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Ab dä Fisch: Satire
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eBook312 Seiten3 Stunden

Ab dä Fisch: Satire

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Über dieses E-Book

Hier wird nicht devot an die Himmelspforte geklopft, hier wird die Tür glatt eingetreten. Aus der Sicht eines Narrators werden erstaunliche Zusammenhänge in leicht verständlicher Sprache erklärt. Von Absurditäten bis hin zu tiefgreifenden Lebensweisheiten geht der Leser auf unterhaltsame Art auf eine atemberaubende Reise durch den Himmel.
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum21. Jan. 2022
ISBN9783754182918
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    Buchvorschau

    Ab dä Fisch - Bernd Dombek

    Prolog

    Selbst in der schlechtesten aller möglichen Welten

    ist immer noch Schönheit

    Die Firma ist unglaublich alt. Sie steht ehern und sakrosankt in ihrer unermesslichen Glorie. Niemand stellt ihre Kompetenz in Frage, denn die Firma wurde schon vor dem Beginn der Zeitrechnung gegründet und verfügt über eine schier unglaubliche Sammlung an empirischen Daten. Ihr Status ist sprichwörtlich Legende, doch trotz der nur mäßigen Fluktuation unter den Fachkräften ist keiner der Mitarbeiter dort länger beschäftigt als Helge.

    Er gehört tatsächlich zur ursprünglichen Stammbelegschaft. Ein richtiges Fossil sozusagen.

    Aus diesem Grund nennen ihn die Angestellten hinter vorgehaltener Hand zwar etwas respektlos aber dennoch liebevoll ''Der Alte''.

    Mittlerweile ist er in die Jahre geraten, hat etwas von seiner früheren Sehschärfe eingebüßt und wackelige Zähne bekommen. Besonders gut hören kann er inzwischen auch nicht mehr. Zu allem Überfluss sitzt der Alte in der letzten Zeit obendrein auch noch schief auf dem Stuhl.

    Das ist ihm wirklich peinlich. Man sollte es daher einfach besser nicht in seiner Gegenwart erwähnen. Noch viel unangenehmer ist es ihm aber, wenn er nach seiner vorherigen Beschäftigung gefragt wird. Über die Zeit in dem damaligen Arbeitsverhältnis würde er nur zu gerne den Mantel des Vergessens ausbreiten. Leider passt dort nicht alles drunter und so bahnt sich durch das eine oder andere Leck hin und wieder die Wahrheit ihren Weg ins Freie. Es ist nämlich derselbe Betrieb, nur das er zu jener Zeit noch keine profunde Berufserfahrung hat und deshalb ein Volontariat absolviert. Der Alte ist damals noch ein junger Bursche und hüpft sozusagen als Springer von Abteilung zu Abteilung. Weil man als Volontär dem Arbeitgeber gegenüber recht ungebunden ist, kann er seiner Neugier freien Lauf lassen. Die Verantwortlichen werden schnell auf sein technisches Verständnis aufmerksam. Aus diesem Grund er darf innerhalb kürzester Zeit auch schon an ziemlich delikaten Experimenten teilnehmen. Die heikle Platzierung von angereicherten Isotopen auf der äußeren Protonen Schale zum Beispiel oder die Fusion von Wasserstoff. Diese Vorgänge hat er an einem Vormittag zur Gänze durchgespielt, vollständig verstanden und im Anschluss daran ohne weitere Hilfestellung völlig selbstständig im Labor wiederholt.

    Der Betriebsvorstand ist massiv beeindruckt. Dies um so mehr, als auch die Umwandlung von Wasserstoff in schwerere Elemente wie Helium auf Anhieb gelingt. Sein Tutor erklärt ihm den Sinn der Gravitationskonstante und das, wenn sie erst einmal eingerichtet ist, man besser die Finger von ihr lässt. Der Alte wird mit viel Geduld und Feingefühl an Geheimnisse wie kleiner und großer Elektromagnetismus herangeführt. Dazu gehören natürlich ebenfalls alle Naturkonstanten wie Lichtgeschwindigkeit, Cluster Ballungen, sowohl schwarze als auch weiße Löcher, dunkle Materie und dunkle Energie, Struktur der Filamente, die geheimnisvolle Quantenmechanik und nicht zu vergessen das ultimative kosmische Gesetz schlechthin:

    Der Ablauf der Hersteller Garantie!

