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Goethestraße 8b
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eBook246 Seiten2 Stunden

Goethestraße 8b

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Über dieses E-Book

Ulrich ist stolz darauf, ein Schriftsteller zu sein. Aber erzählen möchte er davon niemandem, nicht einmal der hübschen Maria, die gerade gegenüber einzieht. Schnell findet er Gefallen an der Deutsch-Brasilianerin und macht sie mit dem Mietshaus bekannt. Allzu verrückte Personen leben hier, allzu spannende Geschichten des Neids werden zwischen diesen Wänden gesponnen. Die merkwürdigen Nachbarn eint hinter Ulrichs Rücken etwas Großes, das sie gleichzeitig zu zerreißen beginnt. Ulrich würde es niemals wissen wollen, doch der Lauf der Dinge scheint nicht mehr aufzuhalten zu sein.
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum9. Juli 2014
ISBN9783847695530
Goethestraße 8b

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    Buchvorschau

    Goethestraße 8b - Andreas Eichenseher

    I

    Nun, da der Zeit sechzig Jahre verstrichen sind, schickt er sich an, schickt er sich an ein erstes Mal zu wagen, was er sich verbat, über all die Zeit hinweg. Der Rücken schmerzt, als er auf dem Holzstuhl vor seinem alten Schreibtisch, einem massiven Stück aus Eichenholz, Platz nimmt und die Augen verengt. Sie, die Mutter allen Glücks, aller selbst auferlegten Tragödien, sie, die Sonne, strahlt durchs quadratische Fenster in sein Gesicht. Die Schatten der Kreuzstreben teilen sein gezeichnetes Äußeres in Vier. Ein Teil für je ein Auge. Zwei Teile für den Mund. Und er atmet schwer. Staub wirbelt deutlich zu sehen durch die Luft, als er den Schub aufzieht. Nun, zum ersten Mal seit sechzig Jahren, seit er hineingelegt, was jetzt wieder ins Licht der Abendsonne gehoben. Alles, ja alles scheint zu schreien. Triumphal jauchzen die roten und gelben Farben, in die der Raum, um ihn und das Manuskript, das er geschrieben und dann, vor sechzig Jahren, in diese alte Schublade gelegt hat, getaucht ist. Er pustet, klopft es gegen die Tischkante. Und er holt die Brille aus der Brusttasche seines grauen Hemdes, setzt sie auf und seufzt. Er hat ihn sich auferlegt, den Idealismus und es schmerzte sehr. Sechzig Jahre lang und jetzt zwingt er sich, versucht sich zu halten, da er sie spürt, die Wallungen der Tränen, des Ärgers über sich und seiner Sturheit. Jeden Tag geträumt, wie es wäre, wenn er es täte, so wie er es heute hat begonnen. Und immer wieder überzeugte er sich mit der Kraft, die er in sich tragen wollte, von der er glaubte niemals erfahren zu können, doch viel tiefer als seine Finger in seinen Kopf greifen konnten, sitzen musste, weil sie es musste. Weil er sich zu dieser Stellung der Menschlichkeit gezwungen sah, um zu überleben in der Welt seiner Umwelt. So ist es, da er begann, was auch lange danach schrie. Und er legt es sich zurecht. Und er beginnt die nie gesehenen Worte, das gemachte und jetzt geborene Kind, zu lesen, vielleicht zu lieben, um aller Willen.

    II

    Die Goethestraße. Nun, sie ist eine Straße, wie jede andere auch. Ein asphaltierter Bereich für Fahrzeuge und Fußgänger und einige Gebäude mit grünen Gärten an den Rändern. In diesem Fall säumen genau 74 Wohn- und Mietshäuser die mit breiten Bürgersteigen ausgestattete, aus dem vorigen Jahrtausend stammende, Goethestraße. Eine junge Frau mit Kinderwagen schiebt sich an zwei grauen, im Kanon hustenden Rentnern vorbei. Und auf der anderen Straßenseite geht Ulrich. „Eins. Zwei. Drei. Vier."

