Status – Lust – Identitaet: Wirkungsweise und Anwendung von Gamifikation im Unterricht und in der Lehre
Von Bernd Floßmann
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Wenn diese Fragen von allen Beteiligten nicht positiv beantwortet werden können, wird das Lernen, Lehren, Führen und Motivieren schwer. Lernen leichter zu gestalten, menschengemässer, das ist das Ziel dieses Buches.
Diese Technik wird in der Werbung als Gamifikation (Spielifikation) bezeichnet. Angewandt auf Unterricht und Lehre bietet sie mächtige Werkzeuge zur Motivation.
Bernd Floßmann
Studierte Philosophie in Leipzig (1976-1981) und Potsdam (2003-2007). Promotion zu Arbeitsbedingungen als philosophische Kategorie. Er beschäftigt sich mit Methoden der motivierenden Führung und entspannten Lehr- und Lernmethoden. Dabei fliessen internationale Erfahrungen, Erfahrungen in der jahrelangen Aus- und Weiterbildung von Akteuren in der Industrie wie in der Benachteiligtenförderung sowie profundes philosophisches und literarisches Wissen zusammen. Lebt in Berlin. Arbeitet als freier Trainer und Berater.
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Buchvorschau
Status – Lust – Identitaet - Bernd Floßmann
Vorwort
Dieses Buch enthält neben praxisorientierter Theorie zu den Hebeln der Beeinflussung von Motivation eine Auswahl von Lernmethoden, Lernspielen und Anweisungen aus meiner Praxis. Ich habe versucht, vor allem die Techniken und Theorien, praktischen Erfahrungen und Tricks vorzustellen, mit denen ich in meiner Lehrtätigkeit die besten Erfahrungen habe. Die Methoden wurden selbstverständlich nicht alle von mir entwickelt. Quellen sind im Literaturverzeichnis zu finden.
Dieses Buch stellt einen eher philosophierenden Zugang zu Lernen und Führen zur Verfügung. Damit unterscheidet es sich von den üblicherweise psychologisierenden oder pädagogisierenden Büchern, aber auch von den trickreichen technischen Anleitungen oder den ökonomisch-betriebswirtschaftlichen Abhandlungen zum Thema.
Herrschaftstechniken wie Lehrtechniken erweitern ihre Arsenale ständig mit der Entwicklung neuer Erkenntnismodelle durch die Entwicklungen der philosophischen Erkenntnistheorie, der Soziologie, der Phänomenologie, der Psychotherapie, der Psychologie, aber auch der Naturwissenschaften. Moderne Lehr-, Führungs- und Herrschaftstechniken haben vieles aus diesen Fächern geborgt. Das religiöse wie das philosophische Menschenbild sind entscheidend für das Herangehen an Lehren, Herrschen und Führen. Es ist auffällig, dass trotz der riesigen Menge an Veröffentlichungen über die Grundhaltungen dreier Philosophen noch nicht wesentlich hinausgegangen wurde, Platons Sokrates, Aristoteles und Immanuel Kant haben die geistige Grundlage gelegt für alle modernen pädagogischen Theorien oder Führungslehren. Hegel, Marx, Kierkegaard und Heidegger werden verehrt, aber nicht oder kaum angewandt. Marxistische Pädagogik ist seit dem Niedergang des sozialistischen Weltsystems völlig aus der ernstzunehmenden Literatur, soweit ich sie kenne, verschwunden oder taucht unter anderem Namen, zum Beispiel der kritischen Theorie der linksorientierten Frankfurter Schule, verschiedener systemtheoretischer Ansätze oder ökonomistischer Theorien wieder auf. Behavioristisches Motivieren folgt Erfahrungen aus Experimenten der Forschungskreise um Skinner, Pawlow und Watson. Neurolinguistisches Programmieren (NLP) ist eine Zusammenfassung erfolgreicher psychotherapeutischer und hypnotherapeutischer Techniken des Gestalttherapeuten Fritz Perls, der Familientherapeutin Virginia Satir und des Hypnotherapeuten Milton H. Erickson. Suggestopädie oder Hyperlearning nach Lozanov sowie die biologistischen Vorschläge von Manfred Spitzer sind beeinflusst durch die moderne Gehirnforschung. E-Learning und Blended Learning sind beeinflusst durch die Entwicklungen in der Technik, insbesondere von Computern und Datennetzen.
