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Abschied von der Wielandstraße: Als der Beat nach Berlin kam und die Studenten auf die Straße gingen
Abschied von der Wielandstraße: Als der Beat nach Berlin kam und die Studenten auf die Straße gingen
Abschied von der Wielandstraße: Als der Beat nach Berlin kam und die Studenten auf die Straße gingen
eBook232 Seiten3 Stunden

Abschied von der Wielandstraße: Als der Beat nach Berlin kam und die Studenten auf die Straße gingen

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Über dieses E-Book

Mitte der sechziger Jahre brach in Berlin ein bisher unbekannter Virus aus. Er verbreitete sich rasch und befiel weite Teile der Jugend. Erst später gab man der Epidemie einen Namen: Beatlemania.
Besonders schlimm erwischte es Ricky aus der Wielandstraße in Charlottenburg. Er wollte nicht nur Beatmusik hören, sondern selbst mit einer Band auf der Bühne stehen.
An den Universitäten rumorte es. Ein Hauch von Rebellion lag in der Berliner Luft. Man protestierte gegen den alten 'Muff unter den Talaren' und den neuen Vietnamkrieg. Irgendwann fiel Ricky auf, dass das Abspielen einer Rolling Stones Platte und ein Spruch wie 'Amis raus aus Vietnam' bei seinem Vater die gleichen wütenden Reaktionen auslösten. Hatte beides vielleicht etwas miteinander zu tun?
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum24. Nov. 2020
ISBN9783752923254
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    Buchvorschau

    Abschied von der Wielandstraße - Joachim Burdack

    Prolog

    Mitte der 60er Jahre brach in Berlin ein bisher unbekannter Virus aus. Er verbreitete sich rasch und befiel weite Teile der Jugend. Mit Befremden registrierten ältere Berliner die plötzlich auftretenden Symptome der Krankheit bei Teenagern: wildes Gekreische, Schüttelanfälle, Tanzen bis zur Erschöpfung, lautes Radiohören, zwanghafter Schallplattenkauf. Erst später gab man der Epidemie einen Namen: Beatlemania.

    Derartige Ausbrüche von Tanzwut kannte man in Mitteleuropa eigentlich nur aus alten Chroniken. Quellen aus dem 15. und 16. Jahrhundert berichten von sogenannten Veitstänzen. Besessene tanzten damals tagelang, bis sie vor Erschöpfung zusammenbrachen. Der Ursprung der Tanzwut blieb rätselhaft. Historiker vermuten, dass der Wahn durch den Verzehr von Mutterkorn hervorgerufen wurde. Im Brotteig hatte sich eine halluzinogene Substanz gebildet.

    Der Ursprung der Beatlemania ist dagegen eindeutig bestimmbar. Den Infektionsherd bildeten vier Musiker aus der englischen Hafenstadt Liverpool: John, Paul, George und Ringo. Sie verbreiteten den Erreger hauptsächlich über Radiosender und Schallplattenläden.

    Die Hoffnung der Erwachsenen, das Fieber würde genauso schnell wieder abklingen, wie es gekommen war, erfüllte sich nicht. Es wurde sogar noch schlimmer: Eine hartnäckige Mutation des Virus trat auf. Die Neuinfizierten wollten nicht nur Beatmusik hören, sondern selbst welche machen. Bald kam der Lärm nicht nur aus den Radios und Musikboxen, sondern selbsterzeugt aus Kellern und Schuppen.

    Anstatt mit ihren Kumpels eine Bande zu bilden, gründeten viele Jungs jetzt eine Beatband. Was Jugendämter und Sozialarbeiter nicht geschafft hatten, nämlich die Jugend von der Straße zu holen, gelang der Beatmusik. Statt mit Kofferradios an Straßenecken herumzulungern, Mädchen nachzupfeifen und sich mit Banden aus dem Nachbarkiez anzulegen, verzog man sich nun in Kellerräume, um dort ungestört Lärm zu machen.

