Gesundheit digital: Perspektiven zur Digitalisierung im Gesundheitswesen
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Buchvorschau
Gesundheit digital - Robin Haring
© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2019
Robin Haring (Hrsg.)Gesundheit digitalhttps://doi.org/10.1007/978-3-662-57611-3_1
1. E-Health: Begriff, Umsetzungsbarrieren, Nachhaltigkeit und Nutzen
Thomas Lux¹
(1)
Hochschule Niederrhein, Krefeld, Deutschland
Thomas Lux
Email: thomas.lux@hs-niederrhein.de
1.1 E-Health – digitale Vernetzung der Akteure
1.1.1 Telematik als historische Grundlage von E-Health
1.1.2 Definition von E-Health
1.1.3 E-Health-Akteure
1.1.4 E-Health-Lösungen als soziotechnisches System
1.2 Prozessmanagement als grundlegende Basis für erfolgreiche E-Health-Strategien
1.2.1 Prozessintegration durch E-Health
1.2.2 E-Health Engineering
1.3 Umsetzungsbarrieren von E-Health
1.4 Nachhaltigkeit und Nutzen von E-Health
1.5 Innovative Versorgungsmodelle durch E-Health
1.6 Fazit
Literatur
Gerade technische Innovationen bieten völlig neue Möglichkeiten der medizinischen Versorgung. Während in der Vergangenheit die Medizintechnik mit innovativen Diagnose- und Therapiegerätschaften erhebliche Beachtung fand, schafft heute der Einsatz moderner Informations- und Kommunikationstechnologien für alle beteiligten Akteure völlig neue Perspektiven und bietet innovative Möglichkeiten für den Umgang mit den gesundheitsrelevanten Daten und Informationen, oftmals unter dem Begriff E-Health subsummiert. Hierbei steht die Verarbeitung der patientenbezogenen Daten und Informationen und deren Austausch zwischen den beteiligten Akteuren im Mittelpunkt.
1.1 E-Health – digitale Vernetzung der Akteure
Allgemein betrachtet umfasst E-Health den Einsatz von Informations- und Kommunikationssystemen (IuK-Systemen) im Gesundheitswesen. Eine einheitliche Definition bzw. Abgrenzung und damit ein einheitliches Verständnis des Begriffes konnte sich bislang nicht durchsetzen, die Definitionen der verschiedenen nationalen und internationalen Akteure im Gesundheitswesen unterscheiden sich teils deutlich. Ein wesentlicher Aspekt von E-Health ist – neben der reinen Digitalisierung – die Möglichkeit zur Vernetzung der verschiedenen Akteure, sektorenübergreifend und unter Einbeziehung des Patienten.
1.1.1 Telematik als historische Grundlage von E-Health
Unter dem Begriff Telematik , geprägt durch die Studie „Informatisierung der Gesellschaft von Nora und Minc in den 1980er Jahren, entzündete sich eine umfassende Diskussion der Vorteile der digitalen Kommunikationsverfahren gegenüber den konventionellen Verfahren u. a. im Gesundheitswesen. Die Studie veranschaulichte die Vorzüge der damals noch neuen digitalen Übertragungstechnik bezüglich Qualität und Stabilität durch die Nutzung einer effektiven, Software-basierten Vermittlungstechnik. Dafür kombinierten die beiden Autoren die Disziplinen „Telekommunikation
und „Informatik und schufen somit den neuen Begriff „Telematik
. Aus technischer Sicht kombinierten sie damit die Nutzung von Übertragungsnetzen zur Überwindung von räumlichen Entfernungen bei der Übertragung von digitalen Daten mit der Wissenschaft der maschinellen Informationsverarbeitung (Nora und Minc 1978).
Heute fungiert die im Auf- und Ausbau befindliche Telematikinfrastruktur (TI) als Vehikel für den Einsatz von IuK-Technologien im Gesundheitswesen. Wesentliche Basis dafür ist das Internet mit seinen Diensten und Protokollen als weltweites anwendungsneutrales Netz. Dieses ist auch für Telematikanwendungen nutzbar und schafft damit gute Voraussetzungen für die Gestaltung intra- und extraorganisationaler akteursübergreifender Geschäftsprozesse und deren Unterstützung durch IuK-Technologie.
Obwohl die Telematik zunächst anwendungs- und branchenneutral gedacht war, kam es durch die Umsetzung von neuen Anwendungen auf Basis telematischer Infrastrukturen und Dienste zur Entwicklung spezieller fachlicher Ausrichtungen und Begriffsbildungen. Durch die Verwendung von Anglizismen und der Voranstellung des „E¹ für „electronic
, ergaben sich u. a. Begriffe wie E-Commerce und E-Business für den allgemeinen Geschäftsbetrieb, E-Administration und E-Government für die öffentliche Verwaltung und das Regierungswesen sowie E-Learning und E-Research für das Bildungswesen und die Forschung. Auch im Gesundheitswesen gab es diese Begriffsentwicklung. Im Laufe der Zeit entwickelten sich für die Nutzung von Telematiksystemen im Gesundheitswesen unterschiedliche Bezeichnungen wie Gesundheitstelematik und Telematik im Gesundheitswesen („health telematics), Telehealth, Telemedizin („telemedicine
), medizinische Informatik und Medizininformatik („health informatics") sowie auch elektronische Gesundheitsdienste oder E-Health.