    Trotz seiner brillanten Auffassungsgabe, wird sein Augenmerk wiederholt auf das innerbetriebliche Hauptproblem gelenkt. Ein Problem mit ungeheurem Gefahrenpotenzial.

    ''Also Helge, das hier ist der Beschleuniger Knopf. Da drückst du uns auf keinen Fall drauf! Klar?''

    ''Ist klar, ich drück nicht drauf. Versprochen!''

    Als Vorsichtsmaßnahme wird in dem Gebäude auf jeder Etage mit entsprechenden Schildern auf den Knopf hingewiesen. Da steht zum Beispiel schon im Foyer ein Hinweisschild mit dem Aufdruck:

    'Achtung! Beschleuniger Knopf ist in der zweiten Etage. Bitte nicht daran herumfummeln. Wehe!'

    In der zweiten Etage steht ein Schild mit dem Hinweis:

    'Der Knopf ist hier gleich links um die Ecke nur 4 Schritte entfernt. Nicht anfassen!'

    Der besagte Knopf selbst wird durch mehrere leuchtend rote Hinweispfeile, die um ihn herum an den Wänden angebracht sind, für jedermann deutlich erkennbar gemacht. Die Pfeile zeigen alle in seine Richtung, wurden in der hausinternen Dekorationsabteilung angefertigt und tragen Aufdrucke wie:

    'Hier ist er! Nicht drücken!'

    oder,

    'Diesen Knopf nicht berühren!'

    oder,

    'Hände in den Taschen lassen!'

    oder einfach nur,

    'Finger weg!'

    Dieses eigenwillige System der Prävention funktioniert nun schon, man mag es kaum glauben, seit Äonen recht erfolgreich. Niemand hat jemals den Knopf gedrückt, ist zufällig daran gestoßen oder hat ihn anderweitig betätigt. Die Oldtimer des Betriebes können die Frage, wann überhaupt jemand das letzte Mal auch nur in die Nähe des Knopfes geraten ist, selbst nach reichlich Bedenkzeit nicht zufriedenstellend beantworten. So unglaublich lange ist das schon her. Außerdem gilt in der Firma das ungeschriebene Gesetz, dass der scheiß Knopf in keinem Gespräch zwischen den Beschäftigten erwähnt wird. Auch nicht während der Zigarettenpause oder beim Frühstück. Niemals! Und wenn wieder einmal Betriebsfremde an einem geführten Rundgang durch die Firma teilnehmen, dann erst recht nicht. Die zweite Etage wird sowieso bei solchen Veranstaltungen immer konsequent ausgelassen.

    Im Laufe der Zeit hat sich der Alte mit Doktor L aus dem Versuchslabor angefreundet. Sie sind sich öfter zur Frühstückspause in der Cafeteria und zum Mittagessen in der Kantine begegnet. Doktor L arbeitet in einer streng geheimen Spezialabteilung und wird meistens, obwohl er ein wirklich netter Kerl ist, von seiner Umwelt nicht richtig wahrgenommen. Manchmal erscheint er mit verkohlten Haaren und Brandflecken auf seinem Techniker Kittel. Also alles in allem in einem recht derangierten Zustand. Seltsamerweise wird er dann jedoch von fast allen Beschäftigten erkannt.

    ''Ah, da ist ja unser Herr Doktor L wieder'', flötet Frau Doktor Haferflocke, ''den haben wir schon lange nicht mehr gesehen.''

    Frau Doktor arbeitet in der Verwaltung, hat Prokura und ist für sämtliche Einträge ins Handelsregister zuständig. In der Kantine nimmt sie ständig neben dem Alten Platz sobald er sich setzt. Muss wohl Zuneigung sein.

    ''Schade, dass er sich nur in solch einem Zustand zeigt'', fügt sie an.

    ''Woran das wohl liegen mag'', sinniert der Alte.

    ''Wahrscheinlich am Kittel'', antwortet Doktor Haferflocke bestimmt.

    Und das ist fein beobachtet! Techniker Kittel haben die Eigenschaft ihre Träger vor aufdringlichen Blicken zu schützen. Wenn sich also jemand auf einen Techniker optisch fokussieren will, dann bekommt er einfach kein klares Bild justiert. Schon gar nicht, wenn er wie Doktor L aus einer Spezialabteilung kommt. Nur aus dem Augenwinkel hat man eine Restwahrnehmung. Erst sehr viel später wird dieses Phänomen als 'Heisenbergsche Unschärferelation' Einzug in die wissenschaftliche Literatur finden.