    Er beeilt sich nicht und doch scheint er inmitten seiner geistigen Abwesenheit und dem apathischen Blick nach Hause laufen zu wollen. Wohnhaft ist Ulrich in der Goethestraße 8b, einem Mietshaus mittelgroßer Ausdehnung. Und es liegt keine 50 Meter mehr von ihm entfernt. Er geht mit großen Schritten, sehr komisch anzusehen, doch kümmern ihn nicht die Leute, die ihn so abfällig beachten. Nein, er braucht und will sie gar nicht sehen. Die Finger kühl in seinen Hosentaschen und der Kopf erschrocken zuckend als er vom Bürgersteig in das Grundstück einbiegend von einem harschen Grummeln aus seiner Trance gerissen wird.

    „Harr... Nein!"

    Ulrich runzelt seine Stirn. Eine der Papiertonnen des Hauses liegt gekippt am Boden und jemand wühlt suchend im Zellstoffabfall der Goethestraße 8b.

    „Natürlich! Natürlich nicht!" Wieder hallt die Stimme seines cholerischen Mietnachbarn aus der Papiertonne. Diesmal geht Ulrich näher heran und beugt sich gleichzeitig nach unten. Der Professor aus dem Erdgeschoss kniet auf zerrissenen Kartons und bunten Werbeblättern. Viele kleine Zettel und Zeitungen liegen auf dem Bürgersteig und werden vom Wind verweht. Von Herrn Habemann sind nur die Beine zu sehen.

    „Wer liest denn solche Klatsch-Blätter, schreit er, ohne von seinem Zuhörer zu wissen und wirft blind eine Zeitschrift aus der Papiertonne aufs Pflaster, nur anderthalb Meter von Ulrich entfernt. „Das ist neu, denkt er sich. „Und doch nicht unerwartet." Lautlos geht er vorüber und steuert auf das Haus zu.

    „Der... Der... Der Notizblock!" Hinter ihm schimpft noch der Professor und schlägt von innen gegen die grüne Tonne.

    „Weg! So ein Dreck!"

    Ulrich sperrt schon die Haustüre des alten Gebäudes auf. Es sieht von außen gar nicht so aus, doch das Haus in der Goethestraße 8b ist wirklich alt und niemand, der dort wohnt, hat je fühlen können wie alt es wirklich ist. Nicht einmal der Hausmeister Rainer.

    „Ulrich!"

    „Hallo." Ulrich erschrickt, als des Hausmeisters freundlich gemeinte Begrüßung laut zu ihm schallt.

    „Ich hab ganz vergessen. Kriegst einen neuen Nachbarn."

    „Ja? Wen? Wann? "

    „Glaub heute schon."

    „Aber nicht wieder so ein Ostfale mit notorisch ralligem Terrier?"

    „Doch", meint der Hausmeister trocken.

    „Oh mein... Oh verdammt. Nein, das war ein Witz, oder?"

    Rainer grinst schief und verkriecht sich mit seiner runden Wampe wieder in der kleinen Werkstatt. Ulrich zuckt kurz mit dem Kopf, dann marschiert er über die kalten Marmorstufen. Seine Wohnung liegt im zweiten Stock und genau dort sollte gegenüber seines Appartements ein neuer Mieter einziehen. Umzugsgeräusche sind noch keine zu hören. Der größte Lärm dringt derweilen aus dem ersten Stock.

    „...den ganzen Tag", hört Ulrich dumpf. Es ist Erich, der in der Wohnung mit seiner Tochter streitet.

    „Der Radio läuft sogar wenn du in der Schule bist!"

    Ulrich passiert die Eingangstüre, daneben das Klingelschild mit `Erich Einweg`.

    „Dann dreh doch du ihn ab", entgegnet Promesia. In ihrer Stimme wohnen Rebellion und Kritik an ihrem männlichen Elternteil, der sich an legitimen Ausweichmanövern bedient.

    „Ach! Und neben dem Radio lagen Kondome! Die Kondome! Du bist 14!" Mehr kann Ulrich nicht mehr hören, will er aber auch nicht. Beinahe hätte er in all dem Trubel vergessen, was ihm eben beim Nachhauseweg eingefallen ist!