Marxistische Theorien betonen die Bedeutung der Gestaltung ökonomischer und technischer Bedingungen für die Entwicklung von Lernen und Führen. Feministische Theorien decken die einseitige Vorherrschaft männlicher Denksysteme auf. Psychologische und psychotherapeutische Zugänge zum Lernen finden sich vor allem in den Randbereichen der Pädagogik, der Hochbegabtenförderung und in der Benachteiligtenförderung. Auch wenn Psychologen und Psychotherapeuten einander gelegentlich die Kompetenz absprechen, findet sich in den von ihnen verwendeten Techniken jedoch sehr viel Material für Lehr- und Lerntechniken. Besonders hervorzuheben ist hier der Ansatz der hypnotischen Sprachmuster von Milton Erickson und der Körper- und Bewegungsansatz von Virginia Satir, der vor allem in der Familienaufstellung und der Skulptur angewendet wird. Dabei ist jedoch immer darauf zu achten, dass im Gegensatz zur autoritativen Art und Weise wie Bert Hellinger diese Techniken anwendet, Interpretation, persönliche Integrität und Freiheit immer auf der Seite der Teilnehmer und Teilnehmerinnen zu bleiben haben.
Viele Lernhindernisse und Spannungen lassen sich mildern oder gar positiv ausnutzen, wenn die psychische Seite behutsam und voller Zuneigung zu den Teilnehmerinnen und Teilnehmern berücksichtigt wird. Natürlich soll die Therapie Sache der professionellen Therapeuten sein und bleiben, Lernen hat aber auch immer eine therapeutische Komponente und diese muss zumindest bewusst sein und berücksichtigt werden. Deshalb fliessen Techniken aus dem Konvolut des Neurolinguistischen Programmierens behutsam in die Gestaltung von teilnehmerzentrierten Lernsituationen ein.
Virginia Satir hat dazu ihre Grundhaltung in den »Fünf Freiheiten« ausgedrückt, zu denen sie ihren Patienten verhelfen wollte:
• Die Freiheit zu sehen und zu hören, was im Moment wirklich da ist - anstatt das, was sein sollte, gewesen ist oder erst sein wird.
• Die Freiheit, das auszusprechen, was ich wirklich fühle und denke und nicht das, was von mir erwartet wird.
• Die Freiheit, zu meinen Gefühlen zu stehen und nicht etwas anderes vorzutäuschen.
• Die Freiheit, um das zu bitten, was ich brauche, anstatt immer erst auf Erlaubnis zu warten.
• Die Freiheit, in eigener Verantwortung Risiken einzugehen, anstatt immer nur auf ›Nummer sicher zu gehen‹ und nichts Neues zu wagen. ¹
Weiter sind der Ansatz von Jaques Lacan zum Spiegelstadium² und zum Begehren und die Freudschen Ansätze zur Lust, zur Übertragung und zur Neurose eingeflossen. Von Lacan ist besonders die Unterscheidung von Realem, der Differenz zwischen bisher gekonntem und realem Können, die unfassbare und unerwartete Realität, von Imaginärem, in inneren Bildern vorliegendem Selbstbild, die Vorstellungswelt und Symbolischem, der erlernten und geübten Sprache, den Zeichen, dem Verhältnis und der Verwirrung von Signifikanten und Signifikaten für meine Lehre bedeutsam.
Weitere Einflüsse sind in diesem Buch mit dem Ansatz der Themenzentrierten Interaktion (TZI) von Ruth Cohn, der Transaktionsanalyse von Eric Berne und der Theorie der bio-psycho-sozialen Einheit Mensch von Karl-Friedrich Wessel zu finden.