Für Verwirrung sorgte vielfach die Tatsache, dass diese Begriffe synonym für das gesamte Fachgebiet verwendet wurden. Die Wissenschaft grenzt die Begrifflichkeiten jedoch voneinander ab, was in den folgenden Abschnitten verdeutlicht wird.
1.1.2 Definition von E-Health
Das unterschiedliche Begriffsverständnis äußert sich bereits in den verschiedenen Schreibweisen, die in der Literatur sehr unterschiedlich sind. Gängig ist die Schreibweise „E-Health" , wie auch in ähnlichen Begriffen im deutschen Sprachgebrauch wie E-Business oder E-Commerce etabliert und im Duden als gebräuchliche Schreibweise anerkannt. Die Schreibweise eHealth (oder eBusiness, eCommerce usw.) dominiert in internationalen Publikationen. Rückschlüsse von der Schreibweise auf den inhaltlichen Fokus des Begriffes lassen sich aber nicht ziehen.
So beschreibt die World Health Organization (WHO) E-Health als
… eHealth is the use of information and communication technologies (ICT) for health. Examples include treating patients, conducting research, educating the health workforce, tracking diseases and monitoring public health. (WHO 2015)
Die WHO stellt den Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien (IuK-Technologie) im Gesundheitswesen in den Mittelpunkt und erweitert diesen Begriff um einige Anwendungsbeispiele wie die Behandlung der Patienten, Forschung, Schulung und Versorgungsforschung. Die WHO sieht E-Health als umfassendes Konzept, welches in viele Bereiche der gesundheitlichen Versorgung hineinwirkt und Innovationspotenzial entfaltet (Lux 2017, S. 5–7). Definitionen weiterer Organisationen und Autoren variieren überwiegend darin, ob weitere Aspekte über die reine IT-Unterstützung von Leistungsprozessen im Gesundheitswesen relevant sind.
Dabei lässt sich E-Health als wesentlich umfassender definieren, über die reine Nutzung von Technologien hinaus mit dem Ziel, geeignete Konzepte, Methoden und Werkzeuge bereitzustellen, um die bislang getrennten Anwendungen der Akteure im Gesundheitswesen und besonders deren fachliche – insbesondere patientenorientierten – Prozesse zu integrieren und zu vernetzen. Damit sind die wesentlichen Eigenschaften von E-Health (Lux 2017, S. 20–21):
Vernetzung der Akteure im Gesundheitswesen durch Bereitstellung geeigneter fachlicher und technischer Konzepte, Methoden und Werkzeuge,
Integration der Prozesse in einer Unternehmung und akteursübergreifende Integration der Prozesse, insbesondere der Behandlungspfade der Patienten, unterstützt durch den Einsatz integrierter IT-Systeme,
Interoperabilität der Prozesse und IT-Systeme auf syntaktischer und semantischer Ebene.
Darüber hinaus ist E-Health Enabler neuer, innovativer, vernetzter und akteursübergreifender Prozessorganisationen im Gesundheitswesen (Lux 2017).
1.1.3 E-Health-Akteure
Mit der Verbreitung des Internets als wesentlicher Treiber wurden dessen kommerzielle Nutzungsmöglichkeiten unter den Begriffen E-Commerce und E-Business geführt. Die sogenannte New Economy stand für neue ökonomische und technische Rahmenbedingungen, welche auf neuen, digitalen Märkten gelten. Wichtige Elemente des E-Business sind die Unterstützung der Leistungserstellung sowie die horizontale und vertikale Koordination auf Märkten durch IuK-Technologien. Beim E-Commerce steht die Nutzung digitaler Dienste und Anwendungen, und hier besonders des Internets, zur Unterstützung wesentlicher Phasen der Transaktion zwischen Anbieter und Nachfrager im Vordergrund (Wirtz 2013; Gersch und Goeke 2004).
Die New Economy entsteht daher nicht aus der simplen Digitalisierung bestehender Geschäftsmodelle und -prozesse der Old Economy, sondern etabliert sich auf der Basis neuer und innovativer Geschäftsmodelle aufgrund der Potenziale der Vernetzung der Akteure. IT fungierte somit als Enabler dieser Geschäftsmodelle. Bei der Analyse der Geschäftsmodelle bilden die Akteure und ihre Beziehungen zueinander verschiedene Interaktionsmuster. Grundsätzlich ist zwischen den Akteuren, Konsumenten (engl. Consumer), Unternehmungen (engl. Business) und staatlichen Institutionen (engl. Government) zu differenzieren. Entsprechend der Beziehungen zwischen den verschiedenen Akteuren können insgesamt neun verschiedene Segmente ausgemacht werden. Die Beziehungen werden dabei z. B. mit B2C (Business to Consumer), B2B (Business to Business) usw. bezeichnet. Insgesamt lassen sich beim E-Business damit drei verschiedene Betrachtungsebenen unterscheiden: die Akteursebene mit den Akteuren und ihren Beziehungen, die Geschäftssystemebene mit verschiedenen Geschäftssystemen (z. B. E-Commerce) und die Anwendungsebene mit unterschiedlichen Anwendungen zur Unterstützung des Geschäftssystems (z. B. E-Sales, E-Procurement) (Wirtz 2013; Lux 2007).
