Mätresse auf italienisch II: Band 2
Von Delilah Jay
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Buchvorschau
Mätresse auf italienisch II - Delilah Jay
MÄTRESSE
auf italienisch
stern.jpg~ Ein modernes Märchen ~
Delilah.jpgImpressum:
»Mätresse auf italienisch«, Band 2
Originalausgabe, Copyright © 2013 by Delilah J.
www.delilah-jay.com
Delilah J
c/o Pellybay Films GmbH
Große Elbstraße 145 a
22767 Hamburg - Germany
Layout, Typographie & Bildbearbeitung:
© by Carina Mueller, Dipl. Des.
www.c77-graphX.de
eBook Konvertierung
Marte Kiessling
www.martemarte.de
Verwendete Schriften:
Fontin & Fontin Sans
© by Jos Buivenga
Verwendete Bilder:
© by Kai Krellenberg
Lektorat:
Gitta Wolf
www.allice-wolf.de
Druck & Buchbindung:
www.esf-print.de
Printed in Germany
ISBN 978-3-84-428404-1
Für Massi J
Alle in diesem Buch
geschilderten Handlungen
und Personen sind frei erfunden.
Ähnlichkeiten mit lebenden
oder verstorbenen Personen
wären zufällig und nicht beabsichtigt.
Rose.jpgAelita…
Aelita1.jpgQui dove il mare luccia
E tira forte il vento
Su una terrazza Avanti al golfo di Sorriento
Un uomo abbraccia
una ragazza dopo che aveva pianto
Poi si schiarisce la voce e ricomincia il canto…
Höre ich Luciano Pavarotti singen. Klar und deutlich, fast schon laut, klingt seine Stimme hier auf dem Friedhof. Stille. Ich lege eine rote Rose auf ein Grab. Blut tropft aus meinem Zeigefinger. Es waren die Dornen, die mich stachen. Ich bin nicht fünfzehn Jahre alt und heute ist auch nicht mein Geburtstag. In meinem Leben gab es nur die dreizehnte Fee, jene, die nicht zur Taufe geladen wurde. Der Todesfluch schwebt über mir…
Te voglio bene assaie
Ma tanto tanto bene sai…
Tränen rollen über meine Wangen.
„Te voglio bene assaie, ma tanto tanto bene sai…"
singe ich zusammen mit Luciano.
Meine Stimme bricht, ich weine.
Una catena ormai
Che scioglie il sangue dint’e vene sai ¹
Oh ja, mein Blut gefriert in meinen Venen…
Startbahn der Private Aviation, London 06.55 Uhr, Ziel Milano Linate, Italien. Ich reise leicht: Louis Vuitton Handtasche, Laptop, Dokumente. Make-up, Chanel Kleid, Jimmy Choo Schuhe Größe 42, Clip-In Hairextensions, Pucci Sonnenbrille, Antidepressiva. Den Laptop brauche ich dringend, um diese Geschichte zu schreiben, die Lippenstifte zur manuellen Korrektur des ausgedruckten Manuskripts sowie meiner vollen Lippen. Betonung – auf die kommt es an!
Der puertoricanische Steward bringt mir ein Glas Rœderer Cristal, damit ich meine Co-codamol-Schmerztabletten nehmen kann. Ein wundervoller Cocktail! Gleich geht es mir besser. Er lächelt wissend. Mein Freund Kevin liebt ihn. Wegen seiner vollkommenen Schönheit. Seiner geschmeidigen Haut. Seinem spanischen Akzent. Seinem kleinen Arsch und seinem großen Schwanz. Juan Carlos ist das Beste, was mir passieren konnte: ein Steward, der mich anhimmelt, vergöttert, mir jeden Wunsch von den Augen abliest und meinen besten Freund liebt. Er ist verschwiegen, treu, loyal – eine beste Freundin ohne menstruelle Hormonschwankungen. Ein Trolley-Dolly ganz für mich allein. Und für Kevin natürlich. Wir bekommen Starterlaubnis und heben ab. Ich nicht nur in der Boeing 727, dem für mich und meinen Begleiter im Frachtbereich gecharterten Privatjet, auch die Co-codamol-Champagner-Mischung beginnt in meinem Blutkreislauf ihren gewöhnlichen Platz einzunehmen. Es hätte auch ein kleinerer Jet sein können für die kurze Reichweite von London nach Milano: eine Challenger, Gulfstream, vielleicht eine Citation X. Nur hätte ich dann meine kostbare Fracht zurücklassen müssen – der Frachtraum hätte nicht ausgereicht: Ein königsblauer Sarg mit goldenen Lilien begleitet mich. Das Interior prunkvoll verkleidet in blutrotem Samt. Diese auffällige Variante seines letzten „Salons" hätte er nicht ausgesucht – aber ich!
