Beziehungsglück tanken: Wie wir unser Paarsubstrat vermehren und schützen können
Von Frank Wecker und Sandra Puls
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Über dieses E-Book
Mittels eines umfangreichen Beziehungs-Fragebogens geht es zunächst um eine gründliche Bestandsaufnahme: In welchen Bereichen kann ich aus meiner Beziehung Zufriedenheit "tanken"? Dann werden meine persönlichen Voraussetzungen erkundet, diesen Vorrat zu verwalten. Was bringe ich an Beziehungskompetenzen mit? Wo brauche ich noch Hilfe? Alltagsbezogene Strategien können dazu beitragen, die Bilanz auch langfristig zu verbessern.
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Buchvorschau
Beziehungsglück tanken - Frank Wecker
I.
Einleitung
Wir nehmen Sie mit auf eine Reise ins Zentrum Ihrer Beziehung. Wir haben in diesem Buch dem ultimativen Gefäß, das Ihre gesamte Partnerschaft in allen seinen Facetten zeigt, die Gestalt eines Tanks gegeben. In diesem Beziehungstank sammelt sich alles, was Ihre Partnerschaft ausmacht. Auf unserem Weg werden wir Proben Ihres gemeinsamen Schatzes nehmen. Wir sehen uns den Inhalt und die Beschaffenheit Ihres Tanks an, analysieren sein Substrat und erkunden das Zusammenspiel aller Bedienelemente.
Doch Sie bleiben keineswegs ein passiver Beobachter: Wir schauen uns an, mit welcher (inneren) Ausstattung Sie sich der Pflege und Steuerung Ihres Tanks widmen können; wir erkunden also Ihr Beziehungs-ICH. In einem letzten Schritt geben wir Ihnen mit einem ganzen Werkzeugkoffer voll konkreter Strategien die Chance, an den vorher erkannten Schwachpunkten ein wenig nachzubessern.
Das Ziel heißt: Tanken Sie so viel Substrat wie möglich und verlieren Sie im Alltag möglichst wenig davon!
Wir leiten Sie wie ein Navigationssystem zu den Highlights und Aussichtspunkten Ihrer Partnerschaft. Auch wenn wir nichts über Ihre konkrete Beziehung wissen, haben wir dennoch eine Menge Ideen dazu. Wir bieten Ihnen eine Teamarbeit an: Sie liefern die inhaltlichen Informationen (Ausgangspunkt und Ziel), wir steuern die Methoden (die für Sie passenden Wegstrecken) bei, mit deren Hilfe Sie nicht nur einen facettenreichen Blick in die ganz individuelle Beschaffenheit Ihrer aktuellen Beziehung gewinnen, sondern sich in die gewünschte Richtung aufmachen können.
Unser Weg
Mit Hilfe eines ersten Fragebogens stellen wir Ihnen zunächst eine differenzierte Analyse der Quellen zur Verfügung, aus denen sich Ihr Beziehungstank speist. Mit Hilfe unseres Beziehungs-Struktur-Modells (BSM) können Sie auf 18 verschiedenen Dimensionen ein aussagekräftiges Profil Ihrer Beziehung zeichnen, mit allen ihren Vorzügen und Schwachstellen. Dabei werfen wir auch einen Blick auf die Entwicklungs-Phase, in der sich Ihre Beziehung gerade befindet.
Im zweiten Schritt verändern wir die Perspektive: Wir schauen auf Sie persönlich und erfassen die Voraussetzungen, die Sie mit bestimmten Erfahrungen, Überzeugungen und Kompetenzen in Ihre Beziehung einbringen. Mittels eines weiteren Fragebogens werden wir aufzeigen, wie Ihr Beziehungs-ICH in die Abläufe rund um Ihren Tank eingreift und warum Sie vielleicht bisher nicht das Ausmaß an Kontrolle über den Füllstand haben, den Sie sich wünschen würden.
In Bezug auf unser Tank-Modell werden also folgende Fragen beantwortet: Wie steuere ich aktuell mein Beziehungs-Substrat? Warum stoße ich dabei in einigen Bereichen eher an meine eigenen Grenzen als in anderen? Wo bin ich schon richtig gut und wo könnte ich noch zulegen?