Diese Betrachtungsweise aus dem E-Business lässt sich auch auf den Bereich E-Health übertragen. Auf der Akteursebene zeigt sich, dass die verschiedenen Akteure im Gesundheitswesen und deren Beziehungsgeflecht zueinander deutlich komplexer sind. Daher sollen hier exemplarisch die Akteure Leistungsempfänger (Patient), Leistungserbringer (Arzt) und Leistungsträger (Versicherung) und deren Beziehungen betrachtet werden (Abb. 1.1).
../images/457005_1_De_1_Chapter/457005_1_De_1_Fig1_HTML.pngAbb. 1.1
Exemplarische Betrachtung der Akteursbeziehungen im Gesundheitswesen.
(Aus Lux 2017, S. 8)
Insgesamt ergeben sich dabei neun verschiedene Beziehungsmöglichkeiten: Patient zu Arzt (P2D) und Arzt zu Patient (D2P), Patient zu Leistungsträger² (P2I) und Leistungsträger zu Patient (I2P), Leistungsträger zu Arzt und Arzt zu Leistungsträger. Weiterhin existieren auch Leistungsbeziehungen innerhalb der einzelnen Akteursgruppen (P2P, D2D oder I2I).
Resultierend aus den jeweiligen Beziehungen sind verschiedene Anwendungsfälle bzw. Dienste denkbar. Diese werden wiederum von Anwendungssystemen unterstützt. So betreiben Patienteninitiativen beispielsweise ein Beratungs- und Kommunikationsportal für Patienten, also einen Dienst von Patienten für Patienten (P2P) und setzen als Anwendungssystem eine Social-Software-Lösung ein. Die bestehenden Anwendungsfälle, -systeme und -dienste, welche in ein E-Health-Geschäftssystem integrierbar sind, werden bereits in vielfältiger Weise eingesetzt (Lux 2017).
1.1.4 E-Health-Lösungen als soziotechnisches System
Gerade im Gesundheitswesen finden sich Beispiele für (Software-)technisch getriebene Projekte und Entwicklungen, welche aus technischer Perspektive ein hohes Innovationspotenzial haben, jedoch an den Wünschen und Anforderungen der Nutzer vorbei entwickelt wurden. Um dies zu vermeiden, ist es erforderlich, bei den verschiedenen Dimensionen der Gestaltung eines IuK-Systems oder einer E-Health-Lösung den Anwendungsbereich als soziotechnisches System zu betrachten und die Nutzer und ihre besonderen Wünsche und Anforderungen mit in den Gestaltungs- und Entwicklungsprozess einzubeziehen. Zielsetzung ist es, den Menschen bei der Erfüllung seiner Aufgaben durch Technik zu unterstützen (Abb. 1.2).
../images/457005_1_De_1_Chapter/457005_1_De_1_Fig2_HTML.pngAbb. 1.2
Soziotechnisches System.
(Aus Lux 2017, S. 14)
Bei der Gestaltung des Systems sollte der Mensch im Mittelpunkt stehen. Im Gesundheitswesen sind dies somit Ärzte, Patienten, Pflegekräfte, Verwaltungsmitarbeiter, Angehörige usw. Diese gilt es bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zu unterstützen, z. B. den Arzt bei der Diagnostik in der Notaufnahme, den Verwaltungsmitarbeiter im Controlling bei der Erstellung des DRG-Berichtes, den Pfleger bei der Pflegedokumentation. Die verfügbare Technik (Hard- und Software) ist so zu gestalten, dass sie die fachlichen Aufgaben des jeweiligen Akteurs, die funktionalen, nichtfunktionalen, qualitativen und sonstigen Anforderungen möglichst optimal unterstützt. Bei der Vernetzung der Akteure bilden damit der fachliche Ablauf, der Prozess und die Potenziale zur Integration von Prozessen den Ausgangspunkt der Analyse.
1.2 Prozessmanagement als grundlegende Basis für erfolgreiche E-Health-Strategien
Ausgangspunkt für die Analyse und Gestaltung von Unternehmensabläufen, insbesondere vor dem Hintergrund der Digitalisierung, sind stets die fachlich-organisatorischen Prozesse im Unternehmen. Effektive und effiziente Geschäftsprozesse bilden das zentrale Fundament für den Unternehmenserfolg in Hinsicht auf Qualität, Kundenorientierung und Wirtschaftlichkeit. Entsprechend ist ein erfolgreiches Management dieser Prozesse die wesentliche Basis für die dauerhafte Hebung von Effizienzpotenzialen im Unternehmen durch den Einsatz von E-Health. Das Geschäftsprozessmanagement umfasst dabei eine systematische Herangehensweise zur Analyse, Planung, Steuerung, Kontrolle und ständigen Verbesserung der Unternehmensprozesse. Dabei ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor die horizontale und vertikale Integration der Unternehmensprozesse.
