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Der Jugendherbergszivi
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eBook275 Seiten3 Stunden

Der Jugendherbergszivi

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Über dieses E-Book

Stu Arnold und Frank Lemmerz sind bereits seit eh und je beste Freunde. Als sich die Schulzeit dem Ende nähert und sie sich zwischen Bundeswehr oder Zivildienst entscheiden müssen, beschließen sie den Weg des geringsten Übels einzuschlagen. Als "Jugendherbergszivi" wollen sie das eine Jahr, welches sie für Vater Staat ableisten müssen, in der Jugendherberge verbringen.
Dort treffen sie auf die schrägen Herbergseltern Schröder, die mit ihrer sehr eigenen Weltanschauung die Herberge seit Jahrzehnten leiten. Sie kollidieren mit dem nörgelnden Rezeptionisten Herrn Schwilgerer, und der andauernd kontrollierenden Küchenangestellten Frau Kuftel.
Zwischen den Festangestellten und weiteren Zivildienstleistenden kommt es tagsüber zu so manchem Machtkampf.
Nachts kommt es, zu vorgerückter Stunde, Dank der Schlosserausbildung eines Zivis und des nachgemachten Schlüssels für das Weinlager der Herberge, zu mancher exzessiven Feier.
Frank, der aus wohlbetuchtem Elternhaus kommt, fällt es zunächst schwer sich bei der Arbeit selbst die Hände schmutzig zu machen.
Stu versucht so viele Bekanntschaften wie möglich zu machen und gerät in einen Strudel aus Liebeskummer....
"Der Jugendherbergszivi" ist eine Hommage an den Zivildienst. Jede Situation ist 100% zum Fremdschämen und ein Angriff auf die Lachmuskeln.
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum15. Juni 2016
ISBN9783734518447
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    Buchvorschau

    Der Jugendherbergszivi - Jens Albrecht

    Kapitel 1 – Auf Jobsuche

    Es war eine laue Sommernacht an irgendeinem Wochenende gegen Ende der Schulzeit. Stu saß mit seinem besten Kumpel Frank in dessen Sportwagen. Es war ein für Franks Alter ziemlich überteuertes Cabriolet, aber da Frank von zuhause auch sonst ganz gut versorgt war, fiel das Auto nicht weiter ins Gewicht. Den Wagen hatte Frank von seinem Vater mehr oder weniger geschenkt bekommen. Für irgendwelche guten schulischen Leistungen, wie Frank behauptete. Für den Ford Mustang, den er eigentlich aus Amerika importiert haben wollte, hatte das Geld dann wohl doch nicht gereicht.

    Bei den Jungs in der Klasse hieß der Wagen „japanische Salatschüssel, die Mädchen nannten ihn „Loveboat, obwohl darin das, was der Namen vermuten lassen würde noch nicht einmal annähernd stattgefunden hatte.

    In jedem Fall wurde man von den Mädchen definitiv stärker beachtet, wenn man mit ihm zur Schule fuhr.

    Frank hatte auf einem Hügel geparkt am Rande der Stadt mit Ausblick auf das hellerleuchtete Häusermeer. Auf der Rückbank saß Sophie, eine gemeinsame Freundin von Stu und Frank. Sie war ein paar Klassen unter ihnen und beide hatten es auf sie abgesehen. Die Freunde parkten öfters hier oben. Man versorgte sich vorher mit Nahrung von der Tankstelle und saß dann stundenlang im Auto und diskutierte über irgendwelche Themen. Diesmal war das Leben nach der Schule an der Reihe.

    Stu und Frank hatten das Abitur schon fast hinter sich. Es standen nur noch die mündlichen Prüfungen an. Bevor es in die große Freiheit ging, sollte man noch ein Jahr für den Staat arbeiten.

    „Zumindest der männliche Teil von uns", sagte Stu mit einem Unterton in der Stimme zu Sophie. Stu hatte seine Skaterschuhe gegen das Armaturenbrett des Wagens gedrückt und aß Kartoffelchips. Er trug eine enge blaue Jeans und ein labbriges T-Shirt.

    Frank blickte zu Stu rüber.

