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Tod im Olivenhain
Tod im Olivenhain
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eBook267 Seiten2 Stunden

Tod im Olivenhain

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Über dieses E-Book

Der frühere Rechtsanwalt David Mandelson und sein Lebensgefährte Thomas Boyle wollten ihren Ruhestand eigentlich geruhsam in Umbrien verbringen.
Doch nach einigen Jahren sehnen sie sich nach England zurück und wollen ihr luxuriöses Anwesen verkaufen. Ihre Verkaufsabsicht ruft den amerikanisch-italienischen Großgrundbesitzer James Martin auf den Plan, der in der unverdorben ländlichen Region zwischen dem Lago Trasimeno und der Toskana einen Country Club mit Golfplatz bauen will und das Haus der beiden Engländer als Clubhaus nutzen möchte.
Als Finanziers hat er Investoren und Organisationen gewonnen, deren Interesse vornehmlich darin besteht, Geld zu waschen. Um auch an öffentliche Fördergelder zu kommen, muss James Martin bis zu einem bestimmten Termin über die notwendigen Grundstücke verfügen – darunter das Anwesen von David und Thomas sowie die ausgedehnten Weideflächen einer sardischen Schafzüchterfamilie.
Während ihrer Verkaufsverhandlungen geraten David und Thomas zwischen widerstreitende Interessen der kriminellen Finanziers, der unfähigen Polizei und einheimischer italienischer Traditions- und Umweltschützern. Der Mord an einem Schäfer, ein Einbruch in ihr Haus und die rituelle Schlachtung eines wertvollen Hundes verwickeln sie in ein dramatisches Geschehen mit Kindesentführung, einem weiteren Mord und einem Mordanschlag auf sie selbst.
SpracheDeutsch
Herausgeberhansanord Verlag
Erscheinungsdatum8. Jan. 2021
ISBN9783940873767
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    Buchvorschau

    Tod im Olivenhain - Peter Carl

    Kapitel 1

    Die Zeitung raschelte beim Umblättern in der Stille der Abgeschiedenheit zwischen Wäldern und Feldern penetrant laut. Thomas Boyle schreckte aus dem Halbschlaf in seinem Liegestuhl hoch und sah sich missmutig um.

    „Musst Du einen solchen Lärm machen an diesem herrlichen warmen Nachmittag?", fragte er mit gespielter Entrüstung seinen Lebensgefährten David Mandelson.

    „Tja, während Du schläfst, versuche ich unser Vermögen zu retten", gab David spöttisch zurück.

    David studierte gerade die aktuelle Financial Times und war auf einen Artikel über die Entwicklung der Immobilienpreise in den USA und in England gestoßen. Der Autor des Beitrags verstärkte Davids Befürchtung, die aktuelle Krise auf den Immobilienmärkten werde auch an Italien nicht spurlos vorübergehen.

    „Ich frage mich, ob es nicht am besten wäre, so schnell wie möglich zu verkaufen, solange wir hier in Umbrien noch einen halbwegs vernünftigen Preis für unser Haus erzielen und in England jetzt vergleichsweise günstig an einen ordentlichen Wohnsitz kommen können", murmelte David halblaut vor sich hin.

    Thomas verstand Davids Selbstgespräch und mischte sich ein:„Wenn du auf mich gehört hättest, hätten wir dieses für uns überdimensionierte Anwesen schon vor einem Jahr verkauft und sicher einen schönen Gewinn gemacht."

    David sah zu seinem Lebensgefährten hinüber und konnte ihm, wie seit gut zwanzig Jahren, nicht böse sein.

    „Thomas, wir hätten vielleicht einen etwas besseren Preis bekommen, aber in England auch einen höheren bezahlt. Unterm Strich werden wir jetzt nicht schlechter abschneiden. Außerdem sind hier in Umbrien bisher vor allem Häuser in der Preislage von unter einer Million Euro von der eingebrochenen Nachfrage betroffen. Für ein Anwesen wie unseres interessieren sich eh nur reiche Menschen, die nicht wissen, wohin mit dem Geld. Die interessiert die Krise nicht."