1.2.1 Prozessintegration durch E-Health
Vernetztes, sektorenübergreifendes Arbeiten im Gesundheitswesen erfordert die Verbindung (Integration) der Arbeitsabläufe bzw. Prozesse der beteiligten Akteure. Dabei ist zwischen der horizontalen und der vertikalen Integration zu unterscheiden. Die horizontale Integration ist durch die Integration entlang der Wertschöpfungskette gekennzeichnet. In der stationären Versorgung ist eine solche Integration entlang einer Wertschöpfungskette beispielsweise die Verknüpfung vom Aufnahmeprozess über den gesamten Behandlungsprozess bis zum Entlassungsprozess – der sogenannte klinische Behandlungspfad eines Patienten. Die vertikale Integration hingegen ist durch die Verknüpfung verschiedener Hierarchieebenen gekennzeichnet. Damit erfolgt die Integration vertikal ablaufender Prozesse zwischen hierarchisch über- und untergeordneten Abteilungen bzw. Bereichen.
Abb. 1.3 visualisiert die vertikale und horizontale Integration am Beispiel der stationären Versorgung im Krankenhaus. Auf der administrativen und dispositiven Ebene finden sich die primären wertschöpfenden Tätigkeiten. Hier sind verschiedene Fachabteilungen und Funktionsbereiche sowie die pflegerischen, medizinischen und ambulanten Leistungen angesiedelt. Letztendlich bilden die Diagnose und Therapie einen bereichsübergreifenden Prozess, der – in Form eines klinischen Behandlungspfades – netzartig und akteursübergreifend innerhalb der verschiedenen Bereiche stattfindet. Die unterstützenden Tätigkeiten, wie die Termin- und Ressourcenplanung, die Materialwirtschaft oder die Versorgung mit Medikalprodukten und Arzneimitteln, unterstützen sämtliche Bereiche gleichermaßen und haben daher eine Querschnittsfunktionalität (Lux und Raphael 2016).
../images/457005_1_De_1_Chapter/457005_1_De_1_Fig3_HTML.pngAbb. 1.3
Horizontale und vertikale Prozessintegration im Gesundheitswesen.
(Aus Lux 2016, S. 178)
Die Unterstützung der Prozessintegration in einer Einrichtung und auch über die Einrichtungsgrenzen hinweg erfordert gleichfalls die horizontale und vertikale Integration der verschiedenen Anwendungen im Gesundheitswesen. Daher sollen diese zunächst – durch Übertragung der prozessorientierten Sicht auf die IT-orientierte Ebene – anhand der verschiedenen Ebenen strukturiert und eingeordnet werden.
Sämtliche Systeme, die im Gesundheitswesen genutzt werden und dem betrieblichen Leistungserstellungsprozess dienen, entsprechen den mengenorientierten operativen Systemen. Der betriebliche Leistungserstellungsprozess wird dabei in vielfältiger Hinsicht durch Informationssysteme unterstützt. So sind die Dokumentation, die Verarbeitung, die Organisation, die Kommunikation und die Entscheidungsunterstützung im medizinischen Bereich Teil des betrieblichen Leistungserstellungsprozesses, somit sind alle damit verknüpften Funktionalitäten und Systeme auf operativer Ebene einzuordnen. Die auf den operativen Systemen aufbauenden Buchungs- und Abrechnungssysteme lassen sich den wertorientierten Abrechnungssystemen zuordnen. Dem übergeordnet sind das Controlling und gegebenenfalls weitere Berichts- und Kontrollsysteme in Form von Statistiksystemen.
Sollten weitere Systeme, insbesondere betriebswirtschaftliche Entscheidungsunterstützungssysteme für Fach- und Führungskräfte in Form von Managementsupportsystemen (MSS) oder ein Data-Warehouse-System, zum Einsatz kommen, ist eine entsprechende Anpassung bei den oberen Ebenen der Informationssystempyramide erforderlich. Eine allgemeine Übersicht zur Systematisierung der Informationssysteme im Gesundheitswesen zeigt Abb. 1.4.
../images/457005_1_De_1_Chapter/457005_1_De_1_Fig4_HTML.pngAbb. 1.4
Systematisierungsgrundlage für Informationssysteme im Gesundheitswesen.
(Aus Lux 2017)
Sektorenübergreifend gedacht stellt sich die Vernetzung deutlich komplexer dar. Die Abb. 1.5 zeigt exemplarisch die Kernprozesse der ambulanten und stationären Versorgung. Die Vernetzung erfordert nicht nur den „digitalen Informationsaustausch", sondern letztendlich das Ineinandergreifen der individuellen fachlichen Prozessketten der verschiedenen Akteure – also letztendlich einen prozessorientierten Managementansatz wie der des Supply Chain Management, welcher alle wertschöpfenden Tätigkeiten entlang des Versorgungsprozesses eines Patienten umfasst.
../images/457005_1_De_1_Chapter/457005_1_De_1_Fig5_HTML.pngAbb. 1.5
Kernprozesse in der sektorenübergreifenden Versorgung.
