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eBook412 Seiten5 Stunden

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Über dieses E-Book

Der Schiffsführer und Gelegenheits-Profiler Dylan Crispin nimmt einen Ablöserjob auf einem fremden Fahrgastschiff an. Damit gerät er nicht nur an Nautikerkollegen, die seine Geduld aufs Äußerste strapazieren, sondern auch ins Zentrum eines Strudel spektakulärer Morde.
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum19. Juli 2015
ISBN9783738034189
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    Buchvorschau

    www.buch-den-mord.de - Charlie Meyer

    1

    »Wie viel?«

    »Zweihundertfünfzig Tausend für das Big Target, das Doppelte für ein Small Target. Vorkasse versteht sich.«

    Der Mann am anderen Ende der Leitung dachte einen Moment lang nach.

    »Ist es möglich, die angebotenen Pakete miteinander zu kombinieren?«

    »Natürlich. Durch das höhere Risiko verdoppelt sich allerdings der Preis für das zweite Paket.«

    »Über Geld reden wir nicht, vorausgesetzt, ich darf die Targets selbst auswählen.«

    »Eine Selbstverständlichkeit und gleichzeitig Grundvoraussetzung unseres Arrangements. Sie haben sechs Stunden Zeit für die Auswahl der Targets, wir organisieren die Events. Allerdings gibt es zwei Regeln zu beachten: Sie dürfen den Targets wissentlich nie zuvor begegnet sein. Keine Verwandten, keine Nachbarn, kein Arbeitskollege. Und nach der Auswahl dürfen Sie auf keinen Fall Kontakt zu einem Ihrer Targets aufnehmen. Auch nicht zu den Familien der Targets nach den Events.«

    Der Mann am anderen Ende der Leitung lachte auf.

    »Ist es nicht das, was den Reiz ausmacht? Die Irrationalität des Ganzen? Die Zufallswahl im Moment der Begegnung?«

    Der Eventmanager antwortete nicht. Was in den verdrehten Köpfen dieser VIPs vor sich ging, interessierte ihn wenig. Alles, was zählte, war der gelungene Abschluss der Buchung und deren kundenorientierte Umsetzung als Event mit höchster Zufriedenheitsgarantie. Stattdessen pflegte er die Stille und wartete einfach ab. Die steigende Erregung in der Stimme seines potenziellen Kunden war ihm nicht entgangen, und er erlaubte sich ein kurzes zufriedenes Grinsen.

    Der ideale Kandidat für das Reiseunternehmen, das sie vor knapp einem Jahr als Start-up gegründet hatten. Exclusive Adventure Tours. Einer der Superreichen im Land, die aus ihren Villen mit Seegrundstück heraus ihre Imperien regierten, ohne sich selbst noch die Hände schmutzig machen zu müssen. Der Eventmanager betrachtete das Foto des Silberhaarigen, das ihm sein Partner gemailt hatte. Perfekt. Ein distinguierter erfolgreicher Geschäftsmann, über jeden Verdacht erhaben. Genau diese Klientel brauchte das Unternehmen.

    Die Idee zu dieser außergewöhnlichen Form organisierter Events war ihm auf einer Kreuzfahrt gekommen, als er an der Bar das Gespräch alter Herren belauschte, die sich Schwänke aus ihrer Jugendzeit erzählten. Einer von ihnen war in einer chinesischen Provinz vor Jahrzehnten Ehrengast bei einer Hinrichtung gewesen, und hatte als solcher den Hebel für die Falltür umlegen sollen. Auch wenn seine Worte nichts als gerechte Entrüstung ausdrückten, und er redegewandt abstritt, auch nur in die Nähe des Galgens gekommen zu sein, hörte der Eventmanager aus der unterschwelligen Erregung in seiner Stimme die faustdicke Lüge heraus.

    Warum nicht?, hatte der andere, schon angetrunken, gefragt. Andere Länder, andere Sitten.

    Die Stille dehnte sich über Minuten, dann kam das erwartete Feedback.

    »Tja, also gut. Ich buche die Kombi. Geben Sie mir Ihre Kontodaten.«

    Der Eventmanager diktierte sie ihm. Ein Konto auf den Cayman-Inseln, das nach den Überweisungen der beiden Kunden für das kommende Event wieder aufgelöst wurde. 1,5 Millionen für insgesamt drei Targets, alles in allem ein Schnäppchenpreis mit viel Spielraum nach oben, sollte sich die Buchungslage auf ein akzeptables Niveau einpendeln.

    »Wir danken für Ihr Vertrauen und hoffen, Ihre Erwartungen zu Ihrer vollsten Zufriedenheit erfüllen zu können.« Er gab sich keine Mühe, seine Stimme zu verstellen. Durch den Stimmenverzerrer klang er ohnehin wie ein Abklatsch von John Wayne.

