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Verwobene Ornamente: eine Kurzgeschichtensammlung
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eBook239 Seiten3 Stunden

Verwobene Ornamente: eine Kurzgeschichtensammlung

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Über dieses E-Book

Eine Türe, die plötzlich aus dem Nichts erscheint oder eine Reise ins Unterbewusstsein, sind nur zwei der Geschichten, die im Wechselspiel mit der reimenden Kunst, in eine magisch, alternative Welt, der Kurzgeschichtensammlung Verwobene Ornamente entführen wollen.
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum24. Juni 2018
ISBN9783742733269
Verwobene Ornamente: eine Kurzgeschichtensammlung

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    Buchvorschau

    Verwobene Ornamente - Natascha Skierka

    Eine Zeit wird kommen

    Natascha Skierka

    Verwobene Ornamente

    eine

    Kurzgeschichtensammlung

    Eine Zeit wird kommen …

    … in der wir kein Traum mehr sind.

    Hell und unverschwommen …

    … erwachen wir nun geschwind.

    Um suchend zu finden …

    … was in uns liegt verborgen.

    Tief unter den Rinden …

    … verbirgt das Jetzt das Morgen.

    In einer Zeit so stumm …

    … das sie nie mehr vergangen.

    Dreh an dem Rad herum …

    … um Weisheit zu erlangen.

    Unterwasser Café

    Sie rannte. Die Lichter der Straßenlaternen schaukelten im Wind hin und her, während sie mit dem dunklen Boden tanzten. Ihre Füße waren bloß und spürten, wie sich der Untergrund veränderte, vom glitzernden Asphalt, zum unebeneren Kopfsteinpflaster, welches sie immer wieder ein wenig aus dem Gleichgewicht brachte. Das war im Moment jedoch unerheblich, dachte Ranva, während sie einen Blick über die Schulter warf. Hatte sie ihren Verfolger abgeschüttelt? Ranva konnte ihn nicht hören, ihr Atem war viel zu laut und der Wind, rauschte wie donnernde Wellen, über sie hinweg. Für einen Moment hielt sie inne und lauschte. Waren da Schritte? Sie schloss die Augen und hörte, das gespenstische Widerhallen blank polierter Schuhe, deren einstige Besitzerin, sich schon von vornherein zu Tode geschämt hätte, hätte sie auch nur ansatzweise geahnt, wer einmal ihr kostbares Leder, an den Füßen tragen würde. Tief Luft holend, setzte Ranva zu einem Sprint an, bog um die nächste Ecke und blieb abrupt stehen, als ein Gebäude ihr den Weg versperrte.

    Ein Schild, das genau auf Augenhöhe hing, sagte ihr das hier das Unterwasser Café, zu finden war. Tatsächlich sah es beinahe so aus, als würde es genau das tun, lag es doch genau am Wasser. Wie zur Bestätigung schwappten die Wellen gegen die Mauern des Gebäudes, das sich sanft den Fluten zuneigte. Ohne zu zögern, streckte sie die Hand nach der Klinke aus, betrat es und schloss gleichzeitig ihren Verfolger aus. Wie gelähmt verharrte sie, für den Bruchteil einer Sekunde, während sich ihre Augen, an das diffus wirkende Licht gewöhnten.

    Sie stand in einen langen beinahe unendlich erscheinenden Korridor. An den Wänden hingen Wandteppiche, die die unterschiedlichsten Szenen der verschiedensten Epochen darstellten. Von der Vertreibung aus dem Paradies, bis hin zu dem geheimnisvollen Lächeln, das gerade im Begriff war, auf Leinwand gebannt zu werden. Die Wand selbst schimmerte weiß zwischen den Bildern hindurch, als wolle sie nicht von ihnen ablenken. Noch während ihre Augen dabei waren, diese zu überfliegen, ging das Licht an. Reflexartig, schlossen sie sich und als sie sie zwinkernd wieder öffnete, stellte sie mit einigem Erstaunen fest, das sie sich tatsächlich unter Wasser befand. Es war kein normales Wasser, sondern eine wabbernde Masse, voller kleinerer und größerer Bläschen.

