Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

abgeschaltet: Roman
abgeschaltet: Roman
abgeschaltet: Roman
eBook338 Seiten4 Stunden

abgeschaltet: Roman

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

Heronimus Faun, Professor für Nuklearphysik an den Universitäten in Hamburg und Auckland, arbeitet seit Jahren an der Entwicklung neuer Techniken zur Energieerzeugung. Unter strengster Geheimhaltung wurde in Auckland ein Forschungslabor zu Testzwecken gebaut.
Das Team um Prof. Faun steht kurz vor dem Durchbruch, als sich ein Entführungsfall bei einer deutschen befreundeten Familie in Shanghai ereignet. Bestehen hier Zusammenhänge?

Kanzleramt und Geheimdienste der BRD werden eingeschaltet und arbeiten fieberhaft daran, den Forderungen der Entführer zu begegnen. In Auckland werden Mitarbeitern des Instituts bei einem privaten Abendessen ihre Unterlagen gestohlen, ein guter Freund und Berater Fauns wird bei einer Vortragsreise ebenfalls beraubt und auch ein enger Berater im Kanzleramt wird auf dem Weg zu Faun überfallen. Es scheint eine undichte Stelle im engsten Freundeskreis oder in einem der Institute zu geben.

Da kommt es zu einer Bedrohung mit der niemand gerechnet hat.
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum27. Jan. 2014
ISBN9783847627586
abgeschaltet: Roman

Ähnlich wie abgeschaltet

Ähnliche E-Books

Thriller für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Verwandte Kategorien

Rezensionen für abgeschaltet

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    abgeschaltet - Cornelius Dettmering

    Danksagung und Hinweis

    Mein ganz besonderer Dank geht an Guilia, die mir immer wieder mit Rat und Tat beiseite stand. Nicht vergessen sind meine engsten Freunde, die meiner ersten Lesung gelauscht haben und mich nie nach dem Titel dieses Buches fragten.

    Dieses Buch ist ein Roman.

    Personen und Ereignisse sind frei erfunden.

    Sogar das Wetter richtet sich nach den Vorgaben des Autors.

    Phantastisch!

    1

    Heronimus Faun bewegte sich mit 260 kt/h in 8000 Fuß über einer geschlossenen Wolkendecke. Über ihm strahlte die Sonne am tiefblauen Firmament.

    Es war 16:00 Uhr an diesem Donnerstag und seine nächste Verabredung fand bereits in drei Stunden statt und war diesmal privat.

    Er liebte Florenz im Frühling, und freute sich auf die nächsten vier Tage, um in seinem Lieblingshotel in

    Siena, 70 Kilometer südlich von Florenz unterzutauchen, denn genau dies brauchte er gerade jetzt, da die Dinge eine Wendung nahmen, die niemand auch nur in seinen kühnsten Träumen sich vorzustellen vermocht hatte. Seit Wochen hatte sich ausschließlich alles um sein Projekt gedreht und er freute sich wie ein kleiner Junge auf sein Treffen mit Fiorenza. Als Professor für Nuklearphysik an der Universität Hamburg und Auckland pendelte er immer ein wenig zwischen den Welten. Es bereitete ihm Freude, die unterschiedlichen Kulturkreise in seinen Forschungsteams zu beobachten und interessante Schlußfolgerungen aus deren Sichtweisen weiter zu verfolgen. Aber hier in Europa war er wirklich zu Hause. Hier in Italien traf er sich immer gerne mit seiner Frau auf deren elterlichen Anwesen in Siena, in der Villa Scacciapensieri die schon seit vielen Jahren zum Hotel umgebaut worden war. Dies war auch heute wieder sein Ziel auf dem Flug von Hamburg nach Florenz.

    Er schaltete den Autopilot aus, ging auf Kurs 180, und folgte den Anweisungen des Towers, der ihn auf 6000 Fuß sinken ließ. Nun sah er unter sich München in einem seltsam schönen Nachmittagslicht.

    Nachdem er die Stadt überflogen und hinter sich gelassen hatte, ging er wieder, den Anweisungen folgend, in den Steigflug und beendete diesen in Flugfläche 230. Nun war es nicht mehr weit bis Florenz und er überprüfte noch einmal alle Instrumente und übermittelte die geschätzte Ankunftszeit an die Flugsicherung.