    ''Darf ich vorstellen? Das ist Doktor L.''

    ''Angenehm'', sagt der Alte.

    ''Und das ist Helge. Unser Volontär'', ergänzt Haferflocke mit schmelzendem Blick.

    ''Sehr erfreut'', antwortet L.

    Wie gesagt, der Alte und Doktor L freunden sich an. Außer einigen Treffen in der Cafeteria und der Kantine gibt es jedoch keine gemeinsamen Aktivitäten. Das ändert sich erst nach einer gewissen Weile, als sich gegenseitiges Vertrauen entwickelt hat.

    ''Sag mal, ist L eigentlich dein richtiger Name?''

    ''Nein, ich darf dir den aber nicht sagen. Ist geheim.''

    ''So wie dein Labor, was?''

    ''Mein Name ist geheim. Mein Labor ist es nicht.''

    ''Und was geschieht dort?''

    ''Wir machen dort Spezialeffekte.''

    ''Ach. Worin bestehen die?''

    ''Explosionen, Qualm, Rauch, Schwefel und Feuer. Solche Sachen.''

    ''Klasse! Würde ich mir gerne einmal anschauen.''

    ''Kein Problem. Komm morgen einfach nach der Frühstückspause in den Tiefkeller und klingel am 'Labor für Pyrotechnik'. Ich mach dir dann auf.''

    ''Stört es auch niemanden wenn ich dort auftauche?''

    ''Nein Helge, ich arbeite dort ganz alleine.''

    Am folgenden Morgen stiefelt der Alte wie verabredet in den Tiefkeller. Dort ist alles aus Ultra verstärkten und extra schweren Materialien gebaut worden und das ist auch gut so. Grundsätzlich liegen Labore mit einem gewissen Gefahrenpotenzial immer mehrere Ebenen unterhalb der normalen Bereiche. Sollte einmal etwas schiefgehen, so ist dort immer noch genügend Zwischenraum zum puffern. Und Experimente, bei denen Explosionen ausgelöst werden die das ganze Fundament zerfetzen und damit das komplette Gebäude zum Einsturz bringen könnten, werden schon seit geraumer Zeit nicht mehr durchgeführt. Man hat einfach zu viele schlechte Erfahrungen damit gemacht. Je tiefer der Alte hinabsteigt, desto mehr dringt ihm der penetrante Geruch von Schwefel in die Nase. Außerdem macht das Gebäude hier unten einen doch recht ungepflegten Eindruck.

    ''Wahrscheinlich jagen die hier jeden Tag so viel Zeug in die Luft, dass die Raumpfleger gar nicht mehr mithalten können'', denkt der Alte, ''muss ich später mal nachfragen.''

    Inzwischen ist auch die Musik, welche bisher leise im Hintergrund zu hören war, auf ein erhebliches Lautstärke Niveau angewachsen. Der Sound ist kernig, mit einem Bass, der direkt in Magen und Beine fährt. In den oberen Etagen des Gebäudes sind zwar auch ständig Töne zu hören, handelt es sich dabei jedoch eher um von Hand gespielte Kammermusik mit gepflegten Geigen und Harfen Klängen. Im Gegensatz dazu läuft hier unten richtig fette Party Mucke.

    ''Ganz schön was los hier. Vielleicht hat Doktor L Geburtstag oder so'', schießt es dem Alten durch den Kopf.

    Dann biegt er auch schon um die Ecke und steht vor einer mehrfach gesicherten Stahltür. Die Wand ist drum herum mit allerlei Schildern zugekleistert. Auf ihnen wird vor Radioaktivität, Bio-Hazard und chemischen Stoffen gewarnt. Auf der Tür selbst wird und das findet der Alte besonders witzig da es auf die hausinterne Postzustellung abzielt, auf einen kleinen bissigen Hund hingewiesen. Gleich neben der Tür befindet sich unterhalb des Schildes 'Labor für Pyrotechnik' eine ziemlich angeschmorte Klingel. Nach kurzem Zögern nimmt sich der Alte ein Herz und betätigt das Teil. Fast im selben Augenblick klappt der kleine Hund nach hinten und es bildet sich eine Luke in der Tür. Die ist so winzig, dass der Alt nur zwei stechend schwarze, vom Wahnsinn gezeichnete Augen erkennen kann.

    ''Was is' los'', keift es von innen.

    ''Ich bin es. Helge, der Volontär.''

    ''Willst du hier sozial Stunden abarbeiten, oder was?''