    Einer der Jugendlichen, die es besonders schlimm erwischt hatte, war Ricky aus der Wielandstraße in Charlottenburg. Er träumte von einer Karriere als Beatmusiker. Ricky hieß eigentlich Richard. So stand es in seinem Ausweis: Richard Herzog. Aber er mochte seinen Vornamen nicht. Zwar hieß auch einer der Beatles Richard, aber der stand mit seinem Namen offenbar auch auf Kriegsfuß und nannte sich lieber Ringo. Richard Herzog beschloss, sich fortan Ricky zu nennen.

    Albert Bergmann, Rickys Cousin, kennen Leserinnen und Leser von Letzte Tage am Savignyplatz bereits. Die Mütter der beiden jungen Männer sind Schwestern. Die Familien Bergmann und Herzog wohnen nur wenige hundert Meter voneinander entfernt: die Bergmanns in der Mommsenstraße und die Herzogs am nördlichen Ende der Wielandstraße.

    Albert studiert inzwischen an der Freien Universität. Auch dort gärt es. Man protestiert gegen die alte Universität der Ordinarien - den Muff von tausend Jahren unter den Talaren - und gegen den neuen Krieg der Amerikaner in Vietnam.

    Irgendwann fiel Ricky hier ein Zusammenhang auf. Das Abspielen einer Beat-Platte und ein Spruch wie Amis raus aus Vietnam lösten bei seinem Vater und anderen Erwachsenen die gleichen wütenden Reaktionen aus. Hatte beides vielleicht etwas miteinander zu tun? War beides Ausdruck eines Protests gegen die Welt der Erwachsenen?

    1. Gloria im Fuchsbau

    Winter 1964/65

    Alles fing an, als Ricky - siebzehn Jahre alt, durchschnittliche Größe, unauffälliges Aussehen - zufällig Peter auf der Straße wiedertraf. Die beiden waren eine Zeitlang Klassenkameraden gewesen, aber Peter hatte das Gymnasium nach der zehnten Klasse verlassen. Beide verband eine Leidenschaft für die Musik. Während ihrer gemeinsamen Schulzeit hatten sie zusammen in einer Skiffle Band gespielt, den Skiffle Foxes. Peter war damals der Einzige in der Gruppe, der ein richtiges Instrument hatte. Er spielte Gitarre. Ricky sang und war außerdem Kazoo-Spieler, eine Art Kammbläser. Außerdem gab es noch ein Waschbrett und einen Teekistenbass.

    Die Skiffle Foxes brachten es auf insgesamt zwei öffentliche Auftritte. Den ersten hatten sie beim Geburtstag einer Mitschülerin. Das zweite und finale Gastspiel der Foxes erfolgte bei der Vorrunde des Berliner Skiffle Band-Wettbewerbs um das Goldene Waschbrett. Jede Gruppe hatte zehn Minuten Spielzeit; das reichte gerade für drei Stücke. Die Skiffle Foxes waren als zehnte Band an der Reihe. Der Ansager verkündete:

    »Wir machen dann weiter mit den Skiffle Foxes, wenn sie nicht inzwischen im Hühnerstall verschwunden sind. Ah, da kommen sie ja schon!«

