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eBook398 Seiten5 Stunden

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Über dieses E-Book

"Freundschaft kann Wege finden, wo keine zu sein scheinen." Dieser Satz ihres besten Freundes Jake geht der jungen Magierin Nael einfach nicht mehr aus dem Kopf. Selbst dann nicht, als er auf die Eliteakademie wechselt und sie immer stärker vernachlässigt. Und nicht einmal, als er anfängt, die Positionen des Tyrannen Cabrysz zu übernehmen. Darfst du einen Menschen aufgeben, der dir einen Splitter seiner Seele anvertraut hat? Kannst du mit einem Menschen weiter befreundet sein, den du kaum noch wiedererkennst? Und vor allem: Wie erträgst du den Schmerz, wenn dir die Seele gebrochen wurde?
SpracheDeutsch
Herausgeberepubli
Erscheinungsdatum11. Okt. 2020
ISBN9783753108025
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    Buchvorschau

    Verraten - Vanessa S. Kleinwächter

    Verraten

    Impressum

    Widmung

    Content Notes

    Prolog

    Eins

    Zwei

    Drei

    Vier

    Fünf

    Sechs

    Sieben

    Acht

    Neun

    Zehn

    Elf

    Zwölf

    Dreizehn

    Vierzehn

    Fünfzehn

    Sechzehn

    Siebzehn

    Achtzehn

    Neunzehn

    Zwanzig

    Einundzwanzig

    Zweiundzwanzig

    Dreiundzwanzig

    Vierundzwanzig

    Fünfundzwanzig

    Sechsundzwanzig

    Siebenundzwanzig

    Achtundzwanzig

    Neunundzwanzig

    Dreißig

    Einunddreißig

    Zweiunddreißig

    Dreiunddreißig

    Vierunddreißig

    Fünfunddreißig

    Sechsunddreißig

    Siebenunddreißig

    Achtunddreißig

    Neununddreißig

    Vierzig

    Einundvierzig

    Zweiundvierzig

    Dreiundvierzig

    Vierundvierzig

    Fünfundvierzig

    Sechsundvierzig

    Siebenundvierzig

    Achtundvierzig

    Neunundvierzig

    Fünfzig

    Einundfünfzig

    Zweiundfünfzig

    Dreiundfünfzig

    Vierundfünfzig

    Fünfundfünfzig

    Sechsundfünfzig

    Siebenundfünfzig

    Achtundfünfzig

    Neunundfünfzig

    Sechzig

    Einundsechzig

    Zweiundsechzig

    Dreiundsechzig

    Vierundsechzig

    Danksagung

    Impressum

    Texte: © Vanessa S. Kleinwächter

    Coverfoto: Paul Hermann via unsplash

    Verlag: Vanessa Kleinwächter, c/o AutorenServices.de, Birkenallee 24, 36037 Fulda

    scherbenpost@lenses-and.ink

    twitter.com/androgynouvelle

    Druck: epubli - ein Service der neopubli GmbH, Berlin

    Widmung

    Für Tobias, ohne den Naels Welt ganz anders aussehen würde - und meine auch.

    Content Notes

    Schule

    Trauma/PTBS

    Tod

    Vernachlässigung/schlechtes Verhältnis zu den Eltern

    Waise-sein

    Mobbing

    Kapitalismus und Armut

    Depression und Burnout

    Cissexismus/Misgendering

    Verletzungen und Waffen

    Sekten

    Vermissen, Liebeskummer, Eifersucht

    (Reden über) Sex, nichtgrafische Erwähnung von Übergriffigkeit

    (nicht sexualisierte) Nacktheit

    ungesundes Essverhalten

    (Erwähnung von) Menstruation

    Alkohol

    Prolog

    „Es ist real." Beinahe traute ich mich gar nicht, diesen Satz zu denken oder auch noch zu glauben. Doch wann fragten Gedanken schon nach Erlaubnis, bevor sie sich im Kopf festsetzten? Eben. Und dieses Mal war es ein guter Gedanke, der da von mir Besitz ergriff. Er riss mir die Mundwinkel zu einem ungläubigen Grinsen nach oben und nahm mir eine Last, die ich lange mit mir herumgeschleppt hatte. Wieder und wieder ließ ich den Blick die goldenen Buchstaben entlang gleiten, die über dem Tor des steinernen Gebäudes angebracht waren. Als könnte ich sie mir eingebildet haben. Doch so oft ich die Wörter auch las: Sie verschwanden nicht. Sie veränderten sich auch nicht. Wäre ich mir dabei nicht albern vorgekommen, hätte ich sie wahrscheinlich sicherheitshalber laut ausgesprochen: „Kullë Guri - Internat von Siguri". Erleichterung, Freude, Erschöpfung, Neugierde, Nervosität – ich war ein einziges Gefühlschaos in Menschengestalt. Und doch: Dieser menschliche Körper mit den etwas zu dunklen Ringen unter den etwas zu gelben Augen, mit den etwas zu kurz genagten Fingernägeln an den etwas zu rauen Händen, mit den etwas zu konfusen Gedanken hinter der etwas zu käsigen Stirn – dieser Körper stand am richtigen Fleck. Und es war meiner; auch wenn es sich anfühlte, als würde ich einem Theaterstück zuschauen und nur zufällig mitten im Kopf der Protagonistin sitzen. Im Hintergrund spielte kein Orchester, im Hintergrund wiederholte sich nur immer wieder dieser eine Satz: „Es ist real. Esistrealesistrealesistreal. Es. Ist. Real." Es war kein Theaterstück - es war mein Leben. Nun musste ich also nur noch den Mut finden, zu klingeln. Und dann Worte, die den Direktor überzeugten, mich bleiben zu lassen. Nichts schwieriger als das.