    Er landete planmäßig und rollte langsam zu der ihm zugewiesenen Parkposition. Nachdem er die Maschine auf Florenz Amerigo Vespucci abgestellt hatte, fuhr er direkt nach Siena in die Villa seiner Schwiegereltern. Fiorenza, seine Frau hatte die Suite für ihn reservieren lassen, da zu dieser Jahreszeit das Hotel immer sehr gut besucht war. Heronimus hatte auch schon einmal mit einem kleinen Zimmer im Dachgeschoss vorlieb nehmen müssen, was ihm allerdings besser gefiel als Stella seiner Schwiegermutter. Ihr war so etwas immer sehr unangenehm und sie entschuldigte sich mehrmals bei Heronimus für dieses Ungemach, wie sie es nannte. Den obligatorischen Obstkorb brachte man ihm aber auch auf seine Kammer im Dachgeschoss, was ihm dann auch ein wahres Schmunzeln entlockte, er fühlte sich auch hier oben wohl. Aber davon einmal abgesehen, die Suite war eben doch ein wenig komfortabler.

    „Signore Faun, herzlich willkommen in der Villa Scacciapensieri – hatten Sie einen angenehmen Flug?"

    Fiorenza selbst war nicht anwesend aber ihre Mama, Stella, und sie verstand es immer wieder ihn innerhalb kürzester Zeit ins Italienische „umzustellen" wie sie es nannte.

    Auch daß sie ihn hin und wieder mit Signore ansprach, fand er inzwischen ganz normal.

    „Grazie, liebste Stella, die Reise in diese schöne Stadt bereitet mir immer wieder große Freude."

    „Wir haben die Zimmer schon richten lassen und der Kaffee steht auf deiner Terrasse bereit."

    „Vielen Dank, ich darf mich auch direkt zurückziehen?!"

    „Aber natürlich, Heronimus."

    Antwortete Stella während sie ein paar Teller, die sie aus der Küche mitgebracht hatte, auf der Anrichte abstellte.

    Er nahm von seinem Gepäck nur seine Aktentasche und begab sich in den ersten Stock, wo er immer die gleichen Zimmer erhielt, wenn er hier wohnte.

    Die Terrassentür stand weit offen, und die frühabendliche Luft strich sanft in den Raum.

    Heronimus begab sich, nachdem er sein Jackett über den Stuhl gelegt hatte, auf die Terrasse seiner Suite und erfreute sich an dem wundervollen Anblick der alten Stadt, die im Sonnenuntergang so friedlich ausgebreitet vor ihm lag.

    Wie würde es weitergehen, fragte er sich, während er es sich auf seinem Liegestuhl bequem machte und blickte versonnen über die Stadt – wird die Lawine, die er ins Rollen gebracht hatte, alles unter sich begraben oder würde das Eis rechtzeitig schmelzen?

    Das Telefon klingelte aber er beschloß die nächsten 30 Minuten für sich zu nutzen, um hier auch anzukommen, denn sein Flugzeug reiste meist schneller als er selbst es vermochte.

    So erging es ihm immer wieder einmal auf Reisen, er musste gar nicht um die halbe Welt fliegen, um dieses Phänomen zu erfahren, seine Seele benötigte meist etwas länger, um auch wirklich anzukommen, auch wenn er schon den einen oder anderen Tag an seinem Ziel angekommen war. Wenn er mit dem Zug unterwegs war, kam dieses Gefühl nicht auf, dies schien eine Geschwindigkeit zu sein, der sein Geist noch zu folgen imstande schien. Es amüsierte ihn immer wieder aufs Neue.

    Er empfand es als das Selbstverständlichste auf der Welt von einer leisen Begrüßung, die in sein Ohr gemurmelt wurde, seinem kurzen Schlaf entrissen zu werden. Fiorenza stand zu ihm heruntergebeugt, neben ihm, und hatte sich, wie es fast immer ihre Art war, in sein Zimmer geschlichen um ihn zu begrüßen.

    „Ciao Hero", hauchte sie ihm ins Ohr.

    Sie betonte diese Abkürzung immer wieder aufs Neue bewußt falsch ins englische, was ihm so gar nicht behagte.