    Er hatte bewusst einen Umweg genommen, um mal etwas anderes zu sehen und seinen Gedanken dort freien Lauf gelassen. Er kam an einem Fußballplatz vorbei, an großen Werbeflächen und an zahlreichen Ampeln. Und siehe da.

    Es wirkte.

    „Eins. Zwei. Drei. Vier." Ulrich zählt sich im Geiste wieder die Anzahl der Ideen auf, die er vorhin beim Gehen hatte. Er weiß sie noch. Er hat sie nicht vergessen. Schnell läuft er nach oben, nimmt immer gleich zwei Stufen auf einmal und rammt seinen Schlüssel fest ins Schloss. Umdrehen. Ulrich reißt die helle Türe auf, lässt seine Schuhe an den Füßen und rennt zum Computer, der noch im Standby ist.

    „Moment...", sagt er sich. Die Wohnungstüre steht noch ein wenig offen, er läuft zurück, schließt sie sanft und öffnet anschließend das Schreibprogramm, um seine Gedanken nun endlich zu sichern und die Angst des Vergessens selbst einfach vergessen zu dürfen.

    „Mein Sohn, schreibt Ulrich. „Willst du wirklich rebellieren, so lauf nicht über Rot. Nein, mein Kind, halte vor Grün.

    Und er schreibt weiter.

    „Bei Grün kann man es tun,

    denn sie halten opportun.

    Denn im Gehege der Regel scheint auch der Geselle ganz helle."

    Die selbst ausgedachten Aphorismen kleben noch in seinen grauen Zellen und lösen sich Einer nach dem Anderen während er rhythmisch auf die Tastatur klopft.

    „Erziehung erfolgt durch Gesellschaft.

    Und Gesellschaft wird geformt vom Kollektiv, von Religionen und geführt von Staaten.

    Grün, gehen. Rot, stehen. Wer sich im vorgegebenen Takt bewegt, wir sehr schnell weit kommen. Wer ihn nicht einhält wird entweder ständig ausgebremst oder beseitigt.

    Der Rassismus wird ausgelebt von uns allen.

    Jeder fiebert bei einem beliebigen Sportereignis, in dem die Nationen untereinander konkurrieren, immer für die Athleten seines Landes und/oder Mutterlandes. Wir reduzieren die Sportler demzufolge also nur auf ihre Nationalität, ohne einen weiteren Eindruck von ihnen zu erhalten. (Hinweis für Überarbeitung: Nicht zu sehr verallgemeinern. Aber Kern stimmt)"

    „Puh." Ulrich atmet tief durch und klickt auf `Speichern`. Er hat die Gedanken, die beim Gehen entstanden sind, gesichert.

    „Fürs ganze Werk vielleicht nicht relevant, aber... Ach, egal. Er faltet die Hände auf dem Bauch und lehnt sich zurück. „Es wird niemanden jucken, sagt Ulrich zu sich selbst, grinst und kratzt sich am Hinterkopf.

    „Ich habe mein Schuhwerk noch nicht abgelegt..." Ein jeder Schritt fällt leicht, als er zur Ablage geht. Da dringt eine tiefe, angestrengte Männerstimme durchs Türholz. Ein gewisser osteuropäischer Akzent ist nicht zu verkennen und bewegt Ulrich dazu, neugierig ins Treppenhaus zu spähen.

    „Oh nein", denkt er sich, als er seinem vermeintlich neuen Nachbar in die Augen sieht.

    Der grimmige Blick eines Bullen vor der Schlachtung, die wirre Frisur eines Bernhardiners vor der Reinigung und die lückenhaften Zahnreihen eines Neunjährigen. Ulrich muss ihn auch gar nicht riechen, um zu wissen, dass er nach Fett und Schweiß stinkt. Und einen verrückten Köter hat er, so wie er aussieht, mit Sicherheit auch.

    „Hallo. Ich bin Ulrich", presst er höflich und laut hervor.