    Wieder einmal war ich davon fasziniert, wie unterschiedlich schwierig der beinahe selbe Handgriff in unterschiedlichen Situationen auszuführen sein konnte. Bei Leuten klingeln, die ich seit Ewigkeiten kannte? Passierte quasi von selbst. Am Tor der Schule klingeln, an der ich hoffte, nach all der Zeit endlich meine Magie-Kenntnisse ernsthaft ausbilden zu können? Haha, als ob. Es war, als würden meine Hände sich schlichtweg alle beide weigern, sich zu bewegen. Nicht, weil meine Muskeln es nicht konnten. Sondern weil meine Angst mich nicht ließ. So oft hatte ich davon geträumt, durch diese Tür zu gehen - doch nun, da ich nur noch wenige Schritte von ihr entfernt war, wünschte ich mir fast, sie würde sich niemals öffnen. Ich konnte auch einfach wieder abhauen! Kein Mensch musste wissen, dass ich jemals auch nur hier gewesen war. Einfach wieder gehen, mich bei Myranda verkriechen, warten bis zur Feier meines zweihundertzweiundzwanzigsten Vollmondes, nach der ich frei sein würde…

    Die Erinnerung an Myranda stach. Vielleicht wurde mir erst jetzt so richtig bewusst, wie weit entfernt ich von ihr war. So einfach war das mit dem Zurückkehren ja nicht, sonst stünde ich schließlich nicht hier. Vor diesem Tor. Endlich. Denn egal, wie sehr ich meine älteste Freundin vermisste: Warten hatte ich versucht – und letztendlich aufgegeben. Gewartet hatte ich schon viel zu lange und ich würde keinen Moment mehr länger warten. Vom Frust angetrieben ließ ich meine linke Hand nun doch endlich nach vorne schnellen. Kein Klingelgeräusch drang bis hier draußen, doch schon wenig später schwang die Tür auch schon auf und eine Stimme erklang: „Willkommen am Internat von Siguri. Bitte melden Sie sich im Sekretariat an, das das Sie im rechten Gebäudeteil im ersten Stock finden. Nun, da ich es bis hierher geschafft hatte, würde das das geringste Problem darstellen, hatte ich doch das Gefühl, schon tausendmal durch die Gänge dieser Schule gelaufen zu sein. Ich strich mir eine lange glatte Strähne von der Schulter – wenigstens meine dunkelblauen Haare mochte ich an mir wirklich gern! Dann trat ich durch das Tor. Und… fühlte mich komplett verloren. Schon nach den ersten Schritten musste ich feststellen, dass ich mich nicht halb so selbstbewusst orientieren konnte, wie ich es mir vorgestellt hatte. Eigentlich keine große Überraschung, denn diesmal war ja Annabelle Lumtur nicht an meiner Seite. Wie auch? Hatten unsere gemeinsamen Streifzüge doch nur in meinem Kopf stattgefunden. Immer und immer wieder, seit dem Tag, an dem ich zum ersten Mal das Buch aufgeschlagen hatte, das nun sicher zwischen den Kleidungsstücken meines Gepäcks verstaut war. Das Foyer hingegen, das ich soeben betreten hatte, war real und groß und menschenleer. Es hatte nichts von der einladenden Freundlichkeit, die ich erwartet hatte. Der Boden war nicht wie in meiner Vorstellung mit weichem Teppich ausgelegt, sondern bestand aus Marmor. Ausgerechnet. „Vielleicht bin ich hier ja doch falsch, schoss es mir durch den Kopf. Als hätte ich mich eben nicht tausendmal versichert, vor dem Kullë Guri zu stehen. Zaghaft wanderte mir mein Blick voraus, als ich stehen blieb, um den Anblick in mich aufzunehmen. Alles wirkte so… gerade. Die strahlend weißen Säulen, die aussahen, als wollten sie eine ganze Kuppel tragen und nicht bloß die ohnehin schon einschüchternd hohe und ebenso weiße Zimmerdecke. Die feinen goldenen Vorhänge vor den bodentiefen Fensterbögen auf der gegenüberliegenden Seite, die im blendenden Licht der einfallenden Sonne glänzten. Auf dem Boden war kein einziger Fußabdruck zu erkennen. Das alles wirkte eher wie ein edler Ballsaal als das Foyer einer Schule. Dazu beitragen, dass sich meine Ankunft hier wirklicher anfühlte, tat das nun gerade nicht. Doch dann auf einmal sah ich ihn: Durch eines der Fenster mir gegenüber war ein Turm zu erkennen, der nicht in stärkerem Kontrast zu den makellosen Säulen hier drinnen hätte stehen können. Seine grauen Steine waren moosbewachsen und verwittert, hier und dort fehlten einzelne. Und dennoch stand er unbeirrt noch immer da, wie zum Trotz. Der Steinerne Turm. Eine ganze Weile konnte ich den Blick nicht von ihm losreißen. Als würde er verschwinden, wenn ich wegsah. Dann fiel mir wieder ein, dass ich mich im Sekretariat zu melden hatte. Okay. Hoffentlich würde ich den Turm ja nun öfter zu Gesicht bekommen. Hoffentlich… Ich entdeckte einen Wegweiser zum Sekretariat und wandte mich nach rechts.

