Der Alchimist kommt zurück
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Buchvorschau
Der Alchimist kommt zurück - Maria Antonie Hutter
Inhaltsverzeichnis
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Maria Antonie Hutter
Der Alchimist kehrt zurück
Prolog
Der Araber setzte sich ans Nilufer. Er nahm das Buch zur Hand, das sein letzter Schüler dagelassen hatte und begann es zu lesen. Es war ein Buch über die Geschichte der Alchimie.
Da erschienen die Oreaden, die Waldfeen.
„Wer bist Du?", fragten die Feen neugierig, als sie den Fremden sahen.
„Ein Alchimist."
„Woher kommst Du?"
„Aus Ägypten."
„Kennst Du den Alchimisten, aus dem gleichnamigen Buch?"
Der Alte antwortete nicht und vertiefte sich wieder in seine Lektüre.
„Es ist ein bekanntes Buch aus dem Jahr 1988. Du siehst der Beschreibung des Alchimisten aus dem Buch sehr ähnlich", fuhr die Oreade fort.
„Ich bin der Bruder ebenjenes Alchimisten."
„Was tust Du hier?", wollten die Waldfeen wissen.
„Ich bin gekommen, um meine Tochter zu suchen."
„Was macht ein Alchimist so den ganzen Tag?", fragte eine der Waldfeen.
„Ein Alchimist ist ein Mensch, der seine Schönheit in den Augen seines Gegenübers sehen kann."
„Oh, was für eine schöne Vorstellung", meinte die Oreade.
„Erzähl uns mehr über Dich", bat eine der Feen.
„Ich bin hier, um das Werk meines Bruders zu vollenden", war die einzige Antwort des Arabers.
„Wo ist Dein Bruder jetzt?"
„An einem Ort, an den ich ihm nicht folgen kann. Wir sind eine sehr große Familie. Daher macht es mir nichts aus." Im Grunde sind wir siebeneinhalb Milliarden Personen, dachte der Alchimist, aber er sprach es nicht aus, denn er wollte die Waldfeen nicht beunruhigen. Oreaden glaubten nicht an das Schicksal der Menschen. Sie vertrauten nur den Göttern.
1. Kapitel
Spanien
Oberhalb von Málaga lag eine alte Burg - die Alhambra, die von den Mauren erbaut worden war. Sie stammte aus dem neunten Jahrhundert. Wer auf ihren Mauern saß, konnte in der Ferne Gibraltar und einen Teil von Afrika sehen.
Amare der Alchimist setzt sich an jenem Abend auf die Burgmauer und spürte die Brise, die vom Meer hinüber kam, auf seinem Gesicht.
Der Alte schaute dem Boot nach, das gerade die Meerenge von Gibraltar überquerte. Er würde die junge Frau nie mehr zu Gesicht bekommen, ebenso wie er seinen Bruder nie mehr gesehen hatte, nachdem sie sich ein einziges Mal bei den Pyramiden begegnet waren, ohne zu wissen, dass sie Geschwister waren.
Das hatte er erst viel später erfahren. Auch mit ihm hatte er über Zeichen gesprochen. Er hatte ihm die Hälfte seines Schatzes abverlangt und es hatte gewirkt. Jener hatte schließlich den Stein der Weisen und das Lebenselixier gefunden und er war über einhundert Jahre alt geworden.
Götter sollten keine Träume haben, zumal sie keinen persönlichen Lebensweg haben, dachte er bei sich. Trotzdem hoffte er insgeheim, dass die junge Frau erfolgreich sein würde auf ihrem Weg. Es war ihm eine Freude, noch einmal in Menschengestalt auf die Erde zu kommen. Er war den Menschen immer gerne behilflich dabei, sich ihren Lebensweg zu erfüllen. Manchmal kamen Götter in Gestalt von Alchimisten auf die Erde. Das war dann eine besondere Freude.
Doch die Götter dürfen keinen bevorzugen. Er seufzte und trank ein paar Schlucke aus der Flasche mit Wein, die er sich gekauft hatte.
„Wie schade, dass sie mich so schnell vergessen wird, dachte er. „Ich hätte mehr von mir erzählen sollen, von Amare dem Alchimisten.
Dann blickte er etwas verlegen in den Himmel. „Es ist alles ganz in Ordnung so, wie es ist. Aber auch ein alter Alchimist muss manchmal eitel sein dürfen."