    Die vier Füchse stiegen mit ihren Instrumenten auf die Bühne und stellten sich im Halbkreis um das Mikrofon. Das erste Stück spielten sie vor lauter Aufregung viel zu schnell. Das zweite Stück, Ice Cream, klappte dann besser. Das Publikum spendete freundlichen Applaus. Ricky hatte sich inzwischen an die hellen Scheinwerfer gewöhnt. Er war jetzt viel entspannter. Zum Abschluss sollte er, als Höhepunkt des Auftritts, seine Imitation von Louis Armstrongs Reibeisenstimme darbieten. Ricky presste seine Stimmbänder zusammen, um den gutturalen Klang von Satchmos Stimme nachzuahmen. Heute gelang es ihm richtig gut. Immer mehr steigerte er sich in den Gesang hinein. Dann, kurz vor Ende der zweiten Strophe von When the Saints go marchin‘ in, merkte er, dass er keinen Ton mehr herausbrachte. Offensichtlich hatte er seine Stimmbänder überanstrengt. Ricky deutete auf seinen Hals und gestikulierte wild. Seine Bandkollegen begriffen nicht was los war. Ratlos spielten die Foxes noch eine Weile weiter, dann hörten sie auf. Ricky wollte etwas sagen, hatte aber keine Stimme mehr.

    »Danke an die Skiffle Foxes, dass sie sich so kurz gefasst haben«, verabschiedete sie der Ansager. »Vielleicht hat ja jemand im Publikum einen Salbeibonbon für unseren Satchmo von der Spree. Kopf hoch, Jungs, es kann nur noch besser werden!«

    Bei den Skiffle Foxes lief nach dem missglückten Auftritt nicht mehr viel zusammen. Die eine Hälfte der Band wollte deutsche Schlager ins Programm aufnehmen, zum Beispiel Da sprach der alte Häuptling der Indianer oder Der Mann im Mond von Gus Backus. Die Lieder würden Stimmung bringen, da könnten alle mitsingen. Ricky und Peter lehnten das ab. Deutsche Schlager hatten nichts mehr mit Skiffle zu tun. Die Fronten waren verhärtet. Bei Prinzipienfragen gab es keine Kompromisse. Jedes Nachgeben wäre ehrloser Verrat an der eigenen musikalischen Überzeugung. Peter und Ricky packten ihre Sachen und verließen den Übungsraum und die Skiffle Foxes.

    Als Ricky und Peter sich jetzt wiederbegegneten, lag das Ende der Foxes bereits zwei Jahre zurück. Niemand interessierte sich noch für Skiffle. Beatmusik war angesagt.

    »Hey, Ricky, altes Haus, gut dich zu sehen!«, rief Peter. »Hast du etwas Zeit? Ich muss unbedingt etwas mit dir besprechen.«

    »Klar, leg los.«

    »Ich habe ein paar Leute getroffen. Wir wollen eine Beatband aufmachen. Was uns jetzt noch fehlt ist ein Sänger. Da habe ich gleich an dich gedacht. Hast du Lust? Wir proben am Donnerstag.«

    Ricky wollte natürlich dabei sein und sagte sogleich zu. Am Probentag trafen sich Ricky und Peter am U-Bahnhof Leopoldplatz. Von dort gingen sie zu Fuß zum Übungsraum.

    »Jürgen würde die Rhythmusgitarre übernehmen«, erklärte Peter unterwegs. »Ich spiele Sologitarre. Einen Drummer haben wir auch schon, der hat von seinem älteren Bruder die Schießbude übernommen. Dann ist da noch Kurt, der will Bass spielen. Er ist zwar ein Anfänger und kein großer Musiker, aber wir können im Lagerraum des Ladens seiner Eltern proben. Er hat sich bereits einen E-Bass gekauft und übt fleißig. Das wird schon werden.«

    »Beim Bass kommt es ja auch nicht so drauf an«, pflichtete Ricky bei. »Die Beatles hatten ja am Anfang auch diesen Stuart Sutcliffe, der zwar gut aussah, aber nicht richtig spielen konnte.«

    Im Keller unter der Bäckerei von Kurts Familie roch es abgestanden. In einer Ecke lagerten irgendwelche Vorräte, aber sonst gab es genug Platz. Sogar ein Stromanschluss war vorhanden. Der Anfang war mühsam, aber nach einigen Monaten im muffigen Bäckereikeller hatte sich die Band ein kleines Repertoire erarbeitet. Meist waren es einfache, eingängige Songs mit wenigen Harmonien und durchgängiger Akkordfolge. Stücke, die auch viele andere Bands in anderen Kellern probten.