    Der Gang, der sich an das Foyer anschloss, war kaum weniger prunkvoll. Schmaler zwar, aber auch hier glänzte alles. Die Wände, die ich mir mit angenehmem Holz vertäfelt vorgestellt hatte, waren tiefgrün und mit goldenen Rankenmustern verziert. Auch hier war keine Spur davon zu erkennen, dass diese Burg schon hunderte von Monden stand. Oder dass das hier überhaupt eine Burg aus Stein war. Fenster gab es im Gang keine, wie ich beim Versuch, mich erneut nach dem Steinernen Turm umzudrehen, feststellte. Erhellt wurde der Korridor durch Bodenplatten, deren grellweißes Licht in alle Farben des Regenbogens zersprang, sobald ich die jeweilige Platte betrat. Ich fühlte mich wie ein kleines Kind in einem Märchen, als sei dieser Gang der verwunschene Wald, durch den ich wandelte. Blieb nur zu hoffen, dass in seiner Mitte kein Monster darauf wartete, mich zu zerfetzen. Ernsthaft Sorgen machte ich mir wiederum nicht. Zwar hatte ich noch immer keine Ahnung, was ich dem Direktor dieses Ortes sagen sollte – aber das alles wirkte auch noch immer viel zu surreal, als dass ich das Gefühl gehabt hätte, mir könnte hier irgendwas angetan werden. Kurz ertappte ich mich dabei, von Platte zu Platte zu hüpfen und das Gefühl zu genießen, dass ich sie zur Veränderung animieren konnte. Dann rief ich mich selbst zur Ordnung. Was, wenn ich einem neuen Menschen begegnete und er mich so sah? Wie peinlich wäre das denn! Also lieber ordentlich weiterlaufen wie eine, die an eine höhere Schule der Magiekunst gehörte. Ich straffte die Schultern und begann, die Treppe zu erklimmen, die am Ende des Ganges links nach oben führte. Auch hier leuchtete jede Stufe und ihr Weiß zerfiel zu Regenbogenfarben, sobald ich den ersten Fuß auf sie setzte. Die glänzenden Ranken zogen sich ebenfalls weiter. Beinahe hätte ich angefangen, in den Verzweigungen nach Tieren zu suchen, die zwischen den Ästen hin und her hüpften. Vielleicht kleine Siebenstreifchen, die mit ihren buschigen Schwänzen durch die Lüfte balancierten? Doch dieser Vorstellung wurde ein Ende bereitet, als die Ranken plötzlich endeten. Einen Moment lang starrte ich irritiert ins Leere, dann wurde mir klar, dass ich das erste Stockwerk erreicht hatte und schlichtweg die gesamte Wand aufgehört hatte. Ziemlich genau das war auch der Moment, als mein Herz aus seiner Verträumtheit hochschreckte und nervös zu hämmern begann. Das hier war kein Wald mit Siebenstreifchen. Vor mir lag ein Gespräch, das meine Zukunft maßgeblich beeinflussen würde.