Auf der Basis dieses Verstehens der eigenen Ausgangslage wenden wir uns im letzten Teil des Buches den praktischen Handlungs- und Veränderungsmöglichkeiten zu. Wir bieten Ihnen einen ganzen Strauß an potentiell hilfreichen Strategien an, die alle gemeinsam das Ziel haben, Ihren Einfluss auf die in Ihrer Beziehung erlebte Zufriedenheit zu vergrößern. Dabei wird es in erster Linie um das Handhaben von Gefühlszuständen, um Ihre Denk- und Bewertungsmuster und die Kommunikation in der Partnerschaft gehen.
Unser Ziel
Fassen wir zusammen: Wir wollen die Gestaltungsmöglichkeiten Ihrer – sorgfältig analysierten – Beziehung auf dem Hintergrund Ihrer Persönlichkeit betrachten und konkrete Möglichkeiten aufzeigen, ein möglichst hohes Zufriedenheitslevel zu erreichen. Wir wünschen uns, dass Sie mehr Kontrolle über den Füllstand Ihres Tanks bekommen, also Zu- und Abflüsse besser steuern lernen. Sie sollen sich in Ihrer Beziehung also möglichst so wohl fühlen, wie es die spezifische Konstellation der beteiligten Personen zulässt.
Wir werden Ihnen keine oberflächlichen Rezepte („man nehme…") aufschwatzen, die möglicherweise mit Ihnen als Person und mit Ihrer ganz besonderen Beziehung gar nichts zu tun haben. Die üblichen Empfehlungen für das Führen einer guten Beziehung passen nicht für alle. Die individuelle Zusammensetzung der beiden Partner, aus denen dann eine einzigartige Beziehung wird, kann sich nicht in allen Fällen an vorgegebenen Mustern orientieren. Wir wollen also ein auf Sie abgestimmtes Modell anbieten.
In der Zusammenschau ergibt sich daraus ein Gesamtbild, aus dem Sie Hinweise auf die relevanten Kernpunkte Ihrer Partnerschaft erhalten. Aus dem diffusen Gefühl: „Es knirscht an allen Ecken und Kanten, wird dann vielleicht ein: „Nur hier und da hakt es, ansonsten klappt es doch eigentlich ganz gut – und ich weiß auch schon, wie ich es noch besser machen könnte.
Bevor Sie uns vorwerfen, wir würden Wunder versprechen: Natürlich können wir mit unseren Ausführungen keine zerrütteten Beziehungen retten oder auf einen destruktiv handelnden Partner Einfluss nehmen. Unser Buch handelt von normalen Partnerschaften, in denen es Höhen und Tiefen gibt – natürlich können und wollen wir keine Paar-Beratung ersetzen.
Für wen ist dieses Buch gedacht?
• Sie sind neugierig und interessieren sich für Beziehungsthemen?
• Sie verstehen unter Liebesbeziehung eine auf Dauer angelegte Paarbeziehung, die eine gewisse Exklusivität gegenüber allen anderen sozialen Kontakten hat und haben soll?
• Sie haben Freude daran, über Ihre Beziehung und Ihre Rolle darin nachzudenken und zu reflektieren; alleine oder auch mit Ihrem Partner gemeinsam?
• Oder Sie erwischen sich häufiger bei Gefühlen von Unzufriedenheit und würden gerne etwas in Ihrer Beziehung ändern?
• Sie sind bereit, ein wenig Zeit und Mühe zu investieren, und trauen sich auch zu, sich mit den Schwachstellen Ihrer Beziehung zu konfrontieren?
Dann sind Sie bei uns genau richtig!
Allerdings möchten wir Sie an dieser Stelle auch ein wenig warnen. Nicht jeder braucht und verträgt einen ungeschminkten Blick auf sich und seine Beziehung. Manchmal wird dadurch etwas angestoßen, was bisher gut und sicher unter den Teppich gekehrt war. Vielleicht gibt es manchmal gute Gründe, es auch dort zu lassen. Sollten Sie während der Lektüre spüren, dass Ihnen die intensive Auseinandersetzung mit bestimmten Aspekten nicht guttut: Lassen Sie den Abschnitt aus oder legen Sie das Buch zur Seite. Wir hoffen allerdings, dass Sie neugierig und mutig genug sind, sich auf den Erkundungsweg zu machen.