    Songs mit ständig wiederholter Akkordfolge hatten den Vorteil, dass sie sich bei Bedarf beliebig strecken ließen. So konnte man auch mit wenigen Stücken über die Zeit kommen. Ricky fand außerdem, dass beispielsweise Louie, Louie oder Gloria eigentlich erst nach fünf Minuten anfingen richtig Spaß zu machen. Dann entfalteten die ewigen Wiederholungen eine gewisse hypnotische Wirkung.

    Jetzt fehlte der Band noch der Name. Nachdem naheliegende Bezeichnungen wie The Baker Boys oder The Basement Five keine Zustimmung fanden, einigte man sich nach langer Diskussion zunächst darauf, dass das Wort Beat im Bandnamen präsent sein sollte. Zur Diskussion standen dann Beat Bakers, Beat Shakers und Beat Kings. Als schließlich niemand mehr Lust hatte, noch mehr Zeit mit der Namensfindung zu vertrödeln, einigten sich die Jungens schließlich auf The Beat Masters. Der Name gefiel zwar eigentlich niemandem, aber es gab auch keine Einwände.

    Ein erster Auftritt war bereits geplant. Für den Tanzabend in einem Jugendheim in Reinickendorf wurden noch zwei Bands zur Ergänzung der Hausband gesucht. Eine Gage gab es nicht, jedoch immerhin zwei Freigetränke für jeden Musiker und freien Eintritt für eine Begleitperson. Außerdem stellten die Veranstalter Schlagzeug und Gesangsanlage. Ricky sah die Chance, endlich einmal über eine vernünftige Anlage singen zu können. Im Übungsraum hatte er sein Mikrofon immer nur an einen Gitarrenverstärker angeschlossen. Dadurch klang seine Stimme blechern und verzerrt. Durch das bereitgestellte Schlagzeug erledigte sich auch das Transportproblem. Niemand in der Band besaß ein Auto. Nur Kurt hatte einen Führerschein.

    Das Equipment, das sie für den Auftritt brauchten, konnten sie einfach mit in die Bahn nehmen. Peter hatte sich einen kleinen Handwagen für seinen Verstärker besorgt. Ein paar Freunde halfen beim Tragen. Als Bühnenkleidung einigten sich die Beat Masters auf weiße Nyltesthemden und Lederschlipse. Eigentlich hasste Ricky die Kunstfaserhemden. Sobald man schwitzte, roch man darin immer wie ein Iltis.

    Das Haus der Jugend Fuchsbau war ein langgestreckter Flachbau aus der Vorkriegszeit. Den Namen fand Ricky sehr passend, denn das Gebäude hatte etwas Gedrungenes. Als sie in den Veranstaltungsraum kamen, war bereits eine Band dabei ihre Verstärker aufzubauen. Es waren die Sound Men. Auch sie trugen weiße Nyltesthemden. Jemand sprach Ricky von hinten an.

    »Seid ihr die Beat Mothers?«

    »Wir sind die Beat Masters«, verbesserte Ricky.

    »Auch gut, dann sollten wir das auf dem Plakat noch ändern, da steht nämlich Beat Mothers. Ich bin Helmut von den Five Classics. Wir sind hier die Hausband. Ich bin für die Technik zuständig. Die Sound Men spielen zuerst, dann ihr, und wir kommen zum Schluss.«

    »Wie funktioniert denn die Gesangsanlage«, fragte Ricky beiläufig.

    »Das muss dich nicht interessieren. Die Anlage ist eingestellt. Wenn etwas verändert werden muss, dann regele ich das. Dreht nicht selbst an dem Eminent herum, sonst macht ihr noch was kaputt.«

    Ricky war von der Anlage beeindruckt: Ein nagelneuer Dynacord Eminent Gesangsverstärker mit zwei S45 Boxen - vom Feinsten! Das war bestimmt nicht billig. So eine Anlage konnte er sich nicht leisten. Dabei würde er bestimmt einen besseren Sound aus den Boxen rausholen als dieser eingebildete Fatzke von den Five Classics.

