EIN KIND DER SCHWERELOSIGKEIT
Von Clemens Berger
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Rezensionen für EIN KIND DER SCHWERELOSIGKEIT
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Buchvorschau
EIN KIND DER SCHWERELOSIGKEIT - Clemens Berger
PERSONEN
BORIS VERMONT, Künstler
LUCILLE, seine Freundin
MARTIN ANDREAS REICH, Künstler
MARÍA DOS SANTOS, Künstlerin
KASIMIR SONNTAG, Dichter
MIA SIMON, Kuratorin
FRAU DOKTOR HEINRICH, Wissenschaftlerin
ISABELLE COURTOIS, eine Frau Ende Dreißig
NOEMIE, ihre Freundin
EINE KELLNERIN
E I N S
Eins
Vermont und Lucille schlafen auf der Couch. Auf dem Boden Weinflaschen und Kokainspuren. Es ist dunkel, als der Wecker läutet.
LUCILLE Mein Gott Boris
Stell das Höllending ab
VERMONT küsst sie
Wie schön es war
Sein Engelchen
Bereits um fünfe in der Früh
nimmt das Mobiltelefon, stellt den Wecker ab, steht auf, macht Herman Düne an, My Home Is Nowhere Without You
LUCILLE Ich bin nur schön
Wenn ich genügend Schlaf bekomme
Darum heißt es auch
Schönheitsschlaf
Stell das Höllending ab
VERMONT Genauso fühle ich mich
singt mit
And when the sun rose up this morning
My baby looked at me and smiled
Singt weiter, sie zieht sich die Decke übers Gesicht.
LUCILLE Du bist ein Einzelkind
VERMONT Aber ich fühle mich
Als hätte meine Mutter gesagt
Mein Bruder sei ihr Lieblingskind
LUCILLE Du bist das Lieblingskind deiner Mutter
Lieblinger geht es nicht
VERMONT Ich werde schweben
Engelchen
Ich werde schwerelos sein
Mir wird der Boden unter den Füßen entzogen
Ich werde an einem Ort sein
An dem die Gesetze
Denen wir von Geburt an unterworfen sind
Außer Kraft gesetzt sind
Heute Nacht
LUCILLE Es ist noch Nacht
VERMONT Im Traum
Bis gerade eben
Schwebte ich
Leicht wie eine Feder
Kopfüber kopfunter
Kein Oben
Kein Unten
In einem blauen Anzug
Ich konnte es sehen
Aber spüren konnte ich es nicht
wie ein Kommentator
Sein gemartertes Gehirn musste die Bilder
Die er gesehen hatte
Ersetzt haben
Andere Köpfe durch seinen Kopf
Andere Körper durch
LUCILLE Lass mich schlafen Boris
Ich beneide selten jemanden
Aber darum beneide ich dich
VERMONT Vielleicht fällt mir etwas ein
Vielleicht kann ich dich hineinreklamieren
LUCILLE Du bist spät
VERMONT küsst sie, greift nach seinem Mobiltelefon
Und Boris Vermont rief ein Taxi
Das ihn zur Gare de L'Est fuhr
Wo er in einen TGV Richtung Bordeaux stieg
Er war voller Vorfreude
LUCILLE Und vergaß dabei
Seine Flugangst
Zwei
Empfang. Vermont und Mia Simon im Vordergrund, Dos Santos und Reich, sich unterhaltend, im Hintergrund. Eine Kellnerin trifft Vorbereitungen und hört immer wieder mit.
VERMONT Flugangst
Als hätte ich Flugangst
Als hätte ich vor irgendetwas Angst
Außer vor mir selbst
Manchmal
MIA SIMON Was sagtest du
VERMONT Dass dieser Sonntag wahrscheinlich Flugangst hat
Weil er nicht auftaucht
MIA SIMON Vielleicht wollte er das Security Briefing schwänzen
VERMONT Was für ein Wort
Security Briefing
Lachhaft eigentlich
Aber aufregend
Überhaupt all diese Worte
Schwerelosigkeit
Security Briefing
Free Floating Area
Scopolamin
Mikrogravität
Orange Engel
2G
Verheißungsvoll
SONNTAG tritt ein
Einen wunderschönen Abend
Die Dame
küsst Mia Simon auf die Wangen
Der Herr
streckt Vermont die Hand entgegen
MIA SIMON Wir fürchteten schon
Du kämst nicht mehr
SONNTAG Rechtzeitig zum Empfang
Wo ist der Champagner
VERMONT deutet auf die Kellnerin
Die Schöne wird ihn bald reichen
zu Sonntag
Du bist also unser Poet
SONNTAG Und du unser Anarchist
MIA SIMON Er
SONNTAG Der Provokateur
Der Schwierige
Der Kunstrebell
lacht
Hast nicht du mir erzählt
Er habe in Venedig
Eine Auster aus Plastik aufstellen lassen
In die sich die Biennalebesucher
Für die Biennaledauer
Einschließen lassen konnten
Jeder eine kleine Perle
Jeder ein zartes zuckendes Stück Fleisch
Eingeschlossen in Boris Vermonts Welt
DOS SANTOS kommt mit Reich hinzu
Abgesehen von einem verirrten Kunststudenten
Ließ sich niemand einschließen