Es geht dabei an keiner Stelle um die Jagd nach der Idealbeziehung oder um die Optimierung von Punktwerten. Sie können sich darauf verlassen, dass wir respektvoll mit allen Beziehungen umgehen, auch mit Partnerschaften, die vielleicht schon in die Jahre gekommen sind oder nicht den gängigen Klischees der perfekten Beziehung entsprechen.
Gleichzeitig wissen wir auch, dass jede Lebensgeschichte die Persönlichkeit formt, die man in eine Partnerschaft einbringt. Auch hier geht es uns um das wohlwollende Verstehen ganz normaler Erfahrungen und nicht um ein Diagnostizieren, Vergleichen oder Bewerten.
Was Sie noch wissen sollten
Wir wollen Ihnen ein selbst entwickeltes, in sich geschlossenes Gesamtsystem für die Anwendung auf Ihr konkretes Beziehungsleben anbieten. Unsere Überlegungen beruhen also nicht auf Forschungsergebnissen, unsere Fragebogen sind nicht nach wissenschaftlichen und statistischen Standards geprüft – wir wollen in einem eigens für diesen Zweck entwickelten Modell plausible Denkanstöße geben.
Wir zitieren in diesem Buch deshalb keine Experten, nehmen keinen direkten Bezug zu anderen Theorien und Publikationen. Das entspricht der Entstehungsgeschichte dieses Buches: Als Diplom-Psychologen im Berufsfeld von Beratung und Psychotherapie haben wir natürlich aus einem Fundus an Wissen und Erfahrung geschöpft. Auf dieser Basis ist dann – ohne direkten Rückgriff auf bestimmte Autoren oder Einzelwerke – ein anwendungsbezogenes Gesamtkonzept entstanden.
Wir werden in diesem Buch keine Aussagen darüber machen, wie glücklich bzw. wertvoll Ihre Beziehung ist. Das wäre vermessen und unverantwortlich: Das können nämlich nur Sie selbst beantworten – und zwar auf der Basis einer Vielfalt von Erfahrungen und persönlichen Bewertungsmaßstäben. Wenn wir – auf der Basis Ihrer Fragebogen-Ergebnisse – in diesem Text Fragen stellen, Vermutungen formulieren oder Anregungen geben, stellt dies keine psychologische Beurteilung oder fachliche Beratung dar. Sie sollten daher auf der Basis dieser Lektüre keine weitreichenden Entscheidungen fällen – selbst wenn Sie auf den ersten Blick enttäuscht von Ihrem Tanksystem sein sollten.
Genauso wenig wie Ihre Partnerschaft wollen wir Ihre Beziehungsfähigkeit beurteilen. Für uns ist erst mal jeder Mensch an Beziehungen zu anderen interessiert und auch darauf angewiesen, sich im Kontakt zu relevanten Mitmenschen zu spiegeln und sich so letztlich selbst zu erkennen und zu finden. Wir wollen und werden hier keine Schulnoten verteilen, wer das besser oder schlechter kann. Uns geht es um eine Perspektiverweiterung im Blick auf sich selbst als Beziehungsmensch und um die Erweiterung persönlicher Optionen.
Wir befassen uns in diesem Buch auch nicht mit den Auswirkungen bestimmter psychischer Störungen auf die Möglichkeiten und Grenzen, beglückende Beziehungen zu führen. Unsere Ausführungen beziehen sich auf normale Beziehungskonstellationen und können an keiner Stelle eine professionelle Hilfestellung durch Beratung bzw. Therapie ersetzen.
