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Du füllst mein Herz mit Staunen: 52 naturverliebte Andachten
Du füllst mein Herz mit Staunen: 52 naturverliebte Andachten
Du füllst mein Herz mit Staunen: 52 naturverliebte Andachten
eBook314 Seiten4 Stunden

Du füllst mein Herz mit Staunen: 52 naturverliebte Andachten

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Über dieses E-Book

In ihrem Andachtsbuch nimmt die Autorin Silke Töpke den Leser in 52 Andachten mit auf eine Reise durch die Jahreszeiten und die Welt der Natur.
Wussten Sie z.B., dass Glühwürmchen wie ein Orchester rhythmische Leuchtkonzerte geben können? Oder haben Sie schon vom Nebeltrinkerkäfer gehört, der auch in der trockensten Wüste nicht verdurstet? Und ist es nicht erstaunlich, dass Schallwellen die Mauern von Jericho zu Fall gebracht haben könnten? Staunend entdeckt der Leser in den Andachten tausend kleine Wunder. Nicht selten weisen die Vorgänge in der Natur Parallelen zu biblischen Botschaften auf – wie moderne Gleichnisse.
Jede Andacht enthält eine persönliche Geschichte und den Bezug zur Bibel. Anschaulich. Leichtfüßig. Überraschend.
"Ich bin keine Naturwissenschaftlerin. Da es in meiner Kindheit bei uns zu Hause jedoch jeden Abend eine Andacht über die Wunder der Natur gab, habe ich seit dieser Zeit nicht mehr aufgehört, Fragen zu stellen und weiterzulesen, und entdecke voller Begeisterung immer wieder Neues."
Silke Töpke
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum1. Sept. 2021
ISBN9783765576188
Du füllst mein Herz mit Staunen: 52 naturverliebte Andachten

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    Buchvorschau

    Du füllst mein Herz mit Staunen - Silke Töpke

    1

    Über die Einzigartigkeit der Schneeflocken

    Es ist der erste Tag des neuen Jahres, die ganze Welt liegt wie eingefroren vor mir, als würde sie für einen Moment den Atem anhalten. In der Nacht ist so viel Schnee gefallen, dass wir den ganzen Nachmittag Schlitten fahren konnten. Jetzt geht die Sonne hinter den Hügeln unter und wir befinden uns auf dem Rückweg – müde, glücklich und mit der Hoffnung auf einen großen Becher heißen Kakao.

    Am schönsten ist der letzte Teil des Weges, wenn es leicht bergab geht und wir uns auf die Schlitten setzen dürfen, die mein Vater dann zieht. Es hat wieder leicht zu schneien begonnen und die Flocken setzen sich auf unsere Jacken und unsere Gesichter. Wir strecken unsere Zungen heraus, um sie aufzufangen.

    Mein Vater erzählt uns, dass jede Flocke einzigartig ist und dass jede ein anderes Muster hat. Mit bloßen Augen kann man das nicht erkennen, aber wenn man sie stark vergrößert, sieht man einen wunderschönen Eiskristall und keiner gleicht dem anderen. Kaum vorzustellen, dass diese wirbelnden Flocken um uns herum, die irgendwo in der großen weißen Masse verschwinden oder auf unseren Gesichtern schmelzen, etwas so Besonderes sind und jede ein individuelles Muster hat. Was für eine Verschwendung!

    Gott, der Schöpfer des Universums, hat uns in diesen kleinen weißen Flocken eine Botschaft hinterlassen wie in so vielen Dingen um uns herum. Wir müssen nur genau hinschauen. Wenn er sich für die kurzlebigen Schneeflocken die Mühe gemacht hat, individuelle Muster zu entwerfen, wird er dann in uns nicht noch viel mehr Mühe investiert haben?

    In Psalm 139,14 (Hfa) steht: „Herr, ich danke dir dafür, dass du mich so wunderbar und einzigartig gemacht hast! Großartig ist alles, was du geschaffen hast." Die Botschaft lautet: Du bist einzigartig! Darauf weisen schon unsere – ebenso einzigartigen – Fingerabdrücke hin.