    »Wir werden sehen.«

    Die Stimme zitterte mittlerweile geradezu vor Erregung, und der Eventmanager stellte sich vor, wie sein Kunde in der einen Hand das Handy hielt und sich mit der anderen einen runterholte.

    »Darf ich mir das … Mittel selbst aussuchen?«

    »Dieses Privileg steht für Neukunden leider nicht zur Verfügung. Zu Ihrer eigenen Sicherheit. Beim ersten Mal stellen wir Ihnen … das Mittel zur Verfügung und leiten Sie in seinem Gebrauch an, sofern Sie nicht schon Erfahrung haben.«

    Erneut trat eine Pause ein, bevor der Kunde mit kaum zu ertragender Arroganz feststellte: »In diesem Fall sollten Sie möglicherweise Ihr Preis-Leistungs-Verhältnis überdenken. Es ist viel Geld für wenige Augenblicke.«

    Einen Moment lang glaubte der Eventmanager, ihn verloren zu haben, aber das war auch kurz vor seinem letzten Geschäftsabschluss so gewesen. Ein Trakehnerzüchter aus Schleswig-Holstein, der die Königshäuser und Sultanate im Nahen und Fernen Osten mit Rennpferden belieferte. Die Kunden wollten ihre Träume zu hundert Prozent ausleben und akzeptierten Einschränkungen nur widerwillig. Im Zweifelsfall warfen sie dann doch plötzlich die Buchungsgebühr in die Waagschale, obgleich sie zu Beginn des Gesprächs großspurig getönt hatte: Über Geld sprechen wir nicht.

    Sie waren es einfach nicht gewohnt, andere über sich bestimmen zu lassen.

    Möglicherweise ein Schwachpunkt ihres Geschäftskonzeptes, den sie noch einmal überdenken sollten. Eigentlich hatte es der Kundenbindung dienen sollen. Beim ersten Mal schnuppern, beim zweiten Mal fressen lassen. Nun ja, Zeit und Erfahrung würden sie lehren, ob ihre Rechnung aufging. Schließlich waren sie noch in der Start-up-Phase und organisierten gerademal das zweite Event. Ihr Erstes lag ein knappes halbes Jahr zurück. Für sie als Veranstalter alles in allem keine angenehme Erinnerung, obgleich der Kunde hochzufrieden gewesen war. Trotz der Vorgabe des Mittels hatte er einen Weg gefunden, sich auszuleben, der mehr als nur unappetitlich gewesen war.

    Der Eventmanager entschied sich spontan gegen eine Ausnahme. »Ich bedaure, aber diese Regel ist nicht verhandelbar.«

    Die Kunden, mit denen der Eventmanager verhandelte, waren Wirtschaftsbosse und Familienpatriarchen, die ein knallhartes Nein eher akzeptierten als ein halbherziges Vielleicht.

    Außer der Kundenbindung hatte auch noch ein anderer Aspekt die Entscheidung der Firmengründer beeinflusst, das Mittel vorzugeben. So abgebrüht, wie ihre Kunden sich in den Vorgesprächen gaben, waren sie zwar in ihrem gewohnten Umfeld. In einer traumatischen Situation wie dem Event würden sie mit dem Mittel ihrer Wahl aber möglicherweise überfordert sein. Oder aber das Mittel der Wahl war ganz einfach schwer zu besorgen und genauso schwer wieder zu entsorgen, wie zum Beispiel eine Eiserne Jungfrau oder ein Schafott aus den Zeiten der Französischen Revolution.

    Lieber gleich Nein sagen, als ein Tut mir leid nach der Buchung. Seine Aufgabe war es, jedes Event planungstechnisch zu einem positiven persönlichen Erlebnis zu gestalten, was eben auch nicht verhandelbare Vorgaben bedeutete.

    Ein Kunde, der im entscheidenden Moment heulend zusammenbrach oder in seinen Erwartungen enttäuscht wurde, war ein nicht kalkulierbares Risiko für die Firma Exclusive Adventure Tours, die nach außen hin Großwildjagden in Kenia organisierte.

    »Ein Ärgernis, das ich aber wohl hinnehmen muss, obgleich Gott die Mittel seiner Wahl selbst entscheiden darf. Niemand wagt es, ihm Vorschriften zu machen. Kommen Sie mir entgegen, sollte ich ein weiteres Eventwochenende bei Ihnen buchen?«

    Gott? Der Eventmanager versagte sich jeglichen Kommentar. »Selbstverständlich.«

    In diesen speziellen Fällen der Kombibuchung konnten sie die Kunden natürlich auch spontan überraschen. Bei einem reibungslosen Verlauf des ersten Events mit dem vorgegebenen Mittel lag es durchaus im Bereich des Denkbaren, ihm bei Event Nummer zwei doch plötzlich die Wahl zu lassen.

    Effekthascherei mit doppeltem Nutzen. Kundenbegeisterung und Kundenbindung.