Natürlich würde sich Ihr persönlicher Erkenntnisgewinn noch dadurch steigern lassen, dass auch Ihr Partner sich dieser Thematik öffnet. Aus dem Gespräch über Gemeinsamkeiten und Unterschiede lassen sich mit Sicherheit viele spannende Fragen – und vielleicht sogar die ein oder andere Antwort ableiten. Es spricht aber nichts dagegen, alleine zu starten; nur ganz wenige Stellen des Buches setzen eine Mitarbeit des Partners voraus.
Es spricht einiges dafür, sich für die Beantwortung der Fragebogen (zunächst) einen geschützten Raum zu schaffen. Eine ungeschönte Selbsterkundung ist für Sie sicherlich interessanter und wertvollen als Ergebnisse, die durch eine Anpassung an die Hoffnungen oder Erwartungen des Partners zustande kommen. Entscheiden Sie einfach später, was Sie in welcher Form offen machen.
Um den – sowieso schon recht komplexen Text – nicht noch sprachlich zu verkomplizieren, haben wir uns nach reiflicher Überlegung (und mit leichten Bauchschmerzen) gegen jede Form des Genderns entschieden. Wir benutzen den Begriff Partner im gesamten Buch geschlechtsübergreifend, meinen also je nach Ihrer Situation einen männlichen oder weiblichen Partner. Natürlich schließen wir prinzipiell gleichgeschlechtliche oder nicht-binäre Partnerschaften in unsere Betrachtungen ein, haben aber dazu keine persönlichen Erfahrungen und keine speziellen Anregungen anzubieten.
Beziehungen sind zwar ein bedeutsames Thema, aber wir wollen es mit Ihnen in einer leichten, zuversichtlichen und zugewandten Art erkunden. Wir sprechen Sie deshalb immer wieder persönlich an und erlauben uns auch immer mal wieder eine humorvolle, ironisch-überspitzte Formulierung.
Unser Beispiel-Paar
Natürlich sind Sie selbst (und Ihre Beziehung) die Hauptperson in diesem Buch; wir werden alles tun, damit Sie sich mit Ihrer Individualität und Ihrer speziellen Beziehung in unseren Ausführungen wiederfinden. Wir wollen Sie aber trotzdem nicht ganz alleine lassen und schicken Ihnen ein (fiktives) Paar als Begleitung mit auf die Reise: Rainer, 52 Jahre (leitender Verwaltungsangestellter) und Tanja, 47 Jahre (Sozialpädagogin), die seit 19 Jahren kinderlos verheiratet sind.
Dieses Paar absolviert exemplarisch alle Stufen der Analyse und wir werden Ihnen die jeweiligen Auswertungsschritte und Interpretationsmöglichkeiten bei diesem Paar so erläutern, dass Sie diese problemlos auf Ihre persönliche Kon- stellation übertragen können.
Die Reihe „BeziehungsReich"
Dieses Buch ist der zweite Band unserer Reihe BeziehungsReich. Es kann völlig unabhängig von den beiden anderen Bänden gelesen, verstanden und genutzt werden.
Sollten Sie den ersten Band (Identität in Beziehung leben – Wer ich in meiner Partnerschaft sein und werden kann) gelesen haben, besteht schon eine vertiefte Vorstellung davon, was mit Ihrer ganz individuellen Identität in Ihrer Partnerschaft passiert (ist). Sie werden im Kapitel Beziehungs-ICH einige bekannte Aspekte wiederfinden, die hier aber unter einem ganz neuen Blickwinkel betrachtet werden. Dem – für den ersten Band zentralen – Begriff der Resonanz werden Sie an verschiedenen Stellen begegnen, ohne dass es dabei zu nennenswerten Überschneidungen kommt.
Wenn Sie sich speziell für Ihre Identität und deren Schicksal in Ihrer Partnerschaft interessieren, können wir Sie guten Gewissens auf Band I verweisen.
Auch der Band III (Beziehungsgrenzen neu denken – Nebenbeziehungen: nur Problem oder auch Lösung?) steht inhaltlich für sich alleine. Sie werden sich jedoch schnell vertraut fühlen, da Sie nicht nur unseren Schreibstil wiedererkennen werden. Auch unser Beispielpaar ist wieder mit dabei und führt Sie durch alle Selbsterkundungen und Übungen.