    „Ach ja?" Etwas verstört von des Mannes herablassender Antwort ringt Ulrich nach Worten der Fassung, da drückt sich eine zweite Ausgabe dieses Typus Mensch über die Stufen. Er schleppt einen Karton und steht seinem Freund bezüglich der Mimik in nichts nach.

    „Hallo", versucht es Ulrich erneut. Diesmal erhält er eine freundlichere Antwort.

    „Hallo. Sie wollen helfen?"

    „Na ja", meint Ulrich zögerlich, aber entschließt sich dann schnell dazu, sich den neuen Nachbarn wohlwollend zu präsentieren.

    „Ja. Will ich."

    „Komm", meint der Andere, lässt seinen Freund in die Wohnung und begleitet Ulrich nach unten.

    „Und sie sind ein... Ein Paar", fragt er zaghaft.

    „Ich verstehe nicht."

    „Egal. Egal. Haben sie einen Hund?"

    „Was?" In der schlechten Rasur des Mannes kann man die letzten Mahlzeiten lesen.

    „Hund? Ulrich kneift seine Augen zusammen. „Wuff! Wuff!

    Der neue Hausbewohner schüttelt genervt den Kopf.

    „Ja, sehr gut. Kein Hund."

    Nun, da er ihm so nahe ist, scheint er sich getäuscht zu haben. Der neue Nachbar riecht nicht annähernd so furchtbar, wie es Ulrich erwartet hatte. Er folgt ihm weiter die Stufen hinab und konzentriert sich auf die ausgefransten Hosenenden des Mannes, da reißt ihn ein sympathisch warmes „Hallo" aus seinen Gedanken und von den Fersen des Mannes.

    Eine grazile Frauenhand streckt sich vor seinen Körper und Ulrich schüttelt sie.

    „Ich glaube wir sind neue Nachbarn. Sie wohnen ja hier, oder?"

    „Sie... Ich." Ulrich blickt verdutzt in das Gesicht der Frau.

    „Ja, sagt er und beginnt zu realisieren. „Wir wohnen sogar im selben Stockwerk.

    „Sehr schön. Wie heißen sie?" Ihre Nasenspitze ist so gerade und klein wie der Punkt auf seiner Tastatur. Ihre Augen und ihre Haare so braun wie die Schokolade, die er im Winter so gerne gegessen hat. Und die kleinen Grübchen, die es sich beim Grinsen in ihrem freundlichen Gesicht gemütlich machen, saugen ihn förmlich ein.

    „Ulrich. Ich heiße Ulrich."

    Das peinlich berührte, stumme Lächeln beginnt. Und es dauert vier Sekunden bis die hübsche Frau gnädigerweise unterbricht.

    „Ich schlepp´ dann mal weiter."

    „Ja."

    Und während Ulrich sich langsam fragt, ob er die nette Frau fragen sollte, inwiefern ihr seine Hilfe beim Schleppen gelegen käme, wanderte er schon wieder nach unten.

    „Ich wollte ja dem Mann helfen. Dem... Dem Möbelpacker! Damit helfe ich auch ihr! Klar!" Erquickt von seiner späten Erkenntnis sprintet er nach unten ins Erdgeschoss. Auf dem schmutzigen Boden dort klingt es häufig so, als würde man auf Sand spazieren.

    „Und? Was sagst jetzt", klingt Rainers Stimme plötzlich von hinten. Der Hausmeister grinst schief.

    „Warum sagst du mir nicht gleich, dass da eine scharfe Bombe einzieht?"

    „Na weil ich sie explodieren sehen will", meint Rainer.

    „Sag mir alles was du über sie weißt." Ulrich redet schnell.

    „Nicht viel."

    „Ja was denn?"

    „Sie heißt Maria de Lima. Ist zur Hälfte Brasilianerin."

    „Maria de Lima, wiederholt Ulrich. „Zur Hälfte Brasilianerin. Und weiter?

    „Na ja, ich schätze mal die untere Hälfte, also bei dem zünftigen Arsch."

    „Mehr weißt du nicht?"

    „Mehr weiß ich nicht", sagt der Hausmeister mit einem Zwinkern und verdrückt sich wieder.