    „Habe mich sofort ins Auto gesetzt und bin von Milano hier hergefahren – wie lange bleibst du?"

    „Ich denke – vier Tage auf jeden Fall."

    „Wunderbar, dann können wir ja am Wochenende bei den Castillianis vorbeisehen – du erinnerst dich, das schöne Bild von ihm – du wolltest es dir noch einmal überlegen."

    „Fiorenza, ich weiß nicht, ob ich die Zeit finden werde."

    Er richtete sich ein wenig auf, streckte sich und sah sie an. Ja das Bild. Diese wunderbare Darstellung einer Schlafenden, eingehüllt in ein zerfließendes Blau, so unvorstellbar blau, wie man es nur den Tiefen der Meere entringen könnte. Voll der Sinnlichkeit und doch so unberührbar. Ganz der Welt entrückt. So hatte er dieses Bild vor Augen. Wann immer er bei den Castillianis weilte, stand er lange vor diesem Werk und sog es regelrecht in sich auf, fühlte den unendlichen Frieden, den dieses Bild ausstrahlte. Schon so viele Jahre wollte er dieses Bild besitzen und nun stand es zum Verkauf, er brauchte nur ja zu sagen, kein anderer bekam den Zuschlag, solange er nicht abgelehnt hatte, dies hatten sie ihm versprochen. Aber es hatte einen stolzen Preis. Verhandeln konnte er in genau diesem Falle nicht – zu viel bedeutete es ihm, da war kein Verhandeln möglich. Das überließ er Fiorenza und sie machte es mit einer unvorstellbaren Leichtigkeit einfach so nebenbei.

    Alle in der Familie wussten, wie sehr Heronimus dieses Bild liebte. Es konnte sich nur noch um einen kurzen Zeitraum handeln, ehe der Handel abgeschlossen werden konnte.

    „Du siehst wunderschön aus, wer hat dich mit diesem neuen Haarschnitt geadelt?"

    „Paulini musste sich unbedingt wieder etwas Neues einfallen lassen – nur die Farbe empfinde ich ein wenig zu hart, meinst du nicht auch?"

    „Keinesfalls, sie ist wunderbar – Schwarz steht Dir nun einmal am besten."

    „Sage, ist es wirklich so schlimm was du am Telefon erwähnt hast?"

    Sie ging ans andere Ende der Terrasse und nahm ihre unnachahmliche Haltung ein, wenn sie seinen Erzählungen gespannt lauschte. Das Kinn leicht auf die schräg nach hinten abgewinkelte offene Handfläche der linken Hand gelehnt, während der angewinkelte Arm immer den Eindruck bei ihm hinterließ jeden Moment wegzurutschen und doch Aufrecht und voll der Spannung ihres gesamten Oberkörpers in dieser Stellung verharrte.

    „Schlimm, nein schlimm ist es nicht, es ist eben nur ärgerlich wenn du Berechnungen, von denen du glaubtest, sie stimmen noch einmal machen mußt weil dem leider nicht so war. Hatte mit Felix gesprochen, der hielt das Ganze für so unglaublich, daß er darüber ein Buch verfassen möchte. Kannst du dir das vorstellen, Felix will einen Roman darüber schreiben!"

    Fragte Heronimus ihren Arm beobachtend, wann er nun zur Seite kippen würde. Tat er aber nicht.

    „Nun warum auch nicht, ein gutes Gefühl dabei habe ich aber nicht. Seine lyrischen Geschichten sind ja doch ein wenig anders in ihren Abläufen."

    Fiorenza stammte aus einer alten italienischen Familie. Die d’Agusteros hatten sich vor vielen Generationen aus Córdoba kommend in Venedig niedergelassen und in Siena eine Sommerresidenz gekauft, um dem Treiben in Venedig auch einmal ausweichen zu können. In Siena war das Klima im Sommer angenehmer und sie konnten ebenso von hier auch ihren lebhaften Handel bis weit nach Asien und in die Mongolei hinein betreiben. Dies war nur ein Grund ihres feurigen und doch überlegten Charakters. Sie war für eine Italienerin hochgewachsen, hatte einen zarten goldbräunlichen Teint und glühende grüne Augen. Ihre langen gewellten Haare fielen ihr immer einmal wieder in ihr Gesicht, was sie oft ärgerte und sie mit bösen Flüchen belegte. Ihr wacher Verstand ließ keine Ungenauigkeiten ihrer Gesprächspartner zu und ließ sich auch von ihnen immer sehr genau die Zusammenhänge darlegen und hinterfragte die jeweils andere Seite.