(Aus Jäschke und Lux 2017)
Aus dieser Sichtweise resultiert zwangsläufig das Erfordernis, die beteiligten Akteure nicht nur technisch anhand geeigneter Lösungen (wie z. B. die Telematik-Infrastruktur) zu integrieren, sondern ebenso deren Prozesse aufeinander abzustimmen. Entsprechend ist die technologische Lösung der Vernetzung der verschiedenen Akteure allein nicht zielführend. Vielmehr gilt es, das gesamte soziotechnische System systematisch zu gestalten. Im Rahmen des E-Health Engineering wird ein solcher Ansatz vorgestellt.
1.2.2 E-Health Engineering
Zur prozessorientierten Integration und Vernetzung der verschiedenen Dienste und Services im Gesundheitswesen sind geeignete Gestaltungsansätze und Betrachtungsebenen erforderlich, um, ausgehend vom technisch-organisatorischen System der Leistungserstellung, (akteursübergreifende) Prozesse und deren Unterstützung durch vernetzte, interoperable IuK-Systeme zu unterstützen, zu analysieren, zu planen und zu steuern. Das E-Health Engineering, das auf dem Hospital Engineering basiert (Lux et al. 2012), bietet sich hier als ein geeignetes Gestaltungs- und Engineering-Konzept an.
E-Health Engineering bezeichnet die systematische Gestaltung vernetzter Anwendungen im Gesundheitswesen aus Management- und aus IT-Sicht. Dabei werden die vier Architekturebenen „Strategie (Ebene 1), „Prozess
(Ebene 2), „Anwendung (Ebene 3), „Software und Datenbanken
(Ebene 4) differenziert betrachtet. Die Strategieebene umfasst überwiegend Gestaltungs- und Managementaufgaben, während die Ebenen 3 und 4 die Architektur des IT-Systems beschreiben. Ziel des E-Health Engineering ist die Transformation und Realisation der strategischen Entscheidung auf die darunterliegende Prozessebene, unterstützt durch Informations- und Kommunikationstechnologie. Damit liegt der Fokus auf der Prozessebene und damit der fachlichen Vernetzung der Akteursprozesse, welche auch die Leistungserstellung umfassen. Der IT kommt eine Schlüsselrolle als Enabler neuer Prozessorganisationen zu. Die Abb. 1.6 visualisiert diesen Gestaltungsrahmen.
Abb. 1.6
E-Health Engineering.
(Aus Lux 2017, S. 19)
Auf der Strategieebene erfolgen die Festlegung des Leistungsangebotes im Netzwerk, die Positionierung und die strategische Ausrichtung. Die Transformation dieser Entscheidungen auf die Prozessebene erfolgt in Form von realisierbaren Handlungsanweisungen durch Analyse, Modellierung und Implementierung der arbeitsteilig und akteursübergreifenden Ablauforganisation. Es gilt, Diagnose-, Therapie- und Pflegeprozesse zu beschreiben – z. B. in Form klinischer Pfade – und deren Umsetzung sicherzustellen. Die Unterstützung der Prozessebene durch IT und die Integration der verschiedenen IuK-Systeme erfolgt auf der Anwendungsebene. Sie ist Bindeglied zwischen den bei den Leistungserbringern vorhandenen Software-, Anwendungs- und Datenbanksystemen (4. Ebene), wie z. B. dem zentralen Krankenhausinformationssystem, dem Dokumentationssystem, speziellen Systemen wie Röntgeninformationssysteme, Laborsysteme, Medikationssysteme, Planungssysteme usw. und auch z. B. telemedizinischen Systemen. Dabei integriert die Anwendungsebene die vorhandenen Systeme innerhalb einer einheitlichen Sicht, um letztendlich den (akteursübergreifenden) Behandlungsprozess – den Leistungserstellungsprozess – als zentralen Ausgangspunkt der Betrachtung zu wählen.
Übertragen auf das Schmerzmanagement erfordert damit die strategische Ebene zunächst eine genaue Charakterisierung, welcher Akteur beteiligt ist und welche Rolle er einnimmt/einnehmen kann. Gerade im Rahmen der multimodalen Therapie, in der häuslichen Pflege und unter Einbezug der pflegenden Verwandten wäre genau zu erörtern, wie die Strategie des Schmerzmanagements bezogen auf den individuellen Patienten zu konfigurieren ist und welche Akteure einzubeziehen sind (Schmerzarzt, Hausarzt, Pharmazeut, Schmerz-Pflege, Pflegedienst, Angehörige und Patient). Auf der Prozessebene (Ebene 2) erfolgt die Beschreibung der Tätigkeiten jedes Akteurs und auch die Beschreibung der Schnittstellen der Akteure. Hier sind die beschriebenen fachlichen Anwendungsfälle in einem (akteursübergreifenden) Anwendungssystem umzusetzen bzw. anzupassen. Auf der Software- und Datenbankebene wäre beispielsweise zu klären, wo und wie die Datenhaltung – unter Berücksichtigung gängiger Standards und (IT-Sicherheits-)Anforderungen – erfolgt.
1.3 Umsetzungsbarrieren von E-Health
Dass die Digitalisierung auch im Gesundheitswesen viele Chancen bietet, liegt auf der Hand. Genauso gilt es auch, die Risiken zu sehen und mögliche Umsetzungsbarrieren zu berücksichtigen.