Er starb an Erschrecken. Ein Anruf vom Finanzamt in England. Die Drohung, nie wieder in das Vereinigte Königreich einreisen zu dürfen. Drei Immobilienmakler melden sich aus Italien, um einen Besichtigungstermin für sein Mega-Anwesen zu vereinbaren. Sein Büro habe darum gebeten, da er doch seine Häuser verkaufen wolle. Eines davon sein erstes wahres Zuhause. Zum ersten Mal allein lebend mit fünfundfünfzig Jahren! Drei Empfangshallen, sieben Schlafzimmer, ein Ankleideraum von fünfzig Quadratmetern – Sarah Jessica Parker, oder besser: Carrie in Sex and the City, hätte sich gefreut! Ein Indoorswimmingpool. Er ist Mr. Big und lebt es auch! Fünf Badezimmer mit heizbaren Toiletten- sitzen. Jeder Raum ausgestattet mit Überwachungskameras. Kontrolle über das Imperium während seiner Abwesenheit. Ein Fitnessstudio mit Whirlpool. Sport für den Unsportlichen! Der einzig trainierte Muskel ist sein Schwanz. Ein separates Einfamilienhaus auf dem Grundstück für die Hausangestellten: den Butler, die Haushälterin, den Gärtner, den Chauffeur. Ein Zimmer für unseren gemeinsamen Sohn Feliciano, Felix genannt, mit En-Suite-Badezimmer. Schwarzer Marmor. Jede Maserung des Steins sorgfältig herausgearbeitet. Unsichtbar. Wie in Blake’s Hotel in London South Kensington, dem Lieblingshotel von Lady Gaga, Mickey Rourke, David Bowie, wenn sie in London sind. Designed von Anushka Hempel. Auch die Presse erscheint vor seinem Haus: Kameras, Mikrofone, Radio- und Fernsehsender warten auf ihn. Am vorderen und hinteren Eingang des Grundstücks. Die Überwachungskameras auf sie gerichtet wie Selbstschussanlagen. Er selbst bleibt dem Geschehen fern. Aus gutem Grund. Adrenalinstöße treffen ihn wie Elektroschocks. Sein Blutdruck erreicht 250 /120, sein Herzschlag 300.
Anruf von Ludmilla, einer kleinen Sünde vergangener Wochen und Monate. „Es ist dringend", schluchzt sie in ihr iPhone, eine milde Gabe an sie, nachdem er für sich selbst gönnerisch die neueste Variante aus dem Apple-Spielzeugshop besorgt hatte.
„Ich bin HIV positiv!", jammert sie unter Tränen. Sein Puls steigt. Kein Kondom benutzt – wie üblich. Er sieht sich sterben. Langsam. Es reicht nicht. Noch nicht. Der Tod durch Erschrecken ist schwierig. Für den Erschreckenden! Den Mörder? Die Mörderin? Soll ich mich so nennen? Für denjenigen, der es plant jedenfalls. Wie viel braucht er noch? Soll ich sparsam dosieren oder die Munition erhöhen? Abwarten.
Ludmilla traf ich in Moskau. Im Hotel Imperial wartete sie auf einen Regisseur an der Bar. „Die große Rolle" – so sagte sie. Er kam nicht. Auch nicht der Produzent. So schien der Traum des großen Films zu zerplatzen, hätte ich nicht das neue Drehbuch direkt parat gehabt: Ludmilla ist groß, schlank, blond, slawisch, jung, naiv. In sein Beuteschema passend. Und sie wartete auf ihren großen Moment.
Wir tranken Mandarinensaft, später gefolgt von Champagner. Sie war so glücklich nach der ersten Flasche des kalten Prickelns, die sie fast allein leerte. Sie sprach vom schicksalhaften Zufall, mich getroffen zu haben in diesem tragischen Moment ihres Lebens. Sie weinte, dass sie schon bezahlt hatte für die Rolle – ein „Threesome" – zu dritt, wie das Wort schon sagt: sie, der Regisseur und der Produzent. Kontakte nach Hollywood hätten sie. Und das hat Ludmilla geglaubt. Und je mehr sie über ihren Einfluss, ihre Kontakte, ihre Macht und das leichte Leben in Beverley Hills zwischen Studios, Nobu Matsuhitas erstem Restaurant, Clubs mit weißen Puderzuckerlinien, Tiffany’s, Cartiers, Bulgari, Dachterrassen mit Swimmingpools, Partys mit Celebrities – ganz einfach: von der besseren Welt des Erfolgs, erzählten, um so leichter fiel es ihr, den beiden jeden Wunsch zu erfüllen. Neunzehn sei sie gerade geworden und dass sie so gut englisch spricht, verdankt sie ihrer Ambition, eine großartige Schauspielerin werden zu wollen. Dafür würde sie alles tun! Ja, alles! Auch mir fiel dazu etwas ein: Ob sie denn einen einflussreichen Mann kennenlernen will? Gute Kontakte zu Pellybay Films hat er in Hamburg und der ganzen Welt. Sie muss mir nur versprechen, mich nie zu erwähnen. Oh nein, das wird sie nicht! Ganz bestimmt nicht! Vorsichtshalber erfährt sie meinen anderen Namen: Dorota aus Wien – so stelle ich mich vor – das ist polnisch für Dorothy.