    Meistens trug sie schlichte Kleider und liebte es sich dieser für einen raschen Sprung ins Schwimmbad genauso schnell entledigen zu können, wie dann auch schnell wieder in sie hineinzuschlüpfen. Sie hatte in Italien die Schulen besucht und war dann zum Studium in die Schweiz gezogen. Dort konnte sie weiter in ihren Lieblingssprachen Italienisch und Spanisch studieren und widmete sich der Kunstgeschichte und der Volkswirtschaft.

    Sie wechselte noch ein paar Mal Ihren Platz, bis sie es sich ihm gegenüber eingerichtet hatte und Heronimus erzählte ihr seine Erlebnisse der vergangenen zwei Tage in Hamburg.

    *

    2

    Fast zeitgleich klingelte das Telefon im Kanzlerpavillon in Berlin und eine Stimme verlangte nach der Nummer drei Deutschlands.

    „Sind Sie über die Gespräche, die Faun mit dem spanischen Gesandten in Bahrain geführt hat, informiert?"

    „Nein", sagte der Kanzler und lehnte sich zurück.

    „Was haben Sie unternommen, Kronen, um diese Situation wieder in geordnete Bahnen zu bringen?"

    „Herr Bundeskanzler, wie mir soeben der MAD berichtet hat, sind die Zahlungen ordnungsgemäß abgewickelt worden. Sicherheitsstufe drei wurde bestätigt und von allen Beteiligten eingehalten."

    Ein Klicken in der Leitung veranlasste beide das Thema zu wechseln.

    „Ich rufe Sie in zwei Minuten zurück."

    Kronen wählte sofort die Nummer des Rechenzentrums des MAD und ließ sich mit Edward Gertsch verbinden, dem Spezialist für Abhörtechnik überhaupt.

    „Gertsch", vernahm er die etwas unfreundlich anmutende Stimme.

    „Grüße Sie Gertsch, haben Sie eben Leitung drei mitgeschnitten?"

    „Ja, wir mussten die Konfiguration der Sicherheitsserver neu aufsetzen."

    „Gut, löschen Sie die letzten und die nächsten zehn Minuten und grüßen Sie Ihre Frau von mir, das Essen gestern Abend war wieder einmal phantastisch."

    Kronen wählte die drei auf dem Nummernspeicher seines Telefons und zündete sich eine Zigarre an.

    „Ja" – meldete sich der Kanzler am anderen Ende der Leitung.

    "Herr Bundeskanzler, entschuldigen Sie die Unterbrechung, aber ich musste kurz mit dem Rechenzentrum Rücksprache halten bezüglich unserer kleinen Störung.

    Folgendes, unsere spanischen Freunde sind zu der Überzeugung gekommen, daß die Osterweiterung der EU auf jeden Fall vorangetrieben werden muss um die wirtschaftlichen Eckdaten unseres Landes, oder besser gesagt die der Gründerländer, zu verbessern. Habe aufgrund dieser Einsicht das spanische Königshaus gebeten als „Treuhänder dieser anstehenden Summen zu agieren.

    „Ich war der Meinung, daß die Spanier diese Bürde nicht tragen wollten, oder wie haben Sie den Finanzminister Spaniens davon überzeugen können die Transaktionen über die königlichen Konten abzuwickeln, Kronen?"

    „Herr Bundeskanzler", Kronen parkte seine Zigarre auf dem Rand seines Wasserglases und beobachtete diese, ob sie rollen wollte oder nicht.

    „Wir haben ihm Unterstützung bei der Rückführung Gibraltars zugesagt. Soweit mir bekannt ist, haben Sie dies doch bereits mit dem Premier Englands ausgehandelt?!"

    „Wo um Himmels willen Kronen, haben Sie diese Information denn schon wieder herausgefiltert? Nun - behalten Sie es für sich, aber es richtig, und der Schachzug hätte auch von mir kommen können. Machen Sie´s gut Kronen, wir sehen uns ja morgen auf der Sitzung um 10.00 Uhr."