Zunächst muss man den datenschutzrechtlichen Anforderungen gerecht werden. Patientenbezogene oder patientenbeziehbare Gesundheitsdaten gelten als besondere Art personenbezogener Daten im Sinne des Datenschutzes und sind daher entsprechend schützenswert (§ 3 Abs. 9 Bundesdatenschutzgesetz). Daher sind die Anforderungen an die Verarbeitung der Daten und den Betrieb der IT-Systeme aus datenschutzrechtlicher Perspektive so hoch, dass deren Einhaltung den Nutzen und die Nutzbarkeit der möglichen Anwendungen stark einschränkt oder sogar verhindert. Darüber hinaus können noch weitere spezielle normative Regelungen, wie das Medizinproduktegesetz, zu Einschränkungen bei der Entwicklung innovativer Produkte und deren Marktchancen führen. Gerade die Zertifizierung einer neu entwickelten Technologie als Medizinprodukt stellt an kleine und mittelständige Unternehmen eine regelrechte Marktzugangsbarriere dar. In der langjährigen öffentlichen Diskussion um die elektronische Gesundheitskarte (eGK) waren es häufig Bedenken des Datenschutzes und der Datensicherheit, welche im Mittelpunkt standen und zunächst zu deren Verhinderung bzw. Reduktion auf nur wenige zusätzliche Funktionen beitrugen. Nur langsam nimmt jetzt das Vehikel der Telematik-Infrastruktur Fahrt auf. Allerdings ist die Erfüllung der datenschutzrechtlichen Anforderungen aus IT-Sicht durchaus lösbar, wie bereits in vielen anderen Branchen und Anwendungsbereichen bewiesen.
Der eigentliche Adressat – der Patient – steht bei der Betrachtung viel zu selten im Mittelpunkt. Wie gut ist der ländliche Bereich – und hier der einzelne Bürger – an die digitale Infrastruktur angebunden? Welche besonderen Anforderungen und Nutzungsverhalten haben die verschiedenen Generationen, gerade auch die „Generation Y oder „Generation Z
, hinsichtlich der Nutzung des Internets, mobiler Endgeräte und zunehmend auch Wearables, welche Gesundheitsdaten erheben und speichern (Lux und Breil 2017)?
Auch müssen sich die Leistungserbringer der Frage stellen, ob sich durch den Einsatz telemedizinischer (digitaler) Lösungen Diagnostik und Therapie verändern könnten. Bislang existieren hierzu kaum Untersuchungen, welche die Auswirkungen auf die Leistungserbringer, ihre Arbeitsprozesse und ihr Leistungsangebot und -verhalten betrachten. Die Digitalisierung bei der Leistungserstellung und die daraus resultierende Veränderung der Arbeitsprozesse sowie deren Nutzung durch die Bürger ist ein Trend in allen Branchen. Mitarbeiter in Call-Centern werden durch Chatbots ersetzt, Banken haben den überwiegenden Teil der Kundenprozesse digitalisiert, der Friseur um die Ecke bietet elektronisches Terminmanagement und virtuelle Frisurenberatung an.
Auch in einigen Bereichen des Gesundheitswesens ist die Digitalisierung weit fortgeschritten, aber hier häufig nur direkt im Rahmen der medizinischen Leistungserstellung: Operationsroboter oder volldigitalisierte OPs sind Beispiele hochtechnisierter Anwendungen. Andere Bereiche, wie die akteursübergreifende digitale Unterstützung bzw. Dokumentation des Behandlungsprozesses, Vernetzung der Akteure oder der Einsatz einheitlicher Standards befinden sich noch ganz am Anfang. Die Erklärungsansätze hierfür sind unterschiedlich. Zunächst ist die Komplexität des Gesundheitsmarktes aufgrund von Regulierungen und Beschränkungen enorm hoch, was sich durchaus innovationshemmend auswirkt, beispielsweise in Form von Marktzugangsbarrieren. Zudem fehlen (finanzielle) Anreize für eine Digitalisierung. Weiterhin ist auch ein Umdenken der Akteure erforderlich, nicht nur das punktuelle Ergebnis ihrer medizinischen Leistung zu sehen, sondern die Effizienz und Qualität des gesamten Behandlungsprozesses aus Sicht des Patienten.
1.4 Nachhaltigkeit und Nutzen von E-Health
Wie bereits angesprochen, besteht eine wichtige Zielsetzung und Hoffnung der Digitalisierung im Gesundheitswesen häufig darin, durch effizienteres Arbeiten die Kosten der Gesundheitsversorgung zu reduzieren. Einleuchtende Beispiele für fehlende Effizienz im System sind Mehrfachuntersuchungen bei Patienten oder auch falsche Medikationen aufgrund unvollständiger Informationen mehrerer an der Diagnostik und Therapie beteiligter Akteure. Dies führt zu hohen und unnötigen direkten Kosten (z. B. mehrfache radiologische Untersuchungen, Medikationskosten) und auch zu hohen Folgekosten, beispielsweise aufgrund von Medikationsfehlern und den daraus resultierenden Folgen für den Patienten. Bereits die digitale Vernetzung der Leistungserbringer (Ärzte) ermöglicht hier eine bessere Informationsversorgung. Darüber hinaus bestehen große Potenziale im Einsatz intelligenter Analyse- und Prognoseverfahren, welche aktiv in den Diagnose- und Therapieprozess eingreifen und auch bei der Steuerung klinischer Prozesse unterstützen. Dies setzt strukturierte, semantisch annotierte Daten voraus, die die Grundlage für ein effizientes Informationsmanagement bilden. Ein weiterer Mehrwert entsteht hier vor allem in der Forschung und Behandlung seltener Krankheiten, da nur durch die intelligente, einrichtungsübergreifende Vernetzung ausreichende Fallzahlen untersucht werden können. Szenarien für den Einsatz sind vielfältig, wie die Unterstützung in der Diagnostik durch Therapievorschlag (eines klinischen Behandlungspfades) anhand der Diagnoseparameter des Patienten, die Früherkennung einer Sepsis (bspw. derzeit forciert durch die Firma Cerner) oder auch die Verbesserung der Patientensteuerung (z. B. im Bereich des OP-Managements) zeigen.