    Ich wandte mich dem Wegweiser folgend nach links – und vom einen Augenblick auf den anderen geschah dasselbe, was mir bereits vor der Klingel passiert war: Ich konnte mich einfach nicht dazu bringen, mich weiterzubewegen. Diese ganze Idee war doch völliger Unsinn gewesen. Was hatte ich mir bitte dabei gedacht?! Gar nichts hatte ich gedacht, meine Güte, warum war ich nur so unvernünftig?! Hilflos tastete ich nach dem goldenen Amulett meiner Großmutter. Ich hatte sie nie kennengelernt, und doch war dieses Schmuckstück die letzte Verbindung zu meiner leiblichen Familie, an die ich mich überhaupt nicht mehr erinnern konnte. Ich packte es so fest, dass es mir tief in die Handfläche drückte. Wäre ich doch wenigstens nicht alleine! Wäre Myranda an meiner Seite, oder Annabelle… aber da war nur dieser kurze Gang, der an einer Sackgasse endete. Ich war in eine Sackgasse gelaufen. Wortwörtlich. „Jetzt reiß dich mal zusammen, fauchte Annabelle in meinem Kopf ungeduldig, „Bisschen melodramatisch sind wir heute, hm? Da ist ‘ne verdammte Tür, nicht das Ende der Welt! Und das hier ist nicht das Ende - es ist der Anfang. Ich dachte daran, wie selbstbewusst Annabelle durch diese Schule geschritten war. Die kleine, zierliche Annabelle, die an diesem Ort so viel Kraft gefunden hatte. Die am Ende ihrer Zeit hier ein ganz anderer Mensch gewesen war, ein glücklicher Mensch. Zugegeben, ihre Geschichte war etwas anders verlaufen. Sie hatte keinen Schulleiter zwischen sich und ihrem Traum gehabt. Aber von dem hätte sie sich auch nicht aufhalten lassen, das wusste ich. Und das bedeutete ja wohl, dass ich mich auch nicht aufhalten lassen musste - lassen durfte. „Danke, Annabelle", gab ich im Stillen zurück und dachte noch, dass ich wohl aufhören musste, in Gedanken mit fiktiven Charakteren zu sprechen, wenn ich mich hier einfinden wollte. Und, dass ich das überhaupt nicht wollte. Durch zu viele schwere Situationen hatte mich Annabelle nun begleitet, da konnte ich sie nicht vom einen Moment auf den anderen verstoßen. Klar wusste ich, dass sie nicht real war, aber geholfen hatte sie mir dennoch oft. Und wenn ich mir ansah, wie unsicher ich noch immer war, würde sie das wohl auch noch eine ganze Weile lang tun müssen.

    Jetzt aber erstmal endlich ins Sekretariat. Ich atmete tief durch, ließ das Amulett los und lief langsam in den kurzen Gang vor mir hinein. Im Gegensatz zu den Wänden des Treppenhauses waren diese hier in schlichtem Weiß gehalten. Steril. Der Gang hatte drei ebenso weiße Türen; schmucklos, zweckmäßig. An der Tür zu meiner Linken stand in kleinen, schwarzen Buchstaben: „Sekretariat". Ich nahm meinen ganzen Mut zusammen, in meinem Kopf nickte Annabelle mir aufmunternd zu. Dann klopfte ich.

    „Herein, erklang eine Stimme von drinnen und ich schob zögerlich die Tür auf. Das Zimmer dahinter war im Vergleich zur Eingangshalle unten überraschend klein und ebenso sparsam eingerichtet wie der Gang, der zu ihm führte: Bilder und Rankenmuster suchten meine Augen vergeblich. Links und rechts von mir bedeckten deckenhohe Regale die weißen Wände. Doch bevor ich ihren Inhalt näher in Augenschein nehmen konnte, erklang vor mir ein spöttisches: „Na, Sie haben sich ja reichlich Zeit gelassen. Dachte schon, Sie hätten sich verlaufen. Ich zuckte zusammen und wandte meinen Blick eilig der kurzhaarigen Person zu, die gesprochen hatte. Sie saß an einem kleinen schwarzen Schreibtisch, der wie der gesamte Raum ziemlich unspektakulär aussah im Vergleich zum Foyer des Kullë Guri – auf dem aber alles mindestens genauso gerade und ordentlich wirkte. Es war diese Art Schreibtisch, die meine Adoptiveltern sich immer von mir gewünscht und ich doch niemals gehabt hatte. Ein Gedanke, der mich schüttelte. Aber dies war nicht der Moment für ihn. Das hier war der Moment für mich. „Los, antworte!, forderte mich Annabelle auf und ich räusperte mich. „Äh. ‘Tschuldigung. „Schon gut. Ich häng ja den ganzen Tag hier rum, kam es von der Person schätzungsweise mittleren Alters, die hinter dem Schreibtisch saß. Vor ihr lagen Unterlagen, von denen sie mäßig interessiert aufgeschaut hatte, als ich hereingekommen war. Mein erster Gedanke war, dass sie ihren Satz sarkastisch meinte, mir einen Vorwurf machen wollte, doch dann kam mir eine andere Vermutung: Eigentlich klang die Person eher gelangweilt. Genau so sprach sie auch weiter: „Und was woll’n Sie jetzt eigentlich hier? Sollten Sie nicht im Unterricht sein? Sie musterte mich einen unangenehmen Augenblick lang und ich hatte den Eindruck, sie wolle fragen, was es mit meinem ganzen Gepäck auf sich hatte. Dann schien sie jedoch zu dem Schluss zu kommen, dass sie das nichts anging und genau genommen auch überhaupt nicht interessierte. Plötzlich keimte Hoffnung in mir auf: Ob dieser Mensch mich wohl einfach an diese Schule schmuggeln konnte, ohne dass ich das groß diskutieren musste?! „Ähm, also. Ja. Würde ich gerne. Nur… Eine fragend hochgezogene Augenbraue. Ich seufzte. Ich hatte keine gute Ausrede. Ich hatte nur die Wahrheit und die Kraft der Verzweiflung. „Na ja. Ich bin… noch gar nicht hier eingeschrieben. Erneut musste ich mich räuspern. „Und das fällt Ihnen jetzt ein? Zwei Wochen nach Beginn des Semesters? Da war er doch wieder, ein deutlicher Anflug von Spott. Ein nicht gerade kleiner Teil von mir wollte einfach nur wegrennen und sich heulend irgendwo verkriechen. Aber wohin hätte ich gehen sollen? Wenn ich das hier noch durchstand, konnte ich heute Abend vielleicht, ganz vielleicht, in einem Schlafzimmer des Internats schlafen gehen. Konnte aufhören wegzurennen und anfangen anzukommen. Ich musste einfach wissen, dass ich es zumindest versucht hatte. „Ja, ich weiß, tut mir leid. War nicht so einfach, hier herzukommen. Und ich war mir auch gar nicht sicher, wie ich das anstellen soll. Meine Eltern leben nicht mehr und meine Adoptiveltern hätten mich hier unter keinen Umständen angemeldet und ich wollte unbedingt… was lernen, bremste ich meinen ungeplanten Redeschwall ab. Noch eine hochgezogene Augenbraue. Dann: „Nun. Das erklären Sie Doktor Haxxley am besten selbst. Der Blick der Sekretariatsperson wanderte bedeutungsschwer zu dem goldenen Amulett auf meiner Brust. „Wir sind hier zwar nicht die Jugendwohlfahrt. Aber, - obwohl wir allein im Raum waren, wurde ihre Stimme plötzlich zu einem Flüstern -, „ich könnte mir vorstellen, Sie können ihn… überzeugen."

