Männerphantasien - Fotomanien: Acht Erzählungen
Von Yupag Chinasky
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So triff zum Beispiel ein Mann auf einem Spielplatz eine junge, attraktive Frau. Sie gefällt ihm, er will Fotos von ihr machen. Sie willigt ein, wenn auch nur gegen Bezahlung. Das Shooting ist für beide sehr erfolgreich und sie kommen sich sehr nahe, aber leider mischt sich noch jemand ein und da wird es kompliziert. Oder die Geschichte von dem Blumenmädchen. Es lehnte an einer grauen Hauswand und bot einen Strauß Gladiolen zum Verkauf an. Der Mann lächelte das Kind an, machte ein Foto, gab ihm zum Dank ein Päckchen Kaugummi und machte noch ein Abschlussbild. Da tauchte plötzlich eine grüne Minna auf und danach wurde die Reise sehr unerfreulich. Ein anderer Fotograf wurde unter einem Vorwand in ein Haus gelockt und allein gelassen. Doch nicht lange und ein junges Mädchen trat in den Raum. Es war fast noch ein Kind, mit großen Augen, und einem irgendwie einfältigen Gesichtsausdruck. Er machte Aufnahmen, die er besser nicht gemacht hätte. Ein Mann streifte immer wieder durch das Labyrinth um den Bahnhof, durch die Straßen mit den bunten Neonlichtern und den Frauen in den Schaufenstern, auf der Suche nach Motiven, nach Erfahrungen und einer Möglichkeit, seine Angst vor diesen Frauen zu überwinden. Und schließlich der Tourist, der im Maghreb Fotomotive in Hülle und Fülle fand, auch eine kurze, einmalige, enthüllende Situation. Zum Schluß einer angenehmen Urlaubsreise wollte einer die Nacht vor dem Rückflug in aller Ruhe verbringen. Doch dann sah er diese Frau auf der Terrasse des Restaurants und danach kam alles ganz anders und am Ende war er froh, nur im Straßenmatsch zu liegen.
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Männerphantasien - Fotomanien - Yupag Chinasky
Männerphantasien - Fotomanien
Acht Erzählungen
von
Yupag Chinasky
Impressum
Yupag Chinasky
Männerphantasien - Fotomanien
Druck und Verlag: epubli GmbH, Berlin
www.epubli.de
Copyright 2016 Yupag Chinasky
Inhaltsverzeichnis
Männerphantasien - Fotomanien
Übersicht
Nur gegen Bezahlung
Auf dem Spielplatz
In der Wohnung
Die Kunst des Entblätterns
Nah an der Realität
Ein Brief
Das Wiedersehen
Das Blumenmädchen
Eine Begegnung in den Bergen
Die Villa
Missverständnisse
Bahnhofsmilieu
Das Labyrinth
Das Fenster
Testosteron
Tango
Geschenk für eine Krankenschwester
Maghrebinische Erleuchtungen
Enthüllung in der Kasbah
Im Gedränge
Albtraum
Die letzte Nacht
Übersicht
In diesen Geschichten geht es um Verwicklungen die entstehen, weil jemand fotografiert. Der eine will fotografieren, doch genau dies stört einen anderen und selbst wenn der Akt des Ablichtens einvernehmlich erfolgt, kann es Probleme geben. Um seiner Leidenschaft frönen zu können, muss ein Fotograf vieles in Kauf nehmen.
NUR GEGEN BEZAHLUNG: Ein Mann trifft auf einem Spielplatz eine junge, attraktive Frau. Sie gefällt ihm, er will Fotos von ihr machen. Sie willigt ein, wenn auch nur gegen Bezahlung. Das Shooting ist für beide sehr erfolgreich und sie kommen sich sehr nahe, aber leider mischt sich noch jemand ein und da wird es kompliziert.
DAS BLUMENMÄDCHEN: Das Blumenmädchen lehnte an einer grauen Hauswand und bot einen Strauß Gladiolen zum Verkauf an. Der Mann lächelte das Kind an, machte ein Foto, gab ihm zum Dank ein Päckchen Kaugummi und machte noch ein Abschlussbild. Da tauchte plötzlich eine grüne Minna auf, nahm ihn mit und danach wurde die Reise sehr unerfreulich.
EINE BEGEGNUNG IN DEN BERGEN Voller Angst schaute sie immer wieder in den Rückspiegel. Der Radfahrer war ihr dicht auf den Fersen, nein, er klebte an ihrer Stoßstange. In jeder Kurve, in der sie abbremsen musste, war er ganz nahe. Sie sah ganz deutlich seine gelben Wolfsaugen und sein verbissenes Gesicht.
