Elektrisiert - Teil III
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Über dieses E-Book
TEIL III:
Der Frust sitzt extrem tief. Absoluter Stillstand. Sowohl in Paris, als auch in Berlin. Die deutsche Kanzlerin kocht; was soll sie auf der kommenden Klimakonferenz präsentieren? Da erhält Eric eine mysteriöse Nachricht. Nach kurzem Zögern stimmt er einem geheimen Treffen zu. Was konnte er schon noch verlieren?
>>So spannend hat noch niemand über die Energiewende geschrieben. Michael Valentine-Urbschat schreibt, wie nur ein Insider es kann.<<
>>Fiktion oder Insider-Bericht? Wahrscheinlich beides. Das macht das Buch zu einem einmaligen Leseerlebnis.<<
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Buchvorschau
Elektrisiert - Teil III - Michael Valentine-Urbschat
ELEKTRISIERT
- TEIL III -
Michael und Nancy Valentine-Urbschat
Für Katharina und Nicholas – als Zeichen dafür,
dass die Generation ihrer Eltern nicht tatenlos zusieht,
obwohl sie es besser weiß.
Vorbemerkung
Die Brennstoffe – vornehmlich Öl, Kohle und Gas – stellen keine nachhaltige Energieversorgung dar, auch wenn bis heute unser weltweiter, wirtschaftlicher Erfolg in großen Teilen darauf basiert. Das wissen wir alle. Seit Jahren.
Allein diese fehlende Nachhaltigkeit zwingt uns dazu, erneuerbare Energiequellen als attraktive Alternativen auf den Weg zu bringen. Ohne besonderen Zeitdruck, nachdem die Rohstoffkonzerne bisher eine ausreichende Versorgung mit fossilen Brennstoffen sicherstellen. Auch wenn unklar ist, wie lange unsere Öl-, Gas- und Kohlereserven tatsächlich noch reichen.
Wir wissen aber auch – und das nicht erst seit dem diesjährigen, fünften Bericht des Weltklimarates –, dass die dadurch verursachten CO2-Emissionen maßgeblich zur Klimaveränderung beitragen. Experten gehen von einer Erwärmung der Erdoberfläche von mindestens 3-4 Grad Celsius im Laufe dieses Jahrhunderts aus, wenn wir es nicht schaffen, in wenigen Jahren unsere Abhängigkeit von diesen fossilen Brennstoffen massiv zu reduzieren.
Die Folgen dieser einsetzenden Klimaveränderung sind heute bereits spürbar und werden aller Voraussicht nach besonders für die nachfolgenden Generationen zu einem gigantischen Problem werden.
Diese unumkehrbaren Langzeitfolgen erhöhen den Zeitdruck massiv. Zwingen uns, jetzt die Alternativen auf den Weg zu bringen. Hier können und wollen wir nicht tatenlos zusehen. Nicht nur, weil wir selber zwei Kinder haben.
Dabei stellt die umfassende Abkehr von Verbrennungskraftmaschinen im weltweit wachsenden Straßenverkehr eine besondere Herausforderung dar. Bisher haben wir keinen Weg gefunden, diese Technologiewende in der notwendigen Breite und Geschwindigkeit auf den Weg zu bringen. Der Verkehrssektor ist weltweit der einzige Verbrauchersektor, der immer noch ein ungebrochenes Wachstum bei den CO2-Emissionen aufweist.
Mit dem vorliegenden Roman hoffen wir, zur Diskussion und Lösung dieses Themas beitragen zu können, indem wir einer breiteren Leserschaft die prekäre Ausgangssituation, die sehr unterschiedlichen Sichtweisen und Zwänge der beteiligten Spieler, aber auch mögliche Lösungsansätze vor Augen führe.
Das alles haben wir versucht, in eine möglichst spannende Geschichte zu packen – wir wollen Sie als interessierten Leser ja auf keinen Fall verlieren, auf diesem etwas umfangreicheren Exkurs.
Die Geschichte selbst ist völlig frei erfunden, genauso wie auch alle handelnden Personen frei erfunden sind.
Dennoch spielt der Roman mitten in unserer heutigen Welt und baut auf vielen, aktuellen Fakten auf, die von uns nach bestem Wissen und Gewissen recherchiert wurden. Ein Verzeichnis der wichtigsten Quellen findet sich im Anhang, in dem wir auch einige Hintergründe und Details erläutert haben.
Die öffentlichen Ämter, Organisationen, Firmen und Produkte, die den meisten bekannt sein dürften, sind rein zufällig gewählt und dienen nur dazu, den Bezug zur realen Welt noch mal zu verdeutlichen. Die konkreten Aktivitäten dieser Einrichtungen und ihrer handelnden Personen sind aber natürlich ebenfalls frei erfunden.