Im Führungsprozess wie im pädagogischen Prozess unterscheiden Rubner/Rubner³⁷ fünf typischen Gruppenphasen:
Die Phase der Orientierung
Die Phase des Kampfes und der Flucht
Die Phase der Interdependenz
Die Phase des Vertrauens
Die Phase des Übergangs
In ihrer weiteren Forschung fügen Rubner/Rubner zwischen die erste und die zweite Phase noch eine weitere Phase ein, die Phase der Annäherung und Zusammenarbeit. Nach meiner Ansicht wird diese Phase aber durchaus ausreichend mit der zweiten und dritten Phase repräsentiert. Ich korreliere daher fünf Phasen mit diesen Hauptmotivatoren:
Kontakt
Status
Lust
Identität
Transfer.
Diese fünf Phasen bilden die Struktur dieses Buches, ergänzt durch philosophische, pädagogische und psychologische Grundlagenkenntnisse und Methoden zur Gliederung von Prozessen und Basisfertigkeiten, ohne welche jede Führung und jede pädagogische Intervention zum Scheitern verurteilt ist.
Lehren und Herrschen
Denn jeder, der sein innres Selbst nicht zu regieren weiß, regierte gar zu gern. [Goethe]
Die Vasen von Erbtante Erika
Klein Lieschen hat die Vase von Erbtante Erika heruntergerissen, sie steht vor dem Scherbenhaufen und weint. Mutter hat das Geräusch gehört, kommt gelaufen und schimpft: »Warum hast du das getan?«
Was haben wir hier?
Zunächst haben wir das Ergebnis einer Bewegung. In diesem Fall ist es ein Scherbenhaufen. Klein Lieschen weint, weil sie mit dem Ergebnis ihrer Handlung nicht zufrieden ist. Mutter schimpft aus demselben Grund. Aber da ist noch mehr.
• Warum ist Lieschen nicht zufrieden mit dem Ergebnis ihrer Bewegung der Vase?
• Was will Lieschen mit dem Weinen erreichen?
• Ist Lieschen jetzt für immer böse und wird ein schlimmes Ende nehmen?
• Wieso kommt Mutter auf die Idee, dass die Vase von Lieschen mit einer Intention, also absichtlich, zerschmettert wurde?
• Was geschieht nun mit Lieschen?
• Wird sie sich eine Begründung »post festum« ausdenken?
• Wird es eine gerechte Strafe geben und was wäre das eigentlich?
• Kann eine solche Strafe zukünftiges Verhalten von Lieschen, insbesondere in Bezug auf die anderen zwanzig Vasen von Erbtante Erika verändern?
• Warum schimpft Mutter, obwohl sie die Vasen von Erbtante Erika selbst nie benutzt und in Wirklichkeit hasst, weil sie sie hässlich findet?
• Hätte das Handeln von Lieschen verhindert werden können, hätte sie rechtzeitig eine Fortbildung über den Wert der Vasen und das Verhalten in Wohnzimmern erhalten?
Mutter unterstellt Lieschen ein Motiv, eine Absicht. Sie kann nicht glauben, anerkennen, dass es sich einfach nur um eine Bewegung mit unvorhergesehener Wirkung gehandelt haben könnte. Und selbst wenn sie das annehmen würde, könnte sie sich in Anbetracht der anderen zwanzig Vasen und den damit verknüpften Hoffnungen auf das Erbe von Tante Erika nicht mit einem solchen unkontrollierten Verhalten abfinden.
Mutter nimmt Ziele und Beweggründe an und verwandelt so Lieschens Bewegung in ein Handeln. Aus diesem Handeln von Lieschen sollen daraufhin in einem ersten Schritt Strafen, Belohnungen und andere Interventionen abgeleitet werden. Diese sollen in einem zweiten Schritt dazu führen, dass ein bestimmtes unerwünschtes Verhalten nicht wiederholt oder ein bestimmtes erwünschtes Verhalten wiederholt wird. Mutter hofft auf eine bleibende Verhaltensänderung, darauf, dass Lieschen aus der Kombination von Untat und Beschimpfung etwas gelernt hat.
Die Belehrung Lieschens durch Mutter mittels pädagogischer Methoden ist ein Machtakt mit dem Ziel der Verhaltensänderung und so wird er auch von Lieschen empfunden. Deshalb weint sie. Ob das Weinen aus dem Gefühl der Ohnmacht kommt oder aus der Angst vor der Strafe oder aus dem Schreck über die Folgen einer Handlung, welche die von ihr geliebte Mutter vielleicht traurig macht, ist nicht eindeutig bestimmbar.
