Wider das Vergessen: Persönliche Historie, Israel, Bezüge zu Günter Grass
Von Manfred Klose
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Über dieses E-Book
In einer heilen Welt leben, das wollte man auch in der Ursprungs-Heimat des Autors, in Oberschlesien. Wie seine Eltern, wollten die meisten Menschen dort nicht wissen, was um sie herum geschah. Man wusste nichts von einem KZ Auschwitz. Man wollte darüber auch gar nichts wissen. Damit war aber der Boden gegeben für den Holocaust und der Tötung von Millionen Andersdenkenden, insbesondere von Juden. -
Vor der Ausreise aus der DDR folgte der Autor einer Einladung dort lebender Sportfreunde. Und zusammen mit der 12-jährigen Tochter besuchte er dann auch dieses KZ-Lager, sich der Problematik bewusst, sie möglicherweise damit zu konfrontieren.
Juden, auserwähltes Volk, gelobtes Land, Auszug der Israeli aus Ägypten waren Themen, für die sich der Autor schon in der Jugendzeit interessierte, bedingt zum Teil auch durch seine christliche Erziehung. Das waren auch die Themen der Antrittsvorlesung Schillers an der Jenaer Universität, die auch Studienstätte des Autors war. Schiller wurde danach ebenso kritisch bewertet wie Günter Grass nach der Veröffentlichung seines epischen Gedichts "Was gesagt werden muss". Dieses Gedicht war nach Ansicht des Autors primär dem Gedenken der Millionen in Auschwitz umgebrachten Juden gewidmet, damit mahnend, dass die Regierenden in Israel nicht aus einer falsch verstandenen priesterlichen Funktion heraus, die Bemühungen ihres eigenen friedvollen Volkes untergraben.
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Buchvorschau
Wider das Vergessen - Manfred Klose
Erholsame Läufe
Ein langer Winter ist endlich vorüber. Die letzten Wochen und Tage heuer, im Frühjahr 2012, waren grau in grau, wenig animierend für ausgedehnte Wanderungen oder für meine geliebten regelmäßigen Läufe durch die herrlichen heimischen Wälder.
Die meisten meiner sportlichen Aktivitäten in den letzten 15 Jahren beschränkten sich darauf. Es war fast zur Regel geworden, dass ich mich zum Ausklang der Arbeitswoche, an den Freitagnachmittagen mit Arbeitskollegen benachbarter Institute am Ausgangstor meiner Dienststelle, dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), zu 3-stündigem Laufen traf. Schon vor Laufbeginn freuten wir uns über das sich anschließende Pizza-Essen. Es war kurz zuvor bestellt und natürlich immer pünktlich und frisch gebacken geliefert worden. Für den ausgezeichneten Pizza-Bäcker von nebenan mittlerweile ein eingefahrenes Ritual.
Diese Aktivitäten, ganz gleich, ob in der Gruppe mit Kollegen, mit anderen Sportkameraden oder auch allein, sie waren zu etwas ganz Normalem geworden, zu etwas, was nicht mehr wegzudenken war. Es war etwas, was der Körper brauchte, was ich brauchte, um fit zu sein. Die anstehenden Tagesaufgaben, die oftmals mehr als 12- stündige Arbeiten im Labor oder am Computer in Anspruch nahmen, hätte ich ohne eine derartige mentale Stärkung, die Stress abbaute und Geist wie Körper für Neues frei machte, wohl kaum bewältigen können. Wie oft hatte ich von Menschen unterschiedlichster Prägung gehört, sie seien beruflich derart eingespannt, dass sie keine Zeit hätten, weder für das Working noch für das Joggen. Etwa dreimal in der Woche, eine halbe bis eine Stunde wäre da völlig unmöglich. Sie merkten aber dabei oft nicht, dass sie eine wesentlich längere Zeit für Telefonate mit dem Handy oder vor dem Fernseher verbrachten.
Mir ging es ähnlich wie vielen anderen, denen ich in diesen Jahren bei längeren Läufen, oft Marathonläufen, begegnete. Und ich erinnere mich noch genau an die Gespräche, die ich dabei führte. So unter anderem vor und während des Freiburg-Marathons mit einem an der dortigen Universität praktizierenden Mediziner oder später in Long Beach mit einem deutschen Physiker-Kollegen, der als Professor an der Harvard-Universität tätig war. Ihn begegnete ich bei meinem mor-gendlichen Laufen entlang der Uferpromenade von Long Beach nahe L.A.. Und wie ich war auch er, der seine Sporen in Deutschland verdient hatte, Teilnehmer der hier stattfindenden Konferenz über Laserforschung und neue elektronische Bauelemente. Er war Konferenz-Chair und keiner der Tagungsteilnehmer hätte geglaubt, dass dieser Mensch, der immer außerordentlich engagiert und frisch wirkte, trotz des frühen Tagungsbeginns - acht Uhr morgens - schon mehr als 10 km in seinen Knochen hatte.
Ich war von diesen Läufen auch deshalb vor allem angetan, weil sie mir besonders geeignet schienen, etwa einen Vortrag vor solch einer Konferenz Revue passieren zu lassen oder auch schwierige Sachverhalte frei von täglichen Anspannungen mit dem erforderlichen Abstand zu verstehen und zu bewerten. So oder so ähnlich war es auch, als ich mich entschied, einer Bitte meiner Bekannten und Kollegen, meist waren es die aus meinem unmittelbaren Arbeitsumfeld im Stuttgarter Institut, nachzukommen, autobiografisch und gewissermaßen retrospektiv über mich, mein Leben und das meiner Familie, über unmittelbar in der ehemaligen DDR Erlebtes, zu berichten. Und das geschah dann auch mit dem Schreiben und Veröffentlichen „Von Mauern geprägt - eine nicht ausschließliche 40 Jahres-Retro-spektive" [1].
Der heutige April-Tag war ein besonders sonniger Tag. Nichts erinnerte an die Tage zuvor. Auf der Waldstrecke, die ich standardgemäß bei meinen Läufen passierte, hatte sich in den letzten Wochen ein Wandel vollzogen. Die erhöhten Temperaturen und die erhöhte Luftfeuchtigkeit hatten einen regelrechten Wildwuchs hervorgerufen. Der kleine Parkplatz auf halber Laufstrecke nahe dem von vielen Stuttgartern äußerst beliebten Dachswald im Stuttgarter Süden war jetzt von übermäßig wuchernden Hartriegel-, Esche- und Spitzahorn- Sträuchern überdeckt. Der vormals relativ breite Laufweg wurde dadurch stark eingeengt, war nun ganz anders als noch vor sechs Wochen. Das Vogelgezwitscher und das Balzen von Amseln, was zuvor fehlte, begleiteten mich jetzt. Und ich fragte mich, bin ich denn hier überhaupt richtig?
Am heutigen Tag beginnt meine Vorbereitung für den diesjährigen Köln-Marathon, wo ich im Marathon-Team des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt starte. Wie die Jahre zuvor, habe ich auch dieses Mal über den Sportbeauftragen der Verwaltungszentrale in Köln den Aufenthalt meines Stuttgarter Laufteams in der Sportkaserne im Militärflughafen Köln-Porz organisiert. Zu diesem Bundeswehr-Standort, besaß das DLR gute Verbindungen, denn viele Arbeiten, vor allem in der Laserforschung und Laseranwendung, wurden vom Bundeverteidigungsministerium (BmVg) finanziert.
Denkanstöße: Afghanistan und DIRCM
Unsere Ankunft und unseren Aufenthalt hatte ich schon wie einige Male zuvor im Standort Köln-Porz dem dortigen Wachpersonal rechtzeitig mitgeteilt. Am Eingangstor begrüßt man uns, die wir mit zwei Autos ankommen, als wären wir Führungskräfte dieser Einheit. Ein für uns mehr als ungewohntes Bild mit streng blickenden, salutierenden Soldaten, die uns mit knappen Handbewegungen den Weg weisen.
Die parkähnlichen Anlagen dieser Einrichtung bilden recht gute Voraussetzungen für unsere lockeren Trainingsläufe im Vorfeld des anstehenden Kölner Marathon-Spektakels. Ein kleines Restaurant gibt es hier auch und die Bäckerei, zwar schon außerhalb der Einheit, ist aber immerhin doch noch schnell zu erreichen. Es war Usus: Wer von uns nicht die Brötchen besorgt, ist für das Kaffekochen in der kleinen Küche des von uns bewohnten Blocks zuständig. Alles ist wohl aufgeteilt und von einer Art Teamgeist bestimmt.
Unsere Anwesenheit hier ist