Dagegen existieren die beschriebenen Technologien zum größten Teil heute schon oder stehen kurz vor der Fertigentwicklung – und können damit tatsächlich einen nennenswerten Beitrag zur Lösung unseres Verkehrsproblems liefern.
Jetzt aber genug der Vorrede – wir wünschen Ihnen eine spannende Unterhaltung. Und anschließend natürlich möglichst intensive Diskussionen. Denn nur so kommen wir in diesem so essentiellen Thema für die Menschheit endlich voran. Hoffentlich.
München, im Oktober 2014
Michael und Nancy Valentine-Urbschat
Teil III
Vier Monate später – Baku, Aserbaidschan, am Kaspischen Meer, Anfang März
Die hochmoderne Fähre mit ihren zwei langen, Katamaran-artigen Rümpfen und dem flachen Aufbau hatte die Heckklappe komplett heruntergefahren, um Autos und Passagiere aufzunehmen. Doch nur wenige Fahrzeuge mit Sonderausweisen wurden an der Zufahrt zum Kai von den Polizisten durchgelassen. Das Gelände vor der Fähre war hermetisch abgeriegelt.
Jeff Simson stand mit Petrov, seinem langjährigen Mittelsmann an der Reling, hoch über dem Heck des Schiffes, und konnte das Einfahren der Fahrzeuge gut überblicken. Die Sonne stand an diesem Frühlingstag im Hafen von Baku bereits ziemlich tief. Der Westwind blies ihnen kalt ins Gesicht. Jeff schlug den Kragen seines Mantels hoch und sah auf die Uhr. Die wenigen geladenen Gäste sollten eigentlich alle innerhalb der nächsten dreißig Minuten ankommen. Er war gespannt, ob sie ihr ungewöhnliches Treffen zum gewünschten Abschluss bringen konnten. Petrov hatte den Plan mit ihm gemeinsam ausgearbeitet und alles akribisch vorbereitet. Mehr konnten sie jetzt nicht mehr tun.
Seit mehreren Jahren war ein Team aus der Abteilung seiner Chefin in Baku, der Hauptstadt Aserbaidschans, tätig. Nach erfolgreichen Probebohrungen im Kaspischen Meer setzte Anfang des 21. Jahrhunderts der zweite Frühling für die aserbaidschanische Ölförderung ein. Der hohe Ölpreis machte auch hier die aufwendigen und riskanten Bohrungen zu einem profitablen Geschäft, das sich keiner entgehen lassen konnte.
Doch das war einfacher gesagt als getan. Die Rahmenbedingungen für einen erfolgreichen Abschluss in diesem so geschichtsträchtigen Land am Kaukasus waren extrem komplex. Also war er wieder draußen. Jeff. Der Sonderbeauftragte seiner Chefin. Der Mann für die schwierigen Fälle. Der Mann, der es immer wieder schaffte, ein entscheidendes Ass aus dem Ärmel zu ziehen. Blöder Spruch! Jeff schüttelte den Kopf.
Ja, er hatte vor der Ankunft in Baku seine Hausaufgaben gemacht und sich alle anderen Informationen in Gesprächen mit ihrem Team vor Ort und mit Petrov besorgt, der das Land noch aus der Zeit der ehemaligen UDSSR kannte. Damals arbeitete er ja noch für den KGB, was sich auch diesmal wieder als sehr nützlich erwies.
Baku hatte zu Beginn des 19. Jahrhunderts die größten Erdölfelder der Welt und lieferte mehr als fünfzig Prozent des weltweiten Ölbedarfs. Der schon in der Frühzeit wichtige Handelsplatz entlang der alten Seidenstraße wurde in dieser Zeit zu einer der größten Städte der Welt. Und war heute immer noch die einzige Millionenmetropole am Kaspischen Meer. Das Nizza des Ostens, wie manche zu sagen pflegten. Nicht ganz unberechtigt, dachte Jeff, der die alten Prachtbauten der Stadt kannte, die heute zum Teil wieder von den im Ölgeschäft tätigen Familien bewohnt wurden.
Mit der Entdeckung der riesigen Quellen auf der arabischen Halbinsel nach dem Ende des 2. Weltkriegs nahm die Bedeutung Bakus als Ölproduzent aber deutlich ab. Am Ende des 20. Jahrhunderts waren die an Land gelegenen Ölfelder quasi erschöpft und bereiteten der gerade erst in die Unabhängigkeit entlassenen, ehemaligen Sowjetrepublik eine sehr schwierige Startphase mit massiven Budgetproblemen.
