Kloburger Leopoldimorde: Wallner ermittelt
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Buchvorschau
Kloburger Leopoldimorde - Barbara Lechner-Chileshe
Kloburger Leopoldimorde - Wallner ermittelt
Titel Seite
Alle in diesem Buch geschilderten Handlungen und Personen sind komplett frei erfunden, daher wären Ähnlichkeiten mit tatsächlichen Personen zufällig und unbeabsichtigt. Viele der Schauplätze und Lokale gibt es allerdings wirklich und sind als Institutionen in Klosterneuburg nicht wegzudenken, weswegen sie natürlich auch in diesem Kriminalroman Verwendung fanden.
1.
Wallner war noch unter der Dusche, als sein Handy lautstark die Titelmusik von „Mission Impossible" von sich gab. Es war ein Einfall seiner Enkelin gewesen, diesen nervigen Klingelton auf sein Mobiltelefon zu laden und Wallner, der froh war, zumindest zu wissen, wie man mit dem neumodigen Ding, das ihm sein Schwiegersohn angedreht hatte, Gespräche führen zu können, hatte keine Ahnung, wie er das rückgängig machen konnte. Petra war ja außerdem auch sehr stolz darauf gewesen, gerade diesen Klingelton zu finden, denn mit ihren zehn Jahren bewunderte sie ihren Opa sehr und stellte sich seinen Beruf genauso spannend vor, wie er in amerikanischen Agenten- und Actionfilmen beschrieben wurde. Wallner war Kommissar im Landeskriminalamt Niederösterreich in St. Pölten und seit jeher Leiter der Mordkommission. Selbst Tatort- und Ermittlerteams in anderen Bundesländern schätzten seine Meinung und riefen ihn gerne zu Hilfe, wenn sie nicht weiterkamen. Wenngleich er in seiner langen Berufszeit bereits einige kuriose und interessante Fälle gelöst und vieles erlebt hatte, wäre vermutlich nichts davon spannend genug gewesen, um es in Hollywood zu vermarkten.
„Fixlaudon!" Laut fluchend stellte Wallner das Wasser ab und stampfte pitschnass in die Küche, wo er das noch immer klingelnde Handy neben der Kaffeemaschine abgelegt hatte, in der der Filterkaffee tropfte. Selbst in punkto Kaffeemaschine weigerte sich der Kriminalbeamte strikt, ein neueres Modell anzuschaffen, denn es wäre ihm zu mühsam, seine Morgenroutine zu ändern und wieder ein Stück neue Technik erlernen zu müssen.
„Wallner!", donnerte er ins Telefon, ohne vorher nachzusehen, ob er die Nummer kannte.
„Herr Wallner? Kapsdorfer hier, antwortete eine ungewöhnlich piepsende Männerstimme. Unvergleichlich die Stimme des Landespolizeidirektors persönlich! Dann musste es wichtig sein! „Ich wollte Sie noch erreichen, bevor Sie ins Büro fahren. Wir brauchen Sie in einem Außeneinsatz. Es gibt einen Toten in Klosterneuburg
, erklärte Kapsdorfer. „Die Kollegen der Klosterneuburger Polizeiinspektion erwarten Sie bereits."
„Wer ist tot?", wollte Wallner wissen.
„Die Leiche wurde irgendwo an der Donau gefunden. Ansonsten hab ich auch noch nicht viele Infos. Herr Hauser, der Gerichtsmediziner, und die Kommissare Salzbacher, Grundig und Kollner müssten als Tatort-Team eigentlich bereits vor Ort in Klosterneuburg sein. Nicht nur ist der Tote ein stadtbekannter Politiker, sondern in Klosterneuburg fängt außerdem heute das jährliche Leopoldifest an, das tausende Besucher in die Stadt lockt. So machen sich dort natürlich jetzt alle Sorgen. A heikle Gschicht! Absolute Diskretion ist angesagt! Keine unüberlegten Kommentare gegenüber der Presse. Ist das klar?", mahnte Kapsdorfer.
„Klar, anwortete Wallner. „Ich hau mich gleich über die Häuser.
„Moment noch, Herr Wallner! Nehmen Sie den Kommissar Blosch mit. Der ist schon am Weg zu Ihnen. „Muss das sein?
, fragte Wallner. Der junge Kollege Blosch war zwar sehr motiviert und übereifrig, aber auch richtig anstrengend, denn er hielt so gut wie nie den Schnabel, was dem selbst eher wortkargen Wallner ein Greuel war.
„Ja, es muss sein, nehmen Sie ihn unter Ihre Fittiche! Der Bub soll endlich Erfahrungen sammeln."
„Na gut, dann machen wir uns eben zusammen auf den Weg", resignierte Wallner seufzend.
Immer noch nass stampfte der Kommissar ins Schlafzimmer. Er beschloss einige Sachen einzupacken, denn so ein Mordfall konnte nicht in einem Tag gelöst werden und er hatte keine Lust, mehrere Tage lange zwischen Klosterneuburg und St. Pölten hin und her zu pendeln. Er verließ St. Pölten und die direkte Umgebung in letzter Zeit so gut wie nie. Außer, wenn es sein Beruf unbedingt verlangte. Meist war das zum Glück nicht der Fall, da die Außenstellen der Mordkommission, wie zum Beispiel die in Mödling, ja auch noch da waren und es meist reichte, denen notfalls telefonisch beratend zur Seite zu stehen. In Klosterneuburg war er allerdings regelmäßig, da sein alter Schufreund Wolfgang dort wohnte, zu dem der Kontakt nie abgebrochen war. Wolle war auch sein Treuzeuge gewesen. Er selbst war ein eingefleischter Junggeselle und unterrichtete Biologie und Informatik am Gymnasium in Klosterneuburg. Etwa einmal im Monat besuchte Wallner Wolfgang übers Wochenende, ohne seine Frau Irmi natürlich, denn die würde es nicht zu schätzen wissen, wenn sie wüsste, dass ihre Sauftouren durch die Klosterneuburger Gastronomiebetriebe meist erst blattlwach mit dem morgendlichen Frühschoppen endeten.