Damit Sie einen kleinen Eindruck von den Schwerpunkten dieser beiden anderen Bücher und Ihren Berührungspunkten mit diesem Buch bekommen, geben wir Ihnen an den entsprechenden Stellen kurze Hinweise.
Ergänzende Angebote im Web
Wir bieten Ihnen einen zusätzlichen Service im Netz: Sie finden dort nicht nur vorbereitete Listen bzw. Tabellen zum Download, sondern können alle Fragebogen-Tests direkt online durchführen und auswerten lassen (den Zugangscode finden Sie auf der letzten Seite dieses Buches). Auf Wunsch erhalten Sie sogar eine individuelle Interpretation aller Ihrer Ergebnisse in einer Zusammenschau.
Ein öffentliches Forum zu den Themen dieses Buches bietet die Möglichkeit zum Austausch mit uns und anderen Leser/innen. Natürlich können Sie uns Ihre Meinungen und Anregungen auch persönlich zumailen.
Für all das gibt es einen gemeinsamen Zugang: beziehungsreich-online.de.
Genug der Vorreden: Jetzt wartet die Erkundung Ihres BeziehungsReichs!
II.
Der Beziehungs-Tank
Das Tank-Modell wird uns durch das Buch begleiten. Wir werden also alle Erkenntnisse, Erklärungen und Vorschläge rund um Ihre Partnerschaft immer wieder in das Bild des Beziehungs-Tanks übertragen.
Natürlich kann eine solche – technisch und mechanisch anmutende – Analogie nicht die gesamte psychische und emotionale Komplexität menschlicher Beziehungen abbilden. Genau darin sehen wir aber den Vorteil: Gerade weil die von uns besprochenen Zusammenhänge in diesem Modell leicht zu erkennen und nachzuvollziehen sind, kann das Gefühl von Verständnis und Beeinflussbarkeit wachsen. Und das kann und soll dazu verhelfen, gezielter zu beobachten, konkreter zu reflektieren, leichter ins Gespräch zu kommen und Veränderungsschritte zuversichtlicher auszuprobieren.
In dieser Einführung werden Sie die grundsätzlichen Funktionen und Zusammenhänge rund um den Beziehungs-Tank kennenlernen. Die Feinheiten werden dann in den jeweiligen Kapiteln ausgeführt.
Der erste Blick in unsere Beziehungswelt führt also in einen Tank. In diesem hellen und freundlichen Behälter sammelt sich in unserem Bild all das, was Ihre Beziehung an positiven Erfahrungen, Erlebnissen und Gefühlen zu erzeugen vermag. Wir nennen diese Ansammlung Zufriedenheits-Substrat (oder Glücks-Substrat bzw. Paar-Substrat). Es füllt und nährt Ihr Beziehungserleben; solange der Beziehungstank gut gefüllt ist, geht es Ihnen in Ihrer Beziehung gut – weil Sie sich z.B. sicher geliebt, im Alltag unterstützt und in Gesprächen verstanden fühlen.
Auch wenn es vielleicht zunächst überrascht: Jeder Partner hat seinen eigenen Beziehungstank, denn es geht uns um den individuellen Blick auf die Beziehung. Zufriedenheit und Glück, aber auch Probleme und Belastungen, erlebt und bewertet erstmal jeder für sich alleine; daher kann es kein gemeinsames Tanksystem geben. Gerade deshalb ist später der Vergleich zwischen zwei Beziehungstanks so spannend.
Bei unserem Tank handelt es sich um ein komplexes Gebilde mit verschiedenen Funktionen, die sowohl für die kurzfristige als auch langfristige Konservierung von Beziehungsintensität sorgen. Auch unsere Grafik wird daher nach und nach differenzierter.
Aber woher kommt das Substrat?
