GegenStandpunkt 4-21: Politische Vierteljahreszeitschrift
()
Über dieses E-Book
Was haben das in den USA unter dem Titel „Build Back Better“ verkündete gigantischste ökonomische Aufrüstungsprogramm aller Zeiten und der immer heftiger werdende inneramerikanische Kulturkampf um Fragen wie Abtreibung oder Rassen- und Rassismustheorien miteinander zu tun? Auf den ersten Blick nichts, aber für die Weltmacht, ihre Führung und ihr Volk offenbar sehr viel. Woran also leiden die USA tatsächlich und warum kommen ihre Führer so zielstrebig darauf, dass sie sich um die „Seele Amerikas“ zu kümmern haben.
Welche Frage stellt sich, wenn internationale Gaslieferanten ihr Gas von Europa weg nach Asien umleiten und zusammen mit Spekulanten am „Spotmarkt“ die Preise nach oben treiben? Kein Zweifel: „Lässt Putin uns im Winter frieren?“ Zwar lässt er Gazprom weiter die vereinbarten Mengen nach Europa pumpen, aber der Öffentlichkeit liefert die in der Frage steckende anti-russische Hetze alle wesentlichen Auskünfte über den europäischen Gasmarkt und über die politisch brisanten europäisch-russischen Gas- und sonstigen Beziehungen. Bild kümmert sich unterdessen getrennt von der genauen Antwort rührend um ihre Leserschaft, die auf jeden Fall ihre liebe Not mit der „TEUER-WELLE“ haben, die ihnen deutsche Gasversorger einbrocken. Die beiden Artikel befassen sich mit der imperialistischen Sache und der patriotischen Verarbeitung fürs Bild-Volk.
Woran fühlt sich die deutsche Öffentlichkeit angesichts des Elends und der Gewalt in Afghanistan erinnert, das sie aus Anlass des westlichen Militärabzugs glatt mal wieder ein paar Tage zur Kenntnis nimmt? Richtig – an „Saigon!“. Weil sie den Erfolg zwanzigjähriger Betreuung vermisst, der ihren Ordnungsansprüchen genügen würde und damit die Opfer rechtfertigen könnte, siedelt sie den „Afghanistan-Einsatz“ gleich nur noch „Zwischen Scheitern und Versagen“ an. Eine Gegendarstellung.
Gibt es in solchen schweren Zeiten wenigstens Pioniere mit Zukunftsvisionen, die anpacken und damit Erfolg haben, weil sie an sich und ihre gute Mission glauben? Auf jeden Fall! Elon Musk ist momentan der größte von ihnen. An ihn glaubt nämlich einstweilen das Finanzkapital und macht ihn zum reichsten Mann der Welt. Warum? Weil er sich die profitträchtige Elektrifizierung des globalen Auto-Wahnsinns vornimmt. Mit Auto-Fabriken, die er selber als „Hölle der Produktion“ bezeichnet. Ein polit-ökonomisches Porträt dieses kapitalistischen Helden.
Ähnlich wie GegenStandpunkt 4-21
Ähnliche E-Books
Heer, vergib mir, denn ich habe gekündigt!: Das Ende eines verlorenen Krieges in Afghanistan und ich Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenGegenStandpunkt 2-18: Politische Vierteljahreszeitschrift Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDas Erwachen der Geschichte Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenChina versus USA: Kampf um die Vorherrschaft Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenÜberrollt: Europa, Deutschland Und Die Migrantenkrise Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenGegenStandpunkt 1-23: Politische Vierteljahreszeitschrift Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenMenschenrechte als Alibi: Die Nahostpolitik des Westens muss glaubwürdig werden Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenBand 2 - Krieg und Frieden: Beobachtungen zu den Wirren der Gegenwart Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenGrandiose Täuschungsmanöver der Geschichte Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenGegenStandpunkt 1-22: Politische Vierteljahreszeitschrift Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenVerlogen, dumm und unverschämt: Kulturindustrie von 1977 bis heute Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenEuropa, wir kommen! Und wir werden immer mehr.: Politische Hintergründe und wahre Geschichten von Flüchtlingsfamilien. Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenTraut den Weißen nicht! Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenIslam – Strafe oder Rettung..?? Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenHoffnung auf Frieden Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenGegenStandpunkt 2-23: Politische Vierteljahreszeitschrift Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenGegenStandpunkt 3-21: Politische Vierteljahreszeitschrift Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Weiße Rose: Flugblätter von Hans und Sophie Scholl, Alexander Schmorell, Willi Graf, Christoph Probst, Dr. Kurt Huber (Die Weiße Rose) Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenVerkehrungen ins Gegenteil: Über Subversion als Machttechnik Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer vermeidbare Krieg: Die Gefahr eines katastrophalen Kriegs zwischen den