    Versuchsweise hob Ranva die Hand, um mit ihr diese geleeartige Substanz, zu berühren. Es überraschte sie, das sie sich so leicht anfühlte. Aus Versehen kam sie an eines der Bläschen. Es platzte auf und kühle Luft strömte ihr entgegen. Als sonst nichts passierte, blickte sie erleichtert wieder auf. Vor den Bildern befanden sich nun Menschen und andere Gestalten, geteilt wie das rote Meer, während sie sie anstarrten. Ein wenig kamen sie ihr vor wie Geister. Oder zumindest Wesen, die aus einer anderen Welt, vielleicht aber auch aus einer ganz anderen Dimension stammten. Ein Seehund blickte Ranva unverwandt an, nickte ihr, in einer halb angedeuteten Verbeugung zu und bedeutete ihr, das Unterwasser Café, gänzlich zu betreten. Zögernd schluckte sie, unentschlossen, ob sie dieser unausgesprochenen Einladung, wirklich folgen sollte. Das ganze war ihr ein wenig suspekt und ein seltsames Gefühl beschlich sie. Just in diesen Moment, klopfte ihr Verfolger an die Türe, rief nach ihr und ließ sie unwillkürlich zusammenzucken. Ohne weiter zu überlegen, tat sie den ersten Schritt, während die Menge sich schützend hinter ihr schloss.

    Auf ihren Weg bemerkte sie einen Menschen, der einen Elefantenkopf auf seinen Schultern trug und ihr freundlich zunickte. Ganesha, fuhr es ihr durch den Kopf. War das nicht eine Gottheit in Indien, die Glück bringen sollte? Aber noch, bevor sie sich selbst eine Antwort geben konnte, wiesen drei Frauen sie in die Richtung einer Bühne. Sie waren dick eingemummelt und hatten ein nordisches Aussehen. Zwei Raben flatterten umher und hinter den Frauen, zwinkerte ihr ein bärtiger Mann zu, bei dem sie direkt an Odin denken musste. Etwas aber machte sie stutzig und sie blieb abrupt stehen, um ihn ein wenig näher zu betrachten, während Hugin und Munin, munter ihre Runden weiter flogen.Dieser Odin hier, hatte zwei gesunde Augen, die zugleich weise aber auch kampflustig aufblitzten, als er sich an der Stirn berührte, wo sich das dritte Auge verbarg. Dort befand sich eine kleine wulstige Narbe, die weiß hervor stach und eine deutliche Sprache sprach. Ranva blickte zu den Frauen, die demnach die Weberinnen der Zeit waren und Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft symbolisierten. Normalerweise saßen sie an ihren Brunnen, am Weltenbaum Yggdrasil, wo sie das Schicksal eines jedes einzelnen Individuums spannen. Ihre Namen waren Urd, Verdandi und Skuld. Aber noch, bevor sie weiter über diese Versammlung nachdenken konnte, drängten die Nornen sie dazu weiter zu gehen, bis sie unmittelbar vor der Bühne stand.

    Diese ragte halb in den Raum hinein und um ihre Rundungen waren kleine Tische und Stühle drapiert. Sämtliche Anwesende außer Ranva, setzten sich wie auf ein geheimes Stichwort hin an selbige. Es wurde wieder dunkel und die Bühne wurde in ein sanftes Licht getaucht, während der labradoritblaue Vorhang sich wie die Wellen, der großen tiefen Ozeane bewegten und ihr Herz sich dazu entschloss, ihr Blut schneller durch ihre Adern zu pumpen und ihren Puls zum rasen zu bringen. Hinter dem Vorhang bewegte sich etwas und ihre Handflächen wurden feucht, während heiß-kalte Schauer sich den Rest ihres Körpers bemächtigten. Was in aller Welt passierte hier? Erneut raschelte es hinter dem Vorhang und Ranva hielt den Atem an, als sich ein kleiner Spalt öffnete und immer weiter vergrößerte.

    Gleißendes Licht stahl sich durch die Öffnung, bevor eine große, in einen dunklen Umhang gehüllte, Gestalt erschien. Unwillkürlich hörte ihr Herz, für den Bruchteil einer langen Sekunde auf zu schlagen und sie spürte, eine mächtige Energiewelle auf sich zu rasen. Sie berührte ihre Seele, verankerte sich in ihr, kehrte zu ihrem Besitzer zurück und ihr Herz schlug weiter. Perplex starrte sie die Gestalt an, deren Gesicht von einer Kapuze verborgen wurde. Ranva kniff die Augen zusammen, in der Hoffnung, etwas darunter zu erkennen. Aber außer den Andeutungen eines Gesichts, das im Schatten verborgen war, konnte sie nichts erkennen. Die Person stellte sich vor eine Art Thron, den sie zuvor nicht bemerkt hatte und dessen Sitzplatz in einer perfekten Symbiose aus Silber, Gold und Kupfer schimmerte. Über und über war er mit den verschiedensten Edelsteinen besetzt. Zudem befanden sich an seinen Seiten Einlegearbeiten, die verschiedene Runen, keltische Knoten und Schriftzeichen, aber vor allen Dingen eine Vielzahl an Fischen, zeigten. Diese leuchteten so pulsierend, das man beinahe schon annehmen konnte, sie wären tatsächlich lebendig.