Doch dann kam der steigende Ölpreis und die Entdeckung neuer Ölfelder unter dem Meeresboden. Plötzlich wurde Baku wieder zu einem hochinteressanten Ort für die Ölkonzerne dieser Welt. Doch die aserbaidschanische Regierung war bei der schwierigen und teuren Erschließung zwingend auf ausländische Hilfe angewiesen. Das war eine Chance, die sich auch Jeff´s Chefin und ihr Konzern nicht entgehen lassen wollten. Im Wettbewerb mit zahlreicher Konkurrenz. Besonders die Engländer hatten hervorragende Beziehungen bis in die höchsten Kreise der Regierung und spielten das gesamte diplomatische Repertoire. Bis hin zum Einsatz der königlichen Familie, deren Mitglieder häufig in Baku anzutreffen waren.
Als das von seiner Chefin geschickte Team in den Verhandlungen ins Stocken geriet und keine Besserung in Sicht war, wurde es wieder einmal Zeit für einen Sondereinsatz von Jeff Simson. Seine Chefin übergab ihm die Leitung des Teams, völlige Handlungsfreiheit und drei Monate Zeit. Sie wollte Ergebnisse, keine weiteren Ausreden oder Erklärungen!
Nach drei Wochen Hintergrund-Recherche und einiger, langer Abende mit seinem Petrov, den er temporär mit viel Geld aus Afrika hinüber in den Kaukasus gelockt hatte, war ihnen eine Idee gekommen. Riskant, aber machbar, hatten die beiden beim Wodka in einem der heißesten Nachtclubs Bakus entschieden. Da kam ihm sehr gelegen, dass Peter Larson, sein neuer, persönlicher Schatten, der ja auf Anordnung seiner Chefin ab sofort für seinen Schutz zu sorgen hatte, beste Beziehungen zum US-Militär besaß.
Schon bei seinem ersten Landeanflug auf dem internationalen Flughafen von Baku war Jeff die Staffel an F-22 Raptors der US Air Force auf der anderen Seite der Landebahn aufgefallen. Die Präsenz des amerikanischen Militärs war in der Region seit der Unabhängigkeit der ehemaligen Sowjetrepubliken und dem Einmarsch alliierter Truppen in Afghanistan deutlich gestiegen. Mehr als allgemein bekannt war. Baku und sein großer Flughafen lagen für die Amerikaner ideal auf der Nachschublinie ihrer Truppen, beginnend in Zentraleuropa über die Türkei bis nach Nord-Afghanistan. Umgekehrt hatte Aserbaidschan seit Beginn des neuen Ölbooms ein hohes Eigeninteresse an der Anwesenheit des amerikanischen Militärs.
Peter Larson kam gerade auf die Brücke hinaus und sprach mit einem seiner Leute über Funk. Das kleine Gerät in seinem Ohr war kaum zu erkennen. „Der General und seine Leute fahren gerade vor", sagte er kurz zu Jeff, ohne Petrov eines Blickes zu würdigen.
Er hatte Jeff mehrmals wissen lassen, dass er allein die Anwesenheit des Russen als zusätzliches Risiko für ihre Sicherheit betrachtete. Jeff konnte ihn nur schwer von seiner hohen Wertschätzung für den so erfahrenen Mittelsmann in seinem Geschäft überzeugen.
Ein kleiner Konvoi aus Suburban SUVs fuhr vor und wurde von den Polizisten durchgewunken. Damit war eine ihrer Trumpfkarten anwesend. Der oberste Repräsentant des US-Militärs in der Region. Sehr gut! Peter Larson hatte den Kontakt zu dem General über seine alten Verbindungen zu den US Special Forces hergestellt, die Baku ebenfalls als Zwischenstopp auf dem Weg zu ihren Einsätzen in Afghanistan nutzten.
Nach kurzer Diskussion war Jeff klar geworden, dass das US-Militär seine Einschätzung zur strategisch prekären Lage Aserbaidschans teilte. Seit Jahren herrschte ein offener Streit zwischen den nun fünf Anrainerstaaten am Kaspischen Meer über die Grenzziehung auf dem Wasser. Die drei von Russland in die Unabhängigkeit entlassenen Staaten Kasachstan, Turkmenistan und eben auch Aserbaidschan wollten unbedingt ihren Anteil an den neuen Ölvorkommen unter dem Kaspischen Meeresboden sichern. Ihre mit Abstand größte Einnahmequelle in den kommenden Jahren, gerade bei weiter steigenden Rohölpreisen!
Doch Russland und der Iran spielten mit harten Bandagen. Und hatten beide als einzige eine nennenswerte militärische Präsenz auf dem Binnenmeer. Der Iran hatte erst vor kurzem mit der Indienststellung einer hochmodernen Fregatte seine Schlagkraft noch mal deutlich erhöht. Das war ein klares Signal an Aserbaidschan und Turkmenistan, dass die neuen, massiven Ölfunde, geographisch nahezu in der Mitte des Kaspischen Meeres zwischen diesen beiden Staaten gelegen, auch vom Iran beansprucht wurden.