2. Kapitel
Was vorher geschah
Die junge Frau hieß Stephanie. Sie war anders als ihre Kollegen in der Bank. Stephanie arbeitete nicht den ganzen Tag oder ging Beschäftigungen nach, denen man als Bewohnerin Málagas ebenso nachging.
Vor drei Monaten hatte sie das Buch der Alchimist gelesen. Seitdem war es ihr ergangen wie dem Hirten Santiago aus dem Buch. Sie hatte drei Mal von einem Schatz geträumt, der am Fuße der Tempel von Luxor lag.
Sie spürte, dass es noch mehr geben musste im Leben als ihre Arbeit für die Bank. So beschloss sie ihr Leben grundlegend zu ändern.
„Wieso wollen Sie auf einmal kündigen?", wollte der Bankdirektor wissen.
„Ich möchte reisen."
Wieder so eine Spinnerin, dachte der Alte. Was war bloß mit seinen Mitarbeitern los. Es war die dritte Kündigung innerhalb von einer Woche. Erst gestern hatte ihm ein langjähriger Mitarbeiter gekündigt, weil er ein Sabbatjahr einlegen wolle. Angeblich plane er eine Weltreise.
„Ist die Arbeit bei uns denn so uninteressant?", fragte er laut.
„Im Gegenteil. Sie ist so anstrengend, dass ich mich nach etwas Ruhe und Abwechslung sehne."
„Ich könnte Ihnen eine Teilzeitstelle anbieten?"
Die junge Frau schüttelte den Kopf. „Sie mögen die Bank nicht", stellte der Direktor enttäuscht fest.
Daraufhin schwieg die junge Frau eine Weile. Dann sagte sie: „Zwar möchte ich reisen, aber dass ich die Arbeit in der Bank nicht mag, habe ich nicht gesagt. Ich habe viel lernen können in den letzten Jahren. Durch die Arbeit bei der Bank bin ich diejenige geworden, die ich heute bin. Ich möchte nach Ägypten reisen, weil sich jedes Mal, wenn ein Kunde an meinen Schalter kommt, mein Traum vom Reisen in seinen Augen widerspiegelt." Und weil ich einen wiederkehrenden Traum hatte. Aber sie sprach es nicht aus. Denn die meisten Menschen glauben nicht an solche Dinge.
Am Abend ging die junge Frau ans Meer.
Zum ersten Mal hatte sie einen Job gekündigt, ohne an die Konsequenzen zu denken. Dies war ein hohes Risiko: Ihr Erspartes würde nicht ewig reichem. Wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten eine neue Möglichkeit fand, ihren Lebensunterhalt zu verdienen, würde sie womöglich auf der Straße landen.
Die junge Frau versuchte in der Zeitung zu lesen, die sie gekauft hatte, aber sie konnte sich nicht mehr konzentrieren. Sie war unruhig, denn sie wusste, dass das Buch, das sie zuvor gelesen hatte, die Wahrheit sagte. Es gab Zeichen im Leben, denen man folgen musste. Sie hatte denselben Traum mehrmals geträumt. Selbst wenn sie niemals einen Schatz finden sollte, so würde sie zu mindesten Ägypten zu sehen bekommen. Vielleicht konnte sie dort in einem Hotel arbeiten. Wenn sie genug gespart hätte, konnte sie eine Zeit lang reisen und die dortige Kultur kennenlernen.
Sie erinnerte sich an die Worte ihres Vaters: Träume sind wie Lichtmomente, in denen man einen Blick auf das Paradies erhaschen kann. Der große Prüfstein im Leben bestand darin, seine Grenzen zu überwinden, dachte sie, und so weit zu kommen, wie man es sich in seinen kühnsten Träumen nicht hätte ausmalen können.
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3. Kapitel
Die junge Frau konnte die ganze Nacht nicht schlafen. Zum vierten Mal innerhalb von einem Monat hatte sie von einem Schatz geträumt, der am Fuße der Tempel von Luxor lag. Ein Hirte hatte ihr den Weg nach Ägypten gezeigt. Doch jedes Mal, wenn sie wissen wollte, wo genau bei den Tempeln sich der Schatz befand, war sie aufgewacht. Alle vier Male. Vielleicht hatte ihr ihr Gedächtnis einen Streich gespielt.
Im Monat zuvor hatte sie zum zweiten Mal die Geschichte des Alchimisten gelesen. Vielleicht war das Buch irgendwie verhext. Schließlich war es schuld daran, dass sie einen wiederkehrenden Traum zu viel Bedeutung beigemessen hatte. So dass sie, von einem Tag auf den anderen, ihren Job gekündigt hatte.