DIE VILLA: Unter einem Vorwand war er in das Haus gelockt und allein gelassen worden. Doch nicht lange und ein junges Mädchen trat in den Raum. Es war fast noch ein Kind, mit großen Augen, und einem irgendwie einfältigen Gesichtsausdruck. Das Mädchen begann unaufgefordert zu posieren und er machte Aufnahmen, die er besser nicht gemacht hätte.
MISSVERSTÄNDNISSE: Das erste Missverständnis war eine simple Verarschung, deswegen kam das zweite zustande. Das dritte wäre vermeidbar gewesen, aber zum Glück war die Liebe zwischen den beiden stark genug.
BAHNHOFSMILIEU: Er streifte immer wieder durch das Labyrinth, das sich um den Bahnhof herum ausbreitete, durch die Straßen mit den bunten Neonlichtern und den Frauen in den Schaufenstern, auf der Suche nach Motiven, nach Erfahrungen und einer Möglichkeit, seine Angst vor diesen Frauen zu überwinden.
ENTHÜLLUNGEN IN DER KASHBA: Als Tourist im Maghreb fand er Fotomotive in Hülle und Fülle, auch eine kurze, einmalige, enthüllende Situation.
IM GEDRÄNGE: Er fotografierte die Menschenmasse bei einem nächtlichen Popkonzert und erlebte bei einen Moment lang eine Überraschungen, die er sich hier niemals hätte vorstellen können.
ALBTRAUM: Die ganze Reise war von Anfang an ein Albtraum und am Ende geriet sie zu einem Megaalbtraum. Als ihn der Stein traf. Hätte es für einen Fotografen nicht schlimmer kommen können.
DIE LETZTE NACHT: Die Reise wäre am nächsten Tag zu Ende gewesen. Der Rückflug stand fest. Die letzte Nacht wollte er in Ruhe verbringen. Doch dann sah er diese Frau auf der Terrasse des Restaurants und dann kam alles ganz anders und am Ende war er froh, nur im Straßenmatsch zu liegen.
Nur gegen Bezahlung
Auf dem Spielplatz
„Nur gegen Bezahlung", antwortete sie auf die Frage, ob er ein paar Fotos von ihr machen dürfe, blieb aber mit dem quengelnden Kind im Sportwagen direkt neben ihm stehen. Nein, bezahlen würde er nicht, war seine Antwort, aber in diesem Moment beugte sich die junge Frau tief hinab zu dem kleinen Kind und er blickte voll in ihren Ausschnitt, auf ein paar höchst wohlgeformte Brüste.
Er war lange durch die Stadt gelaufen, die Augen offen, den Fotoapparat schussbereit, auf der rastlosen Suche nach interessanten Motiven und Eindrücken. Doch leider war die Ausbeute an diesem Tag gering. Die Speicherkarten waren noch weitgehend leer, die Akkus der Kamera dagegen voll, mit anderen Worten, er hatte kaum Motive gefunden, die sich gelohnt hätten, aufgenommen zu werden. Müde und frustriert hatte er eine Bank gesucht, um sich auszuruhen, um nachzudenken und zu überlegen, was er nun tun sollte. Die Bank stand direkt an einem kleinen Spielplatz. Erstaunlicherweise war dieser fast leer und das an diesem schönen, sonnigen Spätnachmittag, keine lärmenden Kinder, keine genervten Mütter. Ein einziges Kleinkind werkelte im Sandkasten. Der Heftigkeit seiner Bewegungen nach zu urteilen vermutlich ein kleiner Junge, jedenfalls ein Kind, das noch einen Kinderwagen brauchte. Dieser, ein altes, völlig aus der Mode gekommenes Modell, stand auf der gegenüberliegenden Seite und auf der Bank daneben saß eine junge Frau. Sie rauchte, blätterte in einer Illustrierten und rief dem Kind ab und zu ein paar laute Worte zu. Vermutlich handelte es sich um die Mutter, dem Aussehen nach hätte es aber auch die große Schwester sein können, stellte er anerkennend fest.