    ''Nein. Ich folge einer Einladung von Doktor L'', antwortet der Alte sichtlich um Entspannung bemüht.

    Die schwarzen Augen schießen sofort nach vorne, kleben jetzt förmlich an der Luke, wandern von oben nach unten und mustern den Alten intensiv.

    ''O.K. Ist in Ordnung. Stehst auf der Gästeliste. Komm 'rein!''

    Die Tür schwenkt erhaben auf. Sofort strömt gedämpftes rotes Licht und noch mehr Schwefelaroma in den Gang. Das Nächste was ihm auffällt ist ein kleiner Hund, der fast nur aus Gebiss zu bestehen scheint. Breitbeinig und mit maßloser Selbstüberschätzung versperrt er dem Alten den Weg ins Labor.

    ''Cerbi, geh' auf Seite und lass Onkel Helge durch'', wird er vom Türsteher zurückgepfiffen.

    Erstaunlicherweise gehorcht der Köter aufs Wort und lässt den Alten eintreten. Der wird vom Türsteher mit einem Lächeln und einer auffordernden Handbewegung bedacht. Er marschiert daraufhin weiter in die Tiefen des Labors. Es geht vorbei an einer gestreckten Theke, auf der aus kleinen Vulkankegeln Rauch mit benebelnden exotischen Düften aufsteigt. Mehrere Pole-Dance Tänzerinnen wiegen ihre makellosen Körper im Rhythmus der Musik und heizen die Stimmung im Raum an.

    ''Ganz schön warm hier'', denk der Alte, ''aber ein echt geiles Ambiente!''

    Als dann auch noch Frau Doktor Haferflocke mit Strapsen bekleidet durch den Raum schwebt und ihn mit einem gesäuselten,

    ''Hallo Helge, ♪schön das du auch hier bist''♫,

    begrüßt, kennt seine Begeisterung keine Grenze mehr.

    Haferflocke zieht den Alten freundlich aber bestimmt zur Theke.

    ''Lass uns erst einmal einen anständigen Drink nehmen, Helge. Doktor L muss ein wichtiges Experiment zu Ende führen. Das kann sich noch ein paar Minuten hinauszögern.''

    Also genehmigen sich die Beiden erst einmal ein Getränk auf Kosten des Hauses. Weil man sich danach noch immer in der Warteschleife befindet, bestellen sie sich gleich das Nächste. Die lustigen kleinen Vulkane auf der Theke rauchen derweil fröhlich vor sich hin und benebeln die Sinne der Anwesenden. Als dann irgendwann Doktor L auftaucht, ist der Alte von den happy Essenzen dermaßen breit, dass er keine klare Wahrnehmung mehr hat. Auch Doktor Haferflocke hängt mittlerweile wie ein angeschossenes Reh auf dem Barhocker. Zur Sicherheit hat sie sich aber mit ihren Strapsen an der Theke fixiert.

    ''Wie ich sehe, habt ihr euch gut amüsiert'', strahlt L zufrieden.

    ''Das kann man mit Fug und Recht behaupten'', erwidert der Alte, ''ist ein echter Knaller dein Labor.''

    ''Und das im wahrsten Sinne des Wortes. Komm mit Helge, ich zeig dir den Rest.''

    ''Ja, aber mach bitte langsam. Mir ist ein bisschen schwindelig.''

    ''Du musst dich beim nächsten Mal nicht so nah an die Vulkane setzen'', sagt L schmunzelnd und hilft dem Alten behutsam vom Barhocker.

    ''Ich dachte du arbeitest hier alleine. Dafür ist deine Bude aber ganz schön voll'', bemerkt der Alte.

    Doktor L erklärt daraufhin den Sachverhalt.

    ''Der Verantwortliche bin ich, aber natürlich werden die Experimente von vielen Helfern ausgeführt. Es würde eine fast unlösbare Aufgabe sein, wenn das alles hier nur von einer Person abhängig wäre. Hat etwas mit Gewaltenteilung und delegieren zu tun.''

    ''Und was hat Doktor Haferflocke hier unten zu schaffen? Ich denk die ist aus der Verwaltung.''

    ''Ist sie auch, aber nach der Mittagspause kommt sie regelmäßig zum abfeiern ins Tiefgeschoss. Hier unten lassen die von der Personalabteilung und der gesamte Einkauf regelmäßig völlig ungehemmt die Sau raus. Es bleibt nämlich alles unter uns und man kann sogar Themen erörtern die in den anderen Etagen tabu sind.''