Fluchend durchsuchte Wallner das Schlafzimmer. Er hatte keinen Schimmer, wo seine etwa dreißig Jahre alte Lederreisetasche war, die er gerne für Dienstreisen verwendete. Ausgerechnet gestern war Irmgard mit ihrer besten Freundin Ursula in die Steiermark in die Therme Loipersdorf gefahren. Irmi hatte diesen Entspannungsurlaub für zwei Personen bei einem Kreuzworträtselwettbewerb in einer Frauenzeitschrift gewonnen und wollte eigentlich ihren Mann überreden mitzukommen. Doch keine zehn Pferde könnten Wallner dazu bewegen in eine Therme zu fahren! Eine ganze Woche lange im brunzwarmen Wasser zu weiken, mit Leuten seines Alters mit Hängebusen und runzligen Hintern nackt in der Sauna zu sitzen und sich vielleicht auch noch von Masseuren angrapschen zu lassen... Nein! Da konnte er sich echt Besseres vorstellen! So gesehen kam ihm der Auftrag in Klosterneuburg gerade recht. So musste er nicht selbst kochen und Irmi konnte sich nicht beschweren, wenn er die ganze Woche kein Geschirr wusch oder seine Wäsche überall liegen ließ. Blieb aber immer noch das Problem mit der verschwunden Reisetasche. Wallner versuchte seine Frau anzurufen, doch ihr Handy war wie immer ausgeschaltet. Eigentlich schleppte sie das rosa Glitzerding, das ausgemusterte Handy ihrer Tochter Paula, sowieso völlig umsonst in der Handtasche herum. Nachdem sie es nie einschaltete, lud sie es auch nie auf. So war der Akku immer leer. Selbst gestern abend hatte sie ihren Mann nach ihrer Ankunft in Loipersdorf vom Zimmertelefon des Hotels aus angerufen, obwohl es vom Mobiltelefon aus gratis gewesen wäre.
Seufzend zog sich Wallner an und nahm kurzentschlossen ein großes Hofersackerl, in das er zunächst aus dem Allibert im Badezimmer seine Bartwichse, seine Zahnbürste und seine Zahnpasta einpackte und dann noch ein paar Hemden, zwei Unterleiberln, zwei Hosen, einige Socken, Unterhosen und ein paar seiner geliebten Stofftaschentücher hineinstopfte.
Wallners Kleidungsstil war einfach. Er hatte nur schwarze Socken, so passten immer alle zusammen. Wenn Irmi ihn einmal pro Jahr zwang, zum Einkaufen mitzukommen und er eine Hose fand, die passte und die er mochte, so kauften sie gleich mehrere davon ein. Seine bevorzugten Farben waren dunkelblau, schwarz braun und grau. Da sah man wenigstens keine Flecken. Seine weißen Rippunterhosen und -leiberln kaufte seine Frau meist im Supersparpack, wenn sie gerade irgendwo in Aktion waren. Nur bei den Überhemden hatte er eine etwas größere Auswahl, denn die kaufte Irmi auch gerne ein, wenn er nicht dabei war, um sie anzuprobieren.
Im Wohnzimmer schnappte sich Wallner noch sein Handyladekabel, bevor er seine Jacke überzog und Schlüssel, Geldbörse und seine dunkelbraunen Lederhandschuhe in die Jackentaschen stopfte und die dazupassende Lederkappe aufsetzte. Das Set war ein Geschenk von Paula gewesen. Für November war es zwar eigentlich noch nicht so kalt, doch seit Wochen regnete es ständig in Strömen und Wallner konnte es nicht leiden, wenn seine Glatze nass wurde. Schon mit vierzehn Jahren hatte Wallner seine ersten Kopfhaare verloren. Irgendwann hatte er einfach angefangen sie ganz abzurasieren, denn eine Frisur war nicht mehr möglich und ein Toupet kam für ihn sowieso nicht in Frage. Dafür war er umso stolzer auf seinen üppigen Schnauzer, den er hegte und pflegte und stets zwirbelte. Für seinen Schnurrbart hatte er mehr Pflegeprodukte zuhause als für den Rest seines Körpers und mindestens einmal in der Woche kramte er seinen eigenen Kosmetikspiegel hervor, um seine Gesichtsbehaarung mit einem speziellen Bartkamm zu kämmen, mit einer eigens angekauften Schere perfekt symmetrisch zu stutzen und mit Bartöl zu versorgen. Niemals ging er außer Haus, ohne vorher seine extraweiche bayerische Bartwichse aufzutragen, um für den Tag im wahrsten Sinne des Wortes in Form zu sein.
Gerade, als Wallner die Haustüre aufmachen wollte, klingelte es. Der junge Kommissar Blosch stand vor der Tür und fing sogleich zum Quasseln an: „Herr Wallner! Ist das nicht aufregend? Ein Politikermord. Ich freu mich, dass ich in meinen ersten Mordfall mit einem alten Hasen wie Ihnen zusammenarbeiten kann. Da kann ich sicher viel lernen! Wie fangen wir an? Fahren wir direkt zum Tatort?"
„Jetzt fahren wir erst einmal nach Klosterneuburg und dann werden wir sehen, entgegnete Wallner etwas grantig. „Und, Blosch?
„Ja, Herr Wallner?"
„In der Früh bin ich noch weniger