Gutmenschen sind auch nur Menschen: Von Spendern, Stiftern, Sponsoren und für den Gemeinnutzen Engagierte
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Über dieses E-Book
Welchen Weg die liberale Demokratie in der Nach-Corona-Welt nimmt, ob sie als Lebensform eine Zukunft hat, steht zur Disposition. Denn immer weniger Menschen übernehmen für deren Fortbestand eine persönliche Verantwortung. Sei es als Spender, Stifter, Sponsor oder für den Gemeinnutzen ehrenamtlich tätig.
Das vorliegende Plädoyer für eine Gesellschaft freier Bürger, die außer Grundrechten auch freiwillige Grundpflichten kennt, ist gespickt mit politischen Analysen und amüsant-spitzer Feder geschriebenen Hintergrund-Erzählungen.
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Buchvorschau
Gutmenschen sind auch nur Menschen - Peter-Claus Burens
Auch Maecenas war kein Altruist
Zu allen Zeiten waren Menschen bestrebt, Gutes zu tun. Über das Zahlen von Steuern und diversen öffentlichen Abgaben hinaus, haben sich seit dem antiken Griechenland Stifter, Spender und Sponsoren als aktiver Teil des Gemeinwesens verstanden.
Der historische Abriss zeigt, welche Motive zu welchen Zeiten freiwillige materielle sowie immaterielle Leistungen zugunsten der Allgemeinheit bewirkten. Dass die Beweggründe von Förderern des Gemeinwohls selten selbstlos und uneigennützig waren, sondern auch persönliche Ziele verfolgten.
Antike Kulte
Die ersten Wohltäter in der abendländischen Geschichte finden sich bei den Griechen im 4. und 5. Jahrhundert v. Chr. Reiche Bürger weihten damals heidnischen Göttern Ländereien. Da mit diesen Schenkungen kultische Zwecke dauerhaft und unter Wahrung der Vermögenssubstanz verfolgt wurden, können wir hier von veritablen Stiftungen sprechen.
Die Erträge eines solchen Nutzgutes waren für Opfergaben und somit die Verpflegung der Priester wie den Unterhalt der Tempel bestimmt. Dadurch wollte man sich zugleich des Wohlwollens der Götter und eines irdischen Gedenkens nach dem Tod versichern.
Nikias, der älteste uns namentlich bekannte griechische Stifter, ließ den Entschluss zur Errichtung einer Stiftung und deren Zweck 417 v. Chr. auf einer Stele in Delos einmeißeln. Durch diese Publizität gegenüber Dritten gab er seinem Willen generelle Verbindlichkeit.
Jeder, der fortan das den Göttern geweihte Grundstück nutzte, machte damit die Entscheidung von Nikias zu seiner eigenen. Und die Furcht vor einer Rache durch übernatürliche Wesen bestärkte ihn hierin.
Bald schon schwanden diese Ängste, und Sicherungen anderer Art waren nötig, um Nutzgut und Stiftungszweck zu erhalten. Ab dem 3. Jahrhundert v. Chr. verließen sich die Stifter nicht mehr auf die Gottesfurcht ihrer Mitmenschen und nachfolgender Generationen.
Das Stiftungsvermögen, das zunehmend aus Geldbeträgen bestand, wurde vielmehr einem Treuhänder anvertraut. Durch eine öffentliche und eidliche Selbstbindung an den Stiftungsauftrag übernahm dieser die Gewähr, dass die Erträge ,,auf ewig" dem vom Stifter vorgegebenen Anliegen gewidmet blieben.
Das Prinzip der Selbstbindung von zwei oder mehreren Parteien war für die Griechen Grundlage von Vertrag und Gesetz. Der griechische Vertrag steht somit in Parallelität zum germanischen, der es den Parteien erlaubte, selbst Recht zu setzen.
Erst zur Zeit des römischen Weltreichs bedurfte der durch Addition von Selbstbindungen entstehende Konsens einer obrigkeitlichen Genehmigung. Hieraus entwickelte sich die Stiftung, wie wir sie heute kennen, als Privatdisposition auf gesetzlicher Basis.
Auch andere Phänomene, die bis in die Gegenwart präsent sind, haben ihren Ausgangspunkt im antiken Rom. Hierzu zählt das Mäzenatentum, das die Förderer von Kunst und Kultur seitdem mit einem eigenen Gattungsbegriff ehrt. Für den Personen- und Herrscherkult spielen Kunst und Kultur eine elementare Rolle.
Der im Augusteischen Zeitalter lebende, dem Adel angehörige Gaius C. Maecenas war zutiefst davon überzeugt, dass Geben und Nehmen einander bedingen. Als ein der Literatur eng verbundener Mensch unterstützte er Nachwuchstalente wie Horaz und Vergil. Diese wiederum priesen den überaus großzügigen Gönner in ihren Gedichten. Was Maecenas bereits zu Lebzeiten berühmt machte und seinen Namen für spätere Generationen zu einem Markenzeichen.