Lehren und Herrschen
Die Frage, warum jemand etwas tut, oder warum jemand etwas getan hat, stellt sich, abhängig vom Ergebnis einer Handlung, mehr oder weniger ernsthaft und intensiv. Ob es um die Vase von Erbtante Erika oder um ein Ventil im Atomkraftwerk Tschernobyl geht oder um die politische Entscheidung für ein Eingreifen in einem lokalen Konflikt, die Struktur des motivierten Handelns ist ähnlich. Die Folgen dieses Handelns aber betreffen uns und je nach dieser Betroffenheit sind wir an der Beeinflussung von Verhalten interessiert.
Aristoteles, der Zusammenfasser des Wissens zu seiner Zeit, ging bei seiner Untersuchung des Handelns in der »Nikomachischen Ethik« davon aus, dass jedes Handeln einem Zweck oder einem Ziel, der Erreichung eines Gutes zu dienen scheint. Das Höchste dieser Güter war für ihn die Glückseligkeit.
Aristoteles geht so vor: Erst haben wir, mehr oder weniger bewusst, einen Zweck, dann handeln wir. Alles Andere ist nur Bewegung. Wenn ich also die Zwecke der Menschen kenne, kann ich ihr Handeln begreifen und wenn ich den Menschen Zwecke setzen kann, kann ich Menschen (ver-) führen, meine Zwecke zu erfüllen. Handlungstheorie ist somit die Basis für die Ethik. Und die Ethik ist die Basis für verantwortungsvolles Handeln. Soweit der Traum von Aristoteles und der meisten jener, welche seitdem versucht haben, die Motive von Menschen zu beeinflussen oder wenigstens zu erkennen.
Wir haben hier einige Grundfragen der Macht und der Lehrtheorie versammelt.
Machttheorien fragen seit jeher in drei Richtungen:
• Warum hat jemand etwas getan?
• Was kann ich tun, damit jemand Anderes etwas tut, was mir recht ist?
• Worauf kann ich hoffen? Welche Veränderungen sind möglich?
Die erste Frage ist analytisch, die zweite synthetisch, die dritte utopisch. Diese Fragen erinnern an Immanuel Kant, der diese drei Fragen grundlegend umdrehte und als Fragen formulierte, welche durch die Philosophie beantwortet werden müssen, um ein Leben als aufgeklärter Mensch führen zu können:
• Was kann ich wissen? Diese Frage wird durch die Kritik der reinen Vernunft, besonders die Erkenntnistheorie beantwortet.
• Was soll ich tun? Diese Frage ist die Kernfrage der so genannten praktischen Philosophie oder der Ethik. Sie ist Kern aller modernen Handlungs- und Führungstheorien.
• Was darf ich hoffen? Diese Frage wird durch Kant nicht beantwortet, denn sie ist utopisch. Hoffnung und Angst sind die Bereiche, in denen sich die Geheimnisse der intrinsischen Motivation, jener geheimnisvollen Gründe für menschliches Verhalten verstecken. Unbewusstes, Instinktives, Religiöses, Esoterisches, Schamanisches wird hier diskutiert und ausprobiert. Ich lese jedoch Utopia ( οὐτοπία ) Kein–Ort als kein–bestimmter–Ort, als überall! ³ Damit ist für mich der Ort und die Zeit der Hoffnung nicht N–irgendwo und N–irgendwann sondern Überall und Immer.
Kant vollzieht eine Wende von der allgemein üblichen über extrinsische, von äusseren Beweggründe, Strafen und Lohn (Lehen), Zuckerbrot und Peitsche bewirkten Beeinflussung von Verhalten hin zu intrinsischem, von inneren, allein aus dem Subjekt stammenden Beweggründen bewirktem Verhalten.