    ~~~

    Es konnte nicht viel Zeit vergangen sein, und doch fühlte es sich an, als hätte ich Ewigkeiten im Büro des Rektors verbracht, als ich schließlich heraustrat und mich nur mit Müh und Not davon abhalten konnte, närrische Luftsprünge zu vollführen. Der Sekretariatsmensch hatte Recht behalten: Ich hatte es geschafft, Doktor Haxxley dazu zu bringen, mich an der Schule bleiben zu lassen!!!!! Aber auch mit dem Preis hatte er sich nicht verschätzt. Ich fühlte mich seltsam nackt ohne mein Amulett, das nun an einer Wand von Haxxleys Büro baumelte. Und die Erinnerung an dessen herablassende Art ließ mich nicht los. Dieser starre Blick aus turmalingrünen Augen, der deutlich machte, dass er von Träumen und Hoffnungen nur äußert wenig verstand. Dieses gönnerhafte Grinsen, als er mir letztendlich doch einen Platz an seiner Schule zugestanden hatte. Hoffentlich waren nicht alle Menschen hier so! Haxxley für seinen Teil hatte sich letztendlich verabschiedet, um Schwertkampf zu lehren. Da ich erst ab dem nächsten Tag am Unterricht teilnehmen sollte, wanderte ich nun etwas verloren über das Schulgelände. Aufs Zimmer wollte ich noch nicht gehen: Die wurden nämlich jeweils zu zweit geteilt und ich wollte meiner Mitbewohnerin ungern den Schrecken ihres Lebens einjagen, wenn ich einfach ohne Vorwarnung bei ihr im Schlafzimmer saß. Erstmal würde ich beim Abendessen die Gelegenheit nutzen, mich vorzustellen. Auch wenn mir davor schon jetzt graute. Ich hasste es, irgendwo neu zu sein. Ich hatte dann immer das Gefühl, irgendwer hätte mich auf eine Bühne gestoßen, grelle Lichter auf mich gerichtet, leider aber vergessen, mir zu verraten, welchen Text ich überhaupt aufsagen sollte. Aber irgendwie würde ich das schon hinter mich bringen. Jetzt, da ich es an die Schule meiner Träume geschafft hatte, schien alles möglich.

    Erschöpft, aber irgendwie doch zu neugierig, um mich einfach irgendwo hinzusetzen, lief ich weiter über den ausschweifenden grünen Innenhof des Internats. Irgendwo hier musste sich auch der Litar Shpëtimi aus dem nahe gelegenen Vetmia-Gebirge über das Schulgelände schlängeln, wie ich aus der Geschichte um Annabelle wusste. Nach einem langen, immer noch etwas ungläubigen Blick auf den Steinernen Turm ließ ich den hinter mir und kam schließlich an einem nicht weniger verwitterten Torbogen an. Und – direkt unter dem Torbogen, mit dem Rücken an die Steine gelehnt, saß schon ein anderer Mensch. Sein helles Gesicht war halb von glatten, schulterlangen Haaren verdeckt, die ebenso grün waren wie das Moos, das zwischen den Steinen wucherte. Ich war so nah, dass ich ihn vor sich hin murmeln hören konnte, doch er sah nicht auf. Sofort schossen mir tausend Fragen durch den Kopf: Was machte er ganz allein hier draußen, obwohl doch gerade Unterricht war? Warum ignorierte er mich so gänzlich? War er zu eitel, einer neuen Mitschülerin auch nur ein kurzes „Hallo" zuteil werden zu lassen? War er am Ende gar aus dem Unterricht geschickt worden, weil er sich gemein verhalten hatte? Oder lag es schlicht und ergreifend an mir? Gab ich so einen abstoßenden Anblick ab, dass er sich lieber erst gar nicht mit mir abgab?