    Ranva spürte seine, es oder auch ihre Augen auf sich ruhen. Ein erneuter Schauer lief ihr über den Rücken und sie schüttelte sich. Was wollte man hier von ihr? Weswegen war sie ausgerechnet hier, auf ihrer Flucht vor ihrem Verfolger gelandet? Sie blickte die verhüllte Gestalt an, holte tief Luft und ließ sie langsam, wieder aus ihren Lungen entweichen. Wieso in aller Welt, sagte niemand auch nur ein Wort? War überhaupt noch jemand anwesend, außer ihr und diesem unbekannten Etwas? Sie drehte sich halb um. Die Augen der anderen musterten sie aufmerksam und eine Frau, deren Kleidung mit keltischen Symbolen verziert war, hielt eine Art Lampe in die Höhe. In ihrem Innern tanzte eine flackernde Flamme, so hell und gebieterisch, wie nur das Feuer es konnte. Sie wusste, dass sie die Hüterin dieser heiligen Flamme war und das ihr Name Brighid war. Warum sonst hätte sie sie mit sich herumgetragen? Ranva blickte ihr in die Augen, und als Brighid ihr die Lampe hinhielt, schüttelte sie den Kopf. Brighid zuckte mit den Schultern und setzte sich wieder. Langsam drehte sie sich wieder um, und fragte sich warum ausgerechnet sie, die Verantwortung für diese heilige Flamme übernehmen sollte.

    Sie blickte auf. Die Gestalt hatte sich mittlerweile auf den Thron gesetzt und beobachtete sie noch immer.

    „Wer bist du?", platzte es endlich aus ihr heraus. Amüsiertes Gelächter drang unter der Kapuze hervor.

    „Du wirst wissen, wer ich bin", erwiderte eine unverkennbar männliche Stimme. Sie hörte sich an wie purer heller Samt, während sie, ebenso ungehindert wie zuvor die Energiewelle, ihren Weg in ihre Seele fand und sie ins Schwanken brachte. Ranva runzelte mit der Stirn, während sie sichtlich Mühe hatte sich wieder zu fangen.

    „Was soll das heißen?", verlangte sie zu wissen und versuchte erneut unter die Kapuze zu lugen.

    „Du wirst es wissen," wiederholte er, hob die Hände und schlug die Kapuze, in einer eleganten Bewegung zurück. Ein Laut der Überraschung entschlüpfte ihren Lippen. Anstatt eines kompletten Gesichts blickten sie nur zwei himmelblaue leicht silbern schimmernde Augen an, die so unergründlich wie das Meer waren.

    „Wer bist du?", fragte sie erneut und fühlte sich wie paralysiert. Er stand wieder auf und kam auf sie zu. Sie zuckte zurück, blieb aber dennoch stehen, während er ihr seine Hände hinhielt. Ohne zu zögern, hob sie die ihren und ließ zu das er sie umschloss. Sie waren warm und die Energie ihrer beiden Seelen, schwappte mit einer Macht zwischen ihnen hin und her, die Ebbe und Flut nicht im geringsten nachstand. Tränen traten ihr in die Augen und eine Erinnerung rollte über sie hinweg, die nicht aus diesen Leben stammte.

    Sie sah eine sechsköpfige Familie, Mitte des 16. Jahrhunderts, durch die klirrende Kälte des Winters stapfen, angetan mit wärmender Kleidung, die ihre Leiber vor dieser schützen sollte. Aber nichts konnte sie wärmen und das ungeborene Leben, das unter der Kleidung der Frau verborgen war, würde in einer kalten Welt, bestehend aus Schnee und Eis das Licht der Welt erblicken. Die Eltern wandten sich einander zu und Ranva war nicht wirklich überrascht als sie bemerkte das die Augen der Frau Ranvas eigene grün-blaue Farbe und der Mann die Augenfarbe des Unbekannten hatte. Ein heftiger Schneesturm zwang die Familie Unterschlupf in einer Höhle zu finden, die sie am nächsten Morgen wieder verließen, nur um wenige hundert Meter in eine Spalte einzubrechen, aus der sie nicht mehr herauskamen.

