Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

Erotisches Rokoko. Literatur der Sinnlichkeit: Gedichte und Verserzählungen
Erotisches Rokoko. Literatur der Sinnlichkeit: Gedichte und Verserzählungen
Erotisches Rokoko. Literatur der Sinnlichkeit: Gedichte und Verserzählungen
eBook216 Seiten1 Stunde

Erotisches Rokoko. Literatur der Sinnlichkeit: Gedichte und Verserzählungen

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

Sinnliches Rokoko - Literatur und bildende Kunst dieser Epoche lieben und gestalten das Erotische. Reizvolles, Verfängliches, Anzügliches, Liebesgeständnisse, intime Situationen und Ähnliches sind die bevorzugten Gegenstände der Dichtung wie der Malerei. Die heimlich beim Entkleiden oder im Bade beobachtete Geliebte, das Paar beim Liebesspiel, die schlafende Geliebte - das sind Motive, wie sie in beiden Künsten dargestellt werden. Die Gedichte dieses Bandes belegen diese Motivvorlieben und dokumentieren die einschlägige Themenvielfalt. Mit Scherz und geistreichem Witz, mit Ironie und Grazie, in anmutiger und abwechslungsreicher Sprache gestalten namhafte Autoren wie Lessing, Wieland und Goethe sowie die großen Erotiker des Zeitalters wie Scheffner und Rost die lustvollen und erregenden Situationen zwischen den Geschlechtern... Auch kritische Töne werden laut: In nicht wenigen Texten wird Geistlichen und Ärzten vorgeworfen, ihre Beichtkinder bzw. Patientinnen zu missbrauchen. Beklemmende Aktualität!
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum24. März 2017
ISBN9783742793126
Erotisches Rokoko. Literatur der Sinnlichkeit: Gedichte und Verserzählungen

Ähnlich wie Erotisches Rokoko. Literatur der Sinnlichkeit

Ähnliche E-Books

Allgemeine Belletristik für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Rezensionen für Erotisches Rokoko. Literatur der Sinnlichkeit

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    Erotisches Rokoko. Literatur der Sinnlichkeit - Hansjürgen Blinn

    Einleitung

    Während ein großer Teil der Literatur des 18. Jahrhunderts, jedenfalls soweit sie zu Aufklärung und Empfindsamkeit gehört, neue Tugendideale präsentiert und kultiviert, gefällt sich die Literatur des Rokoko in der Feier der Sinnlichkeit. Mit dieser Thematik bezieht sie Oppositionsstellung gegen die Hochaufklärung und deren Tugendkult, den diese vorwiegend im bürgerlichen Roman und im bürgerlichen Trauerspiel teilweise bis zum Exzess betreibt. Statt der asketischen, menschen- und leibfeindlichen Strenge der Tugend huldigt das Rokoko der heiter-lächelnden, lebensfrohen Göttin der Freude und des Genusses. Es ist die Zeit Christoph Martin Wielands, des jungen Goethe in Leipzig, Wolfgang Amadeus Mozarts. Es ist die Zeit der großen Maler François Boucher, Jean-Honoré Fragonard und Antoine Watteau, des erotischen Kupferstichs, der intimen Zeichnung. Indem die Rokoko-Dichtung sich weigert, sich unter das Moralpostulat zu stellen, religiöse Themen aufzugreifen oder die Natur ausschließlich als Gottes Schöpfung zu preisen, verlagert sie ihre Hauptfunktion auf das delectare (allerdings nicht ohne das docere ganz zu vergessen und sei es ein docere in Liebesdingen). Sie will hauptsächlich kultivierte Dichtung sein, die dem guten Geschmack huldigt (was minder begabten Autoren nicht immer gelingt). Sie thematisiert das Vergnügen am irdischen Dasein, das unmittelbar aus der natürlichen Empfindung und Stimmung entsteht und keiner religiösen oder philosophischen Rechtfertigung mehr bedarf. Der Rokoko-Mensch richtet sich auf dieser Erde ein, genießt das Genießenswerte und findet sich mit den allzu menschlichen Unzulänglichkeiten ironisch und weise ab.