Es könnte eingewendet werden, dass Bildung nicht immer Verhaltensänderungen anstrebt, sondern mitunter auch nur Wissen, Bewusstheit oder eine gewisse Einfühlung ermögliche. Doch auch in diesen Zusammenhängen steht die Hoffnung, dass die Vermittlung von Wissen oder, in einer weiteren Stufe der Pädagogik, die reine Verbesserung des Zugangs zu Wissen die Bedingungen bereitstellt, welche letztlich eine Verhaltensänderung bewirken.
Es ist wie bei einem Verkauf. Sicher gibt es eine Informations- und Planungsphase, in der Beratung im Zentrum steht. Wenn es aber dann nicht zum Vertragsschluss und zur Vertragsausführung kommt, erweisen sich Informationen und Planung als wertlos. Bestenfalls kann sich dieser Aufwand auf spätere Transaktionen auswirken.
Diese Bewegung kann in der gegenwärtigen Diskussion um Motivationstheorien wie in der gegenwärtigen pädagogischen Diskussion ebenfalls beobachtet werden. Die »kopernikanische Wende«, welche Kant anstrebte, ist offensichtlich nicht einfach zu vollziehen und dann Schluss, sondern eine ständige Aufgabe.
Sicher kann der Anfang darin bestehen, erst mal selbst richtig zu handeln⁴, so wie es Immanuel Kant für das eigene Handeln fordert: »[...] handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, daß sie ein allgemeines Gesetz werde.«⁵. Das aber ist anstrengend und es besteht immer die Gefahr, die Ursachen und damit die Schuld für die jeweilige Misere bei sich selbst zu finden. Deshalb lässt Goethe auch Erichtho⁶ am Beginn der klassischen Walpurgisnacht sagen:
»Wie oft schon wiederholt’ sich’s! wird sich immerfort
Ins Ewige wiederholen... Keiner gönnt das Reich
Dem andern, dem gönnt’s keiner, der’s mit Kraft erwarb
Und kräftig herrscht. Denn jeder, der sein innres Selbst
Nicht zu regieren weiß, regierte gar zu gern
Des Nachbars Willen, eignem stolzem Sinn gemäß...«⁷
Pädagogik⁸ ist Menschenführung, so wie Menschenführung, Demagogik⁹, pädagogische Elemente hat. Die Führer von Menschen könnten also von der Pädagogik lernen, wie die Pädagogik aus der Führung von Menschen gelernt hat. Die Geschichte kann als eine Abfolge erzählt werden, in der immer wieder die Sklaven, die Knechte, die Herren ablösen. Das bleibt nicht unbeobachtet. Die gebildete rhetorische Kraft der Sophisten, Juristen und Politiker wird daher mit Misstrauen gesehen. Das kann auch am Bedeutungswandel des Wortes Demagoge und an der Wertung von Pädagogik abgelesen werden.
Wer die Macht hat, braucht keine Rhetorik, kein Wissen, keine Fertigkeiten. Das was er braucht, kann er erpressen oder kaufen. Interesse an Wissen haben vor allem diejenigen, welche sich auf die Macht vorbereiten, welche Macht erringen wollen.
Pädagogen und Demagogen, Lehrer und Herrscher
Was verbindet Pädagogik, Herrschaft und Führung? Kann das Heer der Pädagogen, der Lehrer, der Erzieher, der Ausbilder, Sozialpädagogen und Professoren mit Führungskräften der Wirtschaft und können diese wiederum mit Politikern und diese wiederum mit Königen, Päpsten oder Diktatoren verglichen werden? Ist herrschaftsfreier Unterricht überhaupt möglich, ist er nötig? Was unterscheidet den Pädagogen vom Demagogen? Wodurch unterscheiden sich die Werkzeuge der Macht, die Sprache und der Rohrstock, Zuckerbrot und Peitsche, Brot und Spiele, Manipulation und Motivation? Warum und wann reicht Zwang nicht mehr aus? Wie verläuft der Entwicklungsweg vom Zwang zur Manipulation zur Motivation und von dort zur Inspiration? Wann benötigt Herrschaft Motivation und pädagogische Techniken?