    Der Saal füllte sich langsam. Die Jungen standen in einer Ecke, die Mädchen, die deutlich in der Überzahl waren, in der anderen. Kurt, der als Schwerenöter galt, winkte ab:

    »Ich steh‘ nicht auf Teenies. Die können in ein paar Jahren wiederkommen oder ihre großen Schwestern vorbeischicken.«

    Im Jugendheim wurde kein Alkohol ausgeschenkt, aber Peter hatte sich einen Flachmann mit Jacobi 1880 eingesteckt und verlängerte damit seine Cola. Ein Mädchen im Faltenrock sprach Ricky an.

    »Was macht ’n ihr für Musik? Spielt ihr was von Drafi Deutscher oder Cliff Richard oder Loco-Motion von Little Eva?«

    »Wir machen Beatmusik und Rock ‘n‘ Roll. Schlager spielen wir nicht«, erklärte Ricky trocken.

    »Habt ihr denn auch was, wo man mitsingen kann?«

    »Na klar, wir spielen zum Beispiel Do Wah Diddy Diddy oder Gloria. Da kann man den Refrain gut mitsingen.«

    »Also Gloria solltet ihr nicht spielen«, mischte sich Helmut von der Hausband ein. »Das ist unser Starstück. Das wollen die Fans von uns hören. Die Sound Men wollten auch Gloria spielen, aber jetzt lassen sie es sein. Das solltet ihr auch tun.«

    »Ich weiß nicht, was du willst«, entgegnete Ricky. »Ist doch ein guter Song, den kann doch spielen, wer will. Wir haben da eine ganz eigene Version, die hört sich bestimmt anders an als das, was ihr macht.«

    »Das ist unser Song! Ich kann euch nur raten, es sein zu lassen«, sagte Helmut mit drohendem Unterton. Dann verschwand er. Ricky ärgerte sich noch über die Belehrung, als Peter ihm auf die Schulter tippte.

    »Du, Ricky, das ist Bommi, ein alter Kumpel. Er spielt gut Mundharmonika. Er würde gerne einsteigen, wenn wir Gloria spielen.«

    Bommi hieß eigentlich Michael Baumann, aber alle nannten ihn Bommi - nach seinem Lieblingsgetränk Bommerlunder. Er war einen halben Kopf größer als Ricky, trug eine blaue Jeansjacke, kam aus dem Märkischen Viertel und sah nicht aus wie jemand, der Jugendheime besucht.

    »Ich bin nur wegen euch in diesen Jugendschuppen gekommen«, sagte er. »Wär‘ schön, wenn ich ein wenig mitspielen dürfte.«

    Ricky hatte nichts dagegen. Inzwischen war der Saal gut gefüllt. Die Sound Men hatten ihre Vorbereitungen abgeschlossen und waren spielbereit. Bevor es losging, gab es vom Leiter des Hauses noch ein paar Begrüßungsworte:

    »Willkommen im Fuchsbau, liebe Beatfreunde. Wir haben heute ein volles und tolles Programm für euch. Drei Gruppen stehen bereit, um euch zu unterhalten. Jede Band spielt 45 Minuten. Für den Durst haben wir Cola und Limonade. Rauchen ist hier im Saal übrigens nicht gestattet. Haltet euch bitte daran. Dann haut mal rein, Jungs!«

    Die Sound Men spielten hauptsächlich langsamere Stücke. Ricky fand sie langweilig. Vor diesen Trauerklößen brauchten sich die Beat Masters jedenfalls nicht zu verstecken. Nach einer guten halben Stunde hatten die Sound Men ihr Repertoire erschöpft. Sie fingen an Stücke zu wiederholen. Die Ansage des Sängers wiederholte sich auch:

