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Der beziehungsfähige Mensch: Wie Sie mehr Glück und Liebe in Ihre Beziehungen bringen
Der beziehungsfähige Mensch: Wie Sie mehr Glück und Liebe in Ihre Beziehungen bringen
Der beziehungsfähige Mensch: Wie Sie mehr Glück und Liebe in Ihre Beziehungen bringen
eBook331 Seiten4 Stunden

Der beziehungsfähige Mensch: Wie Sie mehr Glück und Liebe in Ihre Beziehungen bringen

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Über dieses E-Book

Wir wollen lieben und geliebt werden. Viele Paare investieren daher viel in ihre Beziehungen, nicht nur in der Zeit des Kennenlernens. Trotz tiefgreifender Veränderungen in der Gestaltung von Paarbeziehungen sind auch heute in jedem Menschen Sehnsüchte nach wärmenden Partnerschaften und bedingungslosem Aufgehobenen wirksam. Partnerschaften können das Beste aus uns herausholen, aber uns auch sehr leicht dazu bringen, uns so merkwürdig zu verhalten, wie sonst nirgends.Dieser Ratgeber erklärt, warum glückliche Beziehungen kein Zufall sind. Er gibt Paaren Orientierung und Halt bei der Frage, wie sie ihre Beziehungsfähigkeit stärken, wie Konflikte in Beziehungen bewältigt und neue positive Gefühle erlebt werden können, wenn die Partner in echten Kontakt zu einander und zu sich selbst, und in Verbindung zu den tiefsten Gefühlen, Bedürfnissen und Wünschen des Anderen kommen. Dieses Buch zeigt was es heute bedeutet, in Partnerschaft zu sein, wenn Treue und Freiheit neu verhandelt werden oder wenn die Partner an emotionale Grenzen stoßen, und es vermittelt praktische Hilfen für die Bewältigung von Partnerschafts- und Beziehungsproblemen.Für all diejenigen, die starke Beziehungen wollen, die nicht nur für bestimmte Lebensphasen lebendig sind, sondern auch bleiben.
SpracheDeutsch
HerausgeberSpringer
Erscheinungsdatum30. Aug. 2021
ISBN9783662606964
Der beziehungsfähige Mensch: Wie Sie mehr Glück und Liebe in Ihre Beziehungen bringen

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    Buchvorschau

    Der beziehungsfähige Mensch - Angelika Braza

    © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2021

    A. BrazaDer beziehungsfähige Menschhttps://doi.org/10.1007/978-3-662-60696-4_1

    1. Einleitung – die Unfähigkeit zu lieben

    Angelika Braza¹  

    (1)

    Lochau, Österreich

    Eine glückliche Beziehung steht nicht von Anfang an fest und ist danach unzerstörbar. Vielmehr muss jeder Partner einiges investieren, um romantische und leidenschaftliche Gefühle, Zuneigung und emotionale Wärme auch über Jahre aufrechtzuerhalten. Trotz unserer tiefen Sehnsucht nach Liebe halten wir an mehr oder weniger erfolgreichen Kompromissen fest. Das Rezept für eine Partnerschaft auf Augenhöhe, innig, liebevoll, stärkend und mit Verständnis für den anderen ist nicht kompliziert. Es zu leben ist schwieriger. Das Geheimnis der Liebe zu entschlüsseln lohnt sich dennoch.

    Die meisten Menschen führen Paarbeziehungen. Man könnte daher erwarten, dass wir alle natürliche Beziehungsexperten sind. Aber es ist so ähnlich wie beim Kochen (oder Strudelbacken): Die durchschnittlichen Kochkünste reichen zwar für das tägliche Abendessen aus, aber sie machen uns nicht zu Daniel Humm oder Paul Bocuse. Ein guter Koch ist nur so gut, wie seine Zutaten, denn aus schlechten Zutaten kann man nichts Gutes machen. Gute Zutaten kann man kaufen, trotzdem werden wir nicht dadurch zum besten Koch. Das Denken über die eigene Liebe hinaus ist das zentrale Merkmal des reifen und verantwortungsbewussten Menschen. Es geht darum, sinnvolle Antworten zu finden auf Fragen wie: „Wie glücklich bin ich? Was habe ich getan, um aus dieser Liebe eine starke Partnerschaft zu machen? Welche Spuren will ich in meiner Welt hinterlassen?"

