlauben. Es ist die einzige Chance auf Frieden mit Adalbert und seinem Stamm. Hast du das verstanden?! Er wird morgen nicht mehr da sein, ich werde mit ihm in den Norden zu Arialds Stamm gehen. Dort wird er bleiben. Es wird also keinen Zwischenfall geben. Gut, ich verlasse mich darauf und verzichte auf eine größere Strafe. Ich denke die anderen werden Saros Situation verstehen.

    Früh am nächsten Morgen, es war noch dunkel und die Feuerstelle im Haus strahlte nur noch eine leichte Restwärme ab. Die Glut war dunkelorange. Sonnwinn war schon einige Zeit auf und hatte bereits ein kleines Frühstück zu sich genommen sowie Verpflegung für sich und Saro eingepackt. Auch Arnhild war wach und hatte alles vorbereitet. Nun weckte sie Saro. Komm mein Junge, wach werden, dein Vater wartet schon auf dich und du willst doch nicht, dass er wieder zornig wird.

    Lass mich, ich will nicht mit ihm gehen!

    Du stehst jetzt sofort auf, ansonsten gehst du in Schlafkleidung, murmelte Sonnwinn. Langsam, auffällig langsam, quälte sich Saro aus seinem Bett. Nach einem kurzen Frühstück nahm Arnhild ihren Sohn noch einmal in die Arme und gab ihm einen Kuss auf die Stirn.

    Mach es gut mein Sohn und ärgere deinen Vater nicht. Wir sehen uns in einer Woche.

    Dann gingen Sonnwinn und Saro los. Es regnete wieder, dunkle Wolken hingen am Himmel Elvens. Saro sah zu Runas Haus hinüber. Seine Hände waren immer noch gefesselt. Sonnwinn zog seinen humpelnden Sohn hinter sich her. Mehr stolpernd als laufend folgte Saro seinem Vater.

    Als es fast Mittag war, blies Erkmar, in sein Horn. Er hatte die Vorhut von Adalberts Reisetross entdeckt. Nun liefen alle Mitglieder des Things zum Siedlungsrand, um Adalbert und seine Gefolgschaft zu begrüßen. Alle anderen säumten den Weg bis zum Hauptplatz von Elven. Folkward ritt den Besuchern auf seinem Pferd Kuno entgegen. Er hatte sich und das Pferd gepflegt und mit allem Pomp ausgestattet. Kurz nachdem er an der Vorhut vorbei stolziert war erreichte er den Wagen von Adalbert, der mit seiner Gemahlin und Eberhard gemeinsam auf Kissen, Decken und Fellen lag. Mein lieber Folkward, du hast dich ja herausgeputzt, man erkennt dich ja kaum wieder, bemerkte Adalbert etwas zu freundlich mit einem auffällig falschen Lächeln, das auch die Gesichter von Eberhard und seiner Mutter zierte.

    Mein lieber Adalbert, deine liebe Frau Adelheid besticht einmal mehr durch ihre unglaubliche Schönheit und dein Sohn durch seine edle Gesinnung. Während Folkward dies mit einer Mischung aus Unschuld und Ablehnung sagte, stopfte sich Eberhard ein Hühnerbein, triefend vor Fett in seinen Mund. Während Adalberts Wagen, gezogen von zwei riesigen Kaltblütern, wegen des schlechten Zustands des Weges hin und her geschaukelt wurde, verschüttete Adalbert hier und da etwas von seinem Honigbier, das nicht wirklich im Horn bleiben wollte. Lasst mich euch begleiten, meine Leute erwarten euch schon sehnlichst. Er wendete Kuno und ritt langsam neben dem Wagen her. In Elven angekommen jubelten die Menschen am Wegesrand und wedelten kräftig mit leuchtend bunten Stofftüchern. Erst vor Folkwards Haus blieben sie stehen. Heilrun und all ihre Kinder standen erwartungsvoll vor dem Haus. Sie hatten ein Festmahl für Adalbert und seine Familie zubereitet. Nach der Begrüßung gingen sie ins Haus. Als Eberhard an Kunna vorbei ging, rümpfte sie ihre Nase und drehte sich zu Elfriede. UHAH, meinte Kunna in die Richtung von Elfriede, Runa ist wirklich nicht zu beneiden, der stinkt ja wie der Schweinestall nach drei Tagen. Nee, da stinkt es nicht so schlimm, entgegnete Elfriede und steckte den Zeigefinger in ihren offenen Mund. Als Kunna kicherte, blieb Eberhard stehen und drehte sich zu ihr. Sie hatte wohl etwas zu laut geantwortet. Pass bloß auf, zischte Eberhard sie an, dass ich dich nicht zu euren Schweinen stecke! Aber ihr lebt ja eh schon wie die Schweine!

    Dann wurde er von seiner Mutter weiter geschubst. Elfriede rümpfte angeekelt die Nase. Und schüttelte sich.

    Arme Runa, meinte Elfriede mitleidig, der ist ja echt zum Kotzen! Wieso arm, sie hat es verdient! zickte Kunna zurück und verschränkte ihre Arme Bauch. Elfriede sah sie mit Unverständnis an. Dann gingen alle ins Haus und Arnhild schloss die Tür.

    Unterdessen wurde Saro von seinem Vater, irgendwo im Wald, immer noch hinter sich hergezogen. Sein Bein schmerzte. Geh mal etwas schneller, so kommen wir nie in der Siedlung von Ariald an! "Ich kann nicht mehr, mein

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