Prüfung und Weiterentwicklung von Risikomanagementsystemen: Ökonomische und aktienrechtliche Anforderungen
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Über dieses E-Book
Das Buch befasst sich mit ökonomischen und gesetzlichen Anforderungen an das Risikomanagement, insbesondere aus §§ 91, 93 AktG, sowie Methoden zu deren Überprüfung durch Wirtschaftsprüfer oder Interne Revision (methodische Grundlagen und konkrete Hilfsmittel, z.B. Checklisten). Ein Fokus liegt dabei auf der Anforderung, dass das Risikomanagement „bestandsgefährdende Entwicklungen“ früh erkennen soll, was die Betrachtung von Kombinationseffekten von Risiken erfordert (Risikoaggregation).
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Buchvorschau
Prüfung und Weiterentwicklung von Risikomanagementsystemen - Werner Gleißner
© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019
Werner Gleißner, Remmer Sassen und Maximilian BehrmannPrüfung und Weiterentwicklung von Risikomanagementsystemenessentialshttps://doi.org/10.1007/978-3-658-25567-1_1
1. Einleitung und Problemstellung
Werner Gleißner¹ , Remmer Sassen² und Maximilian Behrmann³
(1)
Technische Universität Dresden, FutureValue Group AG, Leinfelden-Echterdingen, Deutschland
(2)
Universität Hamburg, Hamburg, Deutschland
(3)
Universität Hamburg, Hamburg, Deutschland
Werner Gleißner (Korrespondenzautor)
Email: w.gleissner@futurevalue.de
Remmer Sassen
Email: remmer.sassen@uni-hamburg.de
Maximilian Behrmann
Email: maximilian.behrmann@wiso.uni-hamburg.de
In Deutschland wurde die Entwicklung des Risikomanagements von Unternehmen wesentlich geprägt durch das Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG) und dem darauf aufbauenden IDW Prüfungsstandard 340 zu Risikofrüherkennungssystemen. Das KonTraG wurde am 6. März 1998 vom Deutschen Bundestag verabschiedet und trat am 1. Mai 1998 in Kraft. Zentraler Bestandteil des KonTraG und Katalysator für das Risikomanagement ist der § 91 Abs. 2 AktG. Dieser fordert die Einrichtung eines Frühwarnsystems und präzisiert die Organisationspflicht des Vorstandes:
Der Vorstand hat geeignete Maßnahmen zu treffen, insbesondere ein Überwachungssystem einzurichten, damit den Fortbestand der Gesellschaft gefährdende Entwicklungen früh erkannt werden.
In der Begründung des Deutschen Bundestages zum § 91 Abs. 2 AktG heißt es, dass die Verpflichtung des Vorstandes durch das Gesetz besonders hervorgehoben werden soll. Eine Verletzung der Sorgfaltspflichten durch den Vorstand kann zum Schadensersatz führen, stellt also ein persönliches Haftungsrisiko dar. Das KonTraG betrifft aber nicht nur Aktiengesellschaften. Es wird allgemein von einer Ausstrahlungswirkung auf andere Unternehmensformen ausgegangen.¹
Die Gesetzesformulierung beinhaltet nur explizite Anforderungen an das Risikofrüherkennungssystem als den Teil des Risikomanagements, der dazu dient, die Unternehmensführung über Risiken zu informieren – und zwar frühzeitig: Insbesondere soll damit vor einer Entscheidung (z. B. bezüglich einer Investition) klar sein, welche Implikationen diese für den zukünftigen Risikoumfang hätte und damit eine mögliche bestandsgefährdende Entwicklung durch diese angezeigt werden. Wie die Unternehmensführung mit den Risiken umgeht (Risikobewältigung) und unter Berücksichtigung der Risiken entscheidet, wird nicht durch den Gesetzestext expliziert.
Das Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e. V. (IDW) konkretisiert mit seinem Prüfungsstandard 340 (IDW PS 340) die Anforderungen an ein Risikomanagementsystem als Auslegungshilfe für die Jahresabschlussprüfung. Erstmalig beschlossen wurde der Prüfungsstandard am 25. Juni 1999 als Folge des KonTraG. Obwohl Prüfungsstandards keinen gesetzlichen Charakter haben, bestimmen sie regelmäßig die unternehmerische Praxis, da sie als Grundsätze ordnungsmäßiger Abschlussprüfung zu interpretieren sind und ihre Nichtbeachtung im Regressfall zum Nachteil des Wirtschaftsprüfers ausgelegt wird.² Der IDW PS 340 beinhaltet folgende Aspekte im Hinblick auf ein Risikomanagementsystem: 1) Festlegung der Risikofelder, 2) Risikoerkennung und Risikoanalyse, 3) Risikokommunikation, 4) Zuordnung Verantwortlichkeiten und Aufgaben, 5) Einrichtung eines Überwachungssystems und 6) Dokumentation getroffener Maßnahmen. Eine fehlende oder unvollständige Dokumentation führt zu Zweifeln an der dauerhaften Funktionsfähigkeit der getroffenen Maßnahmen.
Bei einer genaueren Betrachtung der in der Praxis implementierten Risikomanagementsysteme sind erhebliche Schwächen festzustellen und die Anforderungen des IDW PS 340 sind trotz erteilter Testierungen oft nicht erfüllt.³ Wesentlich ist dabei, dass viele Verbesserungsmöglichkeiten, speziell bei den Prozessen, primär als „Feintuning interpretiert werden können. Daneben gibt es jedoch eine Anzahl grundlegender methodischer Schwachpunkte des Risikomanagements, die den ökonomischen Nutzen vieler Risikomanagementsysteme infrage stellen. Bei der Weiterentwicklung von Risikomanagementsystemen und auch der (geplanten) Überarbeitung des IDW PS 340 empfiehlt es sich, eine klare Priorität auf diese Themen zu legen. Die vorliegenden Ausführungen zielen darauf ab, solche „kritischen Schwächen
im Risikomanagement sowie in der wert- und risikoorientierten Unternehmensführung zu diskutieren und damit Ansatzpunkte für eine fokussierte Weiterentwicklung und Prüfung des Risikomanagements aufzuzeigen. Viele zentrale Aspekte werden dabei – anders als im älteren IDW PS 340 – im neuen DIIR Revisionsstandard Nr. 2 für die Prüfung des Risikomanagements (von November 2018) bereits