    »Sie reisen allein?«, fragte der Eventmanager rasch und sachlich, und es war mehr eine Feststellung als eine Frage.

    Ehepartner kannten in der Regel ihre Angetrauten so gut, dass ihnen jede emotionale Instabilität sofort auffiel. Und nach einem Event waren voraussichtlich alle emotional instabil. Geliebte, männlich wie weiblich, dürften noch problematischer werden, da sie zu klettenhaftem Verhalten neigten.

    »Natürlich. Was für ein Hotel haben Sie gewählt?«

    »Vier Sterne, ein angenehmes Business-Hotel in Bad Rehburg, der nächstgelegenen Stadt. Ein Golfplatz in unmittelbarer Nähe, wie gewünscht. Auf Wunsch erwartet Sie nach Ihrer Rückkehr vom Event eine Dame eines sehr exklusiven Begleitservice. Eine Gratisleistung unsererseits und auch spontan vor Ort zubuchbar.«

    Den zweiten Kunden würden sie vierzig Kilometer weiter nördlich in Verden an der Aller unterbringen. Er wollte die Gelegenheit nutzen, auf einer der renommierten Pferdeauktionen einen gekörten Hengst für seine Zucht zu ersteigern. Geschätzter Preis unter Experten: um die zehn Millionen. Die Buchungsgebühr für sein Event zahlte er da wahrscheinlich aus der Portokasse. Zweihundertfünfzig Tausend für ein Big Target, das er sich am Freitag schon aussuchen sollte.

    »Vier Sterne? Gab es nichts Besseres?«

    Der Eventmanager biss für den Moment die Zähne zusammen.

    »Die Stadt bietet leider kein höherwertiges Hotel, und die Anonymität eines Tagungshotels dient Ihrer Sicherheit. Dort findet in der Zeit Ihres Aufenthaltes ein Kongress des Bundesverbandes deutscher Reiseveranstalter statt, was Sie nahezu unsichtbar macht. Nach den Events erholen Sie sich selbstverständlich in einem 5-Sterne-Hotel. Wir haben das Schlosshotel Münchhausen im Weserbergland gewählt, weit genug entfernt und ein Paradies für Golfspieler.«

    »Gut. Oder nicht gut, aber auf jeden Fall wohl nicht zu ändern. Ein Touristikerkongress? Wie passend. Ich schätze mal, Sie nehmen daran teil mit Ihrem … Reiseunternehmen?« Der Kunde lachte belustigt.

    »Nein«, log der Eventmanager ungerührt. »Bitte teilen Sie uns rechtzeitig Ihre Musikwünsche zur Untermalung der Events mit.«

    Ein schwieriger Kunde, alles, was Recht war. Normalerweise wusste der Eventmanager Sarkasmus wohl zu schätzen, aber momentan wollte er die Buchung einfach nur noch zu einem Abschluss bringen und sich in den wohlverdienten Feierabend verabschieden.

    Dem Himmel sei dank, dass ihre neue Geschäftsidee den Zwölfstundentagen bald den Garaus bereiten würde. Sie hatten viel Geld in die Vorbereitungen investieren müssen - der Dienstwagen, die Anmietung der Eventlocation - waren aber schon mit dem Zahlungseingang ihres ersten Kunden vor einem halben Jahr mehr als saniert gewesen. Natürlich kostete jedes dieser Eventwochenenden im Vorfeld Fixkosten zwischen zwanzig- und fünfzigtausend Euro, Personalkosten eingerechnet, aber nach Abzug aller Ausgaben belief sich der errechnete Gewinn allein an diesem Wochenende auf mehr als eine Million. Steuerfrei.

    »Wann geht es los?«

    »Am Sechzehnten. Sie kommen Freitag Mittag an und beziehen Ihr Hotelzimmer. Am Samstag fährt Sie ein Limousinenservice, der Ihnen für die gesamte Woche zur Verfügung steht, nach Nienburg, wo sie sich die Targets auswählen. Die Events finden je nach Verfügbarkeit im Laufe der nächsten sechs Tage statt. Bei einer Kombibuchung schlage ich das erste Event noch für denselben Tag vor.« Er hielt kurz inne. »Wir verlassen uns natürlich auf Ihre Verschwiegenheit.«

    Was soviel hieß wie: Andernfalls finden und eliminieren wir dich. Es gab da zwar keine entsprechende Klausel in irgendeinem Vertrag, weil naturgemäß keine schriftlichen Verträge existierten. Dafür ließ der Eventmanager schon während des ersten Verkaufsgespräches keinerlei Zweifel daran, dass die Firma über den Interessenten informierter war als dessen eigener Bruder, was höchstwahrscheinlich sogar stimmte.