    Wenn es auch eine geschlossene Kunsttheorie des Rokoko nicht gibt, so lässt sich doch eine Reihe von Kennzeichen nachweisen, die als »typisch« für diese Epoche gelten können. Es sind dies der ›Scherz‹, der in Umdeutung des aufklärerischen ›Witzes‹ in vielfältiger Gestaltung die Literatur des Rokoko durchzieht, die Forderung und Förderung des ›Gefälligen‹, ›Graziösen‹, die Freude, die das Rokoko mit der Anakreontik verbindet, die Vorliebe für das Kleine und Niedliche, für Ironie, Parodie und Pikanterie. Dazu gehören aber auch die Anmut, der Reiz der Grazie, schäferliche Ausprägungsformen und die Annäherung des dichterischen Kunstwollens an die Bildkunsttheorie. Diese Kennzeichen lassen sich in den Texten der anliegenden Auswahl fast alle nachweisen, obwohl sie thematisch eingegrenzt ist auf die Darstellung des Erotischen und Sexuellen. Folie und Rechtfertigung für die erotischen Reizsensationen bildet die antike Mythologie sowohl in der Dichtung als auch in der zeitgenössischen Bildkunst. Auffällig ist eine erstaunliche Korrespondenz zwischen Rokoko-Texten und Rokoko-Malerei bzw. ‑Graphik. Sie zeigt die Homogenität des Kunstwollens in Dichtung und Malerei und die Einheitlichkeit und Eigenständigkeit der Epoche. Es ist in den letzten Jahrzehnten in der deutschen Literaturwissenschaft üblich geworden, Rokoko-Texte der Anakreontik zuzuordnen und den Begriff ›Rokoko‹ ganz zu vermeiden. In Anbetracht der Materiallage ist das ein Fehler. Die Anakreontik verfolgt andere Zielsetzungen und ist viel enger zu fassen als das Rokoko. Die hier versammelten Texte können nur zu einem geringen Teil der Anakreontik zugerechnet werden. Durch ihre augenfällige Nähe zur Rokokokunst vorwiegend Frankreichs stehen sie der französischen Malerei und Graphik wesentlich näher als den Dichtungen des antiken Anakreon und den Anakreonteen (Wieland und Rost zum Beispiel sind keine Anakreontiker). Manche scheinen von den französischen Kunstwerken geradezu angeregt worden zu sein, ihre Gedichte und Verserzählungen zu schreiben. Die möglichen Zusammenhänge zwischen Dichtung und Malerei der Zeit bedürfen noch einer genaueren Untersuchung. Es wäre wünschenswert, wenn sie in absehbarer Zeit in Angriff genommen werden würde. Wer Gemälde und Graphiken der oben genannten Boucher, Fragonard, Watteau und anderer zeitgenössischer Künstler des Rokoko betrachtet, dem fallen die Parallelen offen ins Auge.

    Die Anthologie, die zahlreiche vergessene Texte wieder entdeckt, zielt darauf ab, das Bild vom deutschen 18. Jahrhundert, das sich aufgrund der bevorzugten wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit der „Tugendliteratur" der Aufklärung verfestigt hat, zu modifizieren. Die Texte stammen von allgemein bekannten Autoren wie Lessing, Wieland und Goethe, aber auch von vergessenen oder heute kaum bekannten Dichtern, deren Werke eine Neu- bzw. Wiederentdeckung verdienen. Selbstverständlich wurden auch die großen Erotiker des Rokoko wie Rost und Scheffner berücksichtigt, ebenso wie Wilhelm Heinses berühmt-berüchtigtes Gedicht Die Kirschen. Neben den Werkausgaben der genannten Autoren wurde vor allem die zwischen 1790 und 1810 mehrfach aufgelegte, aber in den Bibliotheken kaum vorhandene zweibändige Anthologie Nuditäten oder Fantasien auf der Venus-Geige (mit dem fingierten Druckort Padua [= Berlin]) ausgewertet, wodurch viele Texte, die sonst kaum noch zu finden sind, aufgenommen werden konnten. Publikationen der letzten Jahrzehnte zur Liebesauffassung der Aufklärung kennen in der Regel diese Texte nicht und zeichnen dadurch ein einseitiges Bild der Epoche.

    Das Rokoko ist eine in den letzten vierzig Jahren von der deutschen literaturwissenschaftlichen Forschung vernachlässigte Epoche, die es wieder ins allgemeine Bewusstsein zu heben gilt. Der Band »Erotisches Rokoko. Literatur der Sinnlichkeit« will einen wichtigen Beitrag zur Neuentdeckung leisten und darüber hinaus wegen der Lebendigkeit der Texte und der offenen Thematisierung von Erotik und Sexualität einen größeren Interessentenkreis ansprechen.

    Der Herausgeber wählt diesen Weg der Publikation, da es ihm nicht gelungen ist, einen Verleger für einen Text-/Bildband in Printform, der literarische Texte und Abbildungen einander gegenüber stellen wollte, zu gewinnen.

    An die Liebe

    Liebe! allerliebste Liebe!

    Segne mir mit deinem Triebe.

    Lass mich deinen Reiz empfinden,

    Lass mich deine Glut entzünden,

    Lass mich deinen Zucker schmecken,

    Lass mich durch ein Lied erwecken,

    Wenn ich Zeit und Lust versäume,

    Müßig wach’ und müßig träume.

    Lass mir hübsch durch dein Genießen

    Zeit und Stunden schneller fließen.

    Lass mirs an der Müh zu wählen,

    Aber nie an Schönen fehlen,

    Und damit auch viel Beschwerden

    Durch ein Mittel minder werden,

    Lass mir künftig nur von allen

    Eine schön sein und gefallen.

    Lehr ihr denn, sich gut zu schicken,

    Gut zu spielen, gut zu blicken,

    Lehr ihr meine Neigung kennen,

    Klug zu frieren, klug zu brennen,

    Lehr ihr witzig abzuschlagen,

    Lehr ihr reizend ja zu sagen.