    ''Der berüchtigte Beschleuniger Knopf zum Beispiel?!''

    ''Zum Beispiel'', pflichtet Doktor L bei.

    ''Ja was hat es denn eigentlich mit dem Teil auf sich?''

    ''Ach das ist wie immer viel Wirbel um nichts. Es hat etwas mit Entropie zu tun und dem Grad der Unumkehrbarkeit eines Vorganges.''

    ''Also Umwandlung von thermischer in mechanische Energie?!''

    ''Genau das geschieht'', bestätigt L, ''und macht gewisse Dinge irreversibel.''

    Mittlerweile haben die Beiden die Tiefen des Labors erreicht und stehen jetzt vor einer Art Panzerglasscheibe. Dahinter strahlt und funkelt eine Versuchsanordnung in ungeheurer Helligkeit.

    ''Das ist eines meiner favorisierten Experimente, Helge. Zieh' dir bitte zur Sicherheit eine Schutzbrille auf. Wir haben hier unten strenge Sicherheitsauflagen'', erklärt L und reicht dem Alten einen Augenschutz.

    ''Was passiert denn da drüben?''

    ''Wir lassen jetzt gleich einen Stern mit 15 Millionen Standardsonnenmassen zu einem schwarzen Loch kollabieren!''

    ''Das ist aber viel!''

    ''Kannst du wohl laut sagen!''

    ''Aber dabei geht doch in der näheren Umgebung alles kaputt!''

    ''Nun ja, wo gehobelt wird, da fallen Späne. Kann später aber alles wieder ausgebeult werden.''

    ''Aber das ganze Leben wird dort ausgelöscht'', interveniert der Alte.

    ''Jetzt mach mal 'n Punkt, Helge. Indianer kennt kein' Schmerz'', zwinkert L fröhlich.

    Der Alte kommt zu keiner weiteren Erwiderung, denn hinter dem Panzerglas entsteht just in diesem Moment eine ungeheure Lichtkugel, die sich rasend schnell ausdehnt. Das monströse Ding überstrahlt alles mit seiner Helligkeit, kommt dann aber abrupt zum Stillstand und schrumpft innerhalb eines Wimpernschlages auf die Größe eines Stecknadelkopfes zusammen. Dann ist gar nichts mehr zu sehen. Noch nicht einmal irgendwelche Reste des ganzen Vorganges.

    ''So eine Umwandlung ist jedes Mal aufs Neue faszinierend. Mein Lieblingsversuch übrigens'', schwadroniert Doktor L und knufft dem Alten leutselig in die Rippen.

    ''So kann man das auch sehen'', erwidert dieser, ''ich hab eine ganz trockene Kehle bekommen. Brauch jetzt echt etwas zu trinken.''

    ''Lass uns zur Theke gehen. Die Drinks gehen selbstverständlich auf mich'', erwidert der Doktor jovial.

    Dann schnappt er sich den Alten und manövriert ihn zurück in die Pole-Dance Sektion. Natürlich wird er wieder ganz nah an den rauchenden Vulkanen platziert, was seinem benebelten Zustand weiterhin erheblich zuträglich ist.

    ''Mix uns bitte zwei 'Bloody Purgatory'. Extra stark'', ordert er augenzwinkernd beim Barkeeper.

    ''Geht klar, kommt sofort'', antwortet der und füllt augenblicklich mehrere undefinierbare Substanzen in einen Shaker. Das chromblitzende Teil wird danach von ihm mit der Gewandtheit eines Zirkusjongleurs geschüttelt. Die lustigen Lichtreflexe auf dem Shaker haben eine mild hypnotisierend Wirkung auf den Alten, sodass er seine Augen nicht mehr von der Darbietung abwenden kann. Als sich dann schließlich zwei grüne, dampfende Getränke vor ihm auf der Theke materialisieren, ist er definitiv in einer anderen Sphäre angekommen.

    ''Auf ex'', fordert Doktor L den Alten auf, ''ist hier die Hausordnung.''

    ''Wenn es sein muss, so sei es'', erwidert der.

    Klirrend stoßen sie ihre Gläser zusammen und stürzen sich das Gebräu die Kehlen hinunter. Als das Gesöff den Magen erreicht, explodiert es dort mit der Gewalt einer nuklearen Tellermine.

    Der Alte sackt auf dem Barhocker in sich zusammen und ihm dämmert langsam der Sinn hinter dem Begriff : 'Heilige Dreifaltigkeit'.