Eine Lösung auf diplomatischem Wege war nicht in Sicht. Die Regierung Aserbaidschans wollte aber um jeden Preis so schnell wie möglich mit den Ölförderungen beginnen und endlich Fakten schaffen. Doch ohne militärischen Schutz wollte kein Unternehmen das Risiko eingehen. Hier spielten die Amerikaner plötzliche eine Schlüsselrolle. Man vereinbarte ein gemeinsames Vorgehen zwischen Jeff´s Ölkonzern, der US-Regierung und seinen Militärs. Ein Trumpf, den die Engländer kaum überbieten konnten.
Doch sie hatten noch ein weiteres Thema, das es zu lösen galt. Sonst macht der ganze Erwerb einer Bohrkonzession nur halb soviel Spaß. Und er kannte seine Chefin, sie mochte keine halben Sachen.
Das Kaspische Meer hatte keinen Zugang zur offenen See. Das hieß, es gab keine Möglichkeit, Schiffe oder Bohrplattformen auf dem Seeweg aus anderen Regionen der Welt nach Baku zu schaffen. Alles musste vor Ort gebaut oder mühselig zerlegt und auf dem Landweg bis ans Kaspische Meer transportiert werden. Die Entdeckung der neuen Ölfelder erzeugte einen massiven Mangel an geeignetem Material. Besonders an Bohrplattformen! Wenn man Pech hatte, oder nicht die richtigen Beziehungen, konnte dieser Mangel die Erschließung eines Ölfeldes um Jahre verzögern. Auch hier wurde mit harten Bandagen gekämpft.
Petrov hatte einen alten Kontakt aufgewärmt und ihnen mehrere Treffen mit dem Eigentümer einer Werft in Baku verschafft, der solche Plattformen herstellte und gerade eine verfügbar hatte. Ganz zufällig gab es auch eine enge Verbindung zwischen dem Eigentümer und der aserbaidschanischen Präsidentenfamilie, die am Schluss über die Vergabe der Bohrkonzessionen an ausländische Ölkonzerne entschied. Ganz zufällig.
Petrov stieß Jeff kurz von der Seite an.
Ein noch längerer Konvoi als der des US-Generals fuhr gerade vor. Drei Mercedes Limousinen und zwei Range Rover, in denen ganz offensichtlich die persönliche Leibgarde des Unternehmers saß. Das laute Knarzen der Stahlrampen beim Einfahren sprach für ein besonders hohes Gewicht der fünf Fahrzeuge, dachte Jeff. Wahrscheinlich extra dicke Panzerungen und schusssicheres Glas.
„Jetzt fehlt uns nur noch der Minister", sagte er zu Petrov, der kaum merklich nickte. Peter Larson war zwischenzeitlich wieder verschwunden. Begrüßt wahrscheinlich die US Militärs.
„Hier kommen unsere Damen", sagte Petrov mit einem kleinen Lächeln. Hätte Jeff beinahe vergessen. Aber Petrov kannte die Schwächen ihrer Verhandlungspartner genau und wollte diesen Extratrumpf auf jeden Fall im Ärmel behalten.
Zwei Stretch-Limousinen hielten an der Absperrung. Die Polizisten schienen ihre Kontrollaufgaben hier etwas genauer wahrzunehmen. Eines der Wagenfenster wurde heruntergefahren. Zwei Polizisten beugten sich ziemlich lange ins Wageninnere. Jeff konnte bis hier oben das Lachen hören. Definitiv eine weitere Trumpfkarte. Schließlich wurden die beiden Fahrzeuge durchgewunken.
Als schließlich die Mercedes-Limousinen des Ministers vorfuhren, verließen die beiden Männer ihren Platz am Heck des Schiffes und gingen hinein. Alle waren gekommen. Das Spiel konnte beginnen.
Der Kapitän des Fährschiffes fuhr die riesige Heckklappe hoch. Dann ließ er die Motoren an und steuerte das neueste und modernste Schiff der aserbaidschanischen Fährflotte mit seiner besonderen Fracht aus dem Hafen von Baku hinaus. Jeff Simson hatte ihm erst vor zwei Stunden das Ziel ihrer kurzen Reise mitgeteilt. Teil ihrer umfangreichen Sicherheitsmaßnahmen. Der Kapitän forderte die volle Leistung der beiden riesigen Dieselmotoren an und beschleunigte die Fähre auf Höchstgeschwindigkeit. Er liebte sein neuestes Schiff und er genoss den Blick zur linken auf die beeindruckende Hafenpromenade des nun nächtlich erleuchteten Baku, seiner Heimatstadt.
Der große Saal im vorderen Teil des Hauptdecks war großzügig und festlich hergerichtet. Mit beeindruckendem Blick nach vorne über