    Die erste Kontaktaufnahme führte über eine Internetseite mit angeblichen Snuff-Filmchen und ständig wechselnden Emailadressen, die mit dem Datenpaket einer völlig harmlosen Seite über einen südamerikanischen Provider hochgeladen worden war. Sein Partner war bestens über die User dieser Website informiert und wurde via iPhone alarmiert, sobald einer dieser Perversen den Link Interessiert an mehr? anklickte und tatsächlich seine ganz persönlichen Wünsche in das Kontaktformular eintrug, bevor er auf Senden tippte.

    Völlig anonym, wie er glaubte, aber in der Realität fraß sich mit der automatischen Antwortmail Wir haben Ihre Anfrage erhalten und werden sie zeitnah bearbeiten ein kleines aber sehr effektives Spähprogramm durch die Bytes des Empfängercomputers und sammelte Daten, die es umgehend an den Sendecomputer zurückschickte.

    So siebten sie die ungewollten Personen aus - mittellose, emotionale Krüppel, Kriminelle - und konzentrierten sich auf ihre Wunschklientel. Millionäre mit sauberem Background. Keine Vorstrafen, keine laufenden Ermittlungen, kein allzu auffälliger Dachschaden.

    Der Eventmanager war heilfroh, dass nicht er diesen kranken Scheiß jeden Tag lesen musste.

    Nach Beendigung des Telefonats lehnte sich er sich zufrieden in seinem Chefsessel zurück, legte die Füße auf den Schreibtisch und dachte nach: ein Topkandidat, alles, was recht war. Ihre Angebote köderten als Zielgruppe die Crème de la Crème, was angesichts der Paketpreise natürlich logisch und auch gewollt war. Allerdings erschütterte ihn dann doch die Erkenntnis, wie viele kaputte Typen da draußen herumliefen, die in Luxusvillen wohnten.

    Dann griff er erneut zum Telefon und rief seinen Partner an.

    »Dieser Fisch ist ebenfalls am Haken. Er will die Kombi. Mit dem anderen Kunden haben wir damit drei Targets während der Tour.«

    Am anderen Ende blieb es eine Weile still.

    »Hey, ich …«

    »Wir bieten die Small Targets an, okay? Was der Kunde möchte, bekommt er. Setz Zlatko darauf an. Wir verdienen allein bei dieser Tour über 1,4 Millionen Euro. Steuerfrei. 1,4 Millionen! Bei minimalem Risiko.«

    Zlatko war ein Serbe, der im Kosovokrieg aufgewachsen war. Ein Gewissen war Luxus für ihn, und Luxus konnte er sich nicht leisten.

    Als er aufgelegt hatte, starrte der Eventmanager beunruhigt eins der Poster an der Wand an. Edward Munchs Der Schrei. Ein Ausstellungsplakat des Prado in Madrid.

    Hatte er in der Wahl seines Partners vielleicht einen Fehler begangen?

    2

    Als der Neue auf ein Schiff zu kommen, ist eine spannende Angelegenheit. Meistens weiß die Mannschaft schon Wochen im Voraus, dass ein Neuer ihren Schiffsführer vertritt, und die Gerüchteküche brodelt. Ein Übereifriger, der dem Reeder in den Arsch kriecht? Ein fauler Hund, der die anderen für sich schuften lässt? Ein Hochgeschriebener, der gar nicht fahren kann?

    Für mich als Springer ist es nicht weniger spannend. Wen finde ich vor? Eine Chaostruppe? Einen Matrosen, der den Generator für die Ankerwinde hält? Einen Decksmann, der seine Bezeichnung allzu wörtlich nimmt und jedem Rock hinterhersteigt?

    Mein Name ist Dylan Crispin. Ich bin Schiffsführer aus Leidenschaft, aber kein besonders sesshafter Mensch. Deshalb arbeite ich einen Teil des Jahres als Ablöser, sprich Springer. Wo immer ich gebraucht werde, schlage ich für eine begrenzte Zeit meine Zelte auf. Urlaubs- oder Krankheitsvertretungen, Überführungsfahrten, Rettungsanker für Reeder, denen gerade der Schiffsführer weggelaufen ist. Ich bin Teil der nautischen Feuerwehr, die kreuz und quer durch Europa reist.

    Mein Heimatort ist Hollerbeck an der Oberweser zwischen Hannoversch Münden und Bad Karlshafen, ein kleines Touristenkaff im Schatten des Reinhardswaldes. In den Monaten Mai, Juli und September fahre ich für die Reederei Sonnemann das Fahrgastschiff Meerjungfrau, das ich mir als Teilzeit-Schiffsführer mit zwei Kollegen teile. Nebenbei übersetze ich als Freelancer die englischen Anleitungen von Internetspielen ins Deutsche. Alles vom Ego-Shooter bis zum Kinderspiel. Wenn mir langweilig wird oder ich Geld brauche, nehme ich Ablöserjobs an und ziehe für ein paar Wochen in die Fremde. Gut gegen das Einrosten, physisch wie psychisch.