    Der Fingerabdruck des Menschen entsteht ab dem dritten Schwangerschaftsmonat, also relativ früh, und ist dann für das ganze Leben festgelegt. Trotz Verletzungen (wenn du dich z. B. in den Finger geschnitten hast) bleibt er unverändert dein individueller Fingerabdruck. Niemand sonst auf dieser Welt, nicht einmal dein Zwillingsbruder oder deine Zwillingsschwester, hat dasselbe Muster wie du. Ist das nicht genial?

    Du trägst Gottes Muster an deinen Fingern, das dir sagt: Du bist mir so wichtig, dass ich mir für dich ein einzigartiges Muster ausgedacht habe, das niemand sonst auf dieser Welt an seinen Fingern trägt. Du bist wertvoll für mich. Ich liebe dich!

    Wenn wir durch unser Leben gehen, hinterlassen wir nicht nur auf allem, was wir anfassen, Fingerabdrücke; wir hinterlassen auch noch andere Spuren, die zeigen wer wir sind. Leben wir unser einzigartiges Leben, das uns geschenkt wurde, oder verschwinden wir in der großen wirbelnden Menschenmasse um uns herum? Ignorieren wir das Muster an unseren Fingern und Gottes Liebesbotschaft oder glauben wir an einen Schöpfer und versuchen in den Spuren, die er in seiner Schöpfung hinterlassen hat, mehr über ihn herauszufinden?

    Das neue Jahr liegt vor uns und wir wissen nicht, was uns erwartet. Aber wir können darauf vertrauen, das der, der den Schneeflocken so viel Aufmerksamkeit zukommen lässt, uns durch das neue Jahr begleitet und für uns alles vorbereitet hat, was wir brauchen – was unsere Seele braucht, um zu wachsen.

    2

    Erschöpfung

    Das Jahr ist noch nicht alt, aber schon sind alle guten Vorsätze vergessen. Der Glanz der Weihnachtszeit und der feierliche und Funken sprühende Abschied vom letzten Jahr liegen hinter uns.

    Müde schleppe ich mich durch den Tag. Die letzten Wochen waren schön, aber auch anstrengend. Irgendwie ist die Luft raus und ich habe das Gefühl, keine Kraft mehr zu haben. Dies ist eine dunkle Jahreszeit, kein Highlight ist in Sicht. Keine Feier, kein Urlaub, überhaupt nichts Besonderes und der Frühling ist noch weit entfernt. Am liebsten würde ich mich in einer dicken flauschigen Decke auf dem Sofa einrollen und Winterschlaf halten. Schlafen, bis der Sommer kommt. Meinen Alltag ausblenden. Aber der wartet auf mich mit zahlreichen Aufgaben, die erledigt werden müssen.

    Ich brauche dringend eine Auszeit und hoffe, dass ein kurzer Spaziergang an der kalten Winterluft mich ein wenig wacher werden lässt. Das triste Januarwetter lässt die menschenleeren Straßen noch grauer aussehen. Nachdenklich biege ich in den Weg ein, der auf die Felder führt. Aber hier draußen sind meine Schritte genauso schwerfällig, meine Müdigkeit bleibt und liegt wie eine schwere Decke auf mir. Da ertönt über mir der Schrei eines Vogels. Ich sehe nach oben und entdecke einen Raubvogel, der am Himmel seine Kreise zieht. Vielleicht ist es ein Adler?

    Ein Prediger hat in unserer Gemeinde einmal erzählt, wie Adlereltern sich verhalten, wenn ihre Kinder die ersten Flugversuche unternehmen. Sie fliegen die ganze Zeit direkt unter ihnen, und wenn die jungen Adler die Kraft verlässt, nehmen sie sie auf ihren Rücken und tragen sie zurück nach oben in den Adlerhorst.

    In Jesaja 40,31 (L) steht: „Aber die auf den Herrn harren, kriegen neue Kraft, dass sie auffahren mit Flügeln wie Adler, dass sie laufen und nicht matt werden, dass sie wandeln und nicht müde werden."

    Dies ist einer meiner Lieblingsverse in der Bibel. Seit ich weiß, dass der Adlervater sein erschöpftes Kind auf seinen Rücken nimmt und auf diese Weise zurück in das sichere Nest bringt, stelle ich mir vor, wie Gott in unserem Alltag die ganze Zeit unter uns „fliegt". Wenn wir keine Kraft mehr haben und auf ihn vertrauen, dürfen wir uns auf seinem starken Rücken ausruhen. Wir dürfen unsere müden Flügel ablegen und unseren müden Kopf, in dem die Alltagssorgen wie in einem Hamsterrad kreisen. Wir dürfen es Gott sagen, wenn wir keine Kraft mehr haben, und ihn bitten, uns zu tragen.

    Wir versuchen immer für alle um uns herum stark zu sein, vielleicht glauben wir auch, dass die anderen das von uns erwarten. Wir kämpfen jeden Tag darum, alles unter Kontrolle zu haben. Aber dann trifft uns das Leben an einer Stelle, die wir nicht kontrollieren können, oder es wird alles einfach zu viel. Vielleicht haben wir uns zu weit vorgewagt, sind eine viel zu weite Strecke alleine aus eigener Kraft geflogen und jetzt scheint jeder weitere Flügelschlag nur mit größter Kraftanstrengung möglich zu sein. Wie sollen wir weitermachen, wie können wir sicher landen?

    Die Antwort ist, dass du dich von Gott halten lassen musst. Überlasse ihm die Kontrolle, leg alles in seine Hände. Lass dich von ihm tragen. In Matthäus 11,28 sagt Jesus: „Kommt alle her zu mir, die ihr müde seid und schwere Lasten tragt, ich will euch Ruhe schenken." Versuche, bei Gott zur Ruhe zu kommen, ihm in deinem Gebet alles zu bringen, was dich erschöpft, und dann für einige Minuten die Augen zu schließen, die Stille zu genießen und zu spüren, dass Gott da ist.

    In dieser Stille kann Gott dir begegnen. In 1. Könige 19,11-12 wird beschrieben, wie Gott an Elia vorübergeht. Zuerst kommt ein Sturm, dann ein Erdbeben, dann ein Feuer. Aber Gott ist in keinem davon. Zuletzt vernimmt Elia einen ganz leisen Hauch. Da begegnet ihm Gott.

    In der Stille vor Gott kommen wir zur Ruhe, fühlen uns geborgen und gehalten und können sein leises Reden hören. Wenn wir aufhören, wie wild mit den Flügeln zu schlagen, wenn wir auf seinem Rücken landen und endlich zur Ruhe kommen, kann Gott unsere Seele wieder nach oben tragen. Dann werden wir neue Kraft finden, um weiterzufliegen.

    3

    Tellerjongleur

    An manchen Tagen komme ich mir vor wie ein Tellerjongleur. Wenn ich morgens aufstehe, stelle ich meine Jonglierstangen auf und packe die vielen Teller aus, die ich in meinem Leben so habe. Nacheinander bringe ich sie in Schwung, und wenn ich es geschafft habe, dass alle sich drehen, muss ich schon wieder bei meinem ersten Teller sein; er hat angefangen, auf seiner Stange zu wackeln, und muss wieder neu angedreht werden. So renne ich den ganzen Tag zwischen den Jonglierstangen hin und her und versuche, alles am Laufen zu halten.

    Ich weiß nicht, welche Teller du so auf deinen Stangen hast: Beruf, Studium oder Schule, Haushalt (eigentlich bräuchte man dafür ja mindestens zehn Teller), Partner (ja, auch unser Partner braucht liebevolle Aufmerksamkeit), Kinder, Enkel, Eltern, Geschwister, Gemeinde, Freunde, Ehrenämter, Vereine, Gesundheit …

    Was für Teller wir auch immer jonglieren müssen, es kann auf jeden Fall ganz schön stressig sein. Und manchmal ist da diese Angst, dass einer der Teller herunterfallen könnte, weil ich auf ihn nicht genügend geachtet habe. Manchmal frage ich mich, woher ich jeden Tag die Kraft dazu nehmen soll, zwischen meinen Tellern hin und her zu rennen und sie in Bewegung zu halten. Das sind die Tage, an denen meine Schritte langsamer werden, an denen es sich anfühlt, als müsste ich mich mühsam durch tiefen Wüstensand schleppen.

    Wie überlebt man in einer Wüste?

    Es gibt viele verschiedene Tricks, die die „echten" Wüstenbewohner anwenden, um Tag für Tag in diesem Lebensraum zu bestehen. Einen davon finde ich besonders faszinierend, weil wir von ihm etwas für unsere Wüstenzeiten lernen können. Angewendet wird er von einem kleinen Käfer in der Wüste Namib. Der Nebeltrinkerkäfer macht sich morgens ganz früh auf den Weg zu einer Sanddüne und begibt sich dort in eine Schräglage. Das heißt, er streckt sein Hinterteil in die Luft und senkt seinen Oberkörper nach vorne, als würde er sich vor der aufgehenden Sonne verbeugen oder beten. Das kann er, weil seine Hinterbeine länger als seine Vorderbeine sind.

    Während er das tut, passiert etwas Erstaunliches: Auf seinem unebenen Panzer kondensieren die feinen Tröpfchen aus dem Nebel, der morgens vom Atlantik herüberzieht, und laufen nach unten, direkt in den Mund des Käfers, sodass er sie trinken kann. Auf diese Weise nimmt er bis zu einem Drittel seines Körpergewichts an Wasser zu sich. Das wäre so, als würden wir bei einem Körpergewicht von 75 Kilogramm zweieinhalb große Eimer Wasser leer trinken. Das würde mir auch für einen ganzen Tag in der Wüste reichen!

    Aber kann ich daraus etwas über den Umgang mit meiner persönlichen Wüste lernen? Es ist interessant zu sehen, dass es eine Parallele gibt zwischen dem Verhalten des Nebeltrinkerkäfers und der Art und Weise, wie Jesus mit Stress umging. Kannte Jesus überhaupt Stress? Waren die Menschen zu seiner Zeit nicht viel entspannter, als wir es heute sind?

    In Markus 1,21-34 wird ein Tag aus dem Leben von Jesus beschrieben, der damit endete, dass die ganze Stadt vor seiner Tür stand. Die Erwartungen an ihn waren hoch. Er hatte den ganzen Tag beide Hände voll zu tun und konnte wahrscheinlich kaum Pausen machen. Wenn er versuchte, sich zurückzuziehen, stöberten ihn die Jünger schnell wieder auf (Vers 37). Wie schaffte es Jesus, in diesem Ansturm von Forderungen seine Ruhe zu bewahren, für alle da zu sein, Einzelne wahrzunehmen, ihre Bedürfnisse zu erkennen, liebevoll zu sein?

    Vers 35 gibt uns die Antwort darauf: „Früh am Morgen, als es noch völlig dunkel war, stand Jesus auf, verließ das Haus und ging an einen einsamen Ort, um dort zu beten (NGÜ). Jesus und der Nebeltrinkerkäfer sind beide ganz früh am Morgen unterwegs zu einem einsamen Ort. Der Käfer geht in eine „Anbetungsposition, um Wasser für den Tag zu tanken, und Jesus trifft sich im Gebet mit seinem Vater. Das ist seine Quelle für den Tag. Er ordnet im Gebet Gott seinen Willen unter, er erhält von ihm Anweisungen, er kommt bei seinem Vater zur Ruhe und tankt Kraft für alle Herausforderungen.

    Wie startest du am Morgen? Manchmal stolpere ich geradezu in meinen Tag hinein, nachdem ich bei meinem Wecker mehrmals auf die Schlummertaste gedrückt habe, renne mit offener Jacke und heraushängender Zunge zur Haltestelle, um meinen Bus noch zu bekommen, und lasse mich von den Ereignissen des Tages überrollen. Es gibt auch diese Tage, an denen wir als Familie schon mit Streit und schlechter Laune am Frühstückstisch sitzen.

    Vielleicht ist es gut, von Jesus und vom Nebeltrinkerkäfer zu lernen, wie man am besten in einen Tag startet. „Begegne zuerst Gott, bevor du einem Menschen begegnest", meinte auch der englische Baptistenpastor Charles Spurgeon sinngemäß. Vielleicht können wir es zu einer festen Gewohnheit in unserem Leben machen, unseren Wecker fünf Minuten früher zu stellen, um unseren Tag in Gottes Hände zu legen, bevor er begonnen hat.