    „Man kann sich dieses eine Jahr nach der Schule ganz schön verbauen, wenn man sich nicht rechtzeitig auf die Suche macht, sagte Frank und fuhr fort: „Bund oder irgend etwas zum Absitzen zugewiesen zu bekommen wäre die schlechteste Variante. Wie findet man den perfekten Zivildienstjob?

    Frank fuhr sich mit dem Handgelenk über die Nase, da er auf irgend etwas allergisch war. Er hatte sein Hemd nur halb zugeknöpft und drehte sich ständig zu Sophie um, damit er Augenkontakt mit ihr beim Sprechen hatte.

    „Hey! Wir müssen schließlich die Kinder gebären", erwiderte Sophie jetzt entrüstet auf Stus vorhergehende Bemerkung. Sie saß mit ihrem blond gelocktem, schulterlangem Haar auf der Rückbank. Sie trug ein enges Top und einem mittelkurzen Rock, den sie immer wieder mit den Händen bedächtig nach unten zog. Da sie leicht fror, hatte sie Stus Sweatshirtjacke bekommen, die nun weit von ihren Schultern herunter hing. Sie hatte sehr viel Parfüm an sich, welches man noch gut bis auf die Vordersitze riechen konnte. Stu hoffte, dass seine Sweatshirtjacke späte noch nach Sophie riechen würde.

    „Es zwingt Euch ja keiner Kinder zu kriegen! sagte er. „Uns zur Bundeswehr zu gehen oder Zivildienst zu machen schon!

    Frank setzte sich wieder aufrecht hin, nachdem er in seinem Sitz herab gerutscht war. Er kaute unbewusst an seinen Fingernägeln und setzte seinen Denkerblick auf.

    Langsam begann Frank zu sprechen:

    „Es ist schonmal eine gute Entscheidung Zivildienst irgendwo zu machen und nicht zum Bund zu gehen und sich anschreien zu lassen. Also ich hab noch mal nachgedacht wegen dem Zivildienst… Stu unterbrach ihn: „Rate mal wo wir unseren Zivildienst machen werden?

    Mit triumphierend nickendem Kopf und verschmitzt glänzenden Augen zeigte Stu, dass er mal wieder einen seiner schrägen Einfälle präsentieren wollte.

    Wäre man jetzt in der Klasse, würde er warten und erst loslegen, wenn es sicher ist, dass ihn auch ja jeder beachtet.

    Frank schaute genervt und erinnerte schnell: „Ok, Du weißt, dass ich mir nicht die Finger mehr als nötig dreckig machen möchte. Und auch den Rücken möchte ich mir nicht vorzeitig ruinieren."

    Stu schaute ihn kurz an.

    „Ich weiß."

    Frank zählte weiter auf:

    „Und auch keinen Job an der Topfspüle im Krankenhaus!"

    „Kein Topfspüler!" versicherte Stu.

    In überheblicher Art und Weise sich einander mitzuteilen war eins der wichtigsten Handfertigkeiten, die sie auf dem Weg zum Abitur in der Schule gelernt hatten.

    Wenn man mit fest im Sattel mit den Angesagten vornweg reiten wollte, musste jeder Auftritt wohl überlegt sein. Insbesondere, wenn Mädchen in der Nähe waren.

    Stu hatte lange gebraucht den Konflikt im Unterricht zu bewältigen. Da man nicht mit zuviel Wortmeldung als Streber dastehen wollte und man mit zu wenig Wortmeldung schlechte mündliche Noten bekam, musste man die Antworten erst umwandeln. Zum einem in eine etwas coolere Sprache, damit das nicht so oberklug klang, zum anderen mussten die Fachbegriffe, auf welche die Lehrer aus waren, in die Wortmeldung eingebaut sein.

    Wenn man es schaffte, beide Kriterien zu erfüllen, hatte man bei den Lehrern ausreichend gepunktet und hatte auch kein „Augenverdrehen" bei den Klassenkameraden ausgelöst.

    Stu hatte immer irgendeine Lösung gefunden, um die Geschehnisse in die richtige Richtung zu lenken.

    So auch diesmal.

    „Also es ist ein Ort voller Urlaubsfeeling und junger Mädchen." Er machte eine Pause, machte eine entschuldigende Handbewegung und sagte:

    „Nun ja, ein paar Jungs könnten auch dabei sein, aber das ist halt zwangsläufig so."