    Miteinander sprechen, sich für das Leben des anderen interessieren, Verletzungen verzeihen können und den anderen nicht als selbstverständlich nehmen – Was so einfach klingt, erfordert eine hohe Einsatzbereitschaft. Die aber lohnt sich, denn das Gefühl der Liebe ist das höchste Gut im Leben. Davon sind viele Menschen überzeugt. Das romantische Liebesideal hat noch nicht an Anziehungskraft verloren, aber die rosarote Brille haben Männer wie Frauen in ihr Brillenetui gelegt. Eine paradoxe Situation, die für so manche Enttäuschung in Liebesbeziehungen sorgt. Nach der Verliebtheit beginnt die Herausforderung, Sehnsüchte und Wunschvorstellungen treffen auf die Alltagsrealität. Das heißt: Nerven behalten, unrealistische Erwartungen abbauen und akzeptieren, dass der Partner doch der Fremde bleibt. In turbulenten Zeiten werden persönliche Grenzen sichtbar, die vorher noch gar nicht zu erkennen waren. Manchmal reichen die altvertrauten Handlungsmuster nicht mehr aus, um zu einer passenden Umgangsweise mit bestimmten Fragestellungen und Situationen zu gelangen. Die von vielen Menschen gestellte Frage „Was ist richtig, was ist falsch in meiner Beziehung?" lässt sich von Außenstehenden nur äußerst selten konkret und präzise beantworten. Angemessener wäre wohl eine Fragestellung, was im Hinblick auf Handlungsweisen, Verständigungen und Emotionen in ihrer Beziehung möglich ist.

    Dann macht es Sinn, diese Verhaltensweisen zu besprechen und zu bearbeiten. So beginnen Beziehungsgespräche. Emmi erzählt mit wachem Blick von ihrer ersten und bisher einzigen großen Liebe: Jakob. Sie haben sich über Instagram kennengelernt – er hat sie angeschrieben, sie hat ihn ignoriert. Beim zweiten Versuch hat Emmi nachgegeben und sich mit ihm getroffen, erstmal in Begleitung einer Freundin. Dem ersten Treffen folgten weitere. Und dann, erzählt sie, „hat er mich nach Hause gebracht und dann haben wir uns geküsst und dann waren wir, glaube ich, einfach zusammen. Also es gab keine Frage oder so, sondern es war dann halt einfach so." Aber was kommt morgen, was in einem Monat, in einem Jahr? Schwierige Frage. Selbst das Wetter können wir nur für wenige Tage vorhersagen. Umso überraschender: Verliebte sind in der Lage, verblüffend langfristige Prognosen für ihre Beziehung zu erstellen.

    In unserer Gesellschaft ist das Modell der seriellen Monogamie am gängigsten – also monogame Partnerschaften, die über einige Jahre geführt und dann wieder aufgelöst werden. Paare gehen auseinander und leben nach der Beziehung, wie vor der Beziehung.

    Und was spricht für die Liebe? Für eine dauerhafte Liebe?

    Kann man sagen, dass „früher" alles besser war? Sicher nicht. Lange Zeit in der Geschichte war das keine Frage: Liebe war Pflicht, oft sogar ein Zwang auf Lebenszeit. Das sollte Liebe sein? Man nannte es so. Wer hat die Macht, Menschen in einer solchen Verbindung festzuhalten? Doch ganz sicher hat sich in den letzten Jahrzehnten neben so vielem anderen auch unser Bild von Ehe und Partnerschaft verändert – und zwar in vieler Hinsicht zum Guten. Die Partnerschaft der Gegenwart bezieht ihren Wert aus der erfolgreichen Adaption historisch gesehen recht neuartiger Themen, nämlich der Schaffung einer intimen, emotionalen Basis zwischen Liebespartnern. Anders als in früheren Zeiten können moderne Menschen problemlos alleine leben. Für diese Lebensform spricht, dass sie viel Ärger erspart.