    Seit der Pleite der amerikanischen Bank Lehman Brothers im Herbst 2008 als Folge der Subprime-Krise in den Vereinigten Staaten stand nicht nur der Immobilienmarkt in den USA unter erheblichem Druck. Auch in Großbritannien gaben die Hauspreise deutlich nach und lösten bei den Hypothekenbanken zunehmende Nervosität aus. Vor allem Briten, die während des Immobilienbooms auf ihre im Wert gestiegenen Häuser eine zusätzliche Hypothek aufgenommen hatten, um sich ihren Traum von einem Ferienhaus oder einem Alterswohnsitz in der noch recht unverdorbenen Gegend nördlich des Trasimenischen Sees zu erfüllen, gerieten mit dem Preisverfall ihrer Häuser in England in Finanzierungsprobleme. Die Banken forderten eine Anpassung der Hypotheken nach unten, entsprechend den gesunkenen Werten der Immobilien. Etliche Engländer, die sich bis unter den Dachfirst verschuldet hatten für ihr kleines Paradies in Italien, sahen sich genötigt, ihren geliebten Zweitwohnsitz zu verkaufen, um zu Hause in England einen Teil der Hypothek ablösen zu können. Und je mehr Hausbesitzer in eine solche Zwangslage kamen, desto stärker gerieten auch die Hauspreise in Umbrien unter Druck. Denn dem schnell steigenden Angebot stand eine rapide sinkende Nachfrage gegenüber.

    Derartige Sorgen mussten sich in dieser krisengeschüttelten Zeit Multimillionäre – ob in Dollar, Pfund Sterling, Euro oder Rubel – nicht machen. Die Vermögensverluste durch sinkende Aktienkurse fielen bei ihnen kaum ins Gewicht, denn was kratzte es einen Multimillionär, wenn er vorübergehend um das eine oder andere Milliönchen ärmer wurde?

    Die Lust der Reichen auf illustre Immobilien stieg in der Finanzkrise sogar noch an. Denn wertvoller Grundbesitz leidet selten unter den hektischen Schwankungen an den Finanzmärkten. Und außerdem besinnen sich gewöhnlich gerade in schlechten Zeiten mit geringen Steuereinnahmen die Finanzminister gern ihrer findigen Steuerfahnder. Anlass genug also, den einen oder anderen Teil des Vermögens durch eine diskrete Waschanlage zu schleusen und in Steine und Erde zu verwandeln.

    Für solche Fälle stand in der kleinen Gemeinde Lama Niccone, nur wenige Kilometer nördlich des Lago Trasimeno in die Hügel zwischen Umbrien und der Toskana eingebettet, James Martin für diskrete Investitionen in luxuriöse Häuser und großflächige Anwesen hilfreich zur Verfügung.

    James Martin war Anfang der 1990er-Jahre regelmäßig aus den USA in die ländliche Gegend gekommen – zunächst als Urlauber. Für einen angenehmen Aufenthalt hatte er auf einem der vielen Hügel ein heruntergekommenes Pfarrhaus samt ungenutzter Kirche erworben und zu einem komfortablen Domizil ausgebaut.

    Seine persönlichen Umstände in den USA brachten ihn dann zu dem Entschluss, sich ganz in Italien anzusiedeln. Fast handelte es sich bei der Umsiedlung seiner Familie mit Ehefrau und Sohn um eine Rückkehr zu den Wurzeln. Denn vor etwa vierzig Jahren war James Martin als Jeremia Martini vom damals bitterarmen Sardinien nach Amerika ausgewandert und hatte sein Glück gemacht. Womit er sein Geld dort verdiente, beließ er auf indiskrete Nachfragen im Nebulösen. Nun, nach seiner Rückkehr auf italienisches Staatsgebiet, erschien es ihm angebracht, weiterhin den erfolgreichen amerikanischen Businessman zu geben, der seinem Hobby, der Mehrung seines Vermögens, nachging: Ruinen in weitläufigem Gelände auf höchstem Niveau zu restaurieren und an seinesgleichen zu verkaufen. Mit potenziellen Kunden ging er zur Geschäftsanbahnung auf die Jagd nach Wildschweinen und Damwild, spielte mit ihnen Golf und verköstigte sie in den besten Restaurants der Umgebung.

    Innerhalb weniger Jahre hatte er rund um sein eigenes Haus ca. tausend Hektar Land erworben. Sogar ein ganzes mittelalterliches Wehrdorf mit einer halbwegs intakten Burg gehörte zu seinem extensiven Grundbesitz.

    Der wahre Wert seiner Besitztümer lag aber nicht in den ausgedehnten Eichen- und Kastanienwäldern an Berghängen und auf den Hügeln, auch nicht in den fruchtbaren Tabak- und Sonnenblumenfeldern in den Tälern. Die wahren Schätze der Martins verbargen sich vielmehr, oft von dornigem Gestrüpp überwuchert, auf den bewaldeten Hügeln in Gestalt von teilweise kaum noch wahrnehmbaren steinernen Resten ehemaliger Bauernhäuser mit Stallungen und Scheunen.