Voraussetzung dafür ist ein deutlich höherer Grad der Digitalisierung entlang des klinischen Behandlungspfades des Patienten unter Einbeziehung sämtlicher beteiligter Subsysteme einschließlich der Patientenaufzeichnungen. Besonders in der stationären Versorgung besteht in Deutschland hier noch ein hoher Nachholbedarf. Dokumentationen erfolgen oftmals papierbasiert, der Datenaustausch zwischen den beteiligten Systemen findet nur unzureichend statt, und auch die Akzeptanz der Digitalisierung ist bei Ärzten, Pflegekräften sowie Patienten durchaus unterschiedlich.
Erforderlich sind zudem Investitionen in die IT der Krankenhäuser, in die Infrastruktur und in die Hard- und Software. Grundlegende Voraussetzung hierfür ist eine bessere personelle Ausstattung der IT-Bereiche der Krankenhäuser, welche bislang vergleichsweise eher schlecht aufgestellt sind. Ein Umdenken ist erforderlich insofern, als es nicht (nur) um die Verwaltung von IT-Systemen geht, sondern dass die IT ihren Beitrag zur Wertschöpfung leistet und damit zum Unternehmenserfolg beiträgt.
Hält man sich diese beiden Seiten der Medaille vor Augen, so wird deutlich, dass Digitalisierung im Gesundheitswesen durchaus Kosteneinsparung ermöglicht, auf der anderen Seite jedoch auch zur Erhöhung der Kosten des IT-Betriebes führt. Auf jeden Fall aber führt die Digitalisierung zu einer Verbesserung der Versorgungs- und Behandlungsqualität des Patienten, dem wichtigsten Ziel der Gesundheitsversorgung. Entsprechend sind hier Anreize in der stationären (und auch ambulanten) Versorgung für die Leistungserbringer erforderlich, um höhere Investitionen in ihre IT zu wagen.
Bei der Diskussion der Kosten der Gesundheitsversorgung in Deutschland, die zweifelsohne im europäischen und internationalen Vergleich relativ hoch sind, sollte stets auch die gesundheitswirtschaftliche Betrachtung nicht fehlen, wie Beschäftigung, Wachstum, Export und weitere ökonomische Variablen. Der Anteil der Gesundheitswirtschaft am Bruttoinlandsprodukt (BIP) lag 2016 bei 12 % (336,4 Mrd. Euro). Die Branche beschäftigt 7 Millionen Erwerbstätige, d. h. fast jeder sechste Arbeitnehmer ist in der Gesundheitsbranche beschäftigt. Selbst in konjunkturschwachen Jahren, wie 2009 in der Finanzkrise, verzeichnet die Branche ein positives Wachstum. Im Durchschnitt liegt ihr Wachstum um 1,1 % über dem der Gesamtwirtschaft.
Bereits diese wenigen gesundheitswirtschaftlichen Zahlen verdeutlichen, dass Gesundheit natürlich ihren Preis hat. Viel wichtiger ist allerdings die Betrachtung des Wertbeitrages in Form von Wertschöpfung und Beschäftigung. Allerdings ist der Wertbeitrag von E-Health mit 3,2 % im Jahr 2015 im erweiterten Bereich der Gesundheitswirtschaft eher gering, was die oben getroffene Aussage der fehlenden Investitionen in die erforderliche IT-Infrastruktur noch stützt.