    Wir leben in einer hektischen Welt, in der die Menschen, die in Partnerschaften leben, von steigenden Ansprüchen an Flexibilität und Erreichbarkeitserwartungen bedroht werden. Unsere Beziehungen sind vollgestellt mit bloßem Schein von Intimität, flachen Facebook-Freundschaften, kurzen WhatsApp-Floskeln und seelenlosem Sex. In Paarbeziehungen ist immer weniger festgelegt und immer mehr kann oder muss verhandelt werden. Daraus erwachsen Möglichkeiten und Schwierigkeiten. Machtkämpfe sind an der Tagesordnung: Jeder glaubt sich berechtigt, seine Vorstellungen durchzusetzen, die Ansprüche an den Partner sind gestiegen, aber auch die Ansprüche an sich selbst. Und dann hat auch noch die „Wissenschaft festgestellt, dass Liebe ohnehin nur eine Sache von Hormonen und Genen ist. Das ist natürlich Unsinn. Liebe ist eines der wichtigsten Dinge im menschlichen Leben. Man überlässt so etwas nicht den Hormonen oder den Genen. Und man gibt sich nicht mit billigem Ersatz zufrieden. Obgleich viele Faktoren in einem komplexen Zusammenspiel für eine gelingende Paarbeziehung verantwortlich sind, zeigen uns viele Paare vor, dass die Beziehungsfähigkeit und gewisse bindungsrelevante „Fertigkeiten eine herausragende Rolle spielen. Es sind nicht die Ellenbogen, es ist der Gemeinsinn in der Partnerschaft, der uns zu beziehungsfähigen Partner macht. Das Leben besteht jedoch aus Gegensätzen, aus Polaritäten. Auf der einen Seite wollen wir frei und unabhängig sein, andererseits verspüren wir eine große Sehnsucht nach Gemeinsamkeit, Zugehörigkeit und Verbindung. Oder wir haben einerseits das Bedürfnis, dass jemand gut für uns sorgt und für uns da ist, andererseits wollen wir aber selbstständig sein und ganz auf eigenen Beinen stehen.

    Würde es unser Leben leichter machen, genau Bescheid zu wissen? Das Geheimnis der Liebe zu entschlüsseln? Unsere Beziehungen sind immer affektive Beziehungen, d. h. Gefühlsbeziehungen, leidenschaftliche Beziehungen, gefühlsbetonte Beziehungen. Gefühle wie Hass, Wut, Trauer bis hin zu Begierde, Freude oder Liebe, Emotionen wie Stimmungen werden mit unseren Lebenspartnern erlebt und durchlebt. Diese Beziehungen bestimmen einen großen Teil der Struktur unseres menschlichen, emotionalen Erlebens. Da bleibt uns wohl nur noch eines: unsere eigene Beziehungsfähigkeit zu entschlüsseln.

    Es bleibt also kompliziert. Liebe ist vielschichtig: Sie ist ein evolutionäres Belohnungssystem, damit wir uns fortpflanzen. Ein biochemischer Zustand, in dem die Hormone verrücktspielen. Ein Geisteszustand, der von gesellschaftlichen Normen geprägt ist. Wir können Liebe messen, beschreiben und deuten. Aber eigentlich können wir mit diesem Wissen nur einen Teil des Ganzen erklären: Nämlich, warum wir Menschen so viel Leidenschaftliches um dieses Gefühl machen. Liebe ist doch die schönste Krankheit der Welt. Wären da nicht die Symptome, die häufig gnadenlos kompliziert, tragisch und komisch zugleich sind. In immer neuen Anläufen müssen das gelebte Leben, Entworfenes, Verworfenes oder Erhofftes überdacht, um- und angepasst oder reformuliert werden.