    Nach der Sache mit dem Serienmörder, der Liebespaare auf bestialische Art und Weise umbrachte, war ich froh, Hollerbeck für ein paar Wochen den Rücken zukehren zu können. Lucy, meine beste Freundin - wenn Männer denn beste Freundinnen haben können - castet Newcomer Models in der ganzen Welt und war gerade zu einem Shooting nach Thailand gejettet. Alle anderen, die ich kannte und mochte, hingen dem ganz normalen Trott hinterher, und so freute ich mich auf eine neue Herausforderung.

    Mein Ziel war Nienburg an der Weser, eine Dreißigtausendstadt in der Norddeutschen Tiefebene, mitten im Spargelland. Der Reeder war ein Newcomer, wie ich aus den Binnenschifferforen erfuhr, der Sohn eines millionenschweren Bauunternehmers aus Hamburg, der versuchte, auf eigenen Füßen zu stehen. Mitte zwanzig sollte er sein und von der Schifffahrt so viel Ahnung haben wie eine Schnecke vom Fliegen.

    Weil sich das bei Facebook und Co in Windeseile herumgesprochen hatte, bekam er keinen Schiffsführer für seinen Abnabelungsversuch von Papas Rockzipfel.

    Anfang August hatte ich als Freelancer nur einen Auftrag zu erledigen, also schrieb ich ihm eine Mail und bekam nach einem ersten informativen Telefonat einen Vertrag zugeschickt, der noch zwei-, dreimal in beide Richtungen durch den Äther schoss, bis ich unterschrieb. Im Grunde nicht mehr als ein digitales Proformageplänkel, da das Gehalt mickrig war und auch blieb.

    Warum ich trotzdem zusagte, war das Schiff, ein schon älteres Baujahr, das ich schon immer mal hatte fahren wollen. Gebaut worden war es als Ausflugsschiff für die Gäste eines exzentrischen Amerikaners, der sich am Bodensee ansiedelte, ein kleines Schlösschen bauen ließ und für seine Partyfahrten den Bau eines Schiffes in Auftrag gab. Überraschenderweise verstarb er dann unmittelbar nach dem Stapellauf. Unmittelbar hieß in diesem Fall fünf Minuten später.

    Die White Queen, wie der arme Kerl sie kurz vor seinem Herzinfarkt noch getauft hatte, wurde von den Erben des Exzentrikers auf die Schley verkauft. Der Reeder dort fiel zwei Wochen später über Bord und geriet in die Steuerbordschraube. Er verblutete noch vor seiner Bergung. Die Schley-Prinzessin, wie sie nun hieß, dümpelte über ein Jahr untätig im Kieler Hafen herum und fand schließlich auf der Saale eine neue Heimat.

    Drei Monate später klemmte der Gashebel. Die Saalestrand donnerte ungebremst in die hölzerne Plattform einer Gaststätte und tötete ein älteres Touristenpaar aus der Schweiz. Spätestens jetzt galt sie als Unglücksschiff und fand über Jahre hinweg keinen Käufer, bis sie nach Nienburg an meinen zukünftigen Boss auf Zeit verkauft wurde. Für einen Spottpreis, wie gemunkelt wurde. Allerdings sollten ihr die Jahre des Müßiggangs auch nicht gut bekommen sein. Eisen und Wasser vertragen sich auf Dauer nur bei guter Pflege des Schiffsrumpfes.

    Auf jeden Fall reizte mich die Kombination aus marodem Unglückskahn und diesem Newcomer von Reeder. Der Junge lehnte sich auf, hatte für eine lächerlich geringe Summe dieses Lux-Schiff gekauft, das in der Branche quasi als verhext galt, und wollte sich eine eigene, von Papa unabhängige Existenz aufbauen.

    Zwei gute Gründe für einen Abstecher nach Nienburg.

    Ich mochte den Jungen schon, bevor ich noch ein einziges Wort mit ihm gewechselt hatte. Was mir im Nachhinein mal wieder zeigte, dass ich auf mein Bauchgefühl nur mit einer gesunden Portion Skepsis hören sollte.

    Am Abend, bevor ich losfuhr, landete ich auf ein Abschiedsbier in der Waldklause. Gustls Bikerkumpel pokerten und rückten nur zu gern zusammen, um ein Weichei wie mich auszunehmen. Seine warnenden Blicke ignorierten sie geflissentlich. Gustl ist ein grauzopfiger Ex-Hells-Angel, der sich nach seiner Kronzeugenaussage in einem Hamburger Milieumord in unsere Provinz flüchtete und seitdem die Waldklause leitet.

    Er kann weder kochen, noch freundlich mit Gästen umgehen, noch seine eigenen Getränke zufriedenlassen, aber wahrscheinlich wird er sowieso in wenigen Monaten wieder verschwunden sein. Um sich bis dahin finanziell über Wasser zu halten, schmeißt er abends den Grill an und bezahlt an den Wochenenden zwei Schülerinnen der Hauswirtschaftsschule dafür, die Frühstücksgäste zu verköstigen.

