Der Chinakomplex des Rentners Karl: Protagonist Karl auf Brautschau in China
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Über dieses E-Book
Karl-Heinz Garnitz
Die Vergangenheit war für mich die Zeit des Werdens und der Entwicklung auf dem Weg in die Gegenwart. In der Gegenwart angekommen versuche ich immer wieder die Vergangenheit aufzuarbeiten, mein Weltbild zu ergänzen und jenes Neue zu schaffen, welches den Glauben an bessere Zukunft aufrecht erhält.
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Buchvorschau
Der Chinakomplex des Rentners Karl - Karl-Heinz Garnitz
IMPRESSUM
Texte und Bilder: Karl-Heinz Garnitz
Umschlaggestaltung Karl-Heinz Garnitz
Copyright 2017 by Karl-Heinz Garnitz
kahegar@t-online.de
Alle Rechte vorbehalten
Verlag e p u b l i , B e r l i n
Druck: epubli GmbH, Berlin
Printed in Germany
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LEITGEDANKEN
In 20 Jahren werden Sie eher von all den Dingen enttäuscht sein, die Sie
nicht getan haben, als von denen, die Sie getan haben. Lichten Sie also
die Anker und verlassen Sie den sicheren Hafen etablierter
Gewohnheiten. Öffnen Sie die Segel ihres Lebensschiffes. Nutzen Sie
die Passatwinde; Erkunden Sie - Träumen Sie - Entdecken Sie! Bleiben
Sie auf der Suche nach dem Wunderbaren.
(Mark Twain)
MUT ZUM WAGNIS
(Gedankenreflexe des Protagonisten Karl)
Als er nach 42 Arbeitsjahren im Alter von 64 Jahren in Rente ging,
re-aktivierte er ein Hobby aus Jugendtagen, begann spontan mit dem
Schreiben von Büchern. Jedoch an seinem 71. Geburtstag fiel er in ein
tiefes Loch, weil er, von netten deutschen Freundinnen umgeben, keine
fand, welche mit ihm den Ehebund schließen wollte. Da wusste er, dass
es Zeit war Neues zu beginnen und dem Zauber des mutigen Aufbruchs
zu vertrauen. So begab er sich als Einzelreisender in das Reich der Mitte,
um zu finden die Frau fürs Leben, das Geheimnisvolle und das
wunderbar Menschliche.
Willst Du es ihm gleichtun? Sei nicht überrascht, wenn wahre Liebe
Du in der Ferne findest. Immer sind es wohl die Fernen und die Frauen
denen unsere Sehnsüchte folgen. Doch beachte, dass die Wirklichkeit
mehr fordert als nur die Pflege von irgendwelchen Sehnsüchten. Sie
erfordert das Überwinden der Unschlüssigkeit und den Mut ins
Unbekannte aufzubrechen.
DIE ERSTE REISE NACH CHINA
Flug nach Nanning (Provinz Guangxi)
Laut Flugplan der Air China erreicht man die Stadt Nanning von München
aus mit den Flügen CA962 und CA1485, wobei es sich meist so ergibt, dass
der erste Flug ein Direktflug von München nach Peking ist und gut an die
zehn Stunden andauert. In Peking fällt dann meist eine längere Wartezeit an,
bevor der circa dreistündige Weiterflug nach Nanning angetreten werden
kann. Vorweg sei festgestellt, dass der Hauptprotagonist der auf uns
zu- kommenden Geschichten ein gewißer Herr Karl ist, der seine Erlebnisse
dem Autor offenbar machte, damit dieser in jeder Hinsicht wahrheitsgemäß
davon berichten konnte. Karl saß im Flieger mit der Zuordnungsnummer
CA962 und wurde soeben durch ein Ruckeln des Fliegers aus dem Schlaf
geweckt und daran erinnert, dass der Landevorgang auf dem Flughafen
Peking eingeleitet war und die Boing zum Haltepunkt des Terminals 3
hinüberrollte. Bald wird Karls Ausharren in der knapp bemessenen
Sitzreihe ein Ende haben, sodass längst fällige Bewegung wieder für den
nötigen körperlichen Ausgleich sorgen kann. Im Moment freute sich Karl
auf all das, was er auf dem riesigen Pekinger Flughafens so erleben würde.