Aus den paar Minuten war bereits eine halbe Stunde geworden und er verspürte Hunger. Aus seinem Rucksack, einem hässlichen, pinkfarbenen Ding mit der großen Aufschrift „titanic-bag, den er auf seinen Fototouren immer dabei hatte, sein Markenzeichen sozusagen, holte er einen Marsriegel. Sorgfältig entfernte er die Hülle und biss Stückchen für Stückchen ab. Dann entsorgte er das Papier in dem verschmutzten, grauen Papierkorb neben der Bank, auf dem ein gelber Aufkleber prangte:
Gleiches Recht für alle – gegen die Diskriminierung von Frauen. Er war ein ordentlicher Mensch, fast schon ein Pendant. Es war nicht das spielende Kind, das ihn die Zeit hatte vergessen lassen, Kleinkinder interessierten ihn nicht gerade. Nein, es war die junge Frau auf der Parkbank, die seine Blicke magisch anzog. Sie war schlank und grazil, trug enge Jeans mit aufgestickten bunten Applikationen und eine hübsche, rote Bluse. Doch das hätte nicht gereicht, ihn so lange auf einer Spielplatzbank zu fesseln. Anziehend und auffällig waren ihre dunklen Haare, die in üppigen Locken bis auf die Schulter fielen und ihr Gesicht, vor allem ihr Gesicht, das er wegen der geringen Entfernung deutlich und in Ruhe betrachten konnte. Obwohl, nein, weil dieses Gesicht nicht ausgesprochen hübsch war, faszinierte es ihn. Ein ausdrucksstarkes Gesicht von herber Schönheit, das sich nicht gleich beim ersten Anblick erschloss. Es erinnerte ihn an einen Filmstar aus seiner Jugend, dessen Name ihm jedoch nicht einfiel, eine Französin oder Italienerin. Jedenfalls war es keines dieser öden Beautygesichter, die auf der Titelseite von Illustrierten prangten, keine zu Tode geschminkte Maske eines Douglasfilialengirls. Er fand, dass die junge Frau äußerst fotogen sei und je länger er sie betrachtete, desto mehr wünschte er, ihr und sich selbst dies beweisen zu können. Eine kleine Fotoserie mit dieser aparten Schönheit wäre ein kleiner Hoffnungsschimmer an diesem öden Nachmittag, ein Ereignis, das diesem Tag doch noch ein wenig Erfolg verleihen könnte. Doch als er sich endlich aufraffte und das Teleobjektiv aus dem Rucksack kramte, um wenigstens ein paar Schnappschüsse aus der Ferne zu machen, rollte die junge Frau ihre Illustrierte zusammen, stand auf, trat an den Rand des Sandkastens und rief dem Kind zu: „Komm, Schatz, wir müssen jetzt gehen
. Aber das Kind wollte nicht, es wollte sein Kuchenbacken, sein Schaufeln und Sieben nicht abbrechen. Trotzig blieb es im Sand sitzen und als die Mutter ihre Aufforderung mehrfach bekräftigte und dabei immer lauter wurde, fing es an zu plärren. Schließlich stapfte sie unwirsch durch den Sand, hob das schreiende, strampelnde, um sich schlagende Wesen hoch, trug es zum Kinderwagen und setzte es mit Schwung in den Sitz, so wie man einen schweren Sack abwirft. Sie war sichtlich genervt und schimpfte. „Wir gehen jetzt, basta. Hör sofort auf zu schreien, sonst kommst du gleich ins Bett. Kapiert? Die Drohung wirkte, das Geheul ging in ein unregelmäßiges Schluchzen und Schniefen über. Die Frau beruhigte sich, aber ihrem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, war ihre Stimmung auf den Nullpunkt abgesackt und die Gelegenheit für ein paar nette Fotos war dahin. Doch als sie mit dem Kinderwagen auf seine Bank zukam, stand er zu seinem eigenen Erstaunen auf, lächelte sie an, hob die Kamera etwas in die Höhe und fragte sie genau das, ob er ein paar Bilder von ihr machen dürfe. Die Frau blickte ihn perplex an. Ihre Augen verfinsterten sich noch mehr und zusätzlich bildete sich eine steile Falte auf ihrer Stirn. Man konnte ihre Gedanken förmlich an diesem Gesichts-ausdruck ablesen: „Dieser Spinner will doch nicht hier und gerade jetzt, bei dem Stress mit dem Balg, ein Bild von mir machen
? Ihre Antwort war kurz und brüsk: „Nur gegen Bezahlung. Trotz der eindeutigen Ablehnung blieb sie mit dem Kinderwagen direkt vor ihm stehen. Er zuckte mit den Schultern, ließ den Fotoapparat wieder sinken, murmelte „dann eben nicht
und „für's Fotografieren zahl ich nichts, ich nehme höchstens was dafür und bückte sich, um seinen Rucksack von der Bank aufzuheben, die Kamera wieder zu verstauen und seine Stadtwanderung fortzusetzen. Im selben Moment bückte sich auch die junge Frau, weil sie bemerkte, wie das Kind die Sand verkrustete Plastikschaufel mit Behagen ableckte. Sie schimpfte wieder, riss die Schaufel empört aus den Händen des verdutzten Kindes und löste dadurch einen neuen Schreianfall aus. Und auch bei ihm hatte ihr tiefes Hinabbücken etwas ausgelöst. Er war wie elektrisiert, denn er konnte gar nicht anders, als direkt und aus kürzester Distanz in ihre aufgeknöpften Bluse zu starren, eine chice bordeauxrote Bluse, auf ihre wohlgeformten Brüste, auf zwei feste, volle, sinnliche Halbkugeln, die in einem lila Hauch von BH ruhten, einem filigranen Netzwerk, soviel er sah. Und er folgte zum zweiten Mal einer spontanen Eingebung und fragte: „Wie viel wollen Sie denn?