    Seine im Biergarten aufgebockte Harley wirkt wie ein Magnet auf andere Biker. In den Sommermonaten hocken auf den langen Holzbänken Schulter an Schulter seine Bikerkollegen, während ihre Maschinen zweireihig vor dem verwitterten Jägerzaun aufgebockt stehen.

    Die verschreckten Einheimischen trifft man seitdem hier eher selten an. Lucy schon eher. Kaum zu glauben, aber Lucy mit ihren langen blonden Haaren und dem makellosen Modelgesicht hat sich mit dem alternden Gustl in eine leidenschaftliche Affäre gestürzt. Eine ihrer zahlreichen Liebschaften. Für das unvermeidliche Aus kann ich nur auf eine Trennung in gegenseitigem Einvernehmen hoffen, befürchte aber eher ein Beziehungsdrama à la Othello. Zumindest Biker Gustl ist schwer verliebt.

    Ihr letzter Freund Ruprecht hatte gerüchteweise nach der Trennung eine Therapie anfangen müssen. Lucy ist nichts für schwache Nerven, und obgleich ihr nach einem Autounfall, bei dem ich mit im Wagen saß, ein Unterschenkel amputiert werden musste, liegen ihr die Männer reihenweise zu dem einen Fuß, der ihr geblieben ist.

    Der Zweite ist zwar nur eine Prothese, kann aber sehr schnell und sehr gezielt zutreten, wie meine Schienbeine aus leidvoller Erfahrung wissen.

    Gustl lief an diesem Abend zu Hochform auf und wetzte mit seinen vollen Tabletts Biergläser wie ein Wiesel zwischen Theke und Tisch hin und her. Mitpokern wollte er nicht. Ich hatte ihm im letzten Spiel seine Harley abgewonnen, was ihn kalkweiß hatte werden lassen. Dabei war er sich seines Gewinnens so verdammt sicher gewesen. Bei vier Königen auch nicht weiter verwunderlich, nur hatte mir der Zufall ein Royal Flash in die Hand gedrückt.

    Selbst, nachdem ich mich unter Lucys drohenden Blicken beeilte, April, April zu brüllen, traut mir Gustl seitdem nicht mehr über den Weg, was ich nachvollziehen kann. Die Hütte, in der ich mitten im Wald wohne, hatte vor nicht allzu langer Zeit einem adeligen Grundbesitzer aus dem Nachbarort gehört, und jetzt gehört sie mir. Nach jenem Pokerspiel hatte ich eben nicht April, April gebrüllt, sondern die Hand aufgehalten, um den Schlüssel in Empfang zu nehmen.

    Dass mich ein Hells Angel fürchtet, auch wenn er nur ein Ex ist und ich nicht seine Harley einkassieren darf, bauchpinselt natürlich mein Ego.

    An diesem Abend gewann ich allerdings nichts Spektakuläres. Ein paar Euro für die Portokasse, eine Warnschutzweste fürs Auto, das ich nicht besaß, und eins von Hannes kleineren Schiffsmodellen. Ein etwas schiefes Schubschiff aus der Anfangszeit seiner Schiffsbauerkarriere, was selbst er lediglich mit einem gleichgültigen Achselzucken kommentierte.

    Hannes Leidenschaften sind maßstabsgerechte Schiffsmodelle, vor allem Fahrgastschiffe. Nebenbei ist er ein begnadeter Hacker und schreckt vor keiner digitalen Herausforderung zurück.

    In beiden Sparten gehört er mittlerweile zur Elite, wobei er sich wohlweislich nur seiner Modelle rühmt und seine nächtlichen Hackattacken unerwähnt lässt. Lucy und ich gehören zu den wenigen, die wissen, was er im Keller seines Hauses so treibt, aber keiner von uns beiden würde damit hausieren gehen. Nicht einmal, wenn wir vor Gericht aussagen müssten. Das waren wir ihm nach der Sache mit dem Liebespaarkiller mehr als schuldig.

    Wir begossen meinen Abschied von Hollerbeck mit einer Lage Bier, dann holperte ich mit dem Mountainbike den Waldweg zu meiner Hütte hoch, um meine vorerst letzte Nacht in heimischen Gefilden zu verbringen.

    3

    »Was für eine Verschwendung von Zeit und Geld«, klagte Cord von Thoren und sah missmutig zu, wie sein Butler Niklas in der Hotelsuite den Koffer ausräumte. »Und das auch noch mitten in der Woche.«

    Niklas antwortete nicht, sondern hängte stattdessen von Thorens Smokingjacke auf einem Kleiderbügel außen an den Schrank. Obwohl der Kerl sich wahrscheinlich über seine Unhöflichkeit fürchterlich ärgerte, wusste Niklas, dass von Thoren mit wohligem Schauer das Spiel seiner durchtrainierten Armmuskeln beobachtete.