    „Bis Morgen – guten Abend, Herr Bundeskanzler."

    Piet Kronen war zum Kanzlerberater geworden, wie so manche Dame zu ihrem Kinde gekommen war, nämlich nicht ahnend nur an das Gute der Menschheit glaubend.

    Wild gelockte Haare betteten seinen Kopf und die flinken Augen verfolgten immer sofort alles was es in ihrem Blickwinkel wahrzunehmen galt. Und doch formulierte er ruhig und überlegt, manches Mal etwas zu opulent aber immer auf den Punkt gebracht, einmal mit spitzer und einmal mit diplomatischer Couleur gelang es ihm immer die Fakten wohlverpackt zu vermarkten. Damit hatte er sich schon zu Studienzeiten einen Namen gemacht und manch ein internationaler Konzernlenker hätte ihn gerne in seinem engsten Mitarbeiterstab gewusst. Er war immer da, wenn der Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland ihn brauchte, und stand ihm mit Rat und Tat zur Seite.

    Vor einigen Jahren fädelte er aufgrund seiner guten Beziehungen mit dem spanischen Königshaus, einen perfekt abgestimmten Zeitplan für die Rückgabe diverser Kunstgegenstände aus der Zeit des 1. Weltkrieges ein. Er hatte seinerzeit Juan Carlos, dem heutigen König von Spanien, bei einem Rechtsstreit mit einem Onkel dritten Grades, bei dem es um riesige Ländereien und den damit verbundenen Summen in Milliardenhöhe ging, mit einem pikanten und geschickten Winkelzug den für Juan Carlos entscheidenden Rechtsbeistand bieten können.

    *

    3

    In Siena war es immer noch wunderbar warm auf der Terrasse des kleinen Palazzo und Fiorenza holte bereits die zweite Flasche Wein aus dem Keller des Hauses. Dieser Keller belieferte ausschließlich die Familie mit den besten Weinen, die Italien zu bieten hatte, und nicht das Restaurant für den Hotelbetrieb.

    „Vielleicht kommst du deshalb so gerne nach Siena."

    Sagte Fiorenza mit einem Lächeln auf den Lippen zu Heronimus, als sie die Flasche auf den Tisch stellte.

    „Da könnte etwas Wahres dran sein Fio, kommst du mit zum Pool, ich würde gerne noch ein paar Runden schwimmen, ehe wir zu Rahel gehen."

    Heronimus war inzwischen aufgestanden und ging in Richtung Dusche, um von dort direkt vom Beckenrand in die Fluten verschwinden zu können.

    „Warte einen Moment, ich komme sofort",

    -steckte ihre Haare hoch, entledigte sich mit einer raschen Handbewegung ihres Kleides und rannte zu Heronimus herüber. Dieser war aber bereits ins Wasser gesprungen und winkte ihr mit den Armen, ihm ohne Umwege zu folgen.

    „Wer wird denn heute Abend alles erwartet? – Kommt Irina eigentlich auch?"

    „Weiß ich nicht, seit sie ihren Laden in der Altstadt vergrößert hat, ist sie kaum noch bei Rahel anzutreffen."

    „Schade", sagte er und zerrte an ihren Füßen.

    „Lass´ uns einfach eine Stunde später dort erscheinen"

    Sprach´s, und tauchte unter ihr hindurch, um am gegenüberliegenden Beckenende wieder aufzutauchen.

    „Das geht nicht Heronimus, man hat mich dieses Mal ausdrücklich um pünktliches Erscheinen gebeten", sagte Fiorenza und paddelte ein wenig in Rückenlage mit ihren Händen um sich über Wasser zu halten.

    „Nun, wenn das so ist, dann müssen wir unseren Erfrischungsausflug jetzt beenden", nahm sie in die Arme und hob sie aus dem Wasser.

    Er war ein wenig enttäuscht über diese kurze sportliche Einlage. Hatte er sich doch auf diese Art der Fortbewegung gefreut. In Deutschland war es noch lange nicht warm genug um sich in einem ungeheizten Schwimmbecken zu dieser Jahreszeit vergnügen zu können. Aber er war ja noch ein paar Tage hier in diesen südlichen Gefilden um sich dieser Erfrischung hingeben zu können.