    Aus den Worten, aus den Werken

    Lass ihr Wunsch und Willen merken;

    Aber lehr ihr, Wunsch und Willen

    nicht zur Unzeit zu erfüllen,

    Dass sie sich erst artig schäme

    Und sich nicht zu bald bequeme.

    Lehr ihr alle frohe Mienen,

    Die der Lust zum Vorteil dienen,

    Lehr ihr alle Fröhlichkeiten,

    Lehr ihr auch, was sie bedeuten,

    Dass sie stets in Unschuld prange,

    Dass sie nicht zuviel verlange,

    Dass sie mirs vernünftig klage,

    Wenn ich ihr zuviel versage.

    Lehr ihr, wie man nie veralte,

    Wie man Reiz und Wert behalte,

    Wenn auch einst auf Brust und Wangen

    Aller Rosen Schmuck vergangen.

    Lehr ihr, wenn wir uns vereinen,

    Treu zu sein und treu zu scheinen,

    Dass sie mich mit nichts betrübe

    Und mich immer stärker liebe.

    Lehr auch mich, durch deine Lehren,

    Solchen Engel zu verehren,

    Dass er, wenn ich ihn vergnüge,

    Keine Lust zum W kriege.

    Johann Wilhelm Ludwig Gleim

    Küssen und Trinken

    Mädchen, lass mich dich doch küssen!

    Zaudre nicht, sonst wirst du müssen.

    Hurtig! hurtig schenkt mir ein!

    Auf das Küssen schmeckt der Wein!

    Dieser Wein hat Geist und Feuer.

    Mädchen tu doch etwas freier.

    Gönn mir vorigen Genuss:

    Auf das Trinken schmeckt ein Kuss!

    Gotthold Ephraim Lessing

    Bacchus und Cithere

    Soll ich trinken oder küssen?

    Hier winkt Bacchus, dort Cithere.

    Beide winken, beide lächeln.

    Bacchus mit gesetzten Minen,

    Und Cithere mit verliebten.

    Bacchus zeigt mir seine Reben,

    Seht, sie sinken, schwer von Trauben!

    Aber seht nur, dort im Schatten,

    Dort im Schatten, unter Reben,

    Liegt ein Mädchen lang gestrecket!

    Seht, es schläft, es lächelt schlafend,

    Und es lächelte Cithere

    Nicht so reizend, als sie winkte.

    O wie süß mag es nicht schlummern!

    O wie reizend liegt das Mädchen!

    Um den weißen regen Busen,

    Hangen schwarze reife Trauben,

    Und es glänzen um den Locken,

    Um den rabenschwarzen Locken,

    Goldne Blumen in den Schatten.

    Weingott, winke nur nicht länger;

    Denn ich muss erst, bei dem Mädchen,

    Unter deinen Trauben schlummern.

    Johann Wilhelm Ludwig Gleim

    Arbeit für Doris

    Liebstes Mädchen, sei nicht müßig,

    Sieh, wir sind zur Müh’ erschaffen!

    Sei nicht müßig, gib mir Küsse,

    Gib mir hundert, gib mir tausend,

    Küsse, bis ich nicht mehr zähle;

    Küsse heute, küsse morgen,

    Denn du sollst nichts tun als küssen!

    Johann Wilhelm Ludwig Gleim

    Die Träumerin

    Ein kleines schwarzes Mädchen,

    Hielt auf dem weichsten Bette,

    Die sanfte Mittagsruhe.

    Es schlief, wie Mädchen schlafen,

    Es lächelte im Schlafe;

    Es regte sich der Busen,

    So oft es Atem holte.

    Es tat, als wollt es wachen;

    Es warf sich hin und wieder,

    Und lächelte noch zweimal;

    Es steckte bei dem Lächeln,

    Die rechte Hand im Busen.

    Ich bückte mich und lauschte

    Die Linke zu erblicken;

    Allein sie war verborgen.

    Doch, als ich nicht mehr lauschte,

    Zog es sie schnell zurücke,

    Und warf sie zu der Rechten,

    Und faltete die Hände,

    Wie fromme Beterinnen,

    Die Händ’ aus Andacht falten.

    Ach! sprach ich zu den Brüdern,

    Ach seht, das Mädchen betet!

    Warum mag doch das Mädchen,

    Den harten Himmel bitten?

    Vernimm es, sprach ein Bruder:

    Ich weiß, dass fromme Mädchen

    Gott oft um Männer bitten,

    Und dass sie oft, in Träumen,

    Die Bitten wiederholen,

    In Träumen Männer haben,

    Und glauben sie zu küssen.

    Dies glaub es, lieber Bruder,

    Dies glaubet auch das Mädchen.

    Gleich schlich ich zu dem Mädchen,

    Und fragt es: Willst du küssen?

    Da streckte mir das Mädchen

    Die Lippen schnell entgegen,

    Und eh ich sie berührte,

    Ertönten schon die Schmätzchen.

    Nun sagt einmal, ihr Schönen,

    Zu mir und meinen Brüdern:

    Ihr wollt nur immer küssen.

    Johann Wilhelm Ludwig Gleim

    Der Flor

    O Reize

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1