Über den Bordlautsprecher gab es bereits Durchsagen auf Chinesisch und
Englisch, wobei die meisten der schnell gesprochenen Worte kaum zu
verstehen waren. Nur der stereotype Hinweis, die Sicherheitsgurte erst dann
zu lösen, wenn vom Bordpersonal dazu aufgerufen wird, der blieb im
Gedächtnis haften. Als das Flugzeug noch nicht still stand, lösten bereits
etliche Passagiere recht voreilig die Schnappschlösser ihrer Gurte und nach
erfolgter Durchsage befreiten sich auch all die Anderen von ihren Gurten
und machten sich bereit für das Aussteigen. Als die Passagiere die
Bordfächer geleert hatten, verbreitete sich erhöhte Nervosität und es
begannen wie üblich unliebsame Drängeleien, denn jeder Passagier wollte
möglichst schnell festen Boden unter den Füßen haben. Das Drücken nach
vorne zum Ausstieg nahm erst ab, als die Reisenden offensichtlich begriffen
hatten, dass Aussteigen seine Zeit benötigt und drängeln wenig sinnvoll sein
kann. Langsam ging es voran, doch letztendlich kamen alle nach draußen,
in den Ankunftsbereich des Terminals 3. Dort blickten die meisten der
Passagiere verunsichert umher und benötigten eine Weile, bis sie jene
Informationstafeln entdeckten, die den Weg zu Pass- und
Sicherheitskontrollen anzeigten. Nach erfolgter Orientierungsphase ergab
es sich, dass die in Peking ankommenden Passagiere wie eine Herde von
Schafen hintereinander herliefen, bis sie letztendlich vor drei
Paßkontrollschaltern stehen bleiben mussten und sich dadurch längere
Warteschlangen bildeten. Reisepaß und Arrivelcard hielten die meisten
Ankommenden schon griffbereit in einer ihrer Hände. Bezüglich der
sogenannten Arrivelcard gilt es zu erwähnen, dass diese bereits im Flugzeug
verteilt wurde mit dem Hinweis sie auszufüllen, da jeder Reisende, der in
Peking ankommt, sie bei der Einreisekontrolle zusammen mit seinem
Reisepass vorzeigen muß. Als Karl an die Reihe kam, übergab er seine
Papiere dem chinesischen Kontrollbeamten und dieser prüfte äußerst ge-
nau, denn fast nichts wird in China irgendwelchen Zufällen überlassen. Die
Staatssicherheit hat seit je höchste Priorität bei allen chinesischen Beamten
und sie handeln stets nach dem Motto: „Vertrauen ist gut, aber Kontrolle
ist besser." Karl`s Papiere waren in Ordnung und als er sie zurückbekam,
atmete er tief durch und lief zu den nicht weit entfernten Stellen für die
Personen- und Handgepäckkontrollen. Dort wurde jeder der an die Reihe
kam vom Sicherheitspersonal dazu angehalten sein Handgepäck und andere
als verdächtig geltende Objekte zum Durchleuchten auf ein Förderband zu
legen. Im Anschluß daran mussten die dem Sicherheitscheck unterworfenen
Personen durch eine Torsonde laufen, wo sie von Beamten mit
Metalldedektoren empfangen und abgetastet wurden. So konnte festgestellt
werden ob Reisende noch irgendwelche gefährlichen Objekte am Körper
oder in Kleidungsstücken versteckt hielten. Wird beim Abtasten mit den
Dedektoren ein Piepston gehört, so greifen die Sicherheitsleute beim
nachfolgenden händischen Abrasten oftmals kräftiger zu, als sie es im
Normalfall ohne Piepston getan hätten. Das härtere Zugreifen und
Abtasten stört vor allen Dingen empfindsamere Frauen und es soll schon
vorgekommen sein, dass sich etliche von ihnen durch das Zugreifen sexuell
belästigt fühlten und eine Klage in die Wege leiteten. Ob mit solchen Klagen
je etwas erreicht wurde sei dahingestellt, denn all die erwähnten
Untersuchungen dienen ja der Flugsicherheit und die Behörden in China
scheinen davon auszugehen, dass jedermann Verständnis aufbringen muß
für solche sicherheitsrelevanten Untersuchungen, seien sie noch so