    Deren diskrete Lage und vor allem die einschlägige Gesetzgebung, nach der auf abgelegenen Grundstücken in geschützter Natur nur dort gebaut werden darf, wo in grauer Vorzeit bereits ein Gebäude gestanden hatte, machten aus geborstenen Mauern und von Dornbüschen überwucherten Ställen wahre Goldminen. James Martin, sein zum Architekten ausgebildeter Sohn Nicolas und Martins Ehefrau Carolina, eine Innenarchitektin adeliger neapolitanischer Abstammung, verwandelten diese Ruinen und deren nächste Umgebung in Kultstätten des feinen Geschmacks – Swimmingpool mit Sauna und Outdoor-Küche, Weingarten und Olivenhain eingeschlossen.

    Dafür zahlten die Kunden, die von einer renommierten englischen Immobilienagentur vermittelt oder von schwärmerischen Zeitschriftenartikeln angelockt wurden, gern zwischen vier und acht Millionen Dollar. Zum Geschäftsmodell der Martins gehört auch ein obligatorischer Full Service mit Koch/Köchin, Gärtner, Poolreinigung, nach Wunsch auch Kinderbetreuung und natürlich Limousinenservice für alle Gelegenheiten. Die Kosten für die kleinen Annehmlichkeiten addierten sich leicht auf achtzigtausend Euro im Jahr, die pauschal an die Martins im Voraus zu entrichten waren.

    James Martins Angebot an Exklusivität fand genügend Interessenten, die höchsten Wert auf Diskretion legten: prominente Schauspieler, die sich gern ab und zu vor der Öffentlichkeit verstecken wollten, angelsächsische Investmentbanker und Trader, die ihre Boni in luxuriöse Residenzen anlegten und schwerreiche Geschäftsleute, die nicht gern über die Art ihrer Aktivitäten sprachen.

    Die Hälfte der mehr als sechzig Ruinen auf ihren Ländereien hatten die Martins bereits renoviert und verkauft. Nun machten sie Pläne, die Burg im Wehrdorf Monte Rose zu einem hochklassigen Boutique-Hotel aufzupäppeln, und etliche der restlichen Ruinen und heruntergekommenen Wirtschaftsgebäude in elegante Ferienhäuser und -wohnungen für mietende Urlaubsgäste auszubauen.

    Damit, so James Martins Kalkül, wären seine Frau und sein Sohn auf unabsehbare Zeit ausgelastet. Er selbst erhielt dadurch Ruhe, um sich seinem lange insgeheim vorangetriebenen Lieblingsprojekt zu widmen. Dafür benötigte er nun all seine Konzentration und Arbeitskraft. Außerdem war höchste Diskretion geboten, solange nicht alle Formalitäten unter Dach und Fach waren. James Martin war zuversichtlich, die letzten Hürden bald überwinden zu können.

    * * *

    Während David nach der kurzen Diskussion mit Thomas weiter in der Financial Times blätterte, klingelte das schnurlose Telefon, das neben David auf dem Terrassentisch lag.

    Pronto!"

    „Guten Abend, hier spricht James Martin. Ich hoffe, ich störe Sie nicht während Ihrer wohlverdienten siesta?"

    Thomas deckte die Sprechmuschel ab und flüsterte mit weit aufgerissenen Augen David zu:„James Martin!"

    David hob die Schultern und machte eine Geste, als ob er sagen wollte ‚Was will der denn?‘

    „Guten Abend, James! Thomas Boyle am Apparat. Was kann ich für Sie tun?"

    „Sie wissen vielleicht schon, dass wir am kommenden Sonntag in der Burg ein kleines Sommerfest veranstalten wollen. Wir haben ein preisgekröntes Jugendorchester eingeladen und etliche Überraschungen vorbereitet. Meine Frau und ich würden uns sehr freuen, wenn wir auch Sie begrüßen könnten."

    „Das hört sich sehr vielversprechend an. Aber, Moment, James, ich muss David fragen, ob er eventuell schon irgendwelche anderen Pläne gemacht hat."

    Thomas hielt wieder die Telefonmuschel zu und berichtete kurz. David nickte nach kurzem Überlegen.

    „James, vielen Dank für die Einladung. Wir kommen gern. Wann soll es losgehen?"