„Das weiß ich", strahlt sie und verspricht, mich gewiss zu ihrer ersten Oscarverleihung einzuladen, wenn es denn dazu kommt. Mein Drehbuch gefällt Ludmilla: Sie will meinen Geliebten Amos verführen. Begeisterung! Applaus!
„Ja, das kann ich", quietscht sie vor Freude. Das war mir klar – verschwende viel Lob an sie. Wie das gehen soll? Sie kennt ihn doch gar nicht? Dafür sorge ich schon. Gebe ihr meine österreichische Mobil- nummer, die ich nur für „Action Ludmilla" nutzen werde. „Ich rufe dich an", bestimme ich. Bald.
Mein Name ist Aelita. Manchmal auch Aelitina oder wie auch immer Amos mich nennt. Je nach Stimmung, Rausch, Bewunderung, Verachtung, Lust. Ich war seine Geliebte. Seine Mätresse. Ich will, dass das immer so bleibt. Ich bin die Mätresse seines Lebens und wen auch immer er beherzt, vögelt, küsst, beschenkt, jagt, begehrt – ich bleibe die Geliebte! Dieser Anspruch ist nicht sexuell gemeint – nein, eher philosophisch und intellektuell. Ich bin die Mutter seines einzigen Kindes, unseres Sohnes Feliciano. Wir leben in London, Belgravia, Eaton Square – SW1. Bald werden Feliciano und ich noch mehrere Adressen haben. Über die ganze Welt verteilt. Mit dieser Sorge sitzen wir beide im Privatjet von London nach Milano. Amos im edlen Sarg als schweres Gepäck im Frachtraum der Boeing 727. Es hat nicht lange gedauert nach Ludmillas Anruf.
Sie fragte mich: „War ich gut?" Und ich konnte sie nur in ihrem Plan, eine außergewöhnliche Schauspielerin zu werden, bestärken. Er hatte einen Herzinfarkt gekoppelt mit einem durch Stress verursachten Schlaganfall. Fünfundfünfzig Jahre alt ist er geworden. Nicht alt, nicht jung. Er hätte sich nie vorstellen können zu sterben.
„Se moio… – falls ich sterbe…", begannen seine Sätze zu diesem Thema und sich selbst als würde der Tod nur die anderen betreffen, nicht ihn. Kürzlich er- klärte er Feliciano, dass er besonders lange leben werde wegen der vielen Vitamine, die er täglich nimmt. Und man beachte seinen schlanken Körper – nicht so fett und dickbäuchig wie die der Väter von Felix‘ Freunden, die er vor seiner Schule sieht, wenn er ihn alle drei Wochen freitags abholt. Felix belohnte ihn dafür mit feuerroten Fingernägeln während er schlief. Der Nagellackhersteller hätte die Farbe phantasievoll „Killed by fire" genannt, wenn sie auf dessen Palette erschienen wäre – gleich neben Sugardaddy, Love me tender, Viagra me!, Pussycat oder Hollywood Glam. Kleine Fläschchen aus meiner Sammlung im Bade-zimmer... So ist er, mein Feliciano. Er hat einen außergewöhnlichen Geschmack kombiniert mit Phantasie und Kreativität. Er versteht es sehr gut, seinen Vater zu peinigen: Liebesentzug, Zeitentzug, lässt ihn spüren, dass er mit ihm spielen kann, wie er will. Amos hätte ihm seine im Schlaf rot lackierten Fingernägel nicht einmal übel genommen, wenn er noch die Chance gehabt hätte, die peinliche Tat rechtzeitig zu entdecken. Hatte er aber nicht. Auch der Sturz in den Pool im Haus von Amos‘ Mutter auf der Insel Procida und den direkt hinterher geschmissenen Kärcher, den der leibeigene Butler in jenem Moment gerade benutzte – noch in der Steckdose steckend , das Kabel reichte – der Stromschlag leider nicht... So gelang Feliciano jedoch der Streich, Amos‘ wenige Haare am Hinterkopf zu rasieren und ihn so in eine Vorstandssitzung zu schicken. Im Spiegel sah Amos nur sein Frontantlitz, nicht die mühevolle Verzierung seines gesamten Hauptes. Es dauerte lange, bis er merkte, was ihm tatsächlich geschehen war.
FEEEELIIICIIIAAANOOOO!
Ihm war sofort klar, wessen Handschrift die fein säuberlich rasierten Elemente, welche seinen Kopf zierten, trug!
Feliciano…
Feli.jpgDer Schrei meiner Mutter weckte mich aus