Sprache und Rohrstock waren von jeher die Werkzeuge der Pädagogen, der Knabenführer der Antike. Diese Sklaven, ursprünglich raue Burschen, begleiteten die Knaben auf dem Weg zum Stadion um sie vor lüsternen Männern zu beschützen und nutzten die Gelegenheit, um ihre Schützlinge in den Grundlagen sozialen Verhaltens zu unterrichten, vornehmlich
• ihr Gewand richtig zu tragen,
• auf der Straße anständig und mit niedergeschlagenen Augen zu gehen,
• beim Sitzen weder die Füße übereinander zu schlagen noch das Kinn mit der Hand zu stützen,
• still zu schweigen,
• und bei Tisch nicht leckermäulig zu sein. ¹⁰
Dafür wendete der Paidagogos schon mal die Prügelstrafe an. Knaben hart zu erziehen, schien damals in Athen wie heute in Eton eine gute Methode, sie auf das Leben in Herrschaftssystemen vorzubereiten.
Mädchen wurden im Haushalt erzogen. Die matristische Gesellschaft ist die naturwüchsige Herrschaft der Mütter im Haushalt. Deshalb bedeutet Matriarchat¹¹ auch nicht, wie einige fälschlich anzunehmen scheinen, Herrschaft der Frauen. Die jungen Mädchen waren schon immer den Großmüttern und deren Einschränkungen unterworfen und wurden dort vor ungewollten Schwangerschaften durch brutalste Mittel wie Beschneidung, die Verhüllung bis hin zu moralisch-religiösen Fesseln wie dem Kult um die Jungfernschaft, ebenfalls vor lüsternen Männern geschützt.¹²
Die Nutzung ausländischer Sklaven als Pädagogen ist in vielen Ländern Standard und ein Problem. So hat die gegenwärtige Gesellschaft in arabischen Ländern, aber auch in Nordamerika große Probleme dadurch, dass die Kinder reicher Leute hauptsächlich von philippinischen oder lateinamerikanischen christlichen Mädchen erzogen werden, welche natürlich schon instinktiv ihre Kultur übertragen.
Die Macht der Lehrenden besteht in der frühen Einprägung der Grundlagen der Kultur: Sprache, Glaube, Sitte. Die Macht der Mächtigen in Bezug auf die Erwachsenen besteht vorwiegend in einer Modifikation, in einem Auskommen mit den Sprachsystemen, Glaubenssystemen und Sitten im politischen Raum.
Von denen, welche mutig in der Schlacht dem Heer vorangehen, Fürsten, Herzöge verändert sich die Rolle der Führung mit der Verlagerung der Macht hin zu denjenigen, welche aus dem Hintergrund führen, als Mätressen, als »graue Eminenzen«, mit Manipulation, Intrigen und Betrug, entwickelt sich weiter hin zu den Führern und Aufrührern, welche die inneren Kräfte von Menschen mobilisieren.
Den momentanen Gipfel der Führung und des Lehrens nehmen Menschen ein, welche andere Menschen inspirieren, ihnen ihren Spirit, ihren Geist eingeben, etwas bewirken, ohne selbst materielle oder ideelle Gewalt ausüben zu müssen, zu diesen Menschen gehören Gandhi, Einstein und die mittlerweile ins Massenhafte gewachsene Menge der Motivationstrainer, professionellen Redner und Politiker, wie sie bei TED-Talks¹³ auftreten, aber auch Prominente aller Art und die Fernsehprediger.
Da nur wenige später herrschen können, ist Schule überwiegend auf die Erziehung zum Beherrschtwerden ausgelegt. Am leichtesten lassen sich Menschen beherrschen, wenn sie beherrscht werden wollen, wenn sie gerne tun, was ihre Herrscher möchten. Die Technik, diesen Zustand zu erreichen, nennt man Motivation. Motivation wird überwiegend durch Pädagogen gelehrt.
Die vier großen Bereiche der Bildung: Vorschule, Schule, Berufsausbildung und Weiterbildung entsprechen den Bedürfnissen der Erziehung in Herrschaftssystemen. Dabei konzentriert sich die Herrschaftsvorbereitung auf die Schule. Deshalb gibt es auch die Schulpflicht.
Das Schulsystem in Deutschland untersteht gemäß Art. 7 Abs. 1 des Grundgesetzes