    Er fungierte nicht nur als Fahrer und Kammerdiener für von Thoren. Wann immer nach ihm gerufen wurde, war er ihm auch in anderer Hinsicht zu Diensten. Thorens Gut lag abseits der Geselligkeit, sein Dienstherr war stockschwul, und er, Niklas, wurde für seine Gefälligkeiten so fürstlich entlohnt, dass er im Laufe der letzten sechs Monate gelernt hatte, die Angelegenheit rein sachlich zu betrachten.

    Business for Money, nicht mehr und nicht weniger. Im Zeitalter hochleistungsfähiger Kondome gesundheitstechnisch unbedenklich. Ob's ihm gefiel, stand auf einem ganz anderen Blatt. Er war so hetero, wie man nur sein konnte, und zwar auf die konventionelle Methode. Dieser Sadomasoquatsch widerte ihn an, aber für jeden schrillen Schrei, den er ausstieß, wurde er extra bezahlt.

    Mittlerweile schrie er standardmäßig mindestens vier Mal pro Session, abhängig von der Länge seiner Qualen, was ihm einen Zusatzbonus von garantierten 400 € einbrachte.

    Auf Reisen führte er immer eine Anzahl von Eisbeuteln im Gepäck mit sich, und ab und an überlegte er, am Ende einer Session das nächstbeste Kopfkissen zu greifen, seinen Boss zu ersticken und ihm unter Triumphgeheul den verdammten Schwanz abzuschneiden.

    Stattdessen hielt er durch und packte von Thorens Smoking aus.

    Wie jedes Jahr um diese Zeit reisten alle erreichbaren Abkömmlinge des im dreizehnten Jahrhundert plündernden und mordenden Raubritters Hieronymus von Thoren aus ganz Europa zu einem Familientreffen in Nienburg an. Im Schnitt, die Cousins und Cousinen dritten Grades mitgezählt, um die hundertfünfzig. Während ihr Ahnherr schließlich sein unrechtmäßig erworbenes Vermögen in die Kreuzzüge nach Konstantinopel investiert hatte und bettelarm von einer heidnischen Lanze durchbohrt worden war, dachten und handelten seine Nachfahren durchaus wirtschaftlich und wussten das Geld anzusammeln. Immobilien, Handelsschiffe, Bordelle.

    Durchschnittlich gab es im Familienclan weit mehr Millionäre als im Bundesdurchschnitt und sogar den einen oder anderen Multimillionär. Cord von Thoren war zwar einer der Reichsten, doch Niklas hielt die Augen offen. Sein Motto hieß festhalten und weitersuchen. Schwul war schlimm genug, aber schwul und pervers nur eine vorübergehende Lösung.

    Auf Gut Thoren wohnte er über der ehemaligen Remise. An der Wand gegenüber seinem Bett hing eine Dartscheibe mit einem Foto von der grinsenden Visage seines Peinigers, und wann immer ihm danach war, nahm Niklas seine Pfeile zur Hand.

    »Wir sind heute ausgesprochen schweigsam«, stellte sein Boss anklagend fest und hörte sich wie die letzte Tunte an. »Irgendetwas, was uns nicht passt?«

    Niklas zwang sich zu einem Lächeln und packte weiter den Koffer aus. »Nein, nein, alles bestens. Wann soll das Theater losgehen?«

    »Ach, wir sprechen wieder mit mir? Wie großzügig. Vielleicht sollten wir ihn gleich belohnen, unseren kleinen unartigen Sklaven.«

    Niklas drehte sich nicht um, aber er hörte von Thorens Reitgerte gegen irgendetwas schlagen, was sich nach Leder anhörte. Hatte der kleine Scheißer etwa wieder seine Reitstiefel angezogen? Wenn ja, trug er außer den Stiefeln nichts. Ganz kurz nur schloss er die Augen und atmete tief durch.

    Über dem Sideboard neben dem Bett hing ein Spiegel, doch er hütete sich hineinzusehen. Das Letzte, was er wollte, war ein Blick auf einen nackten Baron in Reitstiefeln.

    Sein Schwanz pulsierte noch immer vom Vorabend. Der Kerl hatte so getan, als wolle er ihm das gute Stück abbeißen, und wenn ihm Niklas nicht in Panik seine Hand so weit zwischen die Zähne geschoben hatte, dass von Thoren würgen musste, wäre es ihm vielleicht sogar gelungen. Cord von Thoren hatte jegliches moralische, ethische und sittliche Empfinden verloren, und es sprach absolut nichts dagegen, dass er sich früher oder später auf einer dieser Kannibalenseiten im Internet ein Opfer zum Schlachten und Verspeisen aussuchte.

