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Europa, deine Frauen: Beiträge zu einer weiblichen Kulturgeschichte
Europa, deine Frauen: Beiträge zu einer weiblichen Kulturgeschichte
Europa, deine Frauen: Beiträge zu einer weiblichen Kulturgeschichte
eBook844 Seiten10 Stunden

Europa, deine Frauen: Beiträge zu einer weiblichen Kulturgeschichte

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Über dieses E-Book

Frauen sind in den letzten Jahrhunderten – ganz bevorzugt in den letzten Jahrzehnten – kulturgeschichtlich viel intensiver und origineller tätig gewesen, als dies gemeinhin wahrgenommen wird.

Was genau die kulturhistorischen Dimensionen des „Frau-Seins“ sind, wird vom Autor differenziert betrachtet und dargestellt. Die Kulturgeschichte würde ohne den Anteil, den diese Frauen  daran hatten, ganz anders aussehen. Der weibliche Einfluss ist unverkennbar im Wachsen begriffen und sein Anteil an kulturgeschichtlicher Entwicklung darf nicht unterschätzt werden.

Madame de Sévigné – Madame du Châtelet – Johanna Schopenhauer – Rahel Varnhagen -  Louise Labé – Elisabeth Barrett-Browning – George Eliot – Marie von Ebner-Eschenbach – Gabriele Münter –Therese Giehse – Melina Mercouri – Pina Bausch – Ellen Key – Maria Montessori – Karen Horney – Astrid Lindgren – Bertha von Suttner – Beatrice Webb- Rosa Luxemburg – Franca Magniani – Margarete Susman – Hannah Arendt – Simone de Beauvoir – Agnes Heller

SpracheDeutsch
HerausgeberSpringer
Erscheinungsdatum13. Nov. 2014
ISBN9783662442326
Europa, deine Frauen: Beiträge zu einer weiblichen Kulturgeschichte

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    Buchvorschau

    Europa, deine Frauen - Gerhard Danzer

    I

    Einführung

    © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2015

    Gerhard DanzerEuropa, deine Frauen10.1007/978-3-662-44232-6_1

    1. Eine weibliche Kulturgeschichte – gibt es die überhaupt?

    Gerhard Danzer¹, ²  

    (1)

    Medizinische Klinik mit Schwerpunkt Psychosomatik, Charité Campus Mitte, 10117 Berlin, Deutschland

    (2)

    Medizinische Hochschule Brandenburg (MHB), Ruppiner Kliniken sowie, 16816 Neuruppin, Deutschland

    Gerhard Danzer

    Email: Gerhard.Danzer@charite.de

    1.1 Frauenbewegung und Feminismus

    1.2 Frauen, ihre soziale Welt und die Öffentlichkeit

    1.3 Frauen und die Dichtkunst

    1.4 Frauen in bildender und darstellender Kunst

    1.5 Frauen in Pädagogik und Wissenschaft

    1.6 Frauen und die Politik

    1.7 Frauen in der Philosophie

    1.8 Eine weibliche Kulturgeschichte, gibt es die überhaupt?

    Literatur

    Prolog

    Von alters her ist bekannt, meinte Virginia Woolf provokant, dass Frauen Kinder gebären, keine Bärte haben und selten kahl werden. Darüber hinaus gäbe es wenig gesichertes Wissen über diese eine Hälfte der Menschheit, die sich in der Vergangenheit bevorzugt mit der Aufzucht des Nachwuchses und dem Führen von Hauswirtschaften abgegeben hat. Ob Frauen zu anderen Aufgaben herangezogen werden können, war lange Zeit zumindest umstritten, und ob sie womöglich sogar zum Kulturschöpfertum taugten, wagten sich viele (Männer) selbst in kühnen Träumen nicht auszumalen. Doch die Geschichte lehrt: Frauen verändern, bevorzugt in den letzten Jahrzehnten, erfolgreich sich und die Kultur.

    Virginia Woolf war da noch skeptischer. 1928 hielt sie einen Vortrag, den sie ein Jahr später unter dem Titel „Ein eigenes Zimmer" publizierte, und der seither wahrscheinlich viel häufiger zitiert als gelesen wird. Darin rekapitulierte sie den Einfluss von Frauen innerhalb der europäischen Kulturgeschichte und kam zu dem Schluss, dass deren Gestaltungsmöglichkeiten im Vergleich zu denjenigen von Männern in der Tat ziemlich überschaubar waren. Als Ursachen dafür machte sie jedoch nicht geringe intellektuelle oder sonstige weibliche Potenzen, sondern den eklatanten Übungsmangel von Frauen verantwortlich.

    So stoße man, sobald man in Archiven, Enzyklopädien, Verzeichnissen, Lexika und geistesgeschichtlichen Aufzeichnungen blättere, häufig auf Namen von Männern, kaum aber auf diejenigen von Frauen. Auch im Alltagsleben treffe man bevorzugt auf männliche Entdeckungen und Erfindungen, so dass man von einer Art kultureller Geschichtslosigkeit der Frauen ausgehen müsse, welche die weibliche Zurückhaltung in Sachen Kulturschöpfung perpetuiere:

    Man konnte nicht zur Landkarte gehen und sagen, Kolumbus entdeckte Amerika, und Kolumbus war eine Frau; oder einen Apfel nehmen und bemerken, Newton entdeckte die Gesetze der Schwerkraft, und Newton war eine Frau; oder in den Himmel schauen und sagen, Aeroplane fliegen über uns hinweg, und Aeroplane wurden von Frauen erfunden … Es gibt keine Elle, säuberlich in Bruchteile des Zolls eingeteilt, die man den Qualitäten einer guten Mutter anlegen kann oder der Anhänglichkeit einer Tochter oder der Treue einer Schwester oder der Tüchtigkeit einer Haushälterin (Woolf 1929, S. 86 f.).

    Fast neun Jahrzehnte nach der Abfassung von „Ein eigenes Zimmer" kann man diese Zeilen sowie die Schlussfolgerungen Virginia Woolfs relativieren. Zwar stimmt es: Kolumbus und Newton waren Männer, und erste Flugapparate wurden von Leonardo da Vinci konzipiert. Doch lassen sich bei einem Blick auf die europäische Geistes- und Kulturgeschichte bevorzugt des 20. Jahrhunderts viele Leistungen und Errungenschaften benennen, die weiblichen Ursprungs waren oder sind.

    Daneben haben sich schon in früheren Jahrhunderten (vor allem seit der Renaissance) Frauen in Europa zunehmend als kulturell Handelnde verstanden und sind (zugegebenermaßen vereinzelt) als Dichterinnen, Künstlerinnen, Mäzenatinnen, Wissenschaftlerinnen oder Philosophinnen hervorgetreten. Die fünfbändige Geschichte der Frauen (Duby u. Perrot 2012) gewährt einen hervorragenden Überblick über die kulturellen und viele weitere Aspekte fraulichen Daseins – wobei die Herausgeber im Klappentext betonen, dass ihre Geschichte der Frauen ebenso eine der Männer darstellt. Die Literaturwissenschaftlerin und Essayistin Silvia Bovenschen (geboren 1946) schloss sich der Diagnose Virginia Woolfs von der relativen Geschichtslosigkeit der Frauen an und verwies auf problematische Konsequenzen daraus. Weil es weit weniger weibliche als männliche kulturelle und historische Spuren gibt, welche die Kulturwissenschaftler den interessierten Frauen präsentieren können, neigen Letztere nicht selten zu fragwürdigen Ersatz- und Kompensationsbewegungen:

    Der Mangel an Belegen und Überlieferungen der Anwesenheit von Frauen im geschichtlichen Prozess hat … ursprungsmythische Sehnsüchte wachgerufen. So wird etwa der „Gang zu den Müttern", jenen Wesen, die Goethe bezeichnenderweise außerhalb von Raum und Zeit im noch Unausgebildeten, Ungetrennten ansiedelte, heute wieder empfohlen. Aber so großartig diese Formel als poetischer Ausdruck des geschichtlichen Ausschlusses der Frauen auch sein mag, als Proklamation im 20. Jahrhundert im Sinne einer diesmal von den Frauen selbst programmierten Geschichtslosigkeit droht sie der Lächerlichkeit des Sektierertums anheimzufallen … (Bovenschen 2003, S. 264).

    Mein Buch verzichtet auf solche Suchbewegungen und will stattdessen zu einer differenzierten Betrachtung der kulturhistorischen Dimensionen des Frauseins beitragen. Ich möchte zeigen, wie intensiv und originell Frauen in den letzten Jahrhunderten und bevorzugt in den letzten Jahrzehnten kulturschöpferisch tätig waren und sich damit in eine Kulturgeschichte eingeschrieben haben, bei der zwar immer noch männliche Namen in der Überzahl sind, deren weiblicher Einfluss und Anteil jedoch inzwischen unverkennbar im Wachsen begriffen ist.