    *

    4

    Das Licht der Scheinwerfer strahlte an jedem zweiten Baum senkrecht in die Baumkronen der Allee.

    Schön war es anzusehen, über die Allee zu gleiten – an deren Ende man das alte Herrenhaus in mildes Scheinwerferlicht getaucht erblicken konnte.

    Fiorenza lackierte sich nur noch schnell den letzten kleinen Nagel ihrer linken Hand, wedelte mit dieser hin und her, um dann mit einem Seufzer ihre Utensilien in ihrer Handtasche verschwinden zu lassen.

    Der Wagenschlag wurde durch einen livrierten jungen Mann geöffnet und Heronimus geleitete sie die prachtvolle Treppe hinauf. Oben stand Rahel und begrüßte ihre Gäste.

    „Hallo Fio, schön daß ihr es einrichten konntet, hatte nicht damit gerechnet Euch heute Abend hier begrüßen zu dürfen, wolltet ihr nicht in Porto Alegre sein?"

    „Ja wollten wir, aber du kennst ja den Stand der Dinge – wir werden dies in zwei Wochen nachholen, denke ich – hoffe ich" korrigierte sie sich.

    „Hallo Heronimus, wie geht es Dir? Hast du mir von diesen vorzüglichen Krabben mitgebracht?"

    „Habe ich nicht vergessen, wurden heute Morgen frisch für Dich angeliefert, frisch gefangen und geschält, und sollten bereits in deiner Küche gelandet sein. Du siehst gut aus Rahel, ist dein lieber Bruder auch schon eingetroffen?"

    „Ja, ja ist er. Sie sind, glaube ich, alle im Garten."

    Rahel van Saia, geborene Castilliani, war mit dem Premierminister von England verheiratet und war eine enge Freundin von Fiorenza. Sie waren gemeinsam hier in Siena zur Schule gegangen, beide durchlebten eine behütete Kindheit, bis sie sich durch Studium und Familie ein wenig aus den Augen verloren hatten. Aber durch ihrer beider Elternhäuser hier in der Stadt, trafen sie sich immer wieder, egal welchen Winkel der Erde sie beide gerade bereist hatten.

    Rahel konnte ebenso wenig wie Fiorenza von Italien lassen und verbrachte die meiste Zeit des Jahres hier in Siena in ihrem Elternhaus. Sie hatte es mit viel Geschmack sanieren lassen, nachdem ihre Eltern verstorben waren, und lebte gerne hier mit Ihrer Familie, wann immer sie Zeit dazu fanden. Ihr Mann fand die Anreise so manches Mal ein wenig zu aufwendig - musste er doch beruflich oft genug weite Wege gehen und hätte gerne sein altes Herrenhaus in England dieser italienischen Variante den Vorzug gegeben. Aber auch er hatte sich mit der Zeit an die italienische Lebensart gewöhnt, der man hier sehr schnell verfallen konnte, und nahm die langen Anreisen gerne in Kauf.

    Da er im Jahr Tausende von Kilometern hinter sich brachte um sein Land angemessen in der Welt zu vertreten und zu repräsentieren und seine Geschicke zum Wohle des englischen Volkes zu lenken kam es ihm auf diese geringen Entfernungen auch nicht mehr an. Er zog es inzwischen gerne vor hier und nicht in einem dieser alten und meist kalten englischen Herrenhäuser auszuspannen. Er war es zwar seit Kindesbeinen gewöhnt, war aber inzwischen sehr froh darüber diesen Kästen auch einmal entfliehen zu können.

    Sie betraten die etwas kühl gehaltene Halle, um ihre Mäntel abzulegen.

    An den alten Sandsteinwänden brach sich das warme Licht der aufgestellten Fackeln.

    „Darf ich ihnen ihre Mäntel abnehmen?"

    Fragte die Dame hinter dem Tresen Heronimus mit einem entzückenden Lächeln um ihre Mundwinkel.

    „Sehr gerne." Erwiderte er abwesend den Blick zum Garten gewandt.

    Sekunden später erreichte die Stimme seines Gegenübers sein Bewusstsein und er wendete sich der lieblichen Mantelabnehmerin zu.

    „Was für reizende Ohrringe Sie tragen, haben Sie noch mehr dieser netten Accessoires?"

    Sie quittierte seine Schmeichelei mit einem hinreißenden Niederschlag Ihrer Augenlieder, lang und schwarz waren diese und hatten schon so manches Männerherz erobert, und wandte sich ab.

    „Wollen wir uns zu den anderen gesellen, soll ich Dir etwas zu trinken holen oder willst du kurz nach oben gehen, um Deine Schwestern zu begrüßen?"

    Fragte er Fiorenza, die von hinten an ihn getreten war und ihm belustigt zugeschaut hatte.

    „Nein, ich komme mit Dir ´raus – es ist ein wunderbarer Abend, und wir werden noch früh genug hinein müssen. Aber zu einem Cocktail lasse ich mich gerne von Dir überreden, die haben sicher den einen oder anderen leckeren für mich. Hast du Sir Gender gesehen, der sieht ja wieder umwerfend aus – hat sich bestimmt seinen Anzug wieder hier in Italien arbeiten lassen, so wie ich ihn kenne."

    „Mag sein mein Liebes, aber die Farben finde ich immer ein wenig unpassend – alles ein wenig zu schrill."

    „Mein lieber Heronimus – schön Dich auch mal wieder hier zu sehen. Wie lange bist du schon hier in Siena – ich hoffe nicht zu lange, da ich Dir sonst den Garaus machen müsste."

    Von hinten hatte sie sich herangeschlichen, und ihm ihre Hände auf seine Augen gelegt. Anastasia gehörte zu den liebenswerten Menschen, denen man es nie verübeln konnte immer ein wenig zu weit gegangen zu sein, auf jeden Fall war sie immer eine Spur zu laut.

    „Nie würde ich es wagen, mich nicht bei Dir gemeldet zu haben, aber du mußt mir verzeihen, ich bin erst ein paar Stunden hier in dieser Stadt. Wie geht es Dir, hat Dich Dein Mann einmal mehr hier alleine zurückgelassen um sich in der sibirischen Einöde sein Süppchen zu kochen? Oder wohin hat es ihn zurzeit verschlagen?"

    „Ach, du kennst ihn doch nur zu gut, Heronimus, er ist seit vier Monaten auf einer Forschungsreise zum Südpol unterwegs um sich dort mit ein paar Eisbären die Zeit zu vertreiben. Manchmal denke ich, er liebt sie eben doch ein wenig mehr als mich, meinst du nicht auch?"

    Sprach´s, und nahm Heronimus an ihre Hand als wolle sie ihn zum nächsten Tisch entführen. Das war Anastasia. Meist fragte sie nicht lange, sondern verwickelte ihre Begleiter sofort in ein sehr persönliches Gespräch oder wie in diesem Falle zog Heronimus einfach hinter sich her.

    „Komm´ ich geleite dich zum Premierminister, der wollte dich heute unbedingt sprechen, um dir ein paar bohrende Fragen stellen zu können, so hat er sich wenigstens bei mir ausgedrückt.

    Schau´, da vorne steht er, der Kerl mit dem altertümlichen Monokel in der Augenhöhle."

    „Anastasia, ich kenne van Saia doch schon viele Jahre, nicht erst seit er Premierminister von England geworden ist, aber dieses Monokel muss er irgendwo ausgegraben haben, mit diesem Ding hätte ich ihn fast nicht erkannt. Warte doch bitte einen Moment, und lasse mich noch mein Glas kurz abstellen."

    Heronimus konnte gerade noch sein Weinglas auf einem Tisch positionieren ehe Anastasia ihn weiterzog.

    Zu Fiorenza gewandt rief er ihr zu:

    „Bin gleich wieder zurück, schau´ den Herren nur nicht zu sehr auf ihre Anzüge."

    van Saia stand in einer kleinen Gruppe unweit einem kleinen Teich in denen sich feuerrote fette Karpfen tummelten und winkte Anastasia und Heronimus herbei.

    „Mein lieber Faun, Sie machen sich ja zurzeit sehr rar, Sie arbeiten zu viel und nehmen sich zu wenig Zeit für das Leben."

    Wendete er sich mit einem tiefen Lachen Heronimus

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1