Vereinigten Staaten und Xi Jinpings China Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenEin Jenseits der Verblendung? Eine Geschichte des Wahnsinns der Normalität: Band 1: Individuum und Gesellschaft im Fordismus Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenGegenStandpunkt 3-22: Politische Vierteljahreszeitschrift Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Rettung der Zivilisation Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Engel mit dem Rückwärtsgang: Warum die neoliberale Globalisierung noch umkehrbar ist und was dafür geschehen müsste Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Islamische Staat: Anatomie des Neuen Kalifats Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenFeindbild China: Was wir alles nicht über die Volksrepublik wissen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Erfindung der bedrohten Republik: Wie Flüchtlinge und Demokratie entsorgt werden Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Krise der Sozialdemokratie: Sozialismus oder Barbarei? + Das Aufkommen des Imperialismus + Die Türkei + Klassenkampf Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDas Erste Hilfe-Büchlein gegen Propaganda: Wie wir unseren Verstand in einer verrückten Welt bewahren können Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen
Politik für Sie
Psychologie der Massen: Vollständig überarbeitete Ausgabe Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenThe Four: Die geheime DNA von Amazon, Apple, Facebook und Google Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Sand Talk: Das Wissen der Aborigines und die Krisen der modernen Welt Bewertung: 5 von 5 Sternen5/5Der Krieg im Dunkeln: Die wahre Macht der Geheimdienste. Wie CIA, Mossad, MI6, BND und andere Nachrichtendienste die Welt regieren. Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenPsychologie der Massen Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Lexikon der Symbole und Archetypen für die Traumdeutung Bewertung: 5 von 5 Sternen5/5NSU - Was die Öffentlichkeit nicht wissen soll...: Das "Terror-Trio": Von Versagern, fragwürdigen Spuren und Wundern im Brandschutt Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenTrump: The Art of the Deal Bewertung: 3 von 5 Sternen3/5Die Diktatur der Demokraten: Warum ohne Recht kein Staat zu machen ist Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenAlles, was Sie wissen sollten, Ihnen aber nie jemand erzählt hat Bewertung: 3 von 5 Sternen3/5Antisemitismus in der Sprache: Warum es auf die Wortwahl ankommt Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenGenderismus: Der Masterplan für die geschlechtslose Gesellschaft Bewertung: 2 von 5 Sternen2/5Die Antwort Bewertung: 1 von 5 Sternen1/5Trilaterale Kommission Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenWir sind immer die Guten: Ansichten eines Putinverstehers oder wie der Kalte Krieg neu entfacht wird Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenAngst und Macht: Herrschaftstechniken der Angsterzeugung in kapitalistischen Demokratien Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenErfolgsfaktor Zufall: Wie wir Ungewissheit und unerwartete Ereignisse für uns nutzen können Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenCancel Culture: Demokratie in Gefahr Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie geheimen Ängste der Deutschen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenFremdbestimmt: 120 Jahre Lügen und Täuschung Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Rassismuskritische politische Bildung: Theorien - Konzepte - Orientierungen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenAnglizismen und andere "Fremdwords" deutsch erklärt: Über 1000 aktuelle Begriffe Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenKognitive Kriegsführung: Neueste Manipulationstechniken als Waffengattung der NATO Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenEuropa 2030: Wie wir in zehn Jahren leben Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenFeminismus für die 99%: Ein Manifest Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDas Zeitalter der Einsamkeit: Über die Kraft der Verbindung in einer zerfaserten Welt Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenKALTES Denken, WARMES Denken: Über den Gegensatz von Macht und Empathie Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenHat China schon gewonnen?: Chinas Aufstieg zur neuen Supermacht Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen
Rezensionen für GegenStandpunkt 4-21
0 Bewertungen0 Rezensionen
Buchvorschau
GegenStandpunkt 4-21 - GegenStandpunkt Verlag München
Inhaltsverzeichnis
Was Deutschland bewegt
(1) „Der Afghanistan-Einsatz: Zwischen Scheitern und Versagen"
Die teuerste Hinrichtung der Weltgeschichte und ihre Nebenwirkungen
1.