    Bei der Auswahl der vorgestellten Frauen habe ich mich von mehreren Kriterien leiten lassen: Die Frauen sollten aus verschiedenen Ländern Europas stammen; in der Neuzeit (also zwischen der Renaissance und der Gegenwart) gelebt haben; unterschiedlichen Berufen und Ambitionen nachgegangen sein; ein wie auch immer geartetes Werk hinterlassen haben, an dem sich ihr Charakter und Lebensstil als Spiegelung, Doppelung oder auch Kontrast ihres Wesens ablesen lässt; und sie sollten – ein sehr subjektives Auswahlargument – mir persönlich etwas zu sagen haben. Einige dieser Frauen begleiten mich als Thema und Herausforderung schon jahrelang. Die hier vorgestellten Biografien und Werkanalysen wurden zum überwiegenden Teil von mir neu verfasst; wenige Beiträge (z. B. über Rahel Varnhagen, Marie von Ebner-Eschenbach, Karen Horney, Simone de Beauvoir) wurden in anderen Zusammenhängen und mit anderer Schwerpunktsetzung bereits vor vielen Jahren von mir publiziert.

    So entstand ein Kompendium von 24 Frauen, die modellhaft sowohl Emanzipationsversuche als auch kulturelle Beitragsleistungen gelebt haben. An ihren Biografien und Daseinsgestaltungen wollte ich den Satz Georg Simmels modifizieren: „Die Kultur ist der Weg der Seele zu sich selbst. Übertragen auf die erörterten weiblichen Lebensschicksale wird aufgezeigt, dass und wie die betreffenden Frauen ihr kulturelles Engagement nutzten, um für sich trotz aller Limitierungen innerhalb einer patriarchalisch geprägten Umwelt Emanzipation und Identitätsfindung so intensiv wie möglich zu verwirklichen. In Anlehnung an Georg Simmel kann man demnach formulieren: „Die Kultur ist ein wesentlicher und erfolgreicher Weg auch für Frauen zu sich selbst.

    Dieses Buch zielt darüber hinaus aber ebenso darauf ab, ein Schuldgefühl abzutragen, das in den Jahrzehnten meiner bisherigen schriftstellerischen Arbeit entstanden ist. Bei der Fülle der von Josef Rattner und mir dargestellten und zitierten Autoren, die wir in diversen Publikationen bedacht haben, kamen bisher die Frauen eindeutig zu kurz. So sehr es dafür gute Gründe gab, so sehr gilt es nun, dieses Defizit auszugleichen.

    1.1 Frauenbewegung und Feminismus

    Bei einem Buch über weibliche Beiträge zur europäischen Kulturgeschichte der Neuzeit bleibt es nicht aus, das Thema Frauenbewegung und Feminismus zumindest zu streifen. In den späten 70er-Jahren des letzten Jahrhunderts hörte ich ein Lied der italienischen Sängerin Milva (geboren 1939), worin sie zur Musik von Mikis Theodorakis (geboren 1925) von den Möglichkeiten eines geglückten Miteinanders von Mann und Frau sang. Vom Text des Liedes blieb mir eine kurze Passage in Erinnerung: „Wer wird als Frau denn schon geboren?
 Man wird zur Frau doch erst gemacht!"¹ Einige Zeit später bemerkte ich, wem die überzeugte Sozialistin Milva diese Formulierung zu verdanken hatte: In Simone de Beauvoirs Hauptwerk Das andere Geschlecht – Sitte und Sexus der Frau (1949¹, 1992, S. 265) las ich den entsprechenden Satz: „Man ist nicht als Frau geboren, man wird es."

    Inwiefern de Beauvoir mit ihrer Aussage etwas Richtiges gesehen hat, ist seit der Publikation von Das andere Geschlecht heftig diskutiert und teilweise vehement bestritten worden. Es gab und gibt nicht wenige Anthropologen, Psychologen, Soziologen, Ethnologen, Ärzte und Feministinnen, die durchaus die Meinung vertreten, dass das biologische Geschlecht eines Menschen (Sex) sowie weitere determinierende Gesichtspunkte seiner Geburt (Zeitraum und Gegend seiner Existenz) für dessen psychosoziale Geschlechtsrolle (Gender) von großer oder sogar entscheidender Bedeutung sind.

    Aufgrund ihrer Ausführungen in Das andere Geschlecht zählt man de Beauvoir zu den Vertreterinnen eines Gleichheitsfeminismus, der von einer grundsätzlichen Gleichheit und Gleichwertigkeit beider Geschlechter ausgeht. Die bestehenden Unterschiede zwischen Mann und Frau sind demnach auf historisch-kulturelle, gesellschaftliche und politische Traditionen sowie auf die jeweiligen Sozialisationsmuster (männlich/weiblich), nicht aber auf die diversen körperlichen Differenzen wie etwa anatomische und hormonelle Ausstattungen zurückzuführen. Das biologische Geschlecht von Menschen sei kaum für die geschlechtsspezifischen sozialen Rollenzuschreibungen verantwortlich.

    Im Gegensatz zum Gleichheits- oder Egalitätsfeminismus vertritt der Differenzfeminismus die Ansicht, dass eine (vor allem biologisch, aber auch kulturell-historisch bedingte) Verschiedenheit der Geschlechter gegeben ist und sich daraus unterschiedliche weibliche und männliche Verhaltensweisen und Einstellungen ableiten lassen. Eine frühe Vertreterin eines solchen Differenzfeminismus war etwa Bertha von Suttner , die von einem größeren Maß an Einfühlungsvermögen und Friedfertigkeit der Frauen ausging und diese daher im Vergleich mit den Männern als für den Pazifismus tauglicher und für eine friedliche und kriegsferne Konfliktlösung eher bereit erachtete.

    Ein weithin bekanntes und zu Recht kritisiertes biopsychologisches Erklärungsmodell für einen Differenzfeminismus lieferte Sigmund Freud . Er sah im biologisch determinierten Penisneid von Mädchen und Frauen den Hauptgrund für deren angebliche charakterliche Unterschiede zu den Männern, die unter verstärkter Kastrationsangst zu leiden hätten. Der Penismangel und -neid sowie das geringere Niveau an Kastrationsangst führe bei Frauen zu einer differenten Ausgestaltung ihres Über-Ichs (Gewissen) und trage zu den „typisch weiblichen" Einstellungen wie Masochismus, Infantilismus und Narzissmus bei.

    Neben diesen zwei Hauptströmungen des Feminismus haben sich im 20. Jahrhundert noch weitere Richtungen und Bewegungen etabliert, die sich die Emanzipation von Frauen sowie eine kulturell-gesellschaftliche Umgestaltung im Sinne einer Überwindung von patriarchalischen Herrschaftsstrukturen auf ihre Fahnen geschrieben haben. Zu ihnen zählen der sozialistische Feminismus (orientiert an sozialistischen Gedanken: z. B. Clara Zetkin , Rosa Luxemburg ), der anarchistische Feminismus (orientiert an anarchistischen Gedanken: z. B. Emma Goldmann ), der gynozentrische Feminismus mit seinen Vorstellungen eines zukünftigen Matriarchats sowie der Postfeminismus, der die individuellen Unterschiede zwischen einzelnen Menschen für relevanter erachtet als diejenigen zwischen den Geschlechtern. Diese postfeministische Position wird vor allem von der Philosophin Judith Butler (geboren 1956 in den USA) vertreten (Butler 2003, 2009).

    Das Ziel des vorliegenden Buches besteht nun nicht in einer vertieften Diskussion oder gar abschließenden Klärung der verschiedenen feministischen und postfeministischen Positionen (siehe hierzu Irigaray 1991; Cixous 1980, 2013; Muraro 1996, 2009; Kristeva 2001a, 2001b). Es geht mir vielmehr darum zu zeigen, wie Frauen trotz teilweise massiver patriarchalischer Begrenzungen imstande waren, Kulturbeiträge zu leisten und weibliche Emanzipation zu verwirklichen. Dies erachte ich als produktiver und für einzelne Individuen ermutigender als den oftmals sterilen Streit zwischen diversen Richtungen des Feminismus oder zwischen den Geschlechtern.

    Das vorliegende Buch ist in sechs größere Themenblöcke unterteilt:

    Frauen, ihre soziale Welt und die Öffentlichkeit

    Frauen und die Dichtkunst

    Frauen in bildender und darstellender Kunst

    Frauen in Pädagogik und Wissenschaft

    Frauen und die Politik

    Frauen und die Philosophie

    Diese Unterteilung orientiert sich zum einen an den im Vordergrund stehenden kulturellen Leistungen von Frauen in Dichtung, Schriftstellerei, bildender und darstellender Kunst, Wissenschaft, Politik sowie Philosophie. Zum anderen spiegelt diese Einteilung eine zeitliche Abfolge wider, die von der Spätrenaissance über die Aufklärungszeit und die Romantik bis ins beginnende 21. Jahrhundert reicht. In den folgenden Abschnitten soll im Überblick auf die einzelnen Themenbereiche eingegangen werden.

    1.2 Frauen, ihre soziale Welt und die Öffentlichkeit

    Untersucht man weibliche Biografien und kulturelle Beiträge in jenen Epochen, wird offenkundig, dass während der Renaissance Frauen vor allem in Italien und Frankreich Vorreiterrollen in Bezug auf Individuation, Kreativität und Ausdrucksmächtigkeit einnahmen. Diese Zeit eröffnete einem Teil der Menschen in Europa Chancen, die Dimensionen ihrer Personalität zu erspüren und auszubilden; besonderen Gebrauch davon machten Künstler, Dichter und Philosophen. Parallel dazu kam es zu einem Aufschwung von Wissenschaft und Ökonomie (Entwicklung des Bank- und Geldwesens) sowie der politisch-gesellschaftlichen Teilhabe, bevorzugt in den italienischen Stadtstaaten.