Sie posierte, anfangs etwas lustlos auf einer Bank sitzend, dann, schon mit mehr Interesse, dekorativ versteckt hinter den Blättern und Zweigen der Büsche, die den Spielplatz umgaben. Er machte ein paar romantische Bilder mit verschwommenem Vordergrund und sagte ihr dann, sie solle sich an den Stamm eines der großen Bäume lehnen. Das war die letzte Anweisung, die er ihr geben musste, denn mit jeder neuen Einstellung wuchs ihre Begeisterung. Sie machte eigene Vorschläge und setzte sie spontan um. Schon die Art, sich an den Baumstamm zu lehnen, ihn zu umarmen, sich wie die Schlange im Paradies zu räkeln, nein besser gesagt, ganz wie Eva, die nur das eine Ziel hat, Adam zu verführen, zeigte ihren Einfallsreichtum und ihre Freude, Fotomodell zu spielen. Nach dem Baum balancierte sie waghalsig auf dem maroden Balken der Wippe, kletterte auf den verdreckten Tischtennistisch und tanzte dort einen rasanten Hip-Hop, um sich schließlich sogar auf die blanke Aluminiumrinne der Kinderrutsche zu legen und in den Sand zu kullern. Die Kleine, es war doch ein Mädchen, sah dem Treiben ihrer Mutter höchst interessiert zu und rief „auch Sand spielen". Als sie das Kind daraufhin aus dem Wagen hob und zurück in den Sandkasten trug, lachte es vor Freude laut auf und begann sofort Sand auf die Mutter zu werfen. Diese hob ihre Hände abwehrend hoch, drohte zum Spaß mit dem Zeigefinger und schubst das Kind so lange, bis es auf dem Rücken lag und mit den Beinen strampelte. Dann legte sie sich zu ihm in den Sand, kitzelte es unter den Armen und in den Kniekehlen und ließ eine Handvoll Sand nach der anderen auf seinen Bauch rieseln. Die beiden tobten, lachten aus vollem Hals, alberten herum, gieksten und prusteten vor Vergnügen. Er kam derweil kaum nach all die hübschen Motive auf seine Speicherkarte zu bannen.
Die Aufnahmen der jungen Frau allein und auch die mit ihrem ausgelassenen Kind hatten ihm zunehmend Spaß gemacht, obwohl ein Spielplatz keine aufregende Kulisse und eine Mutter mit Kleinkind kein übermäßig anregendes Motiv ist. Er war aus einem anderen Grund begeistert, weil er nämlich schon nach kurzer Zeit gemerkt hatte, dass die junge Frau ein großes Talent zum Posieren besaß und zudem ausdrucksstark und variantenreich in die Kamera blickte. Fast schon wie ein professionelles Modell, dachte er. Doch irgend wann war das Thema ausgereizt, alle Stellungen waren schon einmal eingenommen und festgehalten worden und es schien, dass die kreative Phase seiner Aktrice sich dem Ende näherte. Das war aber nicht weiter schlimm, denn er hatte die Bilder, die er wollte, nein, er hatte viel mehr und viel bessere, als er sich vorgestellt hatte und war eigentlich ganz zufrieden, soweit man als Fotograf mit seinem Werk zufrieden sein kann, weil man immer eine neue, eine besser Idee hat, kaum dass die Aufnahmen gemacht sind. Sie einigten sich, Schluss zu machen, nur die Kleine im Sandkasten wollte noch nicht