fragwürdig. Protagonist Karl dachte sich nach seiner unbeanstandeten
sicherheitstechnischen Abfertigung insgeheim: „Ich kann nur hoffen, dass
meine Reise weiterin von glücksbringenden Sternen begleitet und
problemlos bestanden wird." Nach solch zuversichtlichen Gedankengängen
lief Rentner Karl mit seinem Handgepäck an den Transportbändern vorbei,
welche vom Flughafenbodenpersonal hinter den Kulissen bereits mit jenen
Behältnissen bestückt wurden, welche bereits beim Abflug als zu schwer
oder zu groß erkannt wurden und deswegen nicht als Handgepäck
akzeptiert wurden. Smart aussehende Luxuskoffer, abgewetzte Rucksäcke,
hölzerne Überseekoffer und stinknormale Plastikboxen waren dabei. Alle
Passagiere mit Endziel Peking starrten angespannt auf das Förderband und
warteten mehr oder weniger nervös auf ihre Koffer. Karl hingegen konnte
unbeschwert weiterlaufen, da sein Reiseziel ja Nanning war und sein Ge-
päckstück dort, zusammen mit ihm, landen würde. Er muß nur rechtzeitig
zum Gate für seinen Anschlußflug nach Nanning hinfinden und dort auf
den Weiterflug warten.
Zurück zu den bereits erwähnten Abfertigungsprozeduren. Sie gelten für
jeden neu ankommenden Passagier und sie sind besonders streng, wenn es
sich um Transferreisende handelt, bei welchen gewiße Anschlußflüge eine
Rolle spielen. Erst wenn ein Reisender all den verlangten Kontrollwünschen
des chinesischen Beamtenapparates nachgekommen war und sie erfolgreich
bestanden hatte, durfte er jenen Hinweistafeln folgen, die ihn zu einem
Sackbahnhof lotsten, auf dessen Bahnsteigen in kurzer Folge Züge
ankamen und nach kurzer Haltezeit wieder abfuhren. Es handelt sich um
die Transportwaggons des sogenannten Flughafenexpresszuges, welcher
vom Terminal 3 aus, zwischen Terminal 1 und Terminal 2, laufend hin- und
herfährt und die Reisenden zum Ort ihrer Wahl transportiert, entweder zum
Terminal für Inlandsflüge oder zum Outcheckepoint für all jene, welche aus
irgenwelchen Gründen in Peking verweilen wollen. Alle können nur mit
dem Flughafenexpresszug ihr angestebtes Ziel erreichen. Sowohl die
meisten Wartenden, als auch jene, welche dahinhasten oder suchend
umherschauen wollen ja irgendwo gut ankommen und gewiße Hoffnungen
erfüllt sehen. Oft handelt es sich wohl um von Fernsucht geplagte
Weltenbummler, um Geschäftsreisende oder auch um jene Personen,
welche als Einheimische umherirren auf der Suche nach einer besseren
Zukunft, nach einem glücklichen Zufall oder einem neuen Partner.
Vielleicht sind auch Flüchtende von irgendwoher unterwegs, auf dem Weg
in eine versprochene und glorifizierte Freiheit. Kein Reisender kennt die
geheimen Gründe für das Unterwegssein all der anderen Reisenden, weiß
nichts vom Ursprung dessen, was all jene fremden Gesichter zum Aufbruch
in andere Bereiche bewegt hat. So werden Flughäfen allüberall auf der Welt
zu hoffnungsvollen Drehscheiben für unerfüllte Wünsche und
sehnsuchtsvolle Erwartungen. Am Rande sei noch erwähnt, dass der
Flughafen Peking der größte und wichtigste Flughafen Chinas ist und in
etwa 22 km nordöstlich der großen Stadt liegt. Am Passagieraufkommen
gemessen ist Peking, nach dem Flughafen in Atlanta (USA), der
zweitgrößte Flughafen der Welt. Als anläßlich der Olympische Spiele 2008
das neue und dritte Terminal T3 fertiggestellt wurde ist der
Pekinger-Airport rasant gewachsen. Dementsprechend stieg die Anzahl der
beförderten Fluggäste zu Beginn des Jahrtausends rapide an. Für den
Zeitraum von 2007 bis 2008 wird grob geschätzt, dass die Zahlen von 53
Millionen um elf Millionen auf 64 Millionen gestiegen sind. Die neuesten
Schätzungen für das Jahr 2017 betragen bereits 90 Millionen Passagiere.