    „Wir planen, am späten Vormittag, so gegen elf Uhr, zu beginnen. Wir bereiten ein schönes Buffet vor und möchten am frühen Nachmittag mit dem Programm im Freien beginnen. Zum Glück ist es um diese Jahreszeit ja noch nicht so heiß."

    „Sehr schön, dann sehen wir uns am Sonntag. Einen schönen Abend."

    Thomas legte auf. Beide wunderten sich, denn wenngleich sie James Martin gelegentlich da und dort getroffen hatten, so hatte es bisher keinen engeren gesellschaftlichen Kontakt gegeben.

    Nach dem überraschenden Telefonat kam Thomas wieder auf das Thema Hausverkauf zurück.

    „Lass uns nun ernst machen mit dem Verkauf. Am besten ist wohl, wir bitten unseren alten Freund Marc Peterson zu einer Vorbesprechung zu uns. Schließlich hatte er uns das Anwesen vermittelt. Warum also sollte er es nicht für uns verkaufen?"

    Thomas war sicher, dass ihm David nicht widersprechen würde. Und er irrte sich nicht. Im Gegenteil, David nahm die Anregung erfreut auf und war froh, dass Thomas die Initiative ergriff.

    „Gute Idee. Am besten, du rufst ihn gleich an und vereinbarst möglichst schon für morgen einen Termin."

    Thomas trug das Telefon ins Haus und kam nach wenigen Minuten zurück.

    „Morgen gegen fünf Uhr nachmittags kann er kommen."

    „Gut so", lächelte David.

    * * *

    Marc Peterson lebte seit mehr als zwanzig Jahren mit seiner Frau Helen in einem im Laufe der Jahre fein herausgeputzten alten Bauernhaus in der Nähe von Marceto Rubicone. Der Marktflecken im Tibertal übte in den vergangenen Jahren eine fast magische Anziehungskraft auf Angelsachsen, vor allem Briten aus. Das war nicht zuletzt das Verdienst ihres Landsmannes Marc Peterson, der sich hier mit seiner Frau als Immobilienmakler niedergelassen hatte. Marc vermittelte ihnen Häuser in den Bergen zwischen Marceto Rubicone und Castell Montone oder in der lieblichen Hügellandschaft des Niccone-Tals, einem Bach, der die Toskana teilweise von Umbrien trennt und bei Marceto Rubicone in den Tiber mündet. In dieser rein landwirtschaftlich geprägten Gegend lebten inzwischen mehrere Dutzend Briten, zum Beispiel ein durch den Handel mit Oldtimern reich gewordener Chirurg, ein alkoholsüchtiger ehemaliger Versicherungsmakler aus London, ein einstiges Starlett aus dem Londoner East End, das dank seiner blonden Haarpracht und seiner in jungen Jahren kurvenreichen Figur sogar kleine Rollen in Fellini-Filmen hatte spielen dürfen, nun aber mit seinem jüngeren Lover ein eher zurückgezogenes Leben führte. Oder auch der exzentrische Kunstmaler, der in seinem früheren Leben Art Director einer internationalen Werbeagentur gewesen war. Jeden Mittwoch, wenn in Marceto Rubicone Markttag war, versammelte sich der größte Teil dieser expats gegen elf Uhr in der Bar Centrale, um sich binnen kürzester Zeit mittels Prosecco die Kante zu geben und über die gerade nicht anwesenden Gemeindemitglieder zu lästern.

    Eine Dreiviertelstunde vor der vereinbarten Zeit machte sich Marc Peterson mit dem Land Rover auf zu David und Thomas. Er entschied sich für den Weg durch das Niccone-Tal und nahm sich Zeit, um nach neu errichteten Kränen in den Hügeln Ausschau zu halten und die Baufortschritte am einen oder anderen Haus auf dem Martin-Estate im Vorbeifahren zu begutachten. Bei Monte Rose bog er in die sogenannte Tabakstraße ein, um wenige Kilometer weiter nach links in Richtung San Sebastiano abzubiegen. Oben auf dem Hügel mit dem herrlichen Blick hinab auf die toskanische Seite des Niccone-Tals hielt er an, um einen längeren Blick auf das fast fertiggestellte protzige Haus im Stil einer römischen Villa zu werfen, das James Martin an eine schottische Millionärsfamilie verkauft hatte. Elektrisch geladene Zäune und sich ständig im Halbkreis bewegende Videokameras zeugten von der Angst der Besitzer vor Einbrechern oder vor sonstigen Belästigungen durch neugierige Passanten.