    Fünf Minuten, um auf die Knie zu gehen und Gott für diesen neuen Tag zu danken und ihn als Geschenk anzunehmen. Fünf Minuten, um Gott die Kontrolle für diesen Tag zu übergeben, ihn um seine Begleitung zu bitten und einen Moment still zu werden, bevor wir uns auf den Weg in den Tag machen.

    Sich morgens mit Gott zu treffen, ist keine geistliche Pflichtübung. Es ist ein Privileg, mit dem Schöpfer des Universums reden zu können, mit dem, der den Sonnenaufgang gemacht hat und den kleinen Nebeltrinkerkäfer in der Wüste Namib und der weiß, was uns an diesem Tag erwartet.

    Wenn wir unseren Tag mit Gott beginnen, wird er uns den ganzen Tag begleiten. Wenn wir den Tag in Gottes Hände legen, können wir den Schwierigkeiten, die uns an diesem Tag begegnen werden, gelassener gegenübertreten, weil wir wissen, dass Gott die Kontrolle hat. Und wenn wir den Tag morgens als Geschenk aus Gottes Hand annehmen, werden wir mit dankbaren Augen durch diesen Tag gehen und bewusst auf die liebevollen Kleinigkeiten achten, die uns an diesem Tag begegnen.

    Wenn wir unseren Tag in Gottes Hände legen, ist er in den besten Händen.

    4

    Was wir nicht wissen

    Gegenüber von unserem Küchenfenster hängt ein Nistkasten an einem Baum. Im Frühling und im Herbst nisten darin Meisen und man kann in den Tagen, wenn die Jungen geschlüpft sind, zusehen, wie die Meiseneltern hektisch fortfliegen und irgendwann genauso hektisch mit Nahrung im Schnabel für ihre Küken zurückkommen. Sie liefern das Essen kurz ab und fliegen dann sofort wieder los. Das tun sie den ganzen Tag (was für ein Stress!).

    Manchmal geht es sehr schnell, manchmal sind die Eltern längere Zeit unterwegs. Ich frage mich, was die Meisenküken in der Zeit empfinden, wenn ihre Eltern nicht da sind. Auf jeden Fall piepsen sie sehr aufgeregt. Ganz bestimmt haben sie Hunger, aber vielleicht empfinden sie auch eine gewisse Ungewissheit. Ob ihre Eltern je wieder zurückkommen und sie weiter versorgen?

    Ich empfinde manchmal genauso, wenn es um Gott geht. Er ist mein Vater und ich bin sein Kind und doch scheint er manchmal irgendwo unterwegs zu sein. Ich kann seine Nähe nicht spüren und habe das Gefühl, in meinem dunklen Tal ganz alleine zu sein. In meinem Leben scheint es nicht weiterzugehen, mein klägliches Piepsen, meine Gebete bleiben gefühlt unerhört.

    Der Waldfrosch, der zwischen dem Norden Nordamerikas und Alaska und in Kanada vorkommt und der auch Eisfrosch genannt wird, hat eine interessante Strategie, um den Winter zu überstehen. Wenn die Temperaturen in den Minusbereich sinken, erstarrt ein Drittel des in seinem Körper enthaltenen Wassers zu Eis. Diese Eiskristalle kann man durch seine Haut hindurch sehen.

    Versucht man, nur eines seiner Froschbeine zu biegen, bricht es ab. Funktionen wie Herzschlag, Blutfluss und Atmung setzen in dieser Phase völlig aus. Der Frosch ist erfroren, förmlich zu Eis erstarrt, praktisch tot. Er kann nur überleben, weil sein Körper bei Einsetzen des Frostes ein körpereigenes Frostschutzmittel produziert, das in den Zellen abgelagert wird, sodass diese durch die Kälte nicht zerstört werden können.

    Wenn die Temperaturen tagsüber wieder bei 0 Grad Celsius oder höher liegen, taut der Frosch wieder auf. Sinken die Temperaturen nachts in den Minusbereich, friert er wieder ein, „stirbt" also erneut. Dieser Wechsel zwischen Auftauen und Einfrieren findet besonders im Spätherbst fast täglich statt, wodurch der Körper immer stärker mit Frostschutzmittel angereichert wird und der Frosch dann im tiefsten Winter auch längere Zeit in seinem vereisten Zustand überstehen kann. Würde man ihn essen, würde er wie ein sehr süßes Wassereis schmecken, weil er so voller Glukose ist …

    Bevor es in seinem Leben wieder Frühling wird, befindet sich der Frosch also in einer Art Warteschleife. Einfrieren, sterben, auftauen usw. Wenn er reden könnte, würde er vielleicht fragen, wie viele Tode er noch sterben muss und ob diese schreckliche Kälte jemals aufhört. Denn der Winter scheint endlos zu dauern und wird zunehmend schlimmer. Was der Frosch nicht weiß, ist, dass die Erde sich jeden Tag ein Stück auf der Umlaufbahn um die Sonne bewegt und dem Frühling jeden Tag ein kleines Stückchen näher kommt.

    In Johannes 5,17 (NGÜ) sagt Jesus: „Mein Vater hat bis heute nie aufgehört zu wirken, und weil er wirkt, wirke auch ich. Gott ist unermüdlich am Werk. Es ist das, was wir nicht sehen können, was wir nicht wissen, so wie der Frosch nicht weiß, dass die Erde in Bewegung ist. Gott hat einen Plan, er hat die Kontrolle, und was uns wie ein sehr schlimmer Winter in unserem Leben vorkommt, ist eine Wartezeit, die wir durchstehen müssen in dem Wissen, dass Gott uns niemals alleine lässt und im Hintergrund alles „vorbereitet, damit unser Leben sich in eine gute Richtung bewegt.

    „Gott hat euch in seiner Gnade durch Christus zu seiner ewigen Herrlichkeit berufen. Nachdem ihr eine Weile gelitten habt, wird er euch aufbauen, stärken und kräftigen; und er wird euch auf festen Grund stellen" (1. Petrus 5,10).

    Gott lässt dich in deiner „Warteschleife" nicht allein. Er bleibt bei dir und versorgt dich mit allem, was du brauchst, um diese schwierige Zeit durchzustehen – so wie er für den Frosch alles vorbereitet hat, damit dieser den Winter übersteht. Dein Frostschutzmittel ist Gottes Liebe.

    5

    Über die Langmut des Papageientauchers

    In der Dokumentationsreihe „Unser Blauer Planet 2"wird in der letzten Folge von einer Papageientaucherkolonie in der Arktis berichtet. In den Klippen ziehen sie ihre Jungen in Bruthöhlen auf und müssen, um sie mit Nahrung zu versorgen, jeden Tag fast 100 Kilometer weit fliegen. Auf dem Rückflug werden sie von Raubmöwen angegriffen, die versuchen, ihnen ihren Fang abzujagen. Sind die Möwen damit erfolgreich, war der weite und kräftezehrende Flug umsonst.

    Der Nachwuchs muss jedoch versorgt werden und so muss dieser Flug wiederholt werden. Wieder macht sich der Papageientaucher auf den Weg – ohne Rückversicherung, beim nächsten Mal erfolgreicher zu sein.

    Dieses Verhalten beeindruckt mich sehr. Geduld gehört nicht gerade zu meinen Stärken, Langmut (ruhiges, beherrschtes, nachsichtiges Ertragen) erst recht nicht. Das merke ich immer deutlicher, seit unsere Kinder in der Pubertät angekommen sind. Für kleine Kinder sind Eltern das Allergrößte (ihre Superhelden) und es gibt nichts Besseres für sie, als ihren Eltern bei irgendetwas helfen zu dürfen. Man kann sie mit Kleinigkeiten zum Strahlen bringen.

    Wenn die Pubertät beginnt, wird es schwieriger, sich als Eltern wie Superhelden zu fühlen. Eher als sehr unerwünschte und lästige Personen. Manchmal auch als unsichtbar. Und an manchen Tagen bekommt man das Gefühl, dass eine Umarmung das Schlimmste ist, was man jemandem antun kann. Dass eine Familie eine „Wohngemeinschaft" ist, zu der jeder etwas beitragen muss, und dass wir es als Eltern auch lästig finden, die Spülmaschine auszuräumen, sorgt für großes Staunen und ungläubiges Gelächter. Der Mülleimer ist übrigens seit kurzer Zeit ebenfalls unsichtbar geworden.

    Manchmal staunen wir als Eltern, was für wunderbare, hübsche und talentierte Kinder wir haben, und sind dankbar. Manche Erlebnisse sind schön. Manches ist lustig, aber manches ist auch verletzend (vermutlich auf beiden Seiten). Es gibt Auseinandersetzungen, nach denen es schwierig ist, wieder aufeinander zuzugehen. Ich finde es viel leichter, meine Geduld zu verlieren, zurückzuzicken, wilde Strafen zu verhängen oder das „Pubertier zu ignorieren und mich selbst zu bemitleiden, als an die zugeschlagene Zimmertür zu klopfen und mein Kind, das mich gerade „voll nervig findet, in die Arme zu nehmen.

    Vielleicht hast du keine pubertierenden Wesen in deiner unmittelbaren Umgebung, aber vielleicht brauchst du stattdessen jede Menge Geduld für altersstarrsinnige Eltern, einen Partner, der dich öfter mal auf die Palme bringt, oder einen Kollegen, der jeden Tag in der Woche „Montagslaune" hat.

    Es ist eine Herausforderung, eine Übung in Barmherzigkeit, immer wieder loszugehen und Liebe zu verschenken an Menschen, die durch ihr Verhalten eigentlich kein „Anrecht" auf unsere Liebe und Fürsorge haben. Es ist so viel einfacher, sich zurückzuziehen und zu schmollen. Und so viel schwieriger, auf den anderen zuzugehen und ihm etwas Gutes zu tun, nett zu ihm zu sein, ihn trotzdem in den Arm zu nehmen. Für ihn zu beten. Vielleicht über viele Wochen, Monate und Jahre und auch dann, wenn wir zurückgewiesen werden.

    Das ist die Langmut des Papageientauchers. Das nachsichtige Ertragen einer Situation und die Bereitschaft, sich immer wieder auf den anstrengenden Weg zu machen, auch dann, wenn man nicht weiß, ob die nächste Begegnung besser verlaufen wird.

    Gott ist liebevoll und barmherzig und erwartet von seinen Kindern, es ebenfalls zu sein, jeden Tag, immer wieder. Er möchte, dass wir uns bewusst dafür entscheiden, egal wie anstrengend und aussichtslos es ist. In Kolosser 3,12 (Hfa) lesen wir: „Ihr seid von Gott auserwählt und seine geliebten Kinder, die zu ihm gehören. Darum soll jetzt herzliches Mitgefühl euer Leben bestimmen, ebenso wie Güte, Bescheidenheit, Nachsicht und Geduld."

    Wir können uns aus dem Konflikt zurückziehen und schmollen, auf Distanz gehen zu dem Menschen, der uns verletzt hat, und auch zu Gott, der von uns Barmherzigkeit und Langmut erwartet, statt uns wütend sein zu lassen. Wir können uns verstecken und die Situation einfach ignorieren. Aber Gott wird uns immer hinterhergehen und uns wieder auf den Weg schicken. So wie er es auch mit Jona gemacht hat, der keine Lust hatte, einem Haufen undankbarer Menschen Gottes Warnung und damit Gottes Barmherzigkeit zu bringen.

    Wie schafft es der Papageientaucher, Tag für Tag diesen Flug zu absolvieren, der ihm so viel abverlangt? Er kann es nicht schaffen. Deshalb hat er eine „Regenerationszeit". Die Eltern wechseln sich nämlich immer mit dem Fliegen ab. Einer fliegt den weiten Weg, der andere bleibt in der Bruthöhle und ruht sich aus.

    Gott hat für uns auch eine „Regenerationszeit" in unsere Woche eingebaut. Doch wir

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