    Eines Abends, als sie es sich auf der Couch gemütlich gemacht haben, fragt Jakob Emmi: „Wirst du bei mir bleiben und zu mir halten oder wirst du mich im Stich lassen? Kann ich mich auf Dich verlassen? Auch morgen noch? Ist das, was dich bei mir sein lässt, nur ein spontanes Gefühl oder etwas, das Dauer hat?" Wir blicken gespannt auf Emmi, die jetzt antworten soll.

    Die Frage bringt eine Handlungserwartung zum Ausdruck, die vom anderen bestätigt werden soll. Wir können dafür sorgen, dass diese Fähigkeiten für ein gelingendes Miteinander in Beziehungen mit Wohlbefinden, Lebenszufriedenheit und Lebenserfüllung beizeiten erworben werden und gelebt werden können.

    Es muss schon einiges passieren, bevor die Liebe zwischen Emmi und Jakob entscheidend nachlässt! Emmi wird die Beziehung infrage stellen, wenn sie merken würde, dass Jakob sich nicht mehr über ein Zusammensein freut, wenn er sie nicht mehr schätzt und achtet, wenn er nicht mehr offen und ehrlich zu ihr ist, wenn sie den Eindruck hat, dass sie nicht mehr wichtig für ihn ist, wenn er noch andere Personen lieben oder wenn er keine Verantwortung mehr für sie übernehmen würde. Entweder es findet eine innere Trennung statt oder Emmi löst die Beziehung auf, denn dies sind die „Essentials" ihrer Partnerliebe.

    Ein glückliches Paar. Das sagt man oft: Sie sind ein glückliches Paar. Auch auf Emmi und Jakob trifft das zu, aber was heißt das denn? Sie strahlen eine Zufriedenheit miteinander aus. Auch das ist ein Teil der Wahrheit über die Liebe. Sie macht uns einfach glücklich. Das ist ja das Geheimnis überhaupt aller gelingenden Beziehungen – denn Liebesbeziehungen machen am zufriedensten. Ein starkes Paar geht ihren Weg, unbeirrt davon, was die Leute sagen, und tut, was es für richtig hält. Starke Paare scheuen sich nicht, die Fähigkeiten, die sie haben, zu nutzen. Sie zögern auch nicht, Gelegenheiten zu ergreifen, wenn sie sich bieten. Sie tun Dinge, die sie sich selbst gar nicht zugetraut hätten – so als hätten sie keine Angst oder als sei diese plötzlich verschwunden.

    Vor einigen Jahren wurde ich von meiner Freundin gebeten, an ihrer Hochzeit etwas über die Liebe vorzutragen. Naiv ging ich auf die Suche, durchkämmte literarische und philosophische Texte, dachte, das wird doch kein Problem sein. In der Tat: Ich stieß auf hunderte von „Liebestexten", stellte aber erschreckend fest, dass die poetischsten Texte vor allem von persönlichem Unglück, von Schmerz, Trennung und Leid handelten. Also nichts für eine Hochzeit. Allerdings bleibt zu hoffen, dass das, was Karl Kraus (2020) über den Krieg gesagt hat, nicht auch für die Liebe gilt: „Alles was gestern war, wird man vergessen haben; was heute ist, nicht sehen; was morgen kommt, nicht fürchten."

    Immer wieder geht es in der Liebe um die Kraft der Beziehungsfähigkeit als Ausgangsbasis für Veränderungen und Wandel. Darum, die eigenen Kräfte zu mobilisieren, um seiner Sehnsucht zu folgen. Da muss ich zuerst in mich hinein hören, um diese Sehnsucht überhaupt einmal zu spüren. Natürlich ist es dann nicht ganz leicht, die Zwänge aufzubrechen und auszubrechen aus dem üblichen Muster der Beziehung. Da gibt es ja auch viele Ängste, die sich zu Wort melden. Der Dreh- und Angelpunkt einer Beziehung sind die Bedürfnisse. Jeder Mensch hat sie, und wenn sie erfüllt werden, geht es ihm gut – wenn nicht, dann nicht. Ganz einfach. Das Problem ist, dass es nicht immer leicht ist, herauszufinden, was die eigenen Bedürfnisse sind. Für das Beziehungsglück reicht das nicht. Bis heute stoßen Paare bei ihrer Lebensgestaltung auf strukturelle Barrieren, die sich mittlerweile als gläserne Decken tarnen, was ihrer gemeinsamen Zufriedenheit jedoch keinen Abbruch tut. Allein schon der Umstand, dass sich die Verbindung zwischen Partnerschaft und Elternschaft eben nicht von selbst versteht, sondern wohlüberlegt, entschieden und dann umgesetzt werden muss, konfrontiert Paare stets aufs Neue mit der Frage, was für ein Leben sie wie führen wollen.

    Wer sich einer Paartherapie und Familienberatung unterzieht, sucht nicht primär nach einer Erhellung der unveränderlichen Vergangenheit, sondern kommt zu uns, weil er an der Gegenwart leidet und die Zukunft besser machen möchte. Kaum eine Paarberatung wird ohne gemischte Gefühle begonnen: Angst vor den Einblicken in die Abgründe des eigenen Seelenlebens, Angst vor Manipulation und Kontrollverlust mischen sich mit der Hoffnung auf Besserung desolater Lebensumstände, neurotischer Verstrickungen und Heilung von Leiden, mit denen das Leben nicht mehr lebenswert erscheint. Doch dann steht der Mensch mit seinen Fragen im Zentrum des Interesses.

    Wann empfinden Sie gute und wann schlechte Gefühle? Wie regeln Sie Nähe und Distanz? Woran liegt es, dass es in der Beziehung knirscht? Und lohnt es sich, nach Kompromissen zu suchen? Bemerken Sie, wie Sie sich immer mehr aus ihren Beziehungen distanzieren und sich freiwillig oder unfreiwillig fernhalten? Stehen ihre Fragen im Zusammenhang mit unerwarteten Veränderungen ihrer Lebensumstände? Haben Sie Angst?

    Da saßen sie gemeinsam auf einer Bank. Mitten in der Stadt.

    Und sprachen kein Wort. Zuviel war schon geredet worden.

    Zu viele Worte gingen zwischen ihnen hin und her.

    Fast schon erschöpft wirkten sie.

    Sie wollten doch einfach glücklich miteinander sein. Einfach glücklich sein.

    Der Kummer setzte sich schwer zwischen sie.

    Da saßen sie gemeinsam auf der Bank. Schauten zu Boden.

    Erkannten ihr Leiden. Jeder für sich.

    Was war nur geschehen? Wie konnte es soweit kommen?

    Sie sprachen kein Wort. Verstummten. Blieben still.

    Und hatten Angst. Eine Angst vor dem Anderen.

    Und Angst vor sich selbst.

    © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2021

    A. BrazaDer beziehungsfähige Menschhttps://doi.org/10.1007/978-3-662-60696-4_2

    2. Liebe ohne Wenn und Aber

    Angelika Braza¹  

    (1)

    Lochau, Österreich

    Liebe ohne Wenn und Aber geht davon aus, dass das Paar den Wunsch hat, ein langes, glückliches Leben zu zweit zu haben. Eine gute Partnerschaft wird nicht nur Ihr Feingefühl für die verschiedensten Situationen Ihres Lebens wecken, sondern Ihnen auch konkrete Hilfe sein, vermeintliche Hindernisse zu bewältigen. Unter zunehmendem Alltagsdruck müssen wir täglich Entscheidungen treffen, Probleme lösen und Ideen für ein gemeinsames Leben entwickeln. Warum tragen Verliebte einen Rucksack voll Hoffnung und Sehnsucht mit sich herum? Und warum braucht die reife Liebe all das und noch mehr? Ob Beziehungen glücklich und harmonisch verlaufen oder in erduldeter Unzufriedenheit fortgesetzt werden, all das liegt in unserer Hand.

    Stellen Sie sich folgende Szene vor: Sie sind eingeladen auf der Hochzeitsfeier eines Bekannten. Kurz bevor das „Ja, ich will" ausgesprochen wird, melden Sie sich zu Wort und stellen eine Frage: Möchtest Du die Ehe als Lebensabschnitt eingehen – vielleicht für die nächsten sieben Jahre? Siehst Du Deine Braut als Lebensphasenpartnerin? Als kurzweilige Lebensumgestaltung in Form dieser Ehegemeinschaft oder eines Ehevertrag zwischen euch, bei welchem das Ende in einer einstweiligen Verfügung angeordnet wurde? Vereinfacht ausgesprochen: Wie lange hast Du vor, diese Ehe zu führen? Gesunder Menschenverstand ist manchmal ein flüchtiges Gut. Besonders wenn es um Eheversprechen geht, macht er sich gerne auf und davon.

    Wir wollen niemals auseinandergehen …, so begann ein beliebter Schlager in den 1960er-Jahren von Heidi Brühl. Und auch heute noch schwören sich Paare die „ewige Liebe. Kaum vorstellbar, dass die nun beginnende Ehe nicht einem lebenslangen Bündnis entspricht. Das die Liebe irgendwann zerbricht und kein gutes Ende nimmt. Das scheint eine Frage an das Brautpaar zu sein, die eher wenig Sympathien hervorruft und in Anbetracht des freudvollen Ereignisses und des lang vorbereiteten Hochzeitstages keiner netten Haltung gegenüber dem Hochzeitspaar entspricht; an diesem besonderen Tag, an dem das Paar dazu neigt, zu sagen: „Nur Du! und „Nur Dich!".

    Man kann es als Geschenk betrachten, das sich Paare gegenseitig machen: als Anerkennung und als Anreiz dafür, dass sie in Beziehung bleiben. Die meisten Paare stehen vor dem entscheidenden „Ja mit großer Zuversicht in die gemeinsame Zukunft. Gerade an diesem Tag bekommt die Liebe zwischen zwei Menschen etwas besonders Zauberhaftes, Märchenhaftes und Beschwingtes. Durch die Hochzeit wünschen sich viele Paare eine positive Verstärkung ihrer Beziehung. Die Welt ist noch die gleiche, doch am Hochzeitstag wird die Liebe romantisch und dadurch etwas schöner, etwas verträumter und glanzvoller. Wir sehen das Hochzeitspaar händchenhaltend in eine gemeinsame Zukunft blicken. Und wir freuen uns mit ihnen und beglückwünschen das „neue Paar. Jedoch wer heute heiratet, tut das ja weniger aus rationalen Gründen – es ist in erster Linie eine emotionale Entscheidung. Dadurch wächst der Wert der Ehe. Alte Sehnsüchte, die in der Tiefe eines jeden Menschen schlummern und nach vorbehaltlosem „Sich-dem-Geliebten-Anvertrauen", mit ihm sich in Harmonie zu vereinigen oder in ihm aufgehoben zu sein. Diese Gefühle füreinander verbindet und legt den Grundstein für einen gemeinsamen Lebensweg.

    Einfach, aber nicht leicht, und wie schafft man es, gemeinsam alt zu werden?

    Schau her, ich muss nicht, aber ich will. Dich. Du bist das Risiko des Festlegens und Verzichtens wert! Du bist für mich kein Verzicht, du bist eine Bereicherung.

    Gerade weil man den Entschluss nicht fassen muss und ihn trotzdem fasst, ist die Ehe der größte Liebesbeweis, den man einem anderen Menschen entgegenbringen kann:

    Wir können davon ausgehen, dass der Wunsch, ein langes gemeinsames glückliches Leben, Seite an Seite, verbunden und in Treue, einem tiefen Verständnis nach Partnerschaft entspricht. Die Sehnsucht nach Geborgenheit, Zweisamkeit und Verlässlichkeit ist groß, trotz aller Anstrengung, die die Liebe heute von Partnerschaften abverlangt. Liebe ist ein besonders komplexes Gefühl, das sich auf gemeinsame Anziehung, Kompatibilität, Anpassung und Verpflichtung gründet, Schritt für Schritt aufgebaut wird und sich über die Zeit verändert. Was Liebe neben positiven Emotionen ausmacht, sind gemeinsame, mitunter langfristige (und spannende) Lebensentwürfe, die das jeweilige Individuum, die Beziehung und deren positive Entwicklungen fördern sollen.

    Dass Liebe gelingt, dazu bedarf es auch passender Lebensumstände, individueller Freiheit und einer Bereitschaft für gemeinsame Arbeit an diesen Lebensentwürfen, auch wenn diese in einer dynamischen, pluralistischen und mit Orientierungskrisen besetzten Zeit schwer umzusetzen sind. Überdauernde Liebe erfordert eine gereifte Persönlichkeit, die versteht, dass Liebe eine Sache mit sehr ernsthaften und mitunter schmerzvollen Konsequenzen für alle Beteiligten ist. Eine solche Persönlichkeit erkennt, dass eigenes Erleben und Verhalten von Projektionen kindlicher Erfahrungen, von Verstärkungsmustern und von konstruierten Selbsttäuschungen beeinflusst ist. Sie hat Vertrauen in eigene Gefühle, riskiert auch, verletzt zu werden und strebt nach Sinn, Wertschätzung und Verantwortung im Leben. Mit der Liebe zu einem Menschen ist es wie mit einem Lieblingsurlaubsort. Je öfter wir diesen Ort als Urlaubsziel wählen, desto mehr lieben wir ihn; doch an einem bestimmten Punkt wird er langweilig. Das ist vor allem dann der Fall, wenn der Ort eher einfach ist und weniger Vielfältigkeit aufweist.

    So führt Liebe auch zu einer kritischen Offenheit für immer neue Erfahrungen und vor allem dazu, dass die eigene Persönlichkeit über bewusste und explizierbare Selbsterfahrungen in sensibler Form wächst. Liebe muss sich also verändern, wenn sie Bestand haben soll.

    Dieses ganzheitliche und gegenseitig geförderte Wachstum der Persönlichkeiten macht den Kern von Liebe aus und deren Erweiterungen (auf Kinder etc.) aus. Erziehung zur Liebe besteht dann neben der Vermittlung von komplexen Kenntnissen über Liebe auch in der Förderung einer ganzheitlichen Persönlichkeitsentwicklung, die lebenspraktisch versucht, eine Balance zwischen multiplen (gesundheitlichen, materiellen, sozialen, und sinnbezogenen) Interessen herzustellen. Diesen Tiefgang erreicht eine Partnerschaft, wenn aus dem miteinander Verschmelzen ein miteinander Fühlen wird.

    Zum Liebeskonzept stellen wir keine Fragen, weil wir nicht gelernt haben, wie man ein Liebenskonzept formuliert. Unsere Tradition sind Ehen und das Kinderkriegen, die vorzeigbare Familie ist schön, der Druck jedoch hoch. Wer hat gelernt, die umgebende Atmosphäre so zu gestalten, dass die psychische Entwicklung die richtige Nahrung bekommt?

    Dass dieses angestrebte Ziel der alten Sehnsüchte nicht erreicht wird, das die Beziehung missglücken oder gar fehlschlagen kann, möchten wir keinem Hochzeitspaar zumuten, nicht an einem solchen Tag, an dem sie offenkundig aktiv werden und aus guten Gründen zueinander stehen. Und immer ist das „Recht auf Scheidung, wenn Liebe endet, ein gültiges Prinzip. Verliebte Paare tragen unbewusst die Trennung als reale Möglichkeit in sich. Denn sie wissen, dass Liebe nicht einfach in ihnen „drinnen ist, es ist vielmehr eine Reise, die sie sich gemeinsam zusammenstellen oder ein Haus, das sie sich zusammen bauen.