2.
3.
4.
(2) BILD und die TEUER-WELLE
1.
2.
3.
4.
(3) Gasstreitigkeiten oder
„Lässt Putin uns im Winter frieren?"
Wer erpresst hier wen und wozu?
Wieso hat die Ukraine eigentlich so viel internationale Fürsorge nötig?
Putin redet Klartext
Was Österreich bewegt
(4) Die KPÖ gewinnt in Graz – die Öffentlichkeit klärt auf: demokratisch mehr als zweifelhaft!
Was nicht nur Österreich bewegt
(5) Anmerkungen zum Kurz-Sturz
Ein geradliniger Weg, die Welt zu retten
Mit europäischen Bonds raus aus der Corona-Krise – hin zur Schaffung eines europäischen Weltkreditmarkts für den Euro als Weltgeld
1. Die Bewältigung einer schweren Wirtschaftskrise durch die Schöpfung supranationalen Kredits 1)
2. Supranationale Kreditschöpfung für eine europäische Standortoffensive
3. Über einen „grünen" Kapitalmarkt zum Weltfinanzmarkt, vom europäischen Kreditgeld zum Weltgeld
Von der Spekulation der Kommission auf eine europäische Standortoffensive zum „grünen" Kapitalmarkt
Vom „grünen" Kapitalmarkt zum Weltfinanzmarkt
Vom europäischen Kreditgeld zum Weltgeld
Tesla und der „Insane Mode" seines Aufstiegs
Der ganz normale Wahnsinn eines ‚nachhaltig-grünen‘ Markteroberungsprogramms im Kapitalismus des 21. Jahrhunderts
1. Das „Ökosystem" Tesla: ein kapitalistisches Eroberungsprogramm auf dem globalen Automarkt der Zukunft
2. Voraussetzung und Grundlage der Tesla-‚Vision‘: Die Energie- und Mobilitätspolitik der großen Auto-Nationen
3. Die wirkliche Entscheidungsinstanz über Sein oder Nichtsein dieses innovativen Bereicherungsprogramms: Das Finanzkapital und seine Spekulation ‚auf die Zukunft‘
4. Der unternehmerische Kampf um rentable Produktion von E-Autos auf den Schlüsselmärkten der Welt
5. Eine Gigafactory für Grünheide/Brandenburg: ein Musterbeispiel dafür, wie das mit der klimaneutralen industriellen Modernisierung Deutschlands gemeint ist
„Build Back Better": Der Kampf um die Seele Amerikas geht weiter
Die Supermacht ringt mit sich um ihre weltweite Suprematie
I. Eine fundamentale Revision im Innern zur Wiederherstellung einer amerikanischen Selbstverständlichkeit: unanfechtbare, weltweite Überlegenheit
II. Die Grundlagen der amerikanischen Weltmacht: ein System der Konkurrenz zum amerikanischen Nutzen
1. Überlegene Konkurrenzfähigkeit und ein Geld, das die Welt kreditiert
2. Konkurrenzlosigkeit als Weltmacht – das eiserne Prinzip, auf dem Amerika eine freie, globale Konkurrenzordnung errichtet
3. Die Konkurrenz der Nationen auf dem Weltmarkt – die zwar widersprüchliche, aber unbestreitbare Erfolgsstory des amerikanischen Imperialismus
III. Der Widerspruch des amerikanischen Erfolgswegs und seine Resultate
1. Die in der amerikanischen Ordnung aufgewachsenen Konkurrenten untergraben die Konkurrenzlosigkeit Amerikas
2. Amerika verbucht die Weltlage als Angriff auf seine Räson und seine Identität – und geht an sich selbst zu Werke
IV. Amerika spaltet sich – oben wie unten – an der Frage, wie es wieder großartig wird und wodurch es überhaupt so großartig ist
Zuschrift zu „Die Psychologie des bürgerlichen Individuums"
Antwort der Redaktion
Was Deutschland bewegt
(1)
„Der Afghanistan-Einsatz:
Zwischen Scheitern und Versagen"
Die teuerste Hinrichtung der Weltgeschichte und ihre Nebenwirkungen
1.