Parallel und in gewisser Weise entgegengesetzt zur Fördertätigkeit des Maecenas bestand das Interesse von Kaiser Augustus − wie das aller Alleinherrscher − darin, den eigenen Namen mit möglichst vielen guten Taten verbunden zu sehen.
Panem et circenses lautete das probate Mittel, durch das die römischen Imperatoren ihre Machtfülle beim gemeinen Volk abzusichern suchten. Die Gunst der Plebs galt es nicht nur durch die Gewährleistung einer permanenten Versorgung mit Brot und Lebensmitteln zu gewinnen, genauso durch Freizeitvergnügungen in Form von Kultur- und Sportveranstaltungen.
Demzufolge sah sich auch der Literatenkreis um Maecenas veranlasst, propagandistisch verwertbare Textbeiträge zum Herrscherkult von Augustus zu leisten. Immerhin zählte Maecenas zu den engen politischen Beratern des ersten römischen Kaisers.
Es war Vergil, der Augustus in dem Lehrgedicht Georgica als einen Weltenretter verherrlichte. „Diesen Jüngling allein lasst wehren der Zeiten Verderbnis, hindert ihn nicht".
Christentum und Nächstenliebe
Die frühchristliche Stiftung erwuchs aus dem Geist, den der römische Kaiserkult mit seinem Zug ins Transzendente geboren hatte. Er beförderte den Glauben, wonach die als unsterblich betrachtete Seele eines Christen in Seelgerätstiftungen weiterlebt.
Ging es beim antiken Totenkult primär um den Nachruhm auf Erden, so wollten die Christen für sich das Himmelreich mittels kirchlicher Gedächtnisfeiern bzw. fortwährender karitativer Werke erlangen. Infolgedessen entstanden in stiftungsähnlicher Gestalt oder als Sachpfründe viele mittelalterliche Hospize zunächst bei Klöstern, später als Bruderschaften.
Wer kennt nicht die Heilig-Geist-Spitäler, die von Italien über Frankreich und die Alpen bis zu den Städten an der Ostsee als Sinnbilder für die christlichen Gebote der Nächstenliebe und Barmherzigkeit gegründet wurden? Hier erhielten Arme Speisung, Kranke und Krüppel Pflege, Witwen und Waisen Versorgung, Pilger eine Unterkunft.
Als Rechtsträger und Treuhänder der meisten Stiftungen war im Mittelalter die christliche Kirche die beherrschende Kraft. Dies nicht nur was das Wohlfahrts-, sondern auch was das Erziehungssystem betraf. Seit dem spätrömischen und ersten christlichen Kaiser Konstantin besaß die Kirche auf beides eine Art Monopol.
Erst in der Renaissance, mit Beginn der Neuzeit, trat in den Freien Reichsstädten das aufstrebende Bürgertum mit privaten, d. h. von der Kirche unabhängigen Stiftungen hervor. Deren Vermögen wurden von Laiengremien und Kommunen verwaltet. So bis in die Gegenwart die 1463 von Andreas Geverdes und Gerd van Lenthen ins Leben gerufene Westerauer Stiftung zu Lübeck.
„Stadtluft macht frei" verhieß nicht nur das Abschütteln der Leibeigenschaft für Bauern und Landbewohner. Hierdurch bot sich auch die Möglichkeit, durch Arbeit und Fleiß zu Wohlstand und Reichtum zu gelangen. Dies vermochten allerdings die wenigsten Städter.
Schließlich ging mit der wirtschaftlichen Prosperität der norddeutschen Hanse- und süddeutschen Handelsstädte ein enormes, für die realen Gegebenheiten zu großes Bevölkerungswachstum einher. Damit wiederum verstärkten sich das Bedürfnis und die Nachfrage nach einer besseren Kranken-, Siechen- sowie Altersversorgung.
Neben separaten Selbsthilfeeinrichtungen der Kaufleute- und Handwerkerzünfte entstand eine Anzahl von Wohltätigkeitsstiftungen durch Handels- und Bankhäuser. Teils als Anstaltsstiftung mit Liegenschaften, teils als Kapital- oder Hauptgeldstiftung.
Letzteres geschah bisweilen in Form eines Kontos „Unseres Heilands und seiner Armen". Dabei wurde Jesus Christus als Vertreter der Bedürftigen wie ein Gesellschafter am Gewinn und Verlust der jeweiligen Unternehmung beteiligt.
Auch Jakob Fugger engagierte sich für die Wohlfahrt seiner Vaterstadt. Er empfand sich zu sehr als Augsburger