    Auf der anderen Seite der engen Passstraße, etwa achthundert Meter Luftlinie entfernt, konnte Marc zwischen den Eichen- und Kastanienbäumen hindurch einen kleinen Teil des benachbarten Anwesens erspähen, das kürzlich ein Hollywood-Regisseur mit seiner Frau, einer ehemaligen Schauspielerin, bezogen hatte.

    Sein weiterer Weg führte Marc hinab in das Hochtal von Valle del Vento, an dessen Ende das Haus von David und Thomas stand.

    Pünktlich zur vereinbarten Zeit klingelte Marc Peterson unten an der Einfahrt am schweren Eisentor. Nach wenigen Sekunden schwangen die beiden Türflügel geräuschlos auf. Marc fuhr hoch zum Haus und stellte seinen Wagen vor der Garage unterhalb der Küchenterrasse ab. Mit schnellen Schritten eilte er die Treppe zur Terrasse hoch und rief noch im Hochsteigen einen fröhlich-lauten Gruß zu den beiden an der Küchentür wartenden Freunden.

    „Ich hoffe, ihr habt einen kräftigen sundowner für mich bereitgestellt. Ich nehme gern einen Gin Tonic, auch wenn die Sonne noch scheint."

    Alle drei lachten, schüttelten die Hände und ließen sich auf den einladenden Terrassensesseln nieder. Thomas sprang aber sofort wieder auf, um in der Küche die Getränke zu mischen.

    „Ihr wollt also auch die Landflucht antreten? fragte Marc. „Für eine Perle wie diese findet sich bestimmt der eine oder andere Steuerhinterzieher. Er lachte sein meckerndes Lachen und hob sein Glas zum Toast.

    „Auf ein gutes Gelingen."

    Nun berichteten David und Thomas von ihren Überlegungen, ihr Anwesen mit den rund achtzig Hektar Wald und Wiesen auf dem internationalen Immobilienmarkt anzubieten. Marc stimmte ihrer Analyse der aktuellen Verhältnisse zu, beruhigte sie aber:

    „Im Gegensatz zu den üblichen Häusern mit drei Schlafzimmern und einem halben Hektar Land, in der Preislage zwischen vierhunderttausend und neunhundertneunzigtausend Euro, haben Objekte wie eures einen stabilen Markt. Gerade wegen der Finanzkrise suchen Leute in Europa und in den USA nach Anlagemöglichkeiten – möglichst an ihrem Finanzamt vorbei. Dazu kommen inzwischen auch russische Multimillionäre und Oligarchen, die nicht so recht wissen, wohin mit ihrem meist anrüchigen Geld."

    „Du bist also zuversichtlich, dass wir nicht lange auf einen Käufer warten müssen?" Thomas war in Gedanken bereits beim house-hunting in England. Dabei kam ihm in den Sinn, dass es ja nicht unbedingt London oder England sein müsste.

    „Was hältst du eigentlich von Südafrika?" David schaute verdutzt von Marc zu Thomas.

    „Was meinst du denn damit?"

    „Na, ja. Dort ist auf jeden Fall das Wetter besser als in England." Thomas grinste etwas verlegen, denn er ahnte, dass David von Wohnungswechseln in eher exotische Gegenden die Nase voll hatte. In Südafrika waren sie schon einmal gewesen. Dann Kalifornien, jetzt Italien. David wollte endlich sesshaft werden und seinen Ruhestand genießen. Dazu gehörte für ihn die Rückkehr in die angestammte Heimat mit ihren vielfältigen kulturellen Angeboten samt Begegnungen mit interessanten Menschen. Von den meist langweiligen britischen expats in einstigen Kolonien und in Italien hatte er die Nase voll.

    „War nur so eine Idee", wiegelte Thomas schnell ab, um sich Marc zuzuwenden.

    „Was schätzt du: Wie viel können wir für das Anwesen hier verlangen?"

    Marc musste nicht lange nachdenken: „Ihr solltet den Besitz für dreieinhalb Millionen Euro anbieten. Ich bin sicher, dass ihr etwas mehr als drei Millionen bekommen könnt."

    Thomas schaute über das grüne Tal hinweg hinüber zur schmalen Straße, etwa einen Kilometer entfernt, die sich wie eine graue Riesenschlange die Hügel hinauf schlängelte, um sich oben auf dem Bergsattel zu gabeln: nach links zum romantischen Örtchen Castell Montone hinauf und nach rechts hinunter zum See

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