1.5 Innovative Versorgungsmodelle durch E-Health
Die Digitalisierung bietet vielfältige Möglichkeiten, die zukünftige Gesundheitsversorgung grundlegend zu verändern. Mobile Anwendungen (Apps) bieten neue und oftmals niederschwellige Möglichkeiten, den Informations- und Datenaustausch zwischen Patient und Arzt oder auch zwischen den Leistungserbringern zu verbessern. Neben den vielen, oftmals frei verfügbaren Apps begehen auch professionelle Anbieter diesen Weg. Beispielsweise bietet die CompuGroup Medical als führender Anbieter von Arzt-Praxis-Lösungen für Patienten verschiedene „LifeApps an, welche beispielsweise den Abruf ihres individuellen Medikationsplans ermöglichen oder die Kommunikation mit ihrem Arzt verbessern. Bei medatixx soll der AppPoint helfen, mit Hilfe von Gesundheits-Apps den Datenaustausch zwischen Patienten und Arzt(praxis) zu ermöglichen. Auch in ländlichen, strukturschwachen Gebieten, welche oftmals durch eine eher schlechte ärztliche Versorgung gekennzeichnet sind, ermöglichen digitale Lösungen verbesserte Kommunikationsmöglichkeiten. Eine wichtige Weichenstellung gegen die Unterversorgung im ländlichen Raum wurde bereits mit dem E-Health-Gesetz gelegt, welches das Telekonsil (Videosprechstunde) als Aufnahme in den Katalog der ärztlichen Leistungen festlegte. Bereits ab April 2017 können Niedergelassene diese in Form eines Technikzuschlages abrechnen und somit ihren „entfernten
Patienten eine unkompliziertere Nachbehandlung ermöglichen (Lux und Breil 2017).
Hemmschuh telemedizinischer Leistungen in der ambulanten Versorgung ist nach wie vor das Fernbehandlungsverbot (§ 7 Abs. 4 der Musterberufsordnung für Ärzte), welches eine ausschließliche Beratung und Behandlung über Print- und Kommunikationsmedien ausschließt und damit den direkten Arzt-Patienten-Kontakt zu einem oder mehreren Zeitpunkten erfordert. Allerdings wurde eine Lockerung des Fernbehandlungsverbotes auf dem Ärztetag im Mai 2018 beschlossen, welches noch durch die Landesärztekammern umzusetzen ist. Hier könnte die Aufnahme weiterer „E-Health-Leistungen" in die Regelversorgung dazu führen, die Entwicklung weiter voranzutreiben. Erfolgreiche telemedizinische Versorgungsmodelle existieren bereits. So versorgt das Klinikum Oldenburg Mitarbeiter in Offshore-Windparks und auch weiteren Regionen ohne ärztliche Akutversorgung durch telemedizinische Leistungen (telemedizin.klinikum-oldenburg.de). Diese und ähnliche Modelle könnten Bewohnern strukturschwacher Gegenden eine bessere Akutversorgung ermöglichen. In Baden-Württemberg hat die Landesärztekammer den Startschuss für ein Fernbehandlungs-Modellprojekt gegeben, welches die ausschließliche telemedizinische Behandlung ermöglicht (www.aerztekammer-bw.de). Diese und weitere Beispiele verdeutlichen die vielfältigen Anstrengungen, die flächendeckende Versorgung zu verbessern. Allerdings sind es hier nicht die technischen Möglichkeiten, welche limitieren, vielmehr gilt es einen geeigneten Konsens zwischen den verschiedenen Akteuren zu finden und auch für die Leistungserbringer geeignete Anreize in Form abrechenbarer Leistungen zu schaffen.
1.6 Fazit
Die Diskussion über die Digitalisierung im Gesundheitswesen oder den Einsatz von E-Health folgt oftmals einseitig fokussiert auf abgegrenzte Projekte und/oder Technologien. Die eigentlichen Potenziale von E-Health erfordern jedoch einen multiperspektivischen Gestaltungsansatz, um bestehende Technologien, Prozesse und insbesondere die Akteure – Ärzte, Patienten, Pflegende – ausreichend durch deren Integration in den Gestaltungsprozess zu berücksichtigen. Erst diese akteursbezogene Perspektive ermöglicht erfolgsversprechende innovative Anwendungsszenarien. Damit steht die integrierte Gestaltung der fachlichen Prozesse zunächst im Mittelpunkt der Analyse, um daraus geeignete Anforderungen an die Vernetzung und Integration gesundheitsbezogener Anwendungen abzuleiten und umzusetzen.
Literatur
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Wirtz Bernd W (2013) Electronic business, 4. Aufl. Springer, HeidelbergCrossref
Fußnoten
1
Dabei findet sich in der Literatur das „e häufig kleingeschrieben und ohne Bindestrich (z. B. eCommerce). Im Rahmen dieses Beitrages wird als einheitliche Schreibweise das großgeschriebene „E
mit Bindestrich verwendet (z. B. E-Commerce), wobei hiermit bedeutungsgleiche Begriffe adressiert werden.
2
Zur Vereinfachung wurde für die Gruppe der Leistungsträger das Kürzel „I" für Insurance (Versicherung) gewählt.
© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2019
Robin Haring (Hrsg.)Gesundheit digitalhttps://doi.org/10.1007/978-3-662-57611-3_2
2. Big Data in Gesundheitswesen und Medizin
Stefan Rüping¹ und Jil Sander¹
(1)
Fraunhofer-Institut für Intelligente Analyse- und Informationssysteme (IAIS), Sankt Augustin, Deutschland
Stefan Rüping (Korrespondenzautor)
Email: stefan.rueping@iais.fraunhofer.de
Jil Sander
Email: jil.sander@iais.fraunhofer.de
2.1 Einleitung
2.1.1 Big Data und dessen Analyse
2.1.2 Spezielle Herausforderungen für Big Data und maschinelles Lernen in der Medizin
2.1.3 Datenverfügbarkeit: Big Data in der Medizin und im Gesundheitswesen
2.2 Maschinelles Lernen