    Später sollte ich lernen, dass ich mit all diesen Sorgen daneben gelegen hatte. Ich sollte lernen, dass der Name dieses Menschen Jake war und er mich an diesem Tag überhaupt nicht bemerkt hatte. Viel zu vertieft war er gewesen in eine beeindruckend realitätsgetreue Zeichnung eines Käfers, der vor ihm auf dem Boden herumgekrabbelt war. Ich sollte lernen, dass Jake in meinen Jahrgang ging, den Schwertkampfunterricht aber nicht selten schwänzte. Ich sollte lernen, dass er einer der wundervollsten Menschen war, denen ich je begegnet war. Doch all das wusste ich in diesem Moment noch nicht.

    Und wie sehr er mir einmal wehtun würde, das ahnte ich auch nicht.

    Eins

    Ich hatte es kommen sehen, doch das machte es nicht im Geringsten besser zu ertragen. Lange waren sie nur ein düsterer Schatten am Rande meines Bewusstseins gewesen. Jetzt standen sie in Fleisch und Blut vor uns. Falls davon bei ihnen noch die Rede sein konnte. Ihr toter Blick hätte mich nicht besser zum Frösteln bringen können, hätten sie mich mit knochigen Fingern in einen Trog gefrorener Herzen gestoßen. Leer und tot und kalt starrten ihre Augen unter den stahlgrauen Kapuzen hervor. Jede Hoffnung, dass es sich um eine Verwechslung handeln könnte, wäre ein kläglicher Versuch des Selbstbetrugs gewesen. Die Scherben des Cabrysz, zwei von ihnen. Sie waren gekommen, um mir meinen besten Freund zu nehmen.

    Natürlich wollten sie Jake haben. Wer hätte das nicht gewollt? Schließlich war er Jahrgangsbester in so ungefähr jedem Fach. Außerdem konnte er verdammt gut zeichnen. Okay, letzteres war genau genommen nichts, was am Kullë Guri auf viel Begeisterung stieß. Zeichnen! So ein Firlefanz! Direktor Doktor Haxxley wäre es bedeutend lieber gewesen, Jake hätte endlich mal mehr Interesse am Schwertkampf gezeigt. Ein harter Kerl sein und so’n Quatsch. Aber Schwerter waren einfach überhaupt nicht Jakes Welt. Welten entstanden bei ihm auf dem Papier. Oder auf der Leinwand. Oder an den Wänden seines Zimmers. Aber nicht, indem er eine Klinge in die Hand nahm und andere Menschen damit bedrohte. Dieser ewige Wettstreit, diese aufgesetzte Härte und ständige Angeberei waren ihm total zuwider. Viele Typen an unserer Schule waren so. Konnten es gar nicht erwarten, dass wieder das wöchentliche Schwertkampf-Training anstand. Prügelten sich um die am stärksten glänzenden Waffen. Regelmäßig versuchte irgendwer, ein Schwert aus der Kampfhalle zu schmuggeln, um damit später anzugeben und Aufmerksamkeit zu erheischen. Regelmäßig scheiterte die Person dabei unter dem wachsamen Blick von Doktor Haxxley und Jake machte sich darüber lustig, wenn wir abends am Fluss saßen. Quasi jeden Abend saßen gemeinsam dort - und wenn nicht, dann saßen wir vermutlich gerade am Kleinen Torbogen, dort, wo wir uns zum ersten Mal begegnet waren.

    Es ließe sich denken, ein Tag wie dieser käme mit Pauken und Trompeten daher. So ein Tag, der alles verändert. Doch das brauchten die beiden Scherben gar nicht. Sie hatten eine derartig dominante Präsenz, dass es unmöglich war, sie zu ignorieren. Auch wenn ich das liebend gern getan hätte. Die Augen schließen wie ein kleines Kind. Was ich nicht sehe, ist auch nicht da. Nur machte es das natürlich auch nicht besser.

    Sie hingegen schenkten meiner Anwesenheit keine allzu große Beachtung, stießen mich unsanft zur Seite. „Ey!, wollte ich rufen, doch meine Stimme verkümmerte zu seinem unverständlichen Krächzen. Eine Entschuldigung schienen die beiden nicht nötig zu haben. Stattdessen wandten sie sich ohne zu stocken an Jake: „Schön, Sie hier anzutreffen. Fast synchron schauten wir beide uns irritiert um und rollten dann mit den Augen. Es war ein Nachmittag in der Schulzeit, wir befanden uns in einer Gasse des anliegenden Dorfes Siguri – das war nun wirklich nicht ungewöhnlich. Und dass es schön war, hier auf Anhänger des Cabrysz zu stoßen, konnten wir auch nicht gerade bestätigen. Uns einfach abwenden und weitergehen konnten wir aber auch nicht. Obwohl sie ja genau genommen auch nur Menschen waren, zogen die beiden uns regelrecht in ihren Bann, auch wenn es ein unangenehmer war. Vielleicht vielmehr eine Schockstarre. So sagte ich nichts, als sie Jake um ein Gespräch unter sechs Augen baten. Ein ungutes Gefühl hatte ich aber dennoch. Für einen Moment trafen mich die stahlgrauen Augen der einen Scherbe und mich durchzuckte die Angst, sie hätten nur einen Vorwand gesucht, ihn ungestört anzugreifen. Hektisch ließ ich den Blick die Straße hinauf und hinunter wandern in der Hoffnung, irgendeinen Menschen zu sehen, den ich kannte. Den ich um Hilfe bitten konnte - darum, ein wachsames Auge auf das Geschehen zu behalten. Uns zu unterstützen, falls es nötig wurde. Doch die Straße war wie leergefegt. Scheiße! Mein Herz begann, panisch zu hämmern. Für einen sehr langen Moment war ich überzeugt, hier und jetzt meinen besten Freund zu verlieren. Dann setzte mein Verstand wieder ein, und zwar in der Form von Annabelle: „Wenn sie Jake angreifen wollen würden, meinste nicht, sie hätten das einfach gleich aus dem Hinterhalt getan, statt sich extra einen Vorwand auszudenken, mit ihm reden?", flüstere sie in meinem Kopf, und ich musste zugeben, dass sie recht hatte. Okay. Okay. Das machte die ganze Situation zwar nicht angenehmer, aber ein wenig weniger bedrohlich. „Danke, Annabelle. Ich frag jetzt einfach nicht, warum du dich so gut mit Angriffsstrategien auskennst, ja?" Annabelle grinste viel- und nichtssagend. Ich meinerseits wandte meine Aufmerksamkeit wieder der Realität zu. Jake neben mir schien noch immer nicht in der Lage, sich von den Scherben loszureißen. Widerwillig stimmte er dem Gespräch zu. Besorgt behielt ich die drei im Auge, als sie einige Schritte weiter-gingen, weg von mir – verstehen, was sie sagten, konnte ich allerdings nicht.

    Nach dem Gespräch war Jake seltsam drauf. Er wirkte aufgeregt, etwas nervös – aber nicht unbedingt auf negative Art und Weise. Das Gespräch hatte er unbeschadet überstanden, das war schonmal gut. Doch was bitte hatten die Scherben zu ihm gesagt?! Er schien nicht verängstigt oder frustriert. Ganz im Gegenteil: Es schien, als habe er völlig vergessen, mit wem er da gerade gesprochen hatte. Als hätte er eine gute Nachricht bekommen. Eine schöne Erfahrung mit den Scherben?! Davon hatte ich ja noch nie gehört. Und das passte auch überhaupt nicht dazu, wie ich die Situation wahrgenommen hatte - wie ich geglaubt hatte, dass Jake sie ebenfalls wahrgenommen hatte. Gerade er verachtete die Scherben doch zutiefst! So wie in seine Welt aus Kohlestift und Farben keine Schwertkämpfe passten, so passte es erst recht nicht zu ihm, mit einer grauen Kutte durch die Gegend zu laufen und Menschen einzuschüchtern. Denn nichts Anderes taten die Scherben schließlich: Sie zogen durch die Dörfer und terrorisierten die Leute. Und ab und zu versuchten sie eben, talentierte junge Magier anzuwerben. Das wussten wir beide. Auch, dass sie anscheinend zumindest einen Versuch gestartet hatten, Jake auf ihre Seite zu kriegen, wunderte mich nicht. Aber dass dieser so positiv darauf reagierte, machte mich stutzig. Was für ein Angebot hatten sie ihm unterbreitet, vor dem er nicht sofort schreiend weggelaufen war? Hatten sie ihn gar verhext?! Warum regte er sich jetzt nicht mit mir gemeinsam darüber auf, dass die Scherben inzwischen auch schon in Siguri ihr Unwesen trieben? Warum pflasterte er den Heimweg nicht mit Flüchen und Verwünschungen? Im Gegenteil hopste er herum, als hätte er ein besonders schönes Geschenk bekommen – etwas, das ihm gerade in der Öffentlichkeit so überhaupt nicht ähnlich sah. Er war so in seinem Freudentaumel gefangen, dass er gar keine Zeit fand, mir zu erzählen, was die beiden denn nun überhaupt gesagt hatten. Seufzend und kopfschüttelnd ging ich den Weg zurück zur Schule neben ihm her. Für gewöhnlich freute ich mich ja, wenn es Jake gutging und er sich für etwas begeisterte. Doch diese Sache mit den Scherben, die gefiel mir ganz und gar nicht. Was auch immer sie von ihm gewollt und ihm angeboten hatten – es konnte eine Zusammenarbeit mit ihnen im Grunde gar nicht wert sein. Selbst, wenn es etwas war, das Jake gerne haben wollte – mit Cabrysz zu tun haben konnte doch gar nicht gutgehen…

    Zwei

    Jake bekam es allen Ernstes hin, den gesamten Weg zur Schule über nicht ein einziges Wort darüber zu verlieren, was er soeben im Dorf erlebt hatte. Nicht einmal, wie es mir ging, nachdem die Scherben mich angerempelt hatten, fragte er mich! Und selbst, als wir längst an unserer Lieblingsstelle am Litar angekommen waren, war er noch immer viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Doch dass er richtig aufgekratzt war,  das war deutlich zu spüren. Er versuchte, Kieselsteine übers Wasser hüpfen zu lassen, was am Fluss natürlich nicht sonderlich gut funktionierte. Unter leisem Quieken flüchtete ein Schwarm Flusssterne aus seiner Reichweite. Die kleinen Tierchen mit flachem, sternförmigem Körper hatten ein kurzes hellbraunes Fell, das ziemlich flauschig aussah. Streicheln ließen sie sich jedoch nie. Mit ihrem kräftigen Schwanz bewegten sie sich flinker durchs Wasser, als ich ihnen im ersten Moment zugetraut hätte. Das machte es gar nicht so einfach, sie zu zählen - eben deshalb machten wir uns oft gerne einen Spaß daraus. Aber nicht heute. Heute waren wir beide mit den Gedanken ganz woanders.

    Mit einem lauten Platschen sank schließlich der letzte Stein in den Fluss und Jake ließ sich daraufhin neben mich auf den Kies fallen. Seine Augen leuchteten, wie ich es bisher erst ein einziges Mal bei ihm gesehen hatte. Das war gewesen, als er nach Tagen ein Bild seines Kaninchens fertiggestellt hatte. Am Kullë Guri waren Haustiere verboten, deshalb lebte es bei seinen Eltern und er sah es nur selten. Sein detailgetreues Gedächtnis war jedoch faszinierend. Immer und immer wieder hatte er Kleinigkeiten korrigiert: das Fell hier ein bisschen dunkler, die Pfoten dort ein wenig krummer. Am Ende hatte ich aufs Blatt  geschaut und das Gefühl gehabt, ein echtes Tier säße auf dem Tisch. Ich hatte Jakes Haustier nie  gesehen, aber er war so stolz auf das fertige Bild gewesen, dass ich nicht den geringsten Zweifel daran hegte, dass es exakt so aussah. Genau das lag jetzt wieder in seinem Blick. Unendlicher Stolz.

    „Cabrysz will mich auf seiner Akademie!, platzte es nach einer kurzen Stille endlich aus ihm heraus. „Akademie, so konntest du es natürlich auch nennen. Ich hätte ja eher Worte wie „Sekte, „Männerbund, „Räuberbande gewählt. Kein Mensch wusste, was genau wirklich in der Festung vor sich ging, in der Cabrysz mit seinen Schergen hauste. Wie konnte Jake auch nur einen einzigen Gedanken daran verschwenden, den Widerstand gegen ihn aufzugeben? In die Stählerne Burg zu gehen?! Die Antwort folgte auf den Fuß: „Die beiden Magier, die wir heute getroffen haben, haben gesagt, dass sie schon viel von mir gehört haben – stell dir das mal vor! Sie waren ganz begeistert von meinen Zeichenkünsten! Ich konnte die Augenbrauen gar nicht so weit nach oben ziehen, wie ich gewollt hätte: „Die beschatten dich?! Wie gruselig! „Ach Quatsch. Sowas spricht sich doch herum. Hast du das noch nie mitbekommen? Wie oft ich mir in Siguri schon anhören durfte, dass Zeichnen doch nichts für einen jungen Mann wie mich wäre! Er rollte theatralisch mit den Augen. Dann fuhr er fort: „Andererseits treffe ich manchmal Menschen, mit denen ich im Leben noch kein einziges Wort gewechselt habe, die von meinen Bildern schwärmen. Das ist dann immer etwas seltsam, aber unheimlich schön. Ein zufriedenes Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus und mir fiel wieder ein, dass wir im Dorf schon öfter einmal von fremden Personen aufgehalten worden waren. Im Gegensatz zu ihm war ich dann aber immer froh, wenn wir wieder weiterkamen. „Und weißt du, was das Beste ist?, unterbrach Jake aufgeregt meine Erinnerungen. „Was? „Diese ganzen Versetzungsprüfungen, die wir hier am Kullë Guri ablegen müssen? Sowas haben die da überhaupt nicht! Ich laufe also nicht Gefahr, im Schwertkampf durchzufallen! Erleichterung lag in seiner Stimme. Der Schwertunterricht war

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