    Die Verzweiflung war groß und hilflos mussten die Eltern mit ansehen, wie ein Kind nach dem anderen erfror. Und inmitten dieses Chaos wurde ihre Tochter geboren, die mit ihrem kräftigen Geschrei, dem unentrinnbaren trotzen wollte. Die beiden wechselten einen Blick, der Ranva das Blut in den Adern gefrieren ließ, aber als sie nicht taten, was sie befürchtete, spürte sie keinerlei Erleichterung in sich. Noch in der Nacht starb der Mann und ließ Mutter und Kind alleine zurück. Diese stimmte einen Totengesang an, während sie versuchte ihre Kinder und ihren Mann, in eine Position zu bringen, das sie alle nebeneinanderliegen konnten, sofern sie nicht bereits festgefroren waren. Als sie ihre Aufgabe einigermaßen bewerkstelligt hatte, legte sie sich neben ihren Mann, ihre namenlose Tochter zwischen ihnen.

    Sie blickte ihren Mann an, hob eine Hand an seine Wange und sah in seine noch immer geöffneten blauen Augen. „Ich binde meine Seele an deine, mein Geliebter, wisperte sie. „Leben für Leben für Leben, bis ans Ende aller Tage. Ein letztes Mal hauchte sie einen Kuss auf seine Lippen, während Tränen auf ihren Wangen gefroren und sie ihren Kopf auf seine Schulter bettete, während sie darauf wartete, das die eisige Kälte ihr Werk vollendete.

    Seine Stimme riss sie wieder zurück an die Oberfläche ihres Seins und sie blickte ihn mit anderen Augen an.

    „Wer bist du?", fragte sie erneut, obwohl die Antwort bereits in ihr schlummerte.

    „Du wirst wissen, wer ich bin, erwiderte er mit seiner sanften warmen Stimme und fügte hinzu: „Wenn wir uns wieder begegnen. Sein Gesicht näherte sich ihr und eine Strähne, seines von der Sonne geküssten, hellen Honighaars streifte ihre Stirn, bevor er sie sanft mit seinen nicht sichtbaren Lippen, auf die Stirn küsste. Zeitgleich bebte die Erde unter ihr, und noch während Ranva versuchte, sich an seinen Umhang festzuhalten, fiel sie nach hinten, während ihr Körper versuchte sich ruckartig aufzubäumen...krallten sich ihre Hände, im Stoff ihrer Bettdecke fest.

    Verwirrt blickte sie sich um, eine Hand auf ihr heftig pochendes Herz, die andere auf ihre Stirn legend. Sie prickelte immer noch von der Berührung seiner Lippen, auch wenn das eigentlich unmöglich war, da es doch offensichtlich ein Traum gewesen war. Schemenhaft blickten ihr die Umrisse der Möbel in der Dunkelheit entgegen, während ihr Verstand ihr sagte, dass das alles nur ein Traum war und nicht wahrhaben wollte, das es vielleicht Realität werden konnte. Ihre Seele hingegen, hatte nicht den geringsten Zweifel daran, das es kein Traum war und das sie sich eines Tages wieder begegnen würden. Sie wusste es, ebenso wie sie wusste, dass die Erde sich um die Sonne drehte, in einem Universum, das ständig sang. Sie blickte zum Fenster hinaus, wo die Sterne in funkelnden Tanz, die Nacht erhellten.

    „Wann, flüsterte sie zu ihnen, als würden sie die Antwort kennen, während sie ihren Kopf auf das Kissen bettete. „Wann, wiederholte sie wispernd und Tränen sickerten ins Kissen, „wann werden wir uns wieder begegnen?" Ranva glaubte sein volles warmes Lachen zu hören, weil sie so ungeduldig war, aber es verstummte in einem Echo und allmählich driftete sie einen diesmal traumlosen Schlaf entgegen.

    Mittsommernacht-Visionen

    Gedanken sind wie Frequenzen. Schallwellen, die durch Raum und Zeit schwirren, wie die Musik aus einem Radio. Manchmal klassisch und erhaben wie Wagners Nibelungenepos auf der Suche nach dem verborgenen Schatz in all seiner Dramatik und manchmal, manchmal gleicht es dem quietschend krachenden Donnergewitter einer Death Metal Band, die ihrer ganzen Wut und Leidenschaft Ausdruck verleiht, um all die rohen gewaltigen Energien in verwirrend geordnete Töne zu verwandeln, die der ein oder andere als bloße Beleidigung gegenüber der Musik empfand. Aber all diese Töne waren vorhanden und alle hatten ihre Daseinsberechtigung, egal wer, was auch immer, sagen mochte.