    Darüber hinaus verbreiteten humanistisch gesinnte Schriftsteller und Denker innovative Ideen, zu denen neben den Idealen des „Uomo universale (enzyklopädische Bildung) und des „Uomo gentile (Höflichkeit und Vornehmheit: der Gentleman) auch die Vorstellungen von Frauen gehörten, die privaten Grenzen von Kindererziehung und Haushaltung zu transzendieren und sich als aktive Mitglieder und Handelnde der Öffentlichkeit zu begreifen. Die italienische Fürstin Vittoria Colonna , eine Dichterin und Muse Michelangelos , ebenso wie die Mäzenin Isabella d’Este oder die französische Lyrikerin Louise Labé waren hierfür frühe gelungene Modelle.

    Freilich befanden sich Frauen damals in der Regel noch in ökonomischer Abhängigkeit von Vater, Bruder oder Ehemann. Dies änderte sich während der Aufklärungszeit und der Romantik nur unwesentlich. Die Lebensläufe der hier vorgestellten Madame du Châtelet , von Johanna Schopenhauer oder Rahel Varnhagen zeigen, wie sehr diese Frauen trotz all ihrer kulturellen Meriten finanziell noch von ihren Gatten und Geliebten (Madame du Châtelet, Johanna Schopenhauer) oder ihren Vätern (Rahel Varnhagen) abhingen.

    Als kulturelle Tätigkeitsfelder boten sich für Frauen seinerzeit diverse Möglichkeiten an, die man als schrittweise Entwicklung vom privaten zum öffentlichen Leben interpretieren kann. Noch stark von persönlichen Themen dominiert waren Briefe und Tagebucheinträge, die primär nicht zur Publikation verfasst wurden und oftmals erst im Nachhinein oder nach dem Tod der Autorin zur Veröffentlichung gelangten. In den Briefkonvoluten der Madame de Sévigné etwa finden sich jedoch bereits Passagen, die über Privates hinausgehen und das eigene „Leben als Text" verstehen (Becker-Cantarino 1985, S. 83 ff). Noch stärker tritt diese Tendenz in den Briefen von Rahel Varnhagen zutage.

    Neben solchen schriftlichen Beiträgen zur Kultur eröffneten Frauen im 17. und 18. Jahrhundert in großen Städten Europas literarische Salons. Diese entwickelten sich häufig zu Zentren eines intellektuellen und soziokulturellen Stoffwechsels zwischen gebildeten Menschen beiderlei Geschlechts. Männer genossen dort die oftmals erotisch-plaudernde Atmosphäre, wohingegen nicht wenige Frauen ihre Salons als Schauplätze der Emanzipation verstanden. Unter anderem Madame du Châtelet, Johanna Schopenhauer und Rahel Varnhagen gaben hierfür überzeugende Beispiele ab (Heyden-Rynsch 1995).

    1.3 Frauen und die Dichtkunst

    Der zweite große Themenbereich handelt von der Dichtkunst als Ausdrucks- und Kulturmöglichkeit von Frauen. Einerseits lässt sich hierfür eine bis in die Antike zurückreichende Tradition benennen – man denke nur an die griechische Lyrikerin Sappho , die zwischen 630 und 570 vor Christus auf der Insel Lesbos lebte und mit ihren Gedichten über Jahrhunderte hinweg beinahe kanonische Bedeutung erlangte.

    Andererseits war es für Frauen keineswegs eine Selbstverständlichkeit, dichterisch und schriftstellerisch hervorzutreten (Gnüg u. Möhrmann 1999; Tebben 1998; Prokob 1976). Am ehesten noch durften sie sich in der Rolle von Lyrikerinnen versuchen, die in ihren Poemen den Topos von Liebe und Ehe besingen sollten. Die Renaissance-Dichterin Louise Labé aus Lyon kam einer derartigen Rollenzuschreibung nahe, obgleich sie in ihren Sonetten andeutungsweise auch die Eigentümlichkeiten und Probleme der eigenen Person und des weiblichen Daseins zum Ausdruck brachte.

    Auch die Sonette der Elizabeth Barrett-Browning handeln von der Liebe. Weil sie jedoch dreihundert Jahre nach Louise Labé Mitte des 19. Jahrhunderts lebte, mischten sich in ihre Liebesgedichte existenzielle und anthropologische Fragestellungen, die in der Hochrenaissance vordergründig noch keine Rolle spielten. In ihrer Lyrik finden sich Andeutungen eines fragilen Daseinsgefühls, wie es etwa in der zeitgleich formulierten Philosophie Sören Kierkegaards ausführlich dargestellt und erörtert worden ist.

    Wie schwierig es seinerzeit war, nicht lediglich als eine Dichterin von Liebeslyrik, sondern von epischen Werken oder als Schriftstellerin mit philosophischem Anspruch zu reüssieren, verdeutlicht die Biografie von George Eliot . Sie war Zeitgenossin und Landsmännin von Elizabeth Barrett-Browning und musste auf ein männliches Pseudonym zurückgreifen, um schriftstellerisch ernstgenommen zu werden und zugleich ihre Person zu schützen.

    Im 19. Jahrhundert galt die österreichische Erzählerin Marie von Ebner-Eschenbach am ehesten als ein gelungenes Modell für epische Dichtkunst von Frauen. Obwohl ihren Texten von vielen Literaturwissenschaftlern „weibliche Attribute wie Einfühlungsvermögen, Sensibilität und Mitleid attestiert wurden, erkannten die Experten an ihr auch ausreichend „männliche Eigenschaften wie Durchsetzungsvermögen, Erfolg und relative finanzielle Unabhängigkeit, um sie als Ausnahmeerscheinung unter den Dichterinnen des 19. Jahrhunderts firmieren zu lassen.

    1.4 Frauen in bildender und darstellender Kunst

    Jahrhundertelang assoziierte man unter dem Titel „Frauen und Kunst die Darstellung von Frauen beispielsweise auf Gemälden, nicht aber die weibliche Rolle von Künstlerinnen. Bis weit ins 19. Jahrhundert hinein galt es als ausgemachte Sache, dass Frauen über zu wenig künstlerisches Talent verfügen, um als Komponistinnen, Bildhauerinnen oder Malerinnen ernsthaft hervorzutreten. Man lese Arthur Schopenhauers beschämende Abhandlung „Über die Weiber (1851¹, 1988), und man wird verstehen, warum in Europa noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine Künstlerexistenz als weiblicher Lebensentwurf von den meisten als unmöglich angesehen wurde. Akademisch-künstlerische Ausbildungsgänge waren für Frauen nicht etabliert; sie durften sich höchstens im Kunsthandwerk tummeln. Musizieren, Zeichnen, Stickerei oder Buchillustration bedeuteten damals für Frauen meist lediglich Möglichkeiten, private Lebensräume künstlerisch zu gestalten oder ihre Familie nach außen hin als eine gebildete zu repräsentieren.

    Im Hinblick auf Chancen von Frauen, künstlerisch-solide Ausbildungen zu erhalten und sich als Berufskünstlerinnen durchzusetzen, hat sich in den letzten einhundert Jahren vieles zum Besseren verändert; die vier in diesem Buch vorgestellten Künstlerinnenbiografien demonstrieren dies eindrücklich. Allerdings hatte etwa Gabriele Münter durchaus noch mit dem Vorurteil zu kämpfen, als „Malweib" lediglich an ihrem Lehrer Kandinsky und nicht an der Kunst interessiert zu sein.

    Mit derart abfällig-entwertenden Meinungen wurden Therese Giehse und Melina Mercouri als Schauspielerinnen sowie Pina Bausch als Tänzerin und Choreografin nicht mehr konfrontiert. Obschon den Frauen in der Antike und bis weit über die Renaissance hinaus aus religiösen wie gesellschaftlichen Motiven eine aktive Mitwirkung bei Theater- oder Tanzveranstaltungen nicht gestattet war, eroberten sie sich merklich früher als ihre Kolleginnen von der bildenden Kunst jene Bretter und Bühnen, welche angeblich die Welt bedeuten. Zumindest das 18. Jahrhundert kannte in Europa bereits professionell tätige Schauspielerinnen und Tänzerinnen, wenngleich das fahrende Volk (zu dem sie gezählt wurden) ganz allgemein keine sonderlich hohe Wertschätzung genoss.

    Dass wir uns jedoch mit dem bisher Erreichten nicht zufrieden geben sollten, verdeutlicht eine Veröffentlichung des Deutschen Kulturrats aus dem Jahr 2008. Darin referierte er Zahlen aus verschiedenen Studien zum Thema Künstlerinnenförderung in Deutschland, die nachdenklich stimmen:

    Von einer Gleichstellung der Frauen in Kunst und Kultur kann … weiterhin nicht die Rede sein. Das ließ sich auch dort erkennen, wo man es nicht am Maßstab der Karriereleiter messen kann: in der Ankaufspraxis zeitgenössischer Kunst durch die Bundesländer und in ihrer Auftragsvergabe zur Ausstattung öffentlicher Bauten mit Kunst. Nicht nur, dass die Bundesländer häufiger Werke von Männern kaufen bzw. Aufträge an Männer vergeben. Noch geringer ist der Frauenanteil an den dafür gezahlten Summen. Das heißt, Frauen haben für dieselbe Anzahl von Werken … eine niedrigere Durchschnittssumme erzielt. Die Diskrepanz betrug ca. 10 % (Deutscher Kulturrat 2008, S. 91).

    1.5 Frauen in Pädagogik und Wissenschaft

    Sucht man im Internet nach berühmten Wissenschaftlerinnen, wird etwa ein Dutzend Namen genannt. Die Liste reicht von Hildegard von Bingen bis zu Christiane Nüsslein-Volhard (geboren 1942), die für ihre Forschung zur genetischen Kontrolle der Embryonalentwicklung 1994 den Nobelpreis für Physiologie oder Medizin erhalten hat (Schiebinger 1993).

    Ebenfalls zur Gruppe der bekannten Wissenschaftlerinnen gehört Maria Montessori (1870–1952), die es als Pädagogin vermochte, ihre Erziehungslehre (Kinderhäuser, Montessori-Schulen) in mehreren Kontinenten (Europa, USA, Indien) zu etablieren. Neben Montessori als Pädagogin wird Karen Horney (1885–1952) als Psychoanalytikerin und Sozialwissenschaftlerin vorgestellt; der Schwerpunkt ihrer beruflichen Tätigkeit lag freilich im psychotherapeutischen Bereich. Wissenschaftliche Meriten erwarb sie sich, indem sie das von Sigmund Freud in die Welt gesetzte psychoanalytisch-anthropologische Konzept zur Weiblichkeit mit kräftigen Fragezeichen versah und die Psyche von Frauen als kulturell statt biologisch determiniert erachtete.

    Eine weitreichendere Wirkung als Karen Horney erzielte die schwedische Pädagogin Ellen Key (1849–1926), die mit ihrem Buch Das Jahrhundert des Kindes (1900) einen Best- und zugleich Longseller in die Welt gesetzt hat. Obschon sich das 20. Jahrhundert in Europa beileibe nicht zu einem des Kindes, sondern vielmehr zu einem der Extreme (so der Titel eines Buches von Eric Hobsbawm ) entwickelt hat, wurde der Titel von Keys Hauptwerk zu einem oft zitierten, aber leider nicht eingelösten Schlagwort, das die große Bedeutung von Pädagogik und Kindererziehung widerspiegelt. Man verkennt jedoch Ellen Key, wenn man sie lediglich auf ihre Rolle als Reformpädagogin reduziert und ihre Leistungen als Essayistin und Kulturanalytikerin übersieht.

    Eine ähnliche Tendenz zur Unter- und Geringschätzung ihrer Person hat Astrid Lindgren (1907–2002) erfahren. Die Landsmännin von Ellen Key wurde meist nur als Autorin von Pippi Langstrumpf wahrgenommen und allenfalls noch als skandinavisch-behagliche Märchentante eingeordnet. Dass Astrid Lindgren auch handfeste politisch-gesellschaftliche Anliegen verfocht, wurde häufig nicht zur Kenntnis genommen – wie Frauen in der Vergangenheit überhaupt leicht zum „Fräulein Lehrerin" abgestempelt und entwertet wurden, sobald sie sich wissenschaftlich oder pädagogisch betätigten.

    1.6 Frauen und die Politik

    Unter diese Überschrift könnte man den Inhalt dicker Bücher subsumieren, die von männlich dominierter Politik und Historie handeln, und bei denen sich Frauen in der Rolle von Claqueuren und häufiger noch in derjenigen von Opfern oder Leidtragenden befunden haben. Dass Politik von Frauen auch aktiv betrieben und verantwortet werden kann, galt landläufig als eine Mär oder aber als Ausnahme, welche die Regel bestätigt.

    Und doch lässt sich anhand der europäischen Geschichte zeigen, dass Frauen partiell schon im Altertum in einflussreiche und herausragende Politikfelder hineinwuchsen und sich gegen männliche wie weibliche Rivalen zu behaupten wussten. Im Buch Reinhard Barths Frauen, die Geschichte machten – Von Hatschepsut bis Indira Gandhi (2004) kann man an über zwei Dutzend Beispielen studieren, wie geschickt, machtbeflissen und teilweise erfolgreich (im Sinne von durchsetzungsstark) sich Frauen als Herrscherinnen und aktive Politikerinnen erwiesen haben.

    Es geht in meinem Buch zwar ebenfalls um Frauen und die Politik – allerdings nicht (oder nur am Rande) um aktive Politikerinnen. Der Schwerpunkt liegt auf den Kulturbeiträgen von Frauen, und man kann sich mit dem Schweizer Kulturhistoriker Jacob Burckhardt (1818–1897) fragen, ob Kultur (als Sphäre von Logos, Eros und Vernunft) und Politik (als Sphäre von Macht und leider häufig auch von Gewalt) einander nicht antagonistisch gegenüberstehen. Jedenfalls scheiterten Kulturrepräsentanten in der Vergangenheit nicht selten mit ihren hehren Ideen und Idealen, sobald sie sich im machtpolitischen Raum bewegen wollten.

    Deshalb werden unter der Überschrift „Frauen und die Politik weibliche Lebensläufe vorgestellt, bei denen es vorrangig um Kommentare oder Entwürfe zur Politik und zum Geschichtsverlauf ging; am ehesten noch entsprach Rosa Luxemburg (1871–1919) den Vorstellungen von aktiver Politik. Die drei anderen hier besprochenen Frauen lieferten entweder wertvolle und zukunftsweisende Beiträge zur Politik (Bertha von Suttner, Beatrice Webb), oder sie schrieben aufklärend-erhellende Abhandlungen und Beurteilungen über historische und politische Prozesse (Franca Magnani). Damit erwiesen sie sich als interessante und der Menschheit oft dienlichere Modelle eines „Zoon politikon (öffentlichen Wesens) als so manche aktiven Politikerinnen, die – aus welchen Motiven auch immer – politische Macht in Gewalt einmünden ließen und am Ende ihrer Herrschaft eine Blutspur als Resultat zu vermelden hatten.

    1.7 Frauen in der Philosophie

    Auch hier ist man versucht, den Wortlaut der Überschrift umzukehren und nach Frauen als Thema innerhalb der Philosophiegeschichte zu fragen. Dabei käme eine stattliche Liste misogyn eingestellter Texte von männlichen Philosophen zustande, deren Lektüre den Frauen wohl Zornes- und den Männern Schamesröte ins Gesicht treiben dürfte.

    Doch unsere Interessen sind andere. So kann man feststellen, dass die Philosophie länger als andere Disziplinen und Bereiche der Kultur eine Domäne von Männern geblieben ist. Als Ursache dafür kann man vermuten, dass die Philosophen als Wahrheits- und Weisheitslehrer lange Zeit in der Nachfolge und in Konkurrenz zu Priestern standen und als solche von einer (männlichen) Aura der Heiligkeit und Unantastbarkeit umgeben waren. Außerdem firmierte die Philosophie nicht selten in unmittelbarer Nähe oder sogar unterhalb der Theologie und stand in dieser Position nur den männlichen Adepten offen.

    So kam es, dass Frauen jahrhundertelang im abstrakten Denken der Philosophie kaum Übung erfuhren, um dann irgendwann feststellen zu müssen, dass sie dasselbe tatsächlich nicht ebenso elegant beherrschten wie ihre männlichen Kollegen. Wer über Generationen hinweg im sinnlich-konkreten Umgang mit der Welt sozialisiert wird, lernt nicht automatisch jene Distanz zur anschaulichen Um- und Mitwelt einzulegen, die erforderlich ist, um sich in den philosophischen Kategorien- und Begriffswelten sicher zu bewegen.

    Dass Frauen aber solche Kompetenzen genauso effektiv und souverän erobern können wie Männer, macht die Liste der Philosophinnen deutlich, die in verschiedenen Nachschlagewerken der letzten Jahrzehnte vorgestellt wurden (Meyer u. Bennent-Vahle 1997; Munz 2004; Rullmann 1993, 1998). Aus dieser Gruppierung habe ich vier Philosophinnen des 20. Jahrhunderts ausgewählt, die sich (jede auf ihre Weise) eingehend mit der Metaphysik der Geschlechter befassten. Darüber hinausgehend haben sie jeweils eigene philosophische Themenschwerpunkte bearbeitet: Margarete Susman die Religionsphilosophie; Hannah Arendt die politische Philosophie; Simone de Beauvoir den Existenzialismus; Agnes Heller die Philosophie der Kontingenz.

    1.8 Eine weibliche Kulturgeschichte, gibt es die überhaupt?

    Hinter die Überschrift des Einleitungskapitels darf man getrost ein Fragezeichen setzen. Ausgehend von Beiträgen von Frauen zur Kulturgeschichte Europas während der letzten fünf Jahrhunderte haben wir stillschweigend vorausgesetzt, dass die sich dabei konstellierende Geistes- und Kulturgeschichte eine weibliche ist oder zumindest so genannt werden darf. Doch gibt es überhaupt eine weibliche oder männliche Historie und Kultur?

    Der englische Schriftsteller und Wissenschaftler Charles Percy Snow (1905–1980) vertrat Ende der 50er-Jahre des letzten Jahrhunderts die These von den zwei Kulturen (Geisteswissenschaften und Literatur einerseits und Naturwissenschaften und Technik andererseits), zwischen denen eine große Kluft bestehe, und die kaum miteinander zu kommunizieren vermögen. Erst wenn sich zwischen diesen beiden Kulturen eine gedeihliche Kooperation und Verständigung etabliert hat, können Snow zufolge die dringlichsten Probleme der Menschheit (Kriege, Obdachlosigkeit, Analphabetismus, Flüchtlingsströme, Hunger, massive Erziehungsdefizite, Ausbeutung von Menschen, Kinderarbeit, Umweltzerstörung, politische und gesellschaftliche Unterdrückung, Diktaturen und totalitäre Regime, religiöse und rassistische Vorurteile etc.) mit Aussicht auf Erfolg angegangen und gelöst werden.

    Die Geschichte der Mann-Frau-Beziehung und des beinahe weltweit zu beobachtenden Patriarchats zählt einerseits ebenfalls zu den vordringlichen Problemfeldern, die einer Lösung oder zumindest einer Besserung des Status quo harren. Andererseits hat diese Geschichte der Geschlechter, die von unendlich viel Entwertung, Kampf und Missverstehen geprägt war und immer noch ist, scheinbar ebenfalls zwei Kulturen hervorgebracht: nämlich eine männliche und eine weibliche.

    Doch sowenig es meiner Ansicht nach eine männliche Kulturgeschichte gibt, sondern allenfalls eine von Männern dominierte oder formulierte Historie und Kultur, so wenig gibt es per se eine weibliche Kulturgeschichte. Diese auf Abgrenzung und Differenz hin angelegten Begriffe und Konzepte verlieren bei detaillierter Betrachtung ihre Trennschärfe und erweisen sich als wenig hilfreich, sofern es um das Einordnen und Verstehen von individuellen Personen und Kulturphänomenen geht. Es gibt eine große Kulturgeschichte der Menschheit, die von Frauen und Männern (wenngleich zu verschiedenen Zeiten und in verschiedenen Zonen mit sehr unterschiedlich starken Einflussmöglichkeiten) in einem Wechsel von Mit-, Gegen- und Nebeneinander geschaffen wurde und die man – das demonstriert dieses Buch dutzendfach – nur unter Inkaufnahme von Sterilität und Artefakten in „weiblich und „männlich separieren kann.

    „Der Geist hat kein Geschlecht" – schrieb der französische Schriftsteller François Poullain de La Barre (1647–1723) im Anschluss an das Studium der Texte von Descartes in seiner Schrift Über die Gleichheit der Geschlechter – Physischer und moralischer Diskurs, worin die Bedeutung der Abschaffung der Vorurteile betrachtet wird (1673). In Anlehnung an de La Barre lässt sich die wohl begründete Meinung vertreten, dass weder Logos und Geist noch Geschichte und Kultur ein Geschlecht haben. Der gesamtkulturelle Prozess ist kein weiblicher oder männlicher, weder ein afrikanischer noch ein europäischer oder asiatischer – er ist schlicht ein menschlicher.

    Literatur

    Barth R (2004) Frauen, die Geschichte machten – Von Hatschepsut bis Indira Gandhi. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt

    Beauvoir S de (1992) Das andere Geschlecht – Sitte und Sexus der Frau. Rowohlt, Reinbek (Erstveröff. 1949)

    Becker-Cantarino B (1985) Leben als Text – Briefe als Ausdrucks- und Verständigungsmittel in der Briefkultur und Literatur des 18. Jahrhunderts. In: Gnüg H, Möhrmann R (Hrsg) Frauenliteraturgeschichte – Schreibende Frauen vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Metzler, Stuttgart

    Bovenschen S (2003) Die imaginierte Weiblichkeit – Exemplarische Untersuchungen zu kulturgeschichtlichen und literarischen Präsentationsformen des Weiblichen. Suhrkamp, Frankfurt/M (Erstveröff. 1979)

    Butler J (2003) Das Unbehagen der Geschlechter. Suhrkamp, Frankfurt/M (Erstveröff. 1990)

    Butler J (2009) Die Macht der Geschlechternormen und die Grenzen des Menschlichen. Suhrkamp, Frankfurt/M (Erstveröff. 2004)

    Cixous H (1980) Weiblichkeit in der Schrift. Merve, Berlin

    Cixous H (2013) Das Lachen der Medusa. Zusammen mit aktuellen Beiträgen. Passagen Verlag, Wien

    Deutscher Kulturrat (Redaktion Leberl J, Schulz G) (2008) Frauen in Kunst und Kultur II 1995–2000 – Partizipation von Frauen an den Kulturinstitutionen und an der Künstlerinnen- und Künstlerförderung der Bundesländer. http://​www.​kulturrat.​de/​dokumente/​studien/​FraueninKunstund​Kultur2.​pdf

    Duby G, Perrot M (Hrsg) (2012) Geschichte der Frauen in 5 Bänden: Antike/Mittelalter/Frühe Neuzeit/19. Jahrhundert/20. Jahrhundert. Fischer, Frankfurt/M (Erstveröff. 1991/92)

    Gnüg H, Möhrmann R (Hrsg) (1999) Frauenliteraturgeschichte – Schreibende Frauen vom Mittelalter bis zur Gegenwart, 2., völlig neu bearb. Aufl. Metzler, Stuttgart

    Heyden-Rynsch V von der (1995) Europäische Salons – Höhepunkte einer versunkenen weiblichen Kultur. Rowohlt, Reinbek (Erstveröff. 1992)

    Irigaray L (1991) Die Zeit der Differenz: Für eine friedliche Revolution. Campus, Frankfurt/M

    Kristeva J (2001a) Fremde sind wir uns selbst. Suhrkamp, Frankfurt/M

    Kristeva J (2001b) Das weibliche Genie – Das Leben, der Wahn, die Wörter. Philo, Berlin

    Meyer UI, Bennent-Vahle H (Hrsg) (1997) Philosophinnen-Lexikon. Reclam, Leipzig

    Munz R (Hrsg) (2004) Philosophinnen des 20. Jahrhunderts. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt

    Muraro L (1996) Die symbolische Ordnung der Mutter. Christel Göttert, Frankfurt/M (Erstveröff. 1991)

    Muraro L (2009) Der Gott der Frauen. Frank & Timme, Berlin (Erstveröff. 2003)

    Prokop U (1976) Weiblicher Lebenszusammenhang – Von der Beschränktheit der Strategien und der Unangemessenheit der Wünsche. Suhrkamp, Frankfurt/M

    Rullmann M (Hrsg) (1993) Philosophinnen – Von der Antike bis zur Aufklärung. Suhrkamp, Frankfurt/M

    Rullmann M (Hrsg) (1998) Philosophinnen - Von der Romantik bis zur Moderne. Suhrkamp, Frankfurt/M (Erstveröff. 1995)

    Schiebinger L (1993) Schöne Geister – Frauen in den Anfängen der modernen Wissenschaft. Klett-Cotta, Stuttgart (Erstveröff. 1989)

    Schopenhauer A (1988) Über die Weiber. In: Parerga und Paralipomena Bd 2. Haffmans, Zürich (Erstveröff. 1851)

    Tebben K (Hrsg) (1998) Beruf: Schriftstellerin – Schreibende Frauen im 18. und 19. Jahrhundert. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen

    Woolf V (2001) Ein eigenes Zimmer. In: Ein eigenes Zimmer/Drei Guineen – Zwei Essays. Fischer, Frankfurt/M (Erstveröff. 1929)

    Fußnoten

    1

    Milva: Zusammenleben (To Perigali), aus dem Album „Von Tag zu Tag" (1978); die CD ist erschienen und erhältlich u. a. bei jazz pop classic (jpc) 1983

    II

    Frauen, ihre soziale Welt und die Öffentlichkeit

    © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2015

    Gerhard DanzerEuropa, deine Frauen10.1007/978-3-662-44232-6_2

    2. Madame de Sévigné – Der Stil, das ist der Mensch selbst

    Gerhard Danzer¹, ²  

    (1)

    Medizinische Klinik mit Schwerpunkt Psychosomatik, Charité Campus Mitte, 10117 Berlin, Deutschland

    (2)

    Medizinische Hochschule Brandenburg (MHB), Ruppiner Kliniken sowie, 16816 Neuruppin, Deutschland

    Gerhard Danzer

    Email: Gerhard.Danzer@charite.de

    2.1 Biografisches

    2.2 Die Briefe der Madame de Sévigné

    2.3 Der Stil – das ist der Mensch selbst

    Literatur

    Prolog

    1753 hielt der französische Naturforscher Georges Louis Buffon (1707–1788) anlässlich seiner Aufnahme in die Académie Française eine Rede, die noch Jahrzehnte später nachgedruckt und zitiert wurde, und die er mit „Discours sur le style" (Abhandlung über den Stil) betitelt hatte. Darin stellte er die Merkmale eines stilvollen Textes oder Gesprächs derart markant heraus, dass seine Ausführungen lange Zeit als Klassiker der Stiltheorie galten; nicht wenige französische Schüler und Studenten ahmten noch im 20. Jahrhundert diese Rede nach und bedienten sich ihrer Argumentation, wenn sie mündliche oder schriftliche Leistungen vollbringen sollten.

    Im Zusammenhang mit seiner Rede prägte Buffon ein Bonmot, das in der Überschrift unseres Essays auftaucht: „Le style c’est l’homme même („der Stil, das ist der Mensch selbst). Dieser Satz lässt sich mühelos auf Madame de Sévigné (Abb. 2.1) und ihre Briefe anwenden, die nicht nur wegen ihres Inhalts, sondern vor allem auch aufgrund ihrer stilistischen Eleganz seit Langem die Leser in ihren Bann schlagen.

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    Abb. 2.1

    Marie de Sévigné (*1626; †1696)

    Gemälde von Claude Lefèbre um 1665, Musée Carnavalet). (Mit freundl. Genehmigung von Wikimedia Commons)

    2.1 Biografisches

    Madame de Sévigné wurde 1626 als Marie de Rabutin-Chantal in Paris geboren. Ihr Vater entstammte einer verarmten Burgunder Adelsfamilie; ihre Mutter hingegen brachte als Tochter einer wohlhabenden Bankiersfamilie eine erkleckliche Mitgift in die Ehe ein. Die kleine Marie verlor schon mit anderthalb Jahren ihren Vater, der bei einer kriegerischen Auseinandersetzung ums Leben kam; mit sieben Jahren wurde sie nach dem Tod der Mutter Vollwaise. Obwohl sie ihren Erzeuger nur vom Hörensagen kannte, sprach Marie von ihm in höchsten Tönen und rühmte seine Tapferkeit und Vitalität, die sie von ihm geerbt hätte.

    Nach dem Tod der Mutter kümmerte sich zunächst die fromme Großmutter Jeanne de Chantal um das Wohl des Mädchens. Madame de Chantal war eine resolute Frau, die zusammen mit François de Sales den Salesianer-Orden gegründet und geistliche Briefe verfasst hat; beides trug dazu bei, dass sie im 18. Jahrhundert heiliggesprochen wurde. Zum Glück für Marie blieb sie nicht allzu lange bei dieser Großmutter, die eine Nonne aus ihr machen wollte. Bald kam sie ins Haus der Familie Coulanges, der Großeltern mütterlicherseits, die ihr eine vorzügliche weltliche Erziehung angedeihen ließen. Sie wurde in Singen, Tanzen und Reiten unterrichtet; daneben lernte sie Lateinisch, Spanisch und Italienisch und erhielt eine weitläufige literarische Bildung.

    Mit achtzehn Jahren verließ Marie die Familie Coulanges. Versehen mit der stattlichen Summe von 300.000 Francs heiratete sie 1644 den aus alter bretonischer Familie stammenden Marquis Henri de Sévigné , einen verführerischen, aber gleichwohl unsteten Mann, der sich als streitsüchtig, verschwenderisch und der Welt der Kurtisanen zugewandt herausstellte. Die Ehe stand unter einem Motto, das Madame de Sévigné formuliert hatte: „Monsieur de Sévigné schätzt mich, ohne mich zu lieben, und ich liebe ihn, ohne ihn zu schätzen" (de Sévigné 1966, S. 14).

    1646 wurde die Tochter Françoise-Marguerite und 1648 der Sohn Charles geboren. Diese Familienkonstellation war nur von kurzer Dauer; drei Jahre nach der Geburt von Charles wurde Henri de Sévigné in einem Duell getötet, das ihm wegen einer seiner Geliebten aufgezwungen worden war. Madame de Sévigné reagierte auf den Tod ihres Mannes erleichtert und mit dem aufschlussreichen Satz: „Das Wort Witwe hat das Wort Freiheit im Gefolge!" (Zimmermann u. Böhm 1999, S. 188)

    Obwohl sie als gut aussehende, gebildete und trotz der Schulden ihres Gatten immer noch vermögende Frau in den kommenden Jahren mehrfach ernsthaft umworben wurde, hat Madame de Sévigné nicht mehr geheiratet. Selbst so attraktiven Männern wie dem steinreichen Finanzminister Nicolas Fouquet , der es nicht gewohnt war, dass man ihm widerstand, gab Madame einen Korb. Trotzdem gelang es ihr, mit ihren abgewiesenen Verehrern tragfähige Freundschaften zu knüpfen. Den Beginn ihrer Witwenschaft bezeichnete sie übrigens als ihren zweiten Geburtstag; dementsprechend zurückhaltend blieb sie allen beengenden Beziehungen gegenüber und genoss ihre Unabhängigkeit.

    Ab den 50er-Jahren bewohnte die Marquise abwechselnd ihr Stadthaus in Paris und das bretonische Schloss Les Rochers in der Nähe von Vitré. Wann immer sie in Paris weilte, war sie gerngesehener Gast in den damals in Mode gekommenen Salons, so im Hôtel de Rambouillet, wo sich die Literatinnen Madeleine de Scudéry und Marie de Lafayette trafen. Des Weiteren lernte sie Jean de La Fontaine , François de La Rochefoucauld und Molière kennen, mit denen sie enge Kontakte verbanden. Mademoiselle de Scudéry hat in ihrem Roman Clélie (1656) die Marquise von Sévigné in der Person der Prinzessin Clarinte geschildert. Darin charakterisierte sie ihre Freundin vorteilhaft, ohne allzu sehr zu übertreiben:

    Etwas über mittelgroß, blond, mit blühend frischer Haut (die sie wie auch gesunde weiße Zähne bis ins hohe Alter bewahrt hat), rote Lippen, blaue, lebhafte Augen, ist sie so anziehend, natürlich und bezaubernd, dass man sie nicht anschauen kann, ohne sie zu lieben, und zu all diesen Vorzügen kommt noch eine weiche, melodische Stimme (de Sévigné 1966, S. 13).

    Eine noch intimere Beziehung als zu Mademoiselle de Scudéry ergab sich zu dem häufig kränkelnden Paar Marie de Lafayette und François de La Rochefoucauld , über das de Sévigné spöttisch schrieb: „Frau von La Fayette ist noch immer leidend, und Herr von La Rochefoucauld, steif von Gicht, lahmt noch immer; unsere Gespräche sind oft so traurig, als könnten wir uns nur noch begraben lassen" (Zimmermann u. Böhm 1999, S. 189).

    Doch nicht selten ergaben sich in den Salons auch muntere Gespräche, in denen Madame de Sévigné als geistreiche Unterhalterin im Mittelpunkt stand.

    Eine von vielen Zeitgenossen hervorgehobene Tugend Madame de Sévignés war ihre Fähigkeit, Freundschaften zu knüpfen. Diese Tugend zeigte sie nicht nur in unbeschwerten Zeiten; auch wenn ihre Freunde in Not gerieten, stand sie unverrückbar an ihrer Seite. Eindrücklich hat dies Nicolas Fouquet erfahren, nachdem er 1661 bei Ludwig XIV. in Ungnade gefallen war und seinen legendären Reichtum gegen eine Haftstrafe in der Bastille eintauschen musste. De Sévigné war neben La Fontaine eine der wenigen, die ihn selbst dann noch schätzten, als er in der Gunst des Hofes tief gefallen war.

    Ende der 60er-Jahre bahnte sich eine Entwicklung an, die für Madame de Sévigné zu einer großen Herausforderung wurde: Der Herzog François de Grignan warb um ihre Tochter Françoise-Marguerite und heiratete sie. Da der Herzog wenig später zum königlichen Statthalter in der Provence ernannt wurde und mit seiner Gattin nach Aix übersiedelte, verlor Madame de Sévigné, die ihre Tochter beinahe abgöttisch liebte, ihr wichtigstes emotionales Gegenüber.

    Der persönliche Verlust für Madame war ein kultureller Gewinn für die Nachgeborenen. Denn in ihrer Not griff sie zur Feder und begann an ihre Tochter Briefe zu schreiben, in denen sie viele jener Mitteilungen, Plaudereien, Belehrungen und Reflexionen unterbrachte, die ansonsten in ihren Gesprächen mit Françoise-Marguerite eine Rolle gespielt hatten. Aus den ersten Briefen erwuchs nach und nach eine Korrespondenz mit weit über 1500 Episteln, die teilweise kopiert und weitergereicht wurden und als eindrückliche Dokumente nicht nur einer intimen Mutter-Tochter-Beziehung, sondern auch der Kultur jener Epoche gelten.

    Neben ihrer Tochter Françoise-Marguerite de Grignan gesellten sich im Laufe der Jahre weitere Briefpartner, so ein Cousin von Madame de Sévigné, der Literat Roger Bussy-Rabutin , und ihr Onkel Christophe de Coulanges, der für sie wegen seiner Umsicht und Güte immer nur der „Liebe-Gute" hieß. Vor allem Bussy-Rabutin, ein scharfzüngiger Libertin, der selber gerne Briefe schrieb und seine Memoiren veröffentlicht hatte, erhielt Texte von seiner Cousine Marie, die viel mehr wie Abhandlungen zur Lebenskunst denn wie bloße briefliche Mitteilungen wirken:

    Meine Art zu leben ist Euch vertraut. Man verbringt das Leben mit fünf oder sechs Freundinnen, deren Gesellschaft Vergnügen bereitet – und mit Tausend Pflichtgeschäften; und das ist nicht gerade wenig. Aber was mich bekümmert: Die Tage fliegen dahin, ohne dass man irgendetwas tut, und unser Leben besteht aus ebensolchen Tagen, und man altert, und man stirbt. Ich finde das äußerst dumm. Ich finde das Leben einfach zu kurz. Kaum liegt die Jugend hinter uns, beginnt schon das Alter. Ich wünschte, jemand garantierte uns Hundert Lebensjahre – der Rest könnte im Ungewissen bleiben (Zimmermann u. Böhm 1999, S. 189).

    Die Beziehung zu ihrem Sohn Charles gestaltete Madame de Sévigné weniger intim als zu ihrer Tochter. Eher schrieb sie den anderen über ihn, als dass sie ihm persönlich Briefe zukommen ließ. Die Details, welche sie dabei mitteilte, betrafen durchaus auch delikate Themen; so kommentierte sie süffisant das einigermaßen polyvalente Liebesleben von Charles (soweit sie davon Kenntnis hatte) mitsamt den dabei bei ihm zutage tretenden sexuellen Funktionsstörungen. An ihre Tochter Madame de Grignan berichtete sie:

    Mein Sohn hatte eine günstige Gelegenheit gefunden und dennoch – soll ich wagen, es auszusprechen? Sein Dingsda blieb stumm. Das war eine merkwürdige Angelegenheit; die junge Dame hatte sich noch niemals in einer solchen Situation befunden. Der verstörte Kavalier machte sich in höchster Verwirrung davon. Und was Euch erheitern wird: Er hatte ein unbändiges Bedürfnis, mir sein Missgeschick zu erzählen. Ich sagte ihm, ich sei entzückt darüber, dass er gerade dort bestraft worden sei, wo er gesündigt hatte (ebd., S. 194; Hervorh. im Orig.).

    Neben ihrer umfangreichen Korrespondenz fand Madame de Sévigné genügend Zeit, sich um die Lektüre von zeitgenössischen Schriftstellern zu kümmern. Sie liebte vor allem die Fabeln La Fontaines, die Komödien Molières sowie die Prosatexte von Madame de Lafayette. Darüber hinaus las sie gerne Autoren aus dem 16. Jahrhundert wie Tasso, Ariost und Rabelais, bisweilen Texte von Pascal und immer wieder Montaigne, dessen lebendigen und unprätentiösen Stil sie über alle Maßen schätzte. Sowohl für ihre Lektüre als auch für die Abfassung ihrer Briefe zog sie sich immer wieder auf ihr bretonisches Schloss zurück. Als man sie fragte, wie es denn möglich sei, winters in den Wäldern (also fern von Paris und dem höfischen Treiben) zu leben, meinte sie lediglich:

    Ich tue, was mir gefällt. Und wenn niemand da ist, geht es uns noch besser, denn dann lesen wir und empfinden dabei ein Vergnügen, das wir jedem anderen vorziehen (ebd.).

    Wie sehr sie allerdings auf nahestehende Menschen angewiesen war, wurde in den letzten Jahren ihres Lebens deutlich. Madame de Sévigné vereinsamte, nachdem La Rochefoucauld , Madame de Lafayette , La Fontaine und Bussy-Rabutin gestorben waren. Der Lebensmut der „grande épistolière („großen Briefschreiberin) wurde weniger, und 1696 starb sie nach kurzer und schwerer Krankheit im Alter von siebzig Jahren auf dem Anwesen ihrer Tochter, der Grignans, in der Nähe von Aix.

    2.2 Die Briefe der Madame de Sévigné

    Nach dem Tode der Marquise geriet ihr Briefwechsel in die Hände ihrer Tochter und später in diejenigen ihrer Enkelin Pauline de Simiane. Es kam zu Streichungen und zur Vernichtung einzelner Briefe. Gleichzeitig waren mehrere Versionen von Abschriften im Umlauf, so dass man bald den Überblick verlor, was Original und was Fälschung war. 1744 und 1754 ließ die Enkelin Pauline aus dem Nachlass ihrer Großmutter vier Bände mit etwa 600 Briefen edieren, wobei sie die Texte im Sinne ihrer (Paulines) jansenistisch streng-bigotten Frömmigkeit moralisch und sprachlich auswählte und „reinigte".

    Spätere Ausgaben der Briefe wurden dadurch angereichert, dass Madame de Sévigné inzwischen als bedeutende Briefschreiberin berühmt geworden war und man nun in Familienarchiven recherchierte. Dabei stieß man nicht nur auf bisher unbekannte Briefe, sondern immer wieder auch auf Abschriften, welche den Originaltexten besser entsprachen als die von Enkelin Pauline überarbeiteten Versionen. Diese Korrespondenz wurde schließlich in vierzehn stattlichen Bänden als einigermaßen authentischer Briefwechsel der Madame de Sévigné (Paris 1862–66) herausgegeben. Wenige Jahre darauf erfolgte die erste deutsche Übersetzung.

    In ihren Episteln schilderte Madame de Sévigné nicht nur private Kalamitäten und persönliche Befindlichkeiten, sondern ebenso das, was sich in Paris und Versailles an politischen und gesellschaftlichen Prozessen ereignete oder wovon sie als Echo der großen Politik in den Salons Kenntnis erhalten hatte. Hierbei durfte sie zunehmend davon ausgehen, dass ihre Briefe herumgezeigt, vorgelesen, kommentiert und häufig sogar abgeschrieben wurden.

    Nach und nach entwickelte de Sévigné ihre Korrespondenz zu einer regelrecht literarischen Gattung, deren Form und Stil sie verfeinerte, ohne jedoch an eine von ihr verantwortete Publikation zu denken. Allerdings hat sie bei aller stilistischen Ausarbeitung niemals fingierte Briefe verfasst, um ihre Ansichten zu bestimmten Themen schriftlich zu fixieren; vielmehr waren diese immer an reale Briefpartner gerichtet.

    Sich brieflich mitzuteilen und die dabei geäußerten Meinungen in elegante Formen zu kleiden, ist ein Phänomen, das bereits in der Antike (in der Regel bei Männern) auftauchte – man denke an die philosophischen Lehrbriefe Epikurs, die Klage-Episteln des ans Schwarze Meer verbannten Ovid oder die kunstvollen Briefe von Cicero, Horaz und Seneca.

    Im 17. Jahrhundert nutzten nun zunehmend ebenso Frauen die Möglichkeit, sich brieflich auszudrücken und ihre Episteln bisweilen zu literarisieren. Neben Madame de Sévigné sind beispielsweise Ninon de Lenclos und Prinzessin Liselotte von der Pfalz erwähnenswert, die sich wie unsere Autorin auch eines sehr persönlichen und lebendigen Stils befleißigten. Ihre Briefsammlungen wurden publiziert und entwickelten über den privaten Bereich hinaus eine nachhaltige kulturelle Wirkung.

    Auf diese ersten weiblichen Literatinnen unter den Briefschreibern beriefen sich im 18. Jahrhundert unter anderem Luise Victorie Gottsched, Meta Klopstock , Sophie La Roche , Karoline Flachsland (Herders Gattin), Caroline Schlegel-Schelling , Bettina von Arnim und Rahel Varnhagen . Für sie wurden Briefe zu einer exquisiten Chance, sich schriftstellerisch zu betätigen. Damit bereiteten sie einer weiblichen Literatur den Boden, die im 19. und vor allem 20. Jahrhundert reiche Früchte trug. Virginia Woolf hat in ihrem Essay „Madame de Sévigné" (1942) auf manche dieser Vorläuferinnen hingewiesen und dabei die Französin besonders hervorgehoben:

    Sie hatte ein waches Gespür für die Torheit, das Laster, den Dünkel. Sie war die geborene Kritikerin und als Kritikerin, deren Urteilsvermögen angeboren war, ganz ohne Zaudern. Sie setzte ihre Anschauungen immer in Bezug zu einem Maßstab – daher die Treffsicherheit, die Tiefe und der Sinn für Komik, welche diese impulsiven Aussagen so erhellend machen (Woolf 1997, S. 53).

    Um ein solches Urteilsvermögen zu entwickeln und öffentlich an den Tag zu legen, braucht es neben Courage und freiheitlich-emanzipierter Gesinnung eine gehörige Portion unkonventioneller Denkungsart. Bei Madame de Sévigné stoßen wir in den Briefen wiederholt auf Passagen, die verdeutlichen, wie überraschend jenseits des Mainstreams ihre Verfasserin dachte, fühlte und urteilte. So empfahl sie ihrer Tochter eine Art und Weise der Daseinsgestaltung und Selbstverwirklichung, wie sie im 17. Jahrhundert durchaus noch nicht weit verbreitet war:

    Ihr seid eine hübsche Frau, weil Ihr nicht schwanger seid, aber Ihr stellt zu diesem Zustand Überlegungen an, die mich in Angst und Schrecken versetzen. Ihr meint, es sei ebenso gut, schwanger zu sein: Das ist ein Witz. Wirklich eine wunderbare Überlegung. Bedenkt immer, meine Liebe, dass das bedeutet, Euch völlig zu zerstören, Eure Gesundheit wie Euer Leben (Zimmermann u. Böhm 1999, S. 193).

    Ebenso ungewöhnlich wie ihr Ratschlag an die Tochter, möglichst wenige Kinder in die Welt zu setzen, wirken oftmals ihre Bemerkungen über Verwandte und Bekannte. In einem ihrer Briefe an die Tochter berichtet de Sévigné über ihren Sohn Charles, der sich (wie zuvor schon sein Vater) mit Ninon de Lenclos eingelassen hatte. Lapidar urteilt sie über diese Mesalliance: „Ihr Bruder stellt sich unter die Gesetze der Ninon; ich bezweifle sehr, dass sie ihm heilsam sein werden. Es gibt Gemüter, denen sie nichts taugen, seinen Vater haben sie verdorben" (de Sévigné 1966, S. 53).

    Direkt neben solche private Mitteilungen fügte Madame de Sévigné in ihre Episteln oftmals Überlegungen ein, die von Nachdenklichkeit und existenzieller Betroffenheit zeugen. Mehrfach kommt sie auf die großen Schwierigkeiten zu sprechen, mit denen Menschen in ihrem Dasein zu kämpfen haben, ohne dass sie wirklich gelöst werden könnten:

    Ich finde immer noch gewisse Dinge im Leben sehr schlecht eingerichtet: Große Steinblöcke liegen auf dem Weg und sind zu schwer, um weggerückt zu werden. Es bleibt nichts anderes übrig, als mühselig darüber zu klettern. Der Vergleich stimmt (de Sévigné 1966, S. 77).

    Wie sehr Madame de Sévigné nicht nur über andere, sondern auch über sich selbst in distanzierter und manchmal sogar sarkastischer Manier zu schreiben verstand, wird an Passagen deutlich, in denen sie ihre eigenen Malaisen, Beschwerden oder Krankheiten schildert. 1676 war sie heftig an Rheuma erkrankt; doch statt darüber zu klagen, erfindet sie für ihre Tochter ein kleines Ratespiel, in das sie kundig wie ein Arzt die meisten ihrer Symptome einfließen lässt:

    Erraten Sie, was das ist, meine liebe Tochter: Es ist am schnellsten da und geht am langsamsten fort; es führt dicht an die Genesung heran und reißt sie wieder am weitesten weg; es bewirkt einen Zustand, in dem einem sehr wohl sein kann, verhindert aber, ihn zu genießen; es erweckt die schönsten Hoffnungen der Welt und zieht deren Erfüllung lange hinaus. Können Sie es raten? Geben sie auf? Es ist Rheumatismus (ebd., S. 145).

    Wann hat man je schon Gelegenheit, derartige Krankendossiers zu lesen? Doch die Marquise findet exquisite Worte nicht nur für ihren Schmerz; einige Wochen später scheinen die Beschwerden gelindert, und auch nun kleidet sie ihren Zustand in eine außergewöhnliche Sprache: „Es ist, so schreibt sie jetzt, „als schlösse man einen neuen Mietvertrag mit dem Leben und der Gesundheit.

    Manche Textstellen aus dem Briefwechsel der Madame de Sévigné sind derart dicht und gehaltvoll, dass man sie jederzeit als Aphorismen in entsprechende Sammlungen aufnehmen dürfte. Dabei machten sich ihre Bewunderung der Montaigneschen Essais ebenso wie ihre vielfältigen Kontakte mit La Rochefoucauld bemerkbar, die aus ihr hinsichtlich ihres Stils beinahe eine Moralistin haben werden lassen. So lesen wir in ihren Briefen, dass „der Zufall uns die Feder führt; wir leben und bewegen uns „wie Blinde – nicht wissend, wohin wir gehen, halten Schlechtes für Gut und Gutes für schlecht, und schweben in völliger Ungewissheit; wir sind mit der „Zerbrechlichkeit der Welt konfrontiert, und den meisten von uns „fehlen nur noch wenige Laster, um vollkommen zu sein.

    Unkonventionell und für die damalige Zeit ziemlich emanzipiert wirken auch jene Passagen im Briefwechsel der Madame de Sévigné, in denen sie auf Erziehungsfragen, speziell auf das Thema einer religiösen Erziehung, einging. Mit ihrer Tochter unterhielt sie diesbezüglich einen regen Austausch, der vor allem die Enkelin Pauline und deren Entwicklung zum Inhalt hatte. Nachdem Pauline für kurze Zeit in einem Kloster untergebracht und von ihrer Mutter bald wieder zurückgeholt worden war, entlockte dies Madame de Sévigné folgenden Kommentar:

    Ich bin überrascht, dass sie in diesem Kloster nicht dumm und albern geworden ist. Meine Tochter, Ihr habt gut daran getan, sie wieder zu Euch zu nehmen! Behaltet sie … Glaubt nicht, dass ein Kloster die Erziehung verbessern kann, weder was die Religion betrifft, von der unsere Schwestern kaum etwas verstehen, noch was die anderen Dinge betrifft. Das könnt Ihr in Grignan viel besser tun, wenn Ihr die Zeit dazu habt (Desaive 2012, S. 299).

    Statt klösterlicher Exerzitien empfahl Madame de Sévigné ihrer Tochter, Pauline durch persönliche Zuwendung sowie durch ein reichhaltiges und nicht zensuriertes Bildungsangebot zu erziehen. In manchen Briefen ging die Marquise detailliert auf einzelne Autoren und ihre Werke ein und stellte Überlegungen an, in welchem Lebensalter und zu welchen Situationen die jeweiligen Bücher passend erscheinen. Generell jedoch meinte Madame de Sévigné: „Was Pauline betrifft, diesen Bücherwurm, so ist mir lieber, sie liest schlechte Bücher, als dass sie gar nicht lesen will."

    Ähnlich moralinfrei wie ihre Enkelin betrachtete die Marquise auch sich selbst. Sie schätzte sich realistisch als Persönlichkeit mit Ecken und Kanten ein und meinte launig, dies liege wohl an ihrem jugendlichen Alter: „Könnte ich 200 Jahre alt werden, so würde ich die vortrefflichste Person der Welt." Nicht selten mündeten die Beobachtungen ihrer Mitmenschen in ein Nachdenken über ihr eigenes Dasein und ihr künftiges Sterben ein – und nicht wenige dieser Überlegungen muten regelrecht existenzialistisch und modern an:

    Ihr fragt mich, mein liebes Kind, ob ich das Leben noch immer so sehr liebe. Ich gestehe Euch, dass es mir zwar quälende Kümmernisse bereitet, aber der Tod stößt mich noch mehr ab. Da ich allem durch ihn ein Ende setzen muss, empfinde ich mich als so unglücklich, dass ich am liebsten alles rückgängig machen möchte, wenn ich nur könnte. Ich bin ohne meine Zustimmung in das Leben geworfen worden; irgendwie muss ich wieder herauskommen, das macht mir zu schaffen (Zimmermann u. Böhm 1999, S. 191).

    Selbst so ernste Themen wie der Tod werden in den Briefen der Madame de Sévigné in eine heitere bis oftmals auch spaßige Sprache gegossen, die auf Überlegenheit und Distanz im Hinblick auf diese letzte und extremste Limitierung des Menschen hin angelegt ist. Als etwa die Trauer ihrer Tochter über den Tod eines ihrer Freunde, des jungen Comte de Guiche, Überhand zu nehmen drohte, kommentierte sie dies kurz und bündig: „Man denkt hier nicht mehr daran, dass ein Guiche auf der Welt gewesen; wie sollten wir fertig werden, wenn wir uns in jeden Fall so vertiefen wollten."

    Doch nicht nur ihrer Tochter verbat sie übermäßige Traueraffekte. Als einer ihrer engsten Freunde, der Moralist La Rochefoucauld , 1680 im Alter von nur 67 Jahren starb, war Madame de Sévigné wahrscheinlich ähnlich erschüttert wie dessen Gefährtin Madame de Lafayette . Doch anstatt ihren Emotionen direkten Ausdruck zu verleihen, schrieb sie drei Tage nach dem Ableben von La Rochefoucauld an ihre Tochter ziemlich selbstbeherrscht, mit einem halben Jokus ihre Trauer und den Schmerz konterkarierend:

    Es ist endlich Mittwoch, Herr von La Rochefoucauld ist immer noch tot, Herr von Marsillac noch immer so traurig, dass er sich einschließt, als wolle er das Haus nie mehr verlassen. Die zarte Gesundheit Frau von La Fayettes kann einem solchen Schmerz nicht standhalten, sie hat Fieber, und ich glaube, es wird nicht in der Macht der Zeit liegen, das Heimweh, das dieser Verlust hinterlässt, je zu stillen (de Sévigné 1966, S. 244).

    Ganz generell schien Madame de Sévigné allen Krankheiten, Schwächen, Verlusten und dem Tod mit einer überraschend souveränen und bisweilen ungebührlich abgeklärten und emotionskargen Einstellung begegnet zu sein. In demselben Plauderton, mit dem sie ihren Briefpartnern über Salongespräche, Dinner-Einladungen und die neuesten Affären am Königshaus Bericht erstattete, konnte sie über die heikelsten Krankheits- und Todesangelegenheiten erzählen:

    Sollten Sie Bedürfnis nach einem Trauerfall haben, kann ich einen bieten. Herr von Montmoron (immerhin ein Cousin von Madame de Sévigné, Anm. d. Verf.) ist vor vier Tagen bei sich zu Hause, innerhalb von sechs Stunden, an einem Schlaganfall gestorben. Da tritt eine edle Seele vor Gott. Doch es ist ja nicht an uns, zu richten. Ich habe die Prinzessin gesehen, die von Ihnen sprach, meinen Kummer versteht, Sie liebt, mich liebt und täglich zehn Tassen Tee trinkt (de Sévigné 1966, S. 286).

    Marcel Proust , der vom lebendigen Schreibstil Madame de Sévignés wie viele andere seiner Schriftstellerkollegen angetan war, hatte völlig Recht, als er feststellte, dass in ihren Briefen nicht das Kausalitätsprinzip dominierte. Vielmehr sei in ihren Texten eine assoziative Form der Komposition und Zusammenstellung unterschiedlichster Einfälle, Ideen und Erinnerungen zu registrieren, die sie keineswegs logisch ordnete, sondern beinahe dem Zufallsprinzip gemäß nebeneinander stellte. Beim Leser entsteht so zwar ein unmittelbarer Eindruck von der Wesens- und Denkungsart der Verfasserin – allerdings oft genug auch ein gehöriges Maß an Irritation, wenn es Madame wieder einmal beliebte,

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