    „He." Ulrich dreht sich zur bekannten Stimme. Der Möbelpacker wankt mit einem Karton in den Händen an ihm vorbei und macht ihn mit einer gezielten, aber unauffälligen Kopfbewegung auf den Kleintransporter an der Straße aufmerksam, dessen Inhalt sie in die Wohnung Marias schleppen.

    „Davaj, davaj", ruft der Möbelpacker und lacht, während sich Ulrich anschickt das Gebäude zu verlassen. Da stößt jemand die Türe auf und kommt mit arrogantem Tonfall in der Begrüßung hereinspaziert.

    „Hey Hallo", ruft der Mann in den Raum und Ulrich bremst ab.

    „Guten Tag", sagt Hieronymus und nickt mit dem Kopf.

    Hieronymus ist 28, also nur wenige Jahre älter und doch erwartet er den Respekt, den man einem uralten, weisen Gelehrten zukommen lassen würde. Er nickt kurz mit dem Kopf und lässt seine schulterlangen Haare prachtvoll wackeln.

    „Wird Zeit dass die Papiertonne wieder ausgeleert wird", sagt er mit rauchiger Stimme.

    „Ist der Professor noch immer drinnen?"

    Wieder nickt Hieronymus mit dem Kopf und schiebt seinen breiten, muskulösen Körper weiter durch das Foyer des Hauses. Er trägt nicht, wie meist, seine Sporttasche mit sich, er kommt sehr wahrscheinlich von der Seniorenresidenz, in der seine Großmutter untergebracht ist.

    Der zweite Möbelpacker erscheint und nimmt Ulrich mit nach draußen zum Lieferwagen, der neben der gekippten Papiertonne und dem Professor parkt.

    „Hey." Rainer spricht zu Hieronymus.

    „Wieder ein Neuer?", fragt Hieronymus.

    „Ja. Eine Neue. Aber was Anderes." Untermalt vom rauen Ton und der wenig freundschaftlichen Beziehung wirft der Hausmeister ein kleines, aber schweres Paket gen Hieronymus.

    „Von wem ist das?" Er fängt mit böser Miene, aber er fängt.

    „Paket-Bomben.de. Mein Internet-Versandhaus."

    Tiefe Furchen in Hieronymus Gesicht, insbesondere um seine Augen. Des Hausmeisters Attacken kontert er schon seit längerem selbstsicher mit aggressiver Ignoranz. Weiche Schrittfolgen hallen leise durchs Treppenhaus, unterbrechen sanft die kurze Konversation und Hieronymus geht mit dem Paket unter dem Arm nach oben. Weiße Wände mit bröselndem Putz führen ihn in den ersten Stock, in dem er Maria begegnet.

    „Hallo. Ich bin die Neue hier im Haus."

    „Schönen Tag. Sieht ja ganz gut aus." Er mustert ihren schlanken Körper, dessen Weiblichkeit tatsächlich mehr in der unteren Hälfte stattfindet.

    „Ja... richtig. Das Haus und die Wohnung haben mir auf Anhieb gefallen. Wie heißen sie?"

    „Hieronymus. Aber nennen Sie mich Hero. So nennt mich jeder." Er senkt den Kopf, bringt seinen Prachtkörper in Stellung und verengt langsam seine Augen.

    „OK."

    „Und Sie heißen?"

    „Maria. Aber nennen Sie mich Maria. So nennt mich jeder."

    Hieronymus will etwas sagen, aber über seine Lippen kriecht nur ein unerwartetes Hüsteln.

    „Auf Wiedersehen." Maria entschwindet in Richtung Erdgeschoss und es bleiben nur noch die tiefen Schrittgeräusche, die sich verzögernd entfernen und mit dem animalischen Lauten und den an Ulrich gerichteten Anweisungen der hart arbeitenden Umzugshelfer vermischen. Hieronymus geht leicht gebückt nach oben ins dritte und oberste Geschoss des Hauses. Zwei exakt gleich große Wohnungen liegen dort. Rechts die Seine, Links die von Bernd Schoß. Und eben jener zieht gerade vorsichtig am

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