    Zugedröhnt! Hypnotisiert! Besoffen!

    Was der Alte zu diesem Zeitpunkt nicht weiß ist die Tatsache, dass der ganze Event im Labor für Pyrotechnik von langer Hand geplant wurde. Alles ist eine einzige, hervorragend gestaltete Kulisse. Die Pole Tänzerinnen, der Türsteher und selbst der kleine Hund sind nicht das was sie vorzugeben scheinen. Doktor L hat keine Kosten und Mühen gescheut und die teuerste Schauspieler Agentur mit der Besetzung der einzelnen Rollen beauftragt. Selbstverständlich ist Frau Doktor Haferflocke ebenfalls von einer Schauspielerin aus einer Doppelgänger Agentur gedoubelt worden. Frau Doktor würde nie ihren Fuß über die Schwelle dieses Labors setzen, ebenso wenig wie auch die gesamte Personalabteilung nebst Einkauf. Das sind nämlich alles anständige Leute und würden 'im Leben nicht' ein solch verruchtes Etablissement betreten. Doktor L hat sogar am Morgen das ganze Tiefgeschoss vorsorglich und abgefeimt mit konzentriertem Hasch Dampf fluten lassen um die Zielperson schon im Vorfeld zu benebeln. Damit der süßliche Geruch nicht sofort auffällt, lässt er ein paar milde, harmlose Schwefel Experimente auf dem Flur durchführen. Immerhin hat das alles erfolgreich funktioniert, denn der Alte ist bis zum jetzigen Zeitpunkt immer noch völlig ahnungslos.

    Daran wird sich auch nichts ändern, denn Hand aufs Herz, nach einem 'Bloody Purgatory' ist die Chance noch irgendetwas zu merken auf ein verschwindend geringes Minimum geschrumpft.

    Und all dies geschieht nur aus einem einzigen perfidem Grund.

    ''Mir ist übel. Ich geh' jetzt besser'', nuschelt der Alte.

    ''Glaub' ich auch, sonst kotzt du mir nachher noch auf den Teppich'', pflichtet der Doktor bei.

    ''Hilf mir mal hier runter bitte, ich kann kaum noch gerade stehen. Das Zeug ist wirklich sehr stark.''

    ''Wenn man es nicht gewöhnt ist, zieht es einem schon die Beine weg.''

    Doktor L greift dem Alten hilfreich unter den Arm und bugsiert ihn danach vorsichtig zum Eingang.

    ''Ich habe hier unten einen kleinen Lastenaufzug. Nimm den doch einfach, dann brauchst du dich nicht mit den Treppen abquälen'', schlägt L vor.

    ''Gute Idee'', sagt der Alte, ''wie hoch fährt der? Ich muss in die 5te Etage.''

    ''Leider nur bis zur Ersten, aber dort gehst du einfach links um die Ecke und steigst in den regulären Aufzug um.''

    Und das ist eine glatte Lüge! In Wahrheit fährt der Lift in die 2te Etage, aber aus Gründen infamer Täuschung wird dies von Doktor L verschwiegen. Voller Fürsorge ist er weiterhin behilflich, erreicht mit dem Alten im Schlepp den Lastenaufzug und betätigt den Rufknopf. Es dauert ein paar Sekunden bis unter ordentlichem Getöse der Lift schließlich erscheint.

    Innen ist eine Schalttafel mit Bedienelementen.

    ''Ich mach das schon für dich'', sagt der Doktor und fummelt an der Tafel herum. Der Alte lehnt derweil eingekeilt und sternhagelvoll in einer Ecke des Liftes.

    ''Ich danke dir von ganzem Herzen für deine Bemühungen. Bist ein guter Mann.''

    ''Keine Ursache, denk dran, oben gehst du links um die Ecke und drückst einfach den Rufknopf für den normalen Aufzug.''

    ''O.K. Mach ich.''

    Doktor L zieht sich aus dem Lift zurück und winkt dabei noch einmal freundlich. Dann gleitet die Tür zu. Damit ist, ohne dass in dem Alten der kleinste Argwohn aufkeimt, die Falle endgültig zugeschnappt!

    Der Aufzug quält sich ächzend in die Höhe und kommt nach kurzer Zeit zum Stehen. Nachdem sich die Tür mit einem leisen 'ping' geöffnet hat, torkelt der Alte hinaus und biegt links ums Eck. Er findet den Rufknopf für den regulären Lift sofort, weil der freundlicherweise

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