Aus der Beziehung tanken
Ausgangspunkt ist die Vorstellung, dass wir in einer Beziehung eine Reihe von wesentlichen Erfahrungen machen, die unsere partnerschaftlichen Bedürfnisse mehr oder weniger stark erfüllen und uns in dieser Beziehung wohlfühlen lassen bzw. zufrieden machen. In einem Modell von sechs Faktoren und 18 Dimensionen beschreiben wir inhaltlich, woraus diese positive Erfahrung, also diese Beziehungsqualität, besteht und welche Bereiche unserer Beziehungsbedürfnisse Sie betreffen. Wir nennen dieses von uns entwickelte Konzept Beziehungs-Struktur-Modell (BSM). Es stellt also dar, woraus die Qualität Ihrer Beziehung besteht – und zwar aus der Perspektive Ihrer ganz persönlichen Wahrnehmung und Bewertung.
Wie auch immer genau dieser Mix zusammengesetzt ist – er liefert einen bestimmten Output, den wir uns als einen kontinuierlich fließenden Substrat-Strahl vorstellen. Dieser läuft in einer jeweils für diese Beziehung typischen Menge und Zusammensetzung in Ihren Beziehungs-Tank ein. Im Tank sammelt sich also Zufriedenheits-Substrat – einfach deshalb, weil Sie in einer Beziehung leben, die Ihre Bedürfnisse in einem bestimmten Umfang befriedigt. Sie tanken also kontinuierlich nach – weil Sie z.B. in Ihrer Beziehung die Nähe Ihres Partners genießen, mit ihm gemeinsame Interessen teilen oder sich von ihm gut versorgt fühlen. Je mehr Ihre Beziehung Ihren Bedürfnissen entspricht, desto mehr Substrat läuft in Ihren Tank.
Schauen wir uns die Zusammenhänge bis hierhin einmal im Alltagsleben unseres Beispielpaares Rainer und Tanja an; wir hatten die beiden am Ende unserer Einleitung schon kurz vorgestellt.
Rainer und Tanja führen eine langjährige Beziehung, in der zum Zeitpunkt der Betrachtung die einzelnen Qualitäts-Dimensionen einen spezifischen Beitrag zu dem kontinuierlich zufließenden Substrat leisten. Wie wir später im BSM sehen werden, werden Gesamtmenge und Verteilung von den beiden Partnern sehr unterschiedlich wahrgenommen.
In der Abbildung ist lediglich zu erkennen, dass sich der Pegelstand von Rainers Zufriedenheits-Substrat weiter oben im Tank befindet als bei seiner Frau. Bei ihm fließt auch kontinuierlich mehr Substrat ein als bei Tanja. Wir wissen also bereits, dass er seine Beziehung positiver beurteilt und mit ihr auch aktuell zufriedener ist als seine Partnerin.
Aus Situationen tanken
Aber eine Beziehung besteht nicht einfach nur aus dem Grundrauschen, das durch ihre bloße Existenz ausgelöst wird. Es gibt auch einzelne Situationen und Ereignisse, die relevant für das momentane Glücksgefühl sind. Das kann ein Candlelight-Dinner sein, vielleicht aber auch einfach eine zärtliche Geste beim Einräumen der Spülmaschine. Auch aus solchen Begebenheiten, die entweder aktiv gestaltet werden oder die ohne unser geplantes Zutun passieren, können wir Zufriedenheits-Substrat für unseren Tank gewinnen.
Es liegt nahe, sich diese Möglichkeit für ein gutes Tank-Management zu Nutze zu machen.
Warum wir Substrat verbrauchen
Wesentlich für unser Modell ist weiter der Umstand, dass Zufriedenheitssubstrat nicht dauerhaft in dem Tank verbleibt, sondern durch ein (steuerbares) Abfluss-System ausläuft. Während ein minimaler Durchfluss unvermeidbar ist – einfach, weil Beziehungsleben auch Energie benötigt, können besondere Umstände (also negative Situationen) den Abfluss deutlich beschleunigen und damit zu einer Abnahme des Beziehungs-Wohlbefindens führen.
Dies geschieht z.B. in Alltagssituation, die durch (emotionale) Distanz, durch kleinere oder größere Nervereien bzw. Konflikte gekennzeichnet sind. Hier sind wir oft an dem Entstehen solcher Situationen aktiv beteiligt. Oder man muss eine extern verursachte Belastung, z.B. eine von außen diktierte Trennungszeit, bewältigen, in der situativ nichts nachfließen kann, während man den anderen heftig vermisst.
Kommen wir zu den situativen Einflüssen von Rainers und Tanjas Substrat-Zufluss:
Die Weihnachtsfeiertage der beiden laden uns geradezu ein, die unterschiedlichen Funktionen ihrer Tanks zu erläutern.
Tanja ist ein absoluter Familienmensch. Sie zieht viel Zufriedenheit aus gemeinsam verbrachten Feierlichkeiten und Ereignissen. Rainer dagegen ist am liebsten mit Tanja allein. Er liebt es, seine Frau ganz für sich zu haben, und badet in ihrer Aufmerksamkeit für ihn.
Tanja hat zugestimmt, den ersten Feiertag bei ihrer Familie zu verbringen. Sie freut sich auf die familiäre Begegnung und das Wiedersehen mit ihrem kleinen Neffen. Ihr ist klar, dass Rainer nicht so vorbehaltlos in Begeisterung ausbricht, bei dem Gedanken an sechs Stunden Eingepfercht-Sein in das weihnachtliche Setting seiner Schwiegerfamilie. Zum Trost hat sie ihm seine Lieblingsnachspeise als Anteil zum Weihnachtsessen vorbereitet.
Tanja tankt an diesem Tag einen riesigen Schub an Substrat. Sie genießt die Zeit mit Rainer und ist stolz auf seine eloquente Erscheinung im Rahmen der Familie. Er hingegen tankt in dieser Situation nicht so viel Substrat, verliert sogar eine kleine Extra-Menge.
Wir sehen hier sowohl die ersten Beiträge, die ein Partner aktiv gestalten kann (Tanja bemüht sich um eine kleine süße Substratquelle für ihn), als auch unterschiedliche Bewertungen einer Situation, die die persönliche Zufluss-Bilanz einer Situation entscheidend bestimmen (s.u.).
Wie unsere Bewertungen den Tank steuern
Wie uns das Beispiel gezeigt hat, passieren Situationen nicht nur einfach; sie können auch aktiv herbeigeführt oder beeinflusst werden.
Situationen haben – wie wir bei unserem Paar sehen – keinen objektiven Substrat-Wert. Die Ausbeute des positiven Situations-Substrates für unseren Tank hängt von unserer ganz subjektiven Bewertung ab – denn was Ihnen eine zärtliche Geste von diesem Menschen bedeutet, können nur Sie entscheiden. Und nicht jeder Partner liebt den Hochzeitstag, den Heiligabend mit der Schwiegermutter oder den dreiwöchigen Urlaub mit der Familie ebenso wie der andere.
Egal, ob es sich dabei um externe Herausforderungen (wie Stress mit den Eltern) handelt oder diese – z.B. als Streit – zwischen mir und meinem Partner entstanden sind: Auch die Auswirkungen von negativen Ereignissen auf den Füllstand unseres Tanks ist abhängig von meinen Maßstäben, Erwartungen und Bewertungen. In beiden Fällen nehmen wir durch einen regulierbaren Regler Einfluss auf die durchfließende Substratmenge.
Wie wir Situationen gestalten und diese durch Bewertungen für unseren Tank nutzen, ist sicher nicht zufällig. Wir erkennen darin stabile Muster, die wir als Teil der Persönlichkeit betrachten und in diesem Buch unter dem Begriff Beziehungs-ICH zusammenfassen. Das eigens dazu angelegte Kapitel erläutert nicht nur die Besonderheiten von Rainer und Tanja, sondern zeigt Ihnen auch Ihre eigenen Muster.
Individuelle Erfahrungen, Haltungen und Eigenschaften, die wir aus unserer Biografie mit in eine Beziehung bringen, bestimmen also mit, wie wir mit dem Zufriedenheitssubstrat umgehen. Dieser Umgang kann eher schonend sein – oder eher ungünstig. Sie können eine Ungeschicklichkeit Ihres Partners großzügig übersehen oder sich stundenlang ärgern – für Ihren Substratverbrauch macht das einen großen Unterschied.
Der Abfluss von Rainer ist normalerweise eng gestellt;