Hinzu kommen noch über eine Million Tonnen Luftfracht. Die maximale
jährliche Kapazität liegt bei 82 Millionen Passagieren, die in allen 3
Terminals (T1 bis T3), abgefertigt werden. T1 ist nur für nationale Flüge,
T2 für internationale Flüge gedacht, und T3 ist in einen internationalen und
einen nationalen Bereich getrennt. T3 verfügt über eine eigene Start- und
Landebahn. Nicht zu vergessen sind die erwähnten Züge, welche die
Terminals miteinander verbinden und meist voll ausgelastet sind. Nach
dieser Abschweifung halten wir nun wieder Ausschau nach unserem
Hauptprotagonisten Karl. Wir haben ja bereits erfahren, dass er die
Flughafenkontrollen für ankommende Passagiere erfolgreich überstanden
hat. Anschließend ist er mit dem Flughafenexpresszug zum öffentlichen
Wartebereich des Terminals 2 gefahren. Er schaute sich dort um und suchte
eine Möglichkeit, um sich mit etwas Bargeld zu versorgen. Nach kurzer
Lauf- strecke fand er in einer Seitenpassage einen Bankomat der „Bank of
China" und deckte sich mit 1500,-- chinesischen Yuan (CNY) ein. Das sind
umgerechnet ca. 200 Euro, ein Geldbetrag welcher fürs Erste weiterhelfen
wird, sodass Karl gewisse Notwendigkeiten, in bezug auf Essen und
Trinken, eine zeitlang abdecken kann. Karl fühlte sich etwas müde, kaufte
sich einen Becher Starbucks-Coffee mit Strohhalm, setzte sich auf eine
Holzbank, welche um eine Betonsäule herumgebaut war, trank seinen
Kaffee und wartete auf das Einchecken für seinen Weiterflug.
Das Handgepäck zwischen die Füße geklemmt beobachtete er das bunte
Treiben im neutralen Bereich des Pekinger Flughafens. Es gab viel zu sehen
und die Zeit des War- tens verging wie im Fluge. Ein vorbeilaufender älterer
Chinese, mit Krückstock und Ho-Chi-Minh-Bart, blickte neugierig zu Karl
hinüber, so als wollte er sagen: „Eine Langnase in meinem Alter, was hat die
wohl hier bei uns in China zu suchen?" Karls Augen wichen dem
aufdringlichen Schauen des Chinesen aus und er schlug seine Blicke nieder,
zutzelte an seinem Strohhalm herum, schlürfte den letzten Rest Kaffee aus
seinem Plastikbecher und schaute auf seine Armbanduhr. Es war 9:30 Uhr
und somit höchste Zeit, um zum nationalen Pekinger Flughafen hinüberzu-
laufen. Karl stand deswegen auf, zog seinen Trolley hinter sich her, lief zu
einer Abfallbox hinüber, warf seinen Pappbecher mitsamt des Strohhalms
hinein und suchte dann auf dem Terrain des Terminals 1 das Gate für
seinen Weiterflug nach Nanning. Der Eingang zum Zustieg war schnell
gefunden und die nötigen Kontrollen verliefen für Karl ohne jedwede
Beanstandung. Doch noch mußte Karl, zusammen mit den anderen
Passagieren, am Gate solange warten, bis Personal kam und das
Hineingehen ins Flugzeug nach Nanning offiziell erlaubte. Ab 14:15 Uhr
war es dann soweit, dass die Kontrolle der Fahrkarten erfolgte und die
Reisenden mit ihrem Bordgepäck ins Flugzeug gehen durften. Es dauerte
einige Zeit bis alle im Flugzeug saßen und ihr Gepäck verstaut hatten. Jeder
Reisende nahm eine für ihn günstige Sitzposition ein und dann ergab es
sich, dass zwei Stewardessen um Aufmerksamkeit baten und vorführten,
wie im Gefahrenfall Schwimmwesten und Atemmasken benutzt werden
sollen. Karl hatte solche Darbietungen schon etliche Male über sich ergehen
lassen müssen, war aber der Überzeugung, dass im Ernstfall vermutlich nur
instinktiv gehandelt wird, da wohl bei einem Flugzeugabsturz die
Kopflosigkeit der meisten Passagiere ein planvolles Vorgehen verhindern
würde. Nach der Demonstration für Notfälle noch eine
Willkommensdurchsage des Flugkapitäns, welche verbunden war mit dem
sicherheitstechnischen Hinweis: "(Fasten your seat belt! Schnallen sie sich
jetzt an und ziehen sie Ihren Sitzgurt fest. Wir empfehlen Ihnen während
des gesamten Startvorganges angeschnallt zu bleiben!)" Nach dieser
Aufforderung erfolgte die Flugfreigabe und die zwei adretten Stewardessen
räumten ihre Notfallgarnituren weg. Dann kontrollierten sie die Reihen der
Passagiere und stellten fest, dass alle Fluggäste ordnungsgemäß angeschnallt
waren. Die kleine Version der Aircraft 738
hatte sich inzwischen einige
Meter in die Luft erhoben und begann in Richtung Nanning* abzudüsen.
*Nanning ist die Hauptstadt der Autonomen Provinz Guangxi und hat ca.6,7
Millionen Einwohnrer. Nanning ist das politische, wirtschaftliche und kulurelle
Zentrum von Guangxi. Es hat die am meisten prosperierende Wirtschaft im
Südwesten Chinas. In westlicher Richtung grenzt Nanning an Vietnam und in
östlicher Richtung hat es Nähe zu Hongkong und Macao. Nanning wird auch als
eine immer grüne Stadt
bezeichnet. Sie hat ein warmes Klima und das ganze Jahr
über sind die Bäume grün und die Blumen duften. Die größte ethnische Min-
derheit in China sind die Zhuang, 90% von ihnen leben in der Provinz Guangxi.
Ankunft und Empfang durch Frau Li
Das Aircraft-Flugzeug der Air China landete bei gutem Wetter auf Rollbahn
drei des Nanninger Flughafens Wuxu. Die Ankunftszeit des Flugzeuges war
um 15:45 Uhr und sie stimmte haargenau mit jener auf dem Flugticket
überein. Es war eine weich gelungene Landung, wie vordem jene auf dem
Rollfeld in Peking. Die Passagiere klatschten kurz und dann wackelten
bereits die Ersten von ihnen nervös auf ihren Sitzen hin und her. Als die
Maschine eine ruhige Standposition hatte und die Triebwerke abgeschaltet
waren, ging es nach dem Ablegen der Sicherheitsgurte wie üblich weiter.
Einige der Fluggäste rissen recht voreilig die Gepäckfächer über sich auf,
schnappten sich ihr Handgepäck und standen im Nu drängelnd im Gang
herum. Andere wiederum blieben ruhig sitzen und warteten bis sich die
allgemeine Hektik gelegt hatte. Es schien so, als wüssten die stoischen
Sitzenbleiber, dass in den Minuten zwischen Landung und Ausstieg
wichtige Prozesse ablaufen und die Minuten, die den Voreiligen wie eine
Ewigkeit vorkommen, für sie nur Minuten der Entspannung bedeuten, weil
sie sich darüber im Klaren sind, dass diese Zeit für den reibungslosen
Ablauf am Flughafen von enormer Bedeutung ist. Diese Stoiker handeln
meist nach dem Motto abwarten und Tee trinken und es sind wohl
Menschen mit recht guten Nerven. Passagier Karl hingegen war einer von
den schnellen Voreiligen und als das Aussteigen begann, hatte er sich mit
seinem Handgepäck bereits einige Meter im Flugzeuggang nach vorne
geschoben, wohl etwas weiter, als er es aus Sicht der Anderen hätte tun
sollen. Im Bereich der Ausstiegsluke angekommen blickte Karl nach
draußen und sah, dass es kein Gate war, an welchem das Flugzeug andockte,
sondern eine vom Bodenpersonal angekoppelte Treppe, auf der die
Reisenden nach unten stiegen und zu bereitgestellten Bussen hinliefen. Karl
schaffte es gerade noch, sich in den ersten Bus hineinzuquetschen. Der fuhr
dann auch sofort los und hielt dort, wo es zu den Paß- und
Handgepäckkontrollen im Hauptgebäude des Flughafens ging. Es war kein
weiter Weg zu den Paß- und Sicherheitskontrollen und die zuständigen
Sicherheitsbeamten prüften genauso streng und gewissenhaft, wie es vor-
dem bei der Ankunft in Peking der Fall gewesen. Wessen Papiere in
Ordnung waren und wer sich den Gepflogenheiten in China unauffällig
anpasste, der mußte wohl keine Strafaktionen befürchten und konnte sich
beim Unterwegssein unbelästigt und frei bewegen.