Eine Stunde vor Sonnenaufgang weckte sie ihren Nachbarn, den sie gut kannte. Sie bat ihn, ihr zu zeigen, wo der einzige Priester von Pedregalejo, einem Stadtteil von Málaga wohnte. Jener lebte in einem versteckten Trakt des Klosters, den nur wenige kannten. Die junge Frau wollte dem Geistlichen von ihrem Traum erzählen und seinen Rat einholen. Sie hatte gehört, jener habe selbst einmal einen wiederkehrenden Traum gehabt, woraufhin er Priester dieses Ortes geworden war. Er musste sich also mit Träumen auskennen. Außerdem hieß es, er könne, sie deuten.
Gemeinsam gingen sie zum Kloster, in dem der Priester wohnte. Zur Belohnung gab die junge Frau dem Nachbarn ein Taschengeld.
Die Frau sprach mit dem Wächter vor dem Kloster. Jener ging in das Gebäude hinein und blieb lange fort. Dann erschien er mit einem Mann der ganz in weiße Gewänder gekleidet war. Es war der Prälat.
„Der Priester ist verreist. Kann ich Ihnen weiterhelfen?"
Die junge Frau zögerte einen Augenblick. Dann beschloss sie, sich dem Prälat anzuvertrauen. Schließlich war er der Vertreter des Priesters. Vielleicht kannte auch er sich mit Träumen aus. Sie erzählte ihm von ihrem Traum. Sie sprach besonders laut, damit der Mann sie auch ja verstand. „Ich hatte einen seltsamen Traum. Ich habe geträumt, dass ich am Fuße der Pyramiden von Gizeh stand, als ein Hirte erschien. Jener nahm er mich an den Händen und führte mich zu den Tempeln von Luxor. Die junge Frau machte eine Pause, um die Wirkung ihrer Worte abzuwarten. Aber der Prälat blieb stumm. Da fuhr sie etwas verlegen fort: „Dann, bei den Tempeln angekommen, sagte der Mann: ‚Wenn Du hierherkommst, wirst Du einen Schatz vorfinden. Aber als er mir den genauen Ort zeigen wollte, bin ich aufgewacht. Alle vier Male.
Sie machte eine Pause, ehe sie fortfuhr. „Dann war da noch eine Zigeunerin in meinem Traum, die mit dem Tod drohte, sollte ich mich nicht aufmachen, nach Luxor zu reisen. Ich weiß, es ist nur ein Traum. Aber ich habe gehört, der Priester kennt sich mit Träumen aus."
Der Prälat betrachtete sie eine Weile stumm. Dann bat er sie zu warten. Er verschwand hinter den Klostermauern.
Die junge Frau war sich inzwischen nicht mehr sicher, ob es richtig gewesen war, hierher zu kommen. Sie bereute schon, sich dem Prälat anvertraut zu haben, als ein Bediensteter erschien. „Der Prälat bittet Sie noch einen Moment auf ihn zu warten."
Inzwischen war es früher Morgen geworden. Die Sonne ging hinter den Häusern auf. Händler kamen und gingen. Zahlreiche Einheimische gingen in das Klostergebäude hinein und verließen es wieder. Nach einer halben Stunde kam der Prälat wieder und überreichte der jungen Frau einen Rosenkranz. „Er soll Dich auf deinem Weg beschützen. Den Zeichen Gottes zu folgen, ist nicht immer einfach. Aber Gott beschützt diejenigen, die sich aufmachen, ihren Lebensweg zu gehen. Folge den Zeichen. Das ist der einzige Rat, den ich Dir mitgeben kann."
Danach ging er fort.
Die junge Frau war erst überrascht, dann enttäuscht. Dafür hätte sie das Kloster nicht aufsuchen müssen. Wie sollte ihr ein Rosenkranz weiterhelfen? Sie hatte den Priester sprechen wollen, und auf seinen Rat gehofft.
Enttäuscht wandte sie sich ab. Schließlich bat Stephanie, ihren Nachbarn, der im Schatten eines Baumes auf sie gewartet hatte, sie zum Haus des Bürgermeisters zu führen. Der Bürgermeister hatte früher als Astrologe gearbeitet, wie sie dem Gerede im Dorf entnommen hatte. Da jener umgezogen war und