    Frank blickte Stu erwartungsvoll an.

    „Und?"

    „Und?" kam jetzt auch von Sophie.

    „Ja", sagte Stu.

    Frank schaute weiter genervt zu seinem Beifahrersitz rüber. Stu hatte seine Schuhe immer noch gegen das Armaturenbrett gedrückt. Er konnte anfangen, etwas zu erzählen und erst nach Stunden den eigentlichen Punkt finden. Wenn man Glück hatte, erinnerte man sich dann noch an das Ausgangsthema.

    „Wie meinst denn das jetzt?" fragte Frank noch einmal.

    Mit einem nochmaligen Blick auf Stus Skaterschuhe fügte er hinzu:

    „Und könntest Du bitte endlich mal Deine Drecksfüße von meinem schweineteuren Armaturenbrett nehmen?"

    Ohne der Aufforderung weiter Beachtung zu schenken, sagte Stu:

    „Also da stand heute unsre Nachbarin mit meiner Mutter draußen…"

    „Come on.." , unterbrach ihn Sophie, die eine lange Einleitung fürchtete.

    „Jetzt wartet halt mal, sagte Stu und fuhr fort: „Und da hab ich zufällig durch die erfahren, dass man in Jugendherbergen Zivildienst machen kann. Jetzt mal ohne Scheiß!

    Frank runzelte die Stirn.

    „Ne Jugendherberge, gibt’s so was bei uns überhaupt?" fragte er.

    Frank hatte eine Jugendherberge noch nie von innen gesehen, seine Eltern bezogen meist Hotels der Luxusklasse.

    „Hier auf dem Berg gibt’s eine", sagte Sophie. Stu nickte.

    Frank lachte vor Freude. Er klatschte sich auf die Knie und schaukelte auf seinem Sitz so sehr hin und her, dass der Wagen auf der Straße hin- und her wippte.

    „Was hältst Du davon, wenn wir da morgen mal vorbeifahren?" fragte Stu.

    Mit einem Hupen bekundete Frank, dass er mit der Idee einverstanden war.

    Am nächsten Mittag waren Stu und Frank alleine im Auto. Frank brauste besagten Berg hinauf. Er wurde hin und wieder von Lichthupen entgegenkommender Autos geblendet, da er die Kurven schnitt. Schließlich konnte er nicht mehr so schnell weiter fahren, da vor ihnen ein Bus fuhr. Der Bus wurde immer langsamer und stoppte.

    „Halt mal auch hier an, genau hier!"

    Stu zeigte auf die Stelle, an der der Bus gestoppt hatte.

    Frank riss das Steuer herum und stoppte mit der Handbremse. Das Auto kam mit einer Staubwolke auf dem Schotterparkplatz zu stehen.

    Aus dem Bus stiegen Mädchen einer Schulklasse aus. Der Fahrer war gekommen und öffnete die Türen für Gepäck. Währenddessen stieg der Rest der Klasse aus.

    „Wo wollen die denn hin?" fragte Frank.

    Stu verließ das Auto, Frank stieg ebenfalls aus.

    Vor den beiden lag der Eingang zu einer renovierten Burg, welche auf dieser Bergkuppe stand. Zur vorderen Seite mit Blick ins Tal, zur Rückseite umgeben von einem grünen Laubwald. Beide kannten diese Burg aus Kindertagen. Damals war sie jedoch verschlossen und mit „Betreten verboten. Eltern haften für ihre Kinder"-Schildern versehen gewesen. Jetzt strahlten ihre Mauern gesäubert und frisch verputzt.

    Die letzten zwei Jahre hatten hier umfangreich Umbau- und Renovierungsarbeiten stattgefunden. Schaute man den Weg zurück, sah man die Straße, welche sich serpentinenartig nach unten schlängelte.

    „Der Laden hier ist seit einem Jahr ne Jugendherberge", erklärte Stu.

    Frank sah ihn an.

    Stu streckte beide Hände in einer Art stummer Jubelhaltung in die Luft und zeigte auf die Schulklasse, die jetzt mit Gepäck Richtung Eingang ging:

    „Also wird das jetzt ne gute Zeit oder ne gute Zeit?"