    »Auf besonderen Wunsch spielen wir jetzt noch einmal….«

    Wahrscheinlich hat die Lusche die Wünsche an sich selbst adressiert, dachte Ricky. Danach waren die Beat Masters an der Reihe. Der Umbau ging rasch vonstatten. Es mussten ja nur die Gitarrenverstärker ausgetauscht werden. Ricky schaute sich den Eminent Gesangsverstärker etwas genauer an. Er wollte zumindest bei den Bässen etwas nachregeln, da der Gesang recht flach geklungen hatte. Da hörte er hinter sich Helmuts Stimme.

    »Finger weg von der Anlage! Du verdrehst noch alles.«

    »Aber der Gesang klang nicht gut, da waren zu wenige Tiefen in der Stimme.«

    »Das lag am Sänger. Seine Stimme ist eben so mittig. Die Einstellung ist ok und bleibt, wie sie ist.«

    »Aber du kannst das Mikro doch wenigstens etwas lauter machen, oder?«

    »Nein, das geht nicht sonst fängt es vielleicht an zu pfeifen, wegen der Rückkopplung.«

    Ricky war sauer, er wollte aber jetzt keinen Ärger machen. Die anderen warteten bereits ungeduldig darauf, dass es losgehen konnte. Sie fingen mit Louie, Louie an. Da konnte man nicht viel falsch machen. Das Schwierigste an dem Stück war, gemeinsam aufzuhören. Als sie später Do Wah Diddy Diddy spielten, kam im Saal Stimmung auf. Viele kannten das Lied aus dem Radio und sangen den Refrain mit. Jetzt war das Eis gebrochen, die Tanzfläche füllte sich. Nach einer Dreiviertelstunde verabschiedeten sich die Beat Masters mit Twist and Shout. Bevor sie die Bühne verlassen konnten, forderte das Publikum eine Zugabe.

    »Danke«, rief Ricky ins Mikrofon. »Ein Stück haben wir noch für euch. Das nennt sich Gloria

    Peter schaute Ricky zweifelnd an, der nickte nur und sagte: »Das ist unsere Show! Wir ziehen das jetzt durch!«

    Dann gab er Bommi ein Zeichen, auf die Bühne zu kommen. Ricky legte sich ins Zeug. Er sang »G-L-O-R-I-A« und das Publikum antwortete »Glo-ri-a«.

    Als er nach der zweiten Strophe wieder zum Refrain ansetzen wollte, war plötzlich seine Stimme weg. Das konnte doch nicht wahr sein! Hatte er schon wieder seine Stimmbänder überstrapaziert wie bei der Satchmoimitation? Zweifelnd fasste er sich an die Kehle. Dann merkte er was los war. Am Verstärker war die Beleuchtung ausgegangen.

    »Da muss wohl jemand über das Stromkabel gestolpert sein, und er hat dabei aus Versehen den Stecker aus der Dose gezogen. Tja, das war wohl Pech«, sagte Helmut hämisch. Damit war der Auftritt beendet.

    Ricky wollte ihm die passende Antwort geben. Am liebsten hätte er ihm das Mikrofon in seine grinsende Fresse geschoben. Bommi hielt ihn jedoch zurück und flüsterte: »Das hat jetzt keinen Sinn. Wir regeln das anders.«

    Ricky war immer noch geladen, als er mit seinen Bandkollegen zusammen am Tisch saß. Die Five Classics hatten inzwischen begonnen. Die Gesangsanlage hörte sich jetzt viel besser an, mit mehr Tiefen und mehr Hall. Lauter war der Gesang auch. Helmut hatte wohl nachgeregelt. Trotzdem fand Ricky, dass die Five Classics nicht annähernd so gut waren wie seine Beat Masters. Dem Publikum schien die Darbietung aber

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