    Heutzutage gab es nichts, was es nicht gab.

    »Tut mir Leid, Meister«, brachte er so burschikos wie nur möglich über die Lippen und vermied es aufzusehen. »Die Zeit reicht leider nicht mehr. Ihre Tante Margarete hat Sie zu einem Cocktailempfang ins Foyer bestellt. In zehn Minuten.«

    Der Scheißkerl liebte es, Meister genannt zu werden.

    »Hat sie? Ach du mein liebes Lieschen, da wird sie uns aber böse sein, wenn wir eine halbe Stunde später erscheinen. Was für böse böse Jungs wir aber auch sind.«

    Niklas Krawinkel, der gerade mit dem Auspacken bei Hieronymus von Thorens antikem Dolch angelangt war, den sein Boss zu jedem Familientreffen mitschleppte, um sich damit während der Party demonstrativ die Fingernägel zu säubern, wickelte den Dolch aus seinem Seidenpapier und umfasste ihn sehnsuchtsvoll.

    4

    Der Reeder hieß Robert Hirschfeld, genannt Bobsie, wie ich aus dem Internet wusste. Warum auch immer. Von der Statur her sah er aus wie Danny de Vito. Klein und dick und irgendwie verschlagen. Nach unseren Telefonaten hatte ich ihn mir groß, schlank und integer vorgestellt. Gewissermaßen ein Inbegriff aufrechter Redlichkeit, was möglicherweise daran lag, dass ich nach der Sache mit dem Serienmörder von Hinterhältigkeiten einfach die Nase voll und mir das Wunschmodell eines Reeders zusammengeträumt hatte.

    Wir trafen uns auf dem Schiff, das nahe der Nienburger Weserbrücke an einer Spundwand lag. Der Weg dorthin war unbefestigt, in den Schlaglöchern stand das Wasser bis zum Rand. Dazwischen Matsch, Matsch und noch mal Matsch. Ich stellte mir vor, wie bei Schiffstrauungen die Bräute ihre blütenweißen Kleider und Schleppen rafften, die High Heels auszogen und barfuß durch den Modder wateten. Keine große Sache. An Bord würde der Decksmann einen vorbereiteten Eimer mit warmem Wasser bereithalten. Und natürlich den Papst, damit er den Bräuten die Füße wusch.

    Das Schiff war ein typisches Lux-Schiff mit klassischer Silhouette. Spitzer Bug, schlanke Form. Ein Schmuckstück zu seiner Zeit, jetzt allerdings nicht mehr als ein verrostetes Wrack, das wie ein Notfall für die SUK aussah. Die Sonderuntersuchungskommission ist eine Art TÜV für Schiffe und in Mainz eine Abteilung der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung. Von der Dicke des Bodens, über die Funktionsfähigkeit des Davits bis hin zur Rutschfestigkeit der Decks kontrolliert sie einfach alles. Sie verlängert die Schiffsatteste für längstens fünf Jahre. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass das Attest dieses Schiffes erst kürzlich verlängert worden war, eher, dass es zur Vorbereitung der SUK noch vor der nächsten Saison auf die Werft musste.

    Später sollte ich eher an die Schrottpresse in Duisburg denken.

    Ich hoffte auf einen gut bestückten Werkzeugkasten und einen Hochdruckreiniger, als ich den Weg mit dem Mountainbike hinunterschlidderte, die abgespeckte Version eines Seesacks inklusive der Sommerversion eines Schlafsacks auf dem Rücken.

    Das einzig Neue an dem Kahn war der aufgepinselte Name, und auch den hatte es bestimmt schon früher sowohl in der weißen Flotte als auch bei den Schwarzen, den Frachtschiffen, gegeben. Er hieß Weserlust.

    Bobsie empfing mich mit einem Pott Kaffee in der Hand und sah mit seinem schlecht sitzenden Toupet sandfarbener Haare und dem verkniffenen Gesichtsausdruck zehn Jahre älter aus als Mitte zwanzig. Mindestens. Ich versuchte mir erst gar nicht vorzustellen, wie ihn die Crew der Meerjungfrau zu Hause verspotten würde, wenn er an Maxens Stelle wäre. Max ist mein Reeder.

    Er tat mir leid, was natürlich nach hoher Warte und Arroganz klingt, aber das war es nicht. Einige Menschen sind einfach durch ihr Äußeres benachteiligt. Starke Charaktere, wie Max' Tochter mit ihrem von der Glasknochenkrankheit verformten kleinen Körper stecken es weg, während sich die Bobsies dieser Welt ihre Egos aufpeppen, in dem sie andere schikanieren.

    Wir waren allein an Bord, da er, wie er sagte, Personalgespräche gern ungestört führte. Was auch Sinn macht, wenn es denn ein Personalgespräch zu führen gäbe. Unseres war aber bereits vor Tagen telefonisch über die Bühne

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