    Die Wahrnehmung steigender Scheidungen im persönlichen Umfeld führt zu einer gewissen Skepsis, was die Stabilität der eigenen Ehe betrifft. Und trotzdem heiraten Paare in der Hoffnung, ein Leben lang zusammenzubleiben. Auch Männer und Frauen in Lebenspartnerschaften wollen eine Beziehung auf Dauer. Sie ahnen zugleich, dass es auch schiefgehen könnte. Ganz im Sinne einer kurzen Passage aus dem Buch „Alles über Sally" von Arno Geiger (2010): „Am Anfang kann man doch gar nichts sagen, man geht irgendwie ins Ungewisse. „Hast du ein gutes Gefühl? Fragte er. „Jedenfalls glaube ich nicht, dass es den Wert unserer Liebe im Nachhinein schmälern würde, wenn sie irgendwann aufhört.

    Verliebt sein ist ein wunderbarer Zustand. Verständlich, dass man dies so lange wie möglich aufrechterhalten möchte.

    Bleibt ein Paar über längere Zeit zusammen, muss es einige Hürden miteinander nehmen: An einem Frühlingstag, abends im Wohnzimmer von Sandra und Frank: Sie blicken auf ihre Gesprächsthemen zurück, die sie am Vormittag beim Frühstück begonnen haben. Sie sind entspannt und zufrieden. Sie sagen:

    Wichtig

    „Ich bin gerne mit Dir zusammen!"

    „Seit Langem freue ich mich wieder, mit dir ins Bett zu gehen!"

    „Es tut gut, mit Dir das Leben zu teilen."

    „Ich spüre Vorwärtsbewegung in mir und in unserer Beziehung. Wir werden zusammenbleiben und ich bin zuversichtlich, dass wir es schaffen, ein Paar zu sein."

    Was ist mit Sandra und Frank passiert? Gehirnwäsche? Nein. Die beiden haben miteinander über ihre Probleme geredet und gute Lösungen gefunden. Ist das nicht oft schwierig? Nicht, wenn man die angesprochenen Probleme in Ziele verwandelt. Sie haben ein gemeinsames Bild von ihrer guten Zukunft kreiert und einen Weg vereinbart, wie sie diesen auch erreichen können. Und so etwas hilft einem Paar? Ja. Das erlebe ich seit 20 Jahren in der Beratung von Paaren und das macht mich mehr als zufrieden. Wie aber kann die positive Stimmung aus dem Gespräch im Alltag, indem oft Druck und Stress herrschen, erhalten bleiben?

    Fragt man nach dem Beziehungsgeheimnis glücklicher Paare, spielt man natürlich auf ein langes Miteinander an, das zu einem guten Leben geworden ist. Die große Leidenschaft in ihrer Liebe hat sich in eine tiefe Zuneigung verwandelt, die sie bis zum Grabe zusammenhält. Darauf läuft es immer hinaus. Von außen ist eine großartige Ehe eine beeindruckende Liebesgeschichte, wie man sie aus Büchern oder aus Filmen kennt. Und das ist eine schöne poetische Art, eine Ehe oder Beziehung als großes Ganzes zu betrachten. Gehen wir zuerst die Frage an: „Was zeichnet eine gesunde Partnerschaft aus?" Was ist der Zauber einer guten Zweierbeziehung? Und welche Zutaten braucht es, damit eine starke Partnerschaft entstehen kann?

    Eine solche Frage, scheint in der heutigen Zeit von Bedeutung zu sein. Erstaunlich, wie viele Paare zu Büchern, Schriften und Ratgebern greifen, die sich mit dem Geheimnis erfüllender Beziehungen beschäftigen. Eine glückliche Partnerschaft ist nach wie vor eines der wichtigsten Lebensziele für Frauen und Männer. Kein Wunder: Schließlich schöpfen die meisten daraus Zufriedenheit und das Erleben

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