Neue Gedichte
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Über dieses E-Book
Die Sammlung gilt neben den ›Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge‹ als Hauptwerk seiner mittleren Schaffensphase. Sie markiert eine Wende von der gefühlsbetonten Dichtung ekstatischer Subjektivität und Innerlichkeit, wie im ›Stunden-Buch‹, zur objektiveren Sprache der Dinggedichte. Mit dieser neuen poetischen Orientierung, die von der bildenden Kunst vor allem Rodins beeinflusst war, gilt Rilke als einer der bedeutendsten Dichter der literarischen Moderne.
Rainer Maria Rilke
Rainer Maria Rilke was born in Prague in 1875 and traveled throughout Europe for much of his adult life, returning frequently to Paris. There he came under the influence of the sculptor Auguste Rodin and produced much of his finest verse, most notably the two volumes of New Poems as well as the great modernist novel The Notebooks of Malte Laurids Brigge. Among his other books of poems are The Book of Images and The Book of Hours. He lived the last years of his life in Switzerland, where he completed his two poetic masterworks, the Duino Elegies and Sonnets to Orpheus. He died of leukemia in December 1926.
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Buchvorschau
Neue Gedichte - Rainer Maria Rilke
LUNATA
Neue Gedichte
Rainer Maria Rilke
Neue Gedichte
© 1907 by Rainer Maria Rilke
Umschlagbild Jan Brueghel
© Lunata Berlin 2020
Inhalt
Früher Apollo
Mädchenklage
Liebeslied
Ernannt an Sappho
Sappho an Eranna
Sappho an Alkaïos
Grabmal eines jungen Mädchens
Opfer
Östliches Taglied
Abisag
David singt vor Saul
Josuas Landtag
Der Auszug des verlorenen Sohnes
Der Ölbaumgarten
Pietà
Gesang der Frauen an den Dichter
Der Tod des Dichters
Buddha
L'Ange du Méridien
Die Kathedrale
Das Portal
Die Fensterrose
Das Kapitäl
Gott im Mittelalter
Morgue
Der Gefangene
Der Panther
Die Gazelle
Das Einhorn
Sankt Sebastian
Der Stifte
Der Engel
Römische Sarkophage
Der Schwan
Kindheit
Der Dichter
Die Spitze
Ein Frauenschicksal
Die Genesende
Die Erwachsene
Tanagra
Die Erblindende
In einem fremden Park
Abschied
Todeserfahrung
Blaue Hortensie
Vor dem Sommerregen
Im Saal
Letzter Abend
Jugendbildnis meines Vaters
Selbstbildnis aus dem Jahre 1906
Der König
Auferstehung
Der Fahnenträger
Der letzte Graf von Brederode entzieht sich türkischer Gefangenschaft
Die Kurtisane
Die Treppe der Orangerie
Der Marmorkarren
Buddha
Römische Fontäne
Das Karussell
Spanische Tänzerin
Der Turm
Der Platz
Quai du Rosaire
Béguinage
Die Marienprozession
Die Insel
Hetärengräber
Orpheus. Eurydike. Hermes
Alkestis
Geburt der Venus
Die Rosenschale
KARL UND ELISABETH VON DER HEYDT
IN FREUNDSCHAFT
Früher Apollo
Wie manches Mal durch das noch unbelaubte
Gezweig ein Morgen durchsieht, der schon ganz
im Frühling ist: so ist in seinem Haupte
nichts, was verhindern könnte, daß der Glanz
aller Gedichte uns fast tödlich träfe;
denn noch kein Schatten ist in seinem Schaun,
zu kühl für Lorbeer sind noch seine Schläfe,
und später erst wird aus den Augenbraun
hochstämmig sich der Rosengarten heben,
aus welchem Blätter, einzeln, ausgelöst
hintreiben werden auf des Mundes Beben,
der jetzt noch still ist, niegebraucht und blinkend
und nur mit seinem Lächeln etwas trinkend,
als würde ihm sein Singen eingeflößt.
Mädchenklage
Diese Neigung, in den Jahren,
da wir alle Kinder waren,
viel allein zu sein, war mild;
andern ging die Zeit im Streite,
und man hatte seine Seite,
seine Nähe, seine Weite,
einen Weg, ein Tier, ein Bild.
Und ich dachte noch, das Leben
hörte niemals auf zu geben,
daß man sich in sich besinnt.
Bin ich in mir nicht im Größten?
Will mich meines nicht mehr trösten
und verstehen wie als Kind?
Plötzlich bin ich wie verstoßen,
und zu einem Übergroßen
wird mir diese Einsamkeit,
wenn, auf meiner Brüste Hügeln
stehend, mein Gefühl nach Flügeln
oder einem Ende schreit.
Liebeslied
Wie soll ich meine Seele halten, daß
sie nicht an deine rührt? Wie soll ich sie
hinheben über dich zu andern Dingen?
Ach gerne möcht ich sie bei irgendwas
Verlorenem im Dunkel unterbringen
an einer fremden stillen Stelle, die
nicht weiterschwingt, wenn deine Tiefen schwingen.
Doch alles, was uns anrührt, dich und mich,
nimmt uns zusammen wie ein Bogenstrich,
der aus zwei Saiten eine Stimme zieht.
Auf welches Instrument sind wir gespannt?
Und welcher Spieler hat uns in der Hand?
O süßes Lied.
Ernannt an Sappho
O du wilde weite Werferin:
Wie ein Speer bei andern Dingen
lag ich bei den Meinen. Dein Erklingen
warf mich weit. Ich weiß nicht, wo ich bin.
Mich kann keiner wiederbringen.
Meine Schwestern denken mich und weben,
und das Haus ist voll vertrauter Schritte.
Ich allein bin fern und