    Seufzend blickte Sonia in den Himmel. Der aquamarinfarbene Abendhimmel wurde von rubinroten Streifen durchzogen und die laue Luft wirbelte ihr Haar durcheinander, während Tränen über ihre Wangen liefen. Tränen puren Glücks und purer Verzückung, die ihr Herz schneller zum schlagen brachten und ihre Seele zum Glitzern, während sie sich lebendiger denn je fühlte. Beinahe wie ein Schmetterling der sich gerade erst aus seinem Kokon befreit hat, bereit für den Sommer seines Lebens.Blieb nur die Frage, ob es ein schöner Sommer mit strahlend schönem Wetter oder ein verregneter mit kalten Temperaturen und gebieterisch machtvollen Gewittern werden würde. Nicht dass sie etwas gegen Gewitter hatte. Oh nein, ganz gewiss nicht, fühlte sie sich doch immer ganz lebendig, wenn die Urgewalt von Mutter Erde allen zeigte, wer hier wirklich die Hosen anhatte und wer nicht, während die Zeit ihren gewohnten Gang ging und sich scheinbar nichts veränderte, obwohl sich doch alles veränderte, im Wimpernschlag eines einzigen Augenblickes.

    Der kälter werdende Wind kroch unter ihre Kleider und ließ sie nach frischer belebender Luft riechen. Ein Lächeln umspielte ihre Lippen und sie umarmte sich selbst, während sie an den Moment dachte, der ihr Leben in einen dieser Wimpernschläge verändert und ihr Leben auf einen ganz anderen, völlig neuen Kurs gebracht hatte. Ein Kurs, den sie ohne Maurice Dubois niemals eingeschlagen hätte.

    Ohne ihn wäre sie niemals so mutig, so stark oder so kreativ gewesen.Mit ihm war sie es und mit jedem Augenblick, den sie beide miteinander verbrachten, spürte sie das es die absolut richtige Entscheidung gewesen war, ihn in ihr Leben zu lassen. Und das nun seit unglaublich vielen Momenten, das sie es beinahe schon nicht mehr zählen konnte, so unbedeutend bedeutend war die Zeit. Wie ein Stein der ins Wasser geworfen seine Wellen zog und seitdem alles und jeden beeinflusste, der ein Teil dieser Wellen wurde, sobald sie ihn erreichten. Egal wie klein oder unbedeutend bedeutend sie einen auf dem ersten Blick auch erscheinen mochten, irgendwann entwickelten sie sich irgendwo und irgendwie zu etwas wunderschönen.

    Sie schloss die Augen und Bilder tauchten vor ihren inneren Augen auf. Bilder von längst vergangenen oder noch zu kommenden Ereignissen. Bilder die, wenn sie zu einem Film gehören würden, von surreal klingender Jahrmarktsmusik begleitet und in Slow Motion ablaufen würden.

    Schwärze umgab sie. Blubbernd und warm wie eine im Kessel kochende Flüssigkeit, die sie jedoch nicht verletzte, sondern schützend, wie die Haut eines Eies unter der Schale bewachte. Sonia fuhr mit der Hand durch die Flüssigkeit, die wie ein durchsichtig, milchiger Stein schimmerte und einen von der Sonne geküssten Himbeerstrauch ähnelte.

    Plötzlich blendete sie das Licht einer Lampe und ein paar grau-blauer Augen strahlten sie über einen faltig weißen Mundschutz an, als sie sie in dieser schönen und verrückten Welt willkommen hießen, bevor sie aus ihrem Blickfeld verschwanden und zwei behandschuhte Hände, ihren zitternden kleinen Körper auf den Bauch ihrer Mutter legten, deren aquamarinfarbene Augen sie voller Liebe anstrahlten, während die Energie zwischen ihnen pulsierte, die durch die Nabelschnur zu ihr hinüber schwappte, wie die Wellen des Meeres, das sie bis jetzt noch nicht gesehen hatte, bevor eine silbern glänzende Schere, die Schnur, aber nicht die unsichtbare Verbindung, zu ihrer Mutter trennte.

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