    Frank lachte laut, bis sein Lachen durch einen Anfall von trockenem Husten gestoppt wurde.

    „Ja … Shit, ja, das wird ne gute Zeit, ne saugute", sagte er.

    Stu sog die gute Bergluft durch seine Nase ein.

    „Das Leben ist gut! stellte er fest. „Ich schau mal nach dem Namen der Herberge. Den Rest müssten wir im Internet finden, sagte er. Er blickte Frank an: „Natürlich müssen wir uns getrennt bewerben, damit es nicht aussieht, als wollten wir eine gemeinsames Partyjahr machen."

    Stu hob ermahnend den Finger. Frank tat das gleiche. Mit: „Ja, ja!" gab er ihm recht. Dann griff Frank in seine Hosentasche und suchte den Autoschlüssel. Er schaute auf seine Uhr:

    „Ja, Mann, lass machen, doch ich muss wieder los — heute Abend noch ein Essen mit meinen Eltern um halb acht."

    Als er Stu in der Stadt absetzte sagte er: „Ok, wegen der Bewerbung schauen wir morgen in der Schule. Wir müssen schnell machen, sonst bekommt das mit der Herberge noch ein anderer raus. Ich meine die wollen doch alle Zivildienst machen. Naja bis auf Alex. Wie heißt es doch gleich? Wir sind doch ne „Pazifisten-Generation oder „Null-Bock-Generation oder was weiß ich wie man uns nennt. Ich muss es packen. See you tomorrow!" winkte er ab.

    „Ja, man sieht sich". Stu hob die Hand und winkte kurz zum Abschied.

    Kapitel 2 – Das Vorstellungsgespräch

    Die nächsten Tage verflogen ohne bemerkt zu werden. Aus Tagen wurden Wochen. Die ganze Klassenstufe war in den Abiturstress geraten. Und so blieb die Jugendherberge außen vor. Während der sonst eher phlegmatisch angehauchte Frank in unerwartete

    Lern-Aktivität ausbrach, hatte bei Stu die ganze Abiturhysterie eher das Gegenteil zur Folge.

    War er doch die letzten Jahre konstant und konzentriert am Lernen gewesen, reduzierte er das Lernpensum jetzt, wo es darauf ankam erheblich.

    Er verfiel in jene Art des Grübelns, in welche wohl all diejenigen verfallen, welche über ihre Zukunft und denn Sinn des Leben nachdenken. Meist an einem Wendepunkt ihres Lebens.

    Das Leben, das sie nach dem durchstrukturierten, staatlichen Ausbildungsplan erwarten sollte, erschien Stu allzu wirr.

    In den letzten Tagen lief er immer öfter in den Pausen auf dem Schulhof umher und fragte jeden, der ihm in die Quere kam nach seinen Zukunftsplänen. Meistens kam eine Antwort wie:

    „Hm, weiß nicht, erst mal was studieren."

    Die zweithäufigste Antwort war:

    „Urlaub".

    Einige hatten eine blühende Fantasie und unrealistische Ideen für ihr eigenes Businessmodel. Und ein paar Mädels wollten nur Model werden, ohne „Business" dazu.

    Über den direkt anstehenden Dienst bei der Bundeswehr oder den Zivildienst wurde kaum geredet. Und so dauerte es sehr lange, bis Frank und Stu erfuhren, was die anderen an Zivijobs ans Land gezogen hatten.

    Frank, der mit seinem Notenrettungsprogramm für das mündliche Abitur beschäftigt war, hatte keine Zeit übrig über solche Dinge nachzudenken.

    Frank hatte jegliche Ausgehaktivitäten ersatzlos gestrichen. Und aufgrund dessen bekam Stu immer häufiger auf die Samstagsabendfrage: „Geht noch was?" die Antwort:

    „Hm, ich weiß nicht. — Was einem „Nein! gleichkam.

    Zwar könnte man meinem, ein junger 19jähriger, der ein Auto bereits vor dem Abitur in der Tasche hatte, würde sich zurücklehnen, doch nicht so bei Frank. Er wollte zuhause etwas vorzeigen können.

    Stu verließ die Schule zügigen Schrittes an diesem Mittag. Auf dem Weg nach Hause holte Frank Stu ein.

    „Sag mal, hast Du jetzt mal mehr rausbekommen über diese Herberge?", wollte er wissen.

    Stu schaute ihn an und sagte:

    „Also ich war im Internet und hab deren Kontakte und alles. Lass doch einfach mal grad anrufen!"

    Stu hielt Frank die ausgestreckte Hand entgegen. Mit dieser Geste wollte er Frank auffordern ihm sein Handy zu leihen.

    Frank winkte müde ab. „Nee lass später machen."

    Stu reagierte genervt: „Komm, sonst wird das nie was!"

    Stus Zeigefinger fing an sich schnell und fordernd zu bewegen.

    „Wo ist denn Dein Handy?" wollte Frank wissen.

    Ohne auf eine Antwort zu warten, seufzte Frank und kramte schließlich sein Mobiltelefon aus der Hosentasche und gab es Stu.

    Er wußte aus leidiger immer wiederkehrender Erfahrung, dass Widerstand keinen Zweck hatte. Stu würde nicht eher Ruhe geben, bis er seinen Willen hatte. Und gleich nachzugeben war meist um so viel erholsamer, als sich einen Diskussionsfight mit ihm zu liefern. Getreu dem Motto : „Der Klügere gibt nach."

    Stu war auch schon bereits beim Eingeben der Nummer. Überkonzentriert hielt er in der einen Hand das Handy, in der anderen Hand hielt er ein zerfaltetes Blatt Papier und tippte. Es war ein Ausdruck der Internetseite der Jugendherberge, wie Frank erkennen konnte.

    Es verging eine Ewigkeit, bis Stu statt dem Freizeichen eine Stimme hörte. Frank hatte sich gewundert, warum das Handy nicht schon längst die Verbindung von selbst gekappt hatte.

    „Ja, ja, hallo, hier ist Stu Arnold, ich wollte mich mal wegen einem Zivildienstjob erkundigen."

    Die Stimme am anderen Ende schien etwas gelangweilt und keinen erfreuten Eindruck zu machen. Mit einem nasalen hohen und undeutlichem Klangbild, gab sie immer von neuem die selbe Information preis.

    „Da müssen Sie zwischen 10:30 Uhr und 12:00 Uhr anrufen. Die Herbergseltern sind nur zwischen 10:30 Uhr und 12:00 Uhr erreichbar."

    Stu hielt den Hörer etwas weiter weg, blickte angewidert mit verzogenen Augenbrauen auf das Display und fuhr dann fort:

    „Oh, das ist schlecht, da haben wir, ähm also da habe ich Schule.

    Kann ich die Herbergseltern irgendwann anders erreichen?"

    „Sie müssen zwischen 10:30 Uhr und 12:00 Uhr anrufen", wiederholte die Stimme.

    „Am Nachmittag oder Abend gibt es gar keine Möglichkeit? Oder kann ich mal zu einem Vorstellungsgespräch direkt zu Ihnen kommen?" fragte Stu.

    „Nein, Sie müssen zwischen 10:30 Uhr und 12:00 Uhr anrufen", wiederholte die Stimme monoton.

    Stu verlor die Ruhe und sprach lauter und wiederholte seine Frage:

    „Oder kann ich einfach mal nachmittags vorbeikommen zu einem Vorstellungsgespräch?"

    „Ich kann Ihnen nicht sagen, wann die Herbergsleitung im Hause ist, informierte die Stimme. „Sie müssen zwischen 10:30 Uhr und 12:00 Uhr anrufen.

    „Gut, wie war ihr Name bitte noch einmal?" Stu schien zum Kampf zu rüsten.

    „Herr Schwilgerer, Haustechnik und Rezeption der Jugendherberge."

    Stu hatte die Stirn in Falten gerunzelt.

    „Gut, Herr Schwilgerer. Können Sie bitte den Herbergseltern eine Nachricht hinterlassen? Bitte sagen Sie, dass Stu Arnold angerufen hat und er diesen Nachmittag einmal vorbeischaut."

    „Besser ist es, wenn Sie zwischen 10:30 Uhr und 12:00 Uhr anrufen", beharrte die Stimme von Herrn Schwilgerer.

    Stu machte sich daran den Anruf zu beenden.

    „Ich danke Ihnen soweit. Stu drückte die „Auflegen-Taste, schüttelte den Kopf und gab Frank sein Handy zurück.

    „Scheint so, als hätten die da oben einen Sprung in der Schüssel", erklärte er.

    Frank zuckte nur mit den Schultern.

    „Was hältst Du davon wenn wir da heute Nachmittag beide gleich mal hochfahren?" fragte Stu.

    Er deutete auf sich und sagte: „Ich gehe als erster rein und stelle mich vor und sondiere die Lage. Jetzt drückte er Frank den Finger auf die Brust und sagte: „Du kommst eine halbe Stunde später rein und tust so, als wolltest du dich erstmal überhaupt erkundigen.

    Frank schaute in seinen Terminkalender. „Na schön. Ich hoffe da ist wer da heute."

    Soweit der Plan. Stu war nach Hause gegangen und hatte erst einmal etwas zu Mittag gegessen und dann seinen Kleiderschrank nach seriös aussehenden Klamotten durchsucht. Er hatte sich für ein schwarz gestreiftes Jacket entschieden. Den Rest wollte er casual lassen, damit er nicht zu overdressed aussah. Sein Auftritt sollte nicht aufgesetzt wirken und so trug er unter dem Jacket eine blaue Jeans und ein oranges

    T-Shirt. Er stand im Hausflur und wartete.

    Frank war noch nicht zur verabredeten Uhrzeit bei Stu aufgekreuzt. Stu hatte ihn jetzt mehrfach versucht auf dem Handy zu erreichen. Nach einer vollen Stunde Wartezeit, beschloss er den Bus zur Herberge zu nehmen.

    Mühsam quälte sich der alte städtische Bus die Bergkuppe herauf. Stu hatte sehr spät den Stop-Knopf gedrückt, da er sich nicht sicher war, welche Haltestelle er nehmen müsse.

    Der Busfahrer schaute in den Rückspiegel. Mit einem plötzlichen Ruck kam der Bus zum Stehen.

    Als sich die Türe öffnete, sprang Stu über die Stufen hinweg direkt nach draußen.

    Der weiße Kies knirschte unter seinen Sohlen, als er auf die Herberge zuging.

    Die jetzt schon tieferstehende Sonne warf ihre langen goldenen Strahlen auf den Hof.

    Zur einen Seite hatte man das Gebäude vor sich, zur anderen Seite die Reste der Burgmauer. Diese war jedoch nicht mit renoviert worden und bröckelte vor sich hin. Weiter hinten waren von ihr nur noch grasüberwachsene Ruinenreste sichtbar.

    An diese offene Stelle mündete der an eine wilde Wiese angebundene Wald an den Hof der Herberge.

    Das dicke saftig grüne Naturgras wuchs herüber. Das Grün des Waldes war etwas dunkler. Es ging ein leichter Wind. Es lag ein Duft von Sommer in der Luft.

    Als Stu sich umdrehte, sah er nur Berge und ein vom Dunst verschleiertes Tal.

    Die Dunstglocke hing schwer über der Stadt und trübte die Sicht.

    Die Eingangstüre der Herberge war eine original schwere alte Eichenholztüre. Rechts von der Tür an der Wand war ein weiß lackiertes, grün umrandetes Metallschild. Es war mit rostigen Schrauben angeschraubt. Es trug in der Mitte ein Logo der Jugendherbergen. Die über dem Wort „Herberge" abgebildete stilisierte Tanne hatte einen Kaugummi auf die Spitze geklebt bekommen.

    Stu griff nach dem massiven Messingtürgriff, um die Haupttüre zu öffnen.

    Als er ihn runterdrückte, sprang die Türe mit einem Knarren auf.

    Er trat ein.

    Es dauerte eine ganze Weile, bis sich seine Augen an die Dunkelheit im Inneren der Herberge gewohnt hatten.

    Der Fußboden bestand aus braunen Kacheln, die Wände waren in einem medizinischen Weiß gehalten. Geradeaus blickte man auf zwei Rollläden, wovon der eine geschlossen war, durch den offenen konnte man in die

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