Nach seiner unbeanstandeten Überprüfung positionierte sich Karl vor dem
Laufband für die Kofferausgabe und starrte auf all die unterschiedlichen
und manchmal exotisch anmutenden Gepäckstücke, welche an ihm
vorüberzogen. Er beobachtete das Laufband und dachte dabei andauernd
an Frau Li, welche ihn wohl bereits sehnsuchtsvoll in der Ankunftshalle
erwartete. Ach wie schön waren jene Emails und stimulierenden
SMS-Nachrichten, welche sie ihm immer wieder schrieb und welche er stets
so beantwortete, dass sich über die Entfernung hinweg aus anfänglicher
Sympathie eine innige Empathie mit Liebesgefühlen entwickelte. Nach
einiger Wartezeit sah Karl, dass sich sein mit rotem Spannband bandagierter
Reisekoffer auf ihn zubewegte. „Endlich", dachte er sich und als er den
Koffer greifen konnte, zog er ihn geschickt vom Förderband und eilte mit
seinen beiden Gepäckstücken in Richtung Flughafenempfangshalle. Er war
gespannt auf das Erscheinen jener Dame Li, mit welcher er über die
Kommunikationssoftware Skype seine Reise geplant und besprochen hatte.
Herr K. warf nochmals einen kurzen Blick auf das Foto seines Herzblatts.
Er war unsicher, abgespannt, erregt und nervös. Nochmals blickte er auf
das Foto der Dame Li. Jung und hübsch sah sie auf dem Foto aus. Sie trug
ein leuchtend rotes Kleid, das in einer Art und Weise geschnitten war, die
die schlanke Figur nicht verhüllte, sondern sie betonte. Doch wer wird in
Wirklichkeit auf ihn zukommen? Wird Li trotz ihres vorgerückten Alters
annähernd genauso hübsch aussehen wie auf den Fotos, welche sie ihm per
Email vor Wochen geschickt hatte? Die Dates mit Menschen, die man noch
nie persönlich gesehen hat, von denen weiß man ja nichts über das
tatsächliche Aussehen, geschweige denn über ihren Charakter und ihre
Wesensart. Wird eine gemeinsame Wellenlänge und eine gemeinsame
Chemie in Sachen körperlicher Liebe vorhanden sein? Fragen über Fragen,
doch letztendlich wird Karl wohl erst dann mehr wissen, wenn sein
Aufenthalt in der chinesischen Stadt Nanning vorüber sein wird. In seinem
Kopf bewegte sich ein bizarr drehendes Gedankenkarussel. Gefällt sie mir,
gefall ich ihr, liebt sie mich, liebe ich sie? Können wir uns sprachlich
verständigen? Fragen über Fragen vor dem Betreten der Ankunftshalle des
Flughafens Wuxu. Drinnen in der Halle stellte der Rentner sein Gepäck auf
den Boden, blickte suchend umher und sah dann weiter vorne zwei
Personen zu ihm herüberwinken. Karl erkannte Frau Li und sah einen
Herrn mittleren Alters neben ihr. Man bewegte sich aufeinander zu und
Karl versuchte trotz seiner Anpannung und Aufgeregtheit so locker und
unverkrampft wie möglich zu bleiben. Als Li vor ihm stand bemerkte Karl,
dass sie eine gewiße angenehme kindliche Ausstrahlung hatte, aber ansons-
ten etwas schüchtern und unbeholfen wirkte. Er umarmte sie spontan und
sagt zu ihr „Nice to meet you. I wish us good time!" Li schien zu verstehen
und antwortete: „Nice to meet you too!" Nach diesen ausgetauschten
Begrüßungsfloskeln stellte