Im Sommer 2021 passiert es: Was sein Vorvorgänger Obama schon als Projekt verkündet und beworben hatte, was sein unmittelbarer Vorgänger Trump unter der Parole „Bring our boys back home" praktisch in die Wege leitete, das zieht der nun amtierende Präsident Biden durch – er befiehlt den Abzug der amerikanischen Truppen aus Afghanistan; sofort, bedingungslos, vollständig. Und er legt Wert darauf, dass dies als Akt überlegener Freiheit Amerikas geschieht und auch so wahrgenommen wird: Für die Lage und Zukunft Afghanistans erklärt er die von ihm angeführte Weltmacht für unzuständig, denn das, was seiner oberkommandierenden Definition gemäß Sinn und Zweck des Einsatzes war, das ist erledigt: „We delivered justice to bin Laden." Die Weltmacht hat erfolgreich Rache genommen an dem Terroristen, der es gewagt hatte und dem es gelungen war, ihr in ihrem politischen und wirtschaftlichen Zentrum einen Schlag zu versetzen. Bis dahin – „over a decade ago" – waren also offensichtlich der Afghanistan-Krieg, die Zerstörung des Landes und alle Kosten für die USA gerechtfertigt; seither nicht mehr, zumal ihm seine Fachleute versichern, dass auch die Gefahr weiterer Terrorakte gegen Amerika von Afghanistan aus unter Kontrolle ist. Seinen westlichen Alliierten lässt Biden damit keine andere Wahl, als auch so schnell wie möglich abzuziehen, ohne dass sie für sich dieselbe Attitüde des souveränen Siegers geltend machen könnten. Aber das ist ihm egal, denn für die Macht, der er vorsteht, bleibt es dabei: „Mission accomplished."
2.
Das sieht die deutsche Öffentlichkeit im Verein mit der gedemütigten deutschen Politik anders. Sie lässt sich von den „herzzerreißenden Bildern", die Szenen der Verzweiflung am Flughafen von Kabul zeigen, an „Saigon" erinnern, womit erstens feststeht, was diese Bilder sind: „Zeugnisse einer schmachvollen Niederlage". Wessen? Der des Westens, der rückblickend noch einmal als Kampfgemeinschaft beschworen wird, um insbesondere seine Führungsmacht der durch Verrat herbeigeführten Niederlage zu bezichtigen.
Darin enthalten ist zweitens eine deutliche Botschaft bezüglich dessen, worin die „Niederlage, „das Scheitern
eigentlich genau bestehen: im „Schicksal der Menschen vor Ort", die nun wieder unter die Herrschaft der zwei Jahrzehnte lang bekämpften Taliban geraten werden. Und dass dies nichts anderes als ein einziges Grauen sein kann, belegen die Bilder von der Verzweiflung, die bis zum suizidalen Fatalismus derer reicht, die sich an startende Flugzeuge klammern. Was diese Leute nunmehr zu erwarten haben, steht fest: Die Rückkehr zu all den Unsitten einer islamistischen Herrschaft, die insbesondere für Frauen eine einzige große Trostlosigkeit darstellt, die in ihrem Kontrast zu allem, was man aus dem Westen kennt, ausführlich bebildert wird:
„Was sie erwartet, ist eine komplette Entrechtung. Schon jetzt werden Reporterinnen im staatlichen Fernsehen entlassen, Aktivistinnen entführt, Mädchen an Talibankämpfer zwangsverheiratet und damit versklavt. Schon bleiben Schulen geschlossen, trauen sich Frauen vielerorts nicht mehr ohne männliche Begleitung aus dem Haus. Viele fürchten sexualisierte Gewalt, Unsichtbarkeit und Unsicherheit, ökonomische Abhängigkeit. Bald könnten Frauen wieder überall nicht mehr beim Namen gerufen werden, sondern nur noch als ‚Ehefrau von‘, ‚Tochter von‘, ‚Eigentum von‘ bezeichnet werden. Ihnen droht Entpersonalisierung." (SZ, 23.8.21)
Analoges gilt für all diejenigen, „die darauf gesetzt hatten, in einem wenigstens halbwegs freien, friedlichen und die Menschenrechte wahrenden Staat leben zu können" (faz.net, 16.8.21). Auch in Bezug auf diese Abteilung von Afghanen bleibt es nicht der individuellen Phantasie überlassen, wen man sich darunter vorzustellen habe. So detailreich, wie es die an Afghanistan in den letzten Jahren weitgehend desinteressierte Öffentlichkeit kaum je getan hat, werden Frauen und Männer in Szene gesetzt, deren Angst vor der Zukunft so heftig wie nachvollziehbar ist, weil sie sich bis gestern noch unter dem Schutzschirm der westlichen Interventionsmächte in einer Weise und für Anliegen exponiert haben, die man von hierzulande kennt und schätzt: Freie Radiomacher kommen da zu Wort und Professorinnen, Betreiber von Mädchenschulen und Läden für Damenmode, AktivistInnen in Geschlechter- und Genderfragen und Wahlhelfer...
Wie gesagt: Egal, ob von Frauen die Rede ist, die ganz ohne jedes eigenes Zutun, schlicht weil sie Frauen sind, unter der neuen Taliban-Herrschaft wenig Gutes zu erwarten haben, oder von Leuten, die fest damit rechnen dürfen, auf die Verfolgungs- oder Abschusslisten der Taliban zu geraten, weil sie sich in einer Weise betätigt haben, die die neuen Herrscher als unanständig bis feindselig einstufen – noch stets läuft die menschliche Anteilnahme mit den schlimmen Schicksalen dort auf den Abgleich mit den Verhältnissen hier hinaus, und das ist eine Aussage über den Zweck, den höheren, „unseres Afghanistan-Einsatzes, der – man „sieht
es ja an diesen Bildern – darin bestanden hat, den Leuten dort die guten, normalen, menschengemäßen Verhältnisse zu bringen, die ‚bei uns‘ die Norm sind.
Gemessen daran ist der Einsatz tatsächlich gescheitert. Zu ganz eigenen Ehren kommt daher eine Gruppe von Afghanen, die diesen Sinn des Einsatzes und sein Scheitern in besonderer Weise verkörpern: die „Ortskräfte. Die waren für die Öffentlichkeit hier, solange der Krieg noch lief, so wichtig oder unwichtig wie der ganze Rest des „Grauens
, das anlässlich des Abzugs ein paar Tage lang beschworen wird. Übersetzer, Köche, Chauffeure ... eben all die Kollaborateure, die ein solcher Militäreinsatz vor Ort braucht, die sich stets für Geld und mitunter vielleicht sogar aus Überzeugung als Dienstkräfte zur Verfügung gestellt haben, inkarnieren die gute Sache der westlichen Militärmission – die Installation westlicher, also menschlich-normaler Verhältnisse – ebenso wie deren, also „unser Scheitern, praktisch und moralisch. So wird der Aufenthalt einer zwischenzeitlich reduzierten, aber bis zum Schluss schlagkräftigen internationalen Truppe zum moralischen Dienstverhältnis an ihren Helfern vor Ort, der Abzug darum ebenso zur moralischen Affäre mit eindeutiger Rollenverteilung: Die „für uns den Kopf hingehalten haben
, werden jetzt „von uns im Stich gelassen. „Scheitern des Westens
eben.
3.
So eindeutig dieser Befund ergeht, so sehr sind Zweifel angebracht.
Nein, nicht in dem Sinn, dass es irgendwie fraglich wäre, was aus den paar Errungenschaften in Sachen westlicher Zivilisation und Lebensart wird, die sich vorzugsweise im Bereich der Organisation des Privatlebens und der Kultur freier Meinungs- und Geschmacksbildung abspielen; die – von den Frauenrechten bis hin zu Tanz, Gesang und freiem Polittalk – werden von den Taliban mit dem passenden Furor und der dazugehörigen Gewalt ganz sicher zielstrebig abgeräumt.
Anzuzweifeln ist vielmehr deren Gleichsetzung mit westlicher Zivilisation und ihrem Export. Woran da gedacht und was da mithilfe der einschlägigen sympathischen Charaktere von der Hochschulrektorin bis zum Blogger bebildert wird, das bestimmt nämlich auch in den Heimat- und Absenderstaaten moderner Zivilisation schon nicht das ganze Leben. Das dreht sich bekanntlich vor jedem Feierabend mit Wein, Weib und Gesang ökonomisch permanent ums Geld und dessen Verdienen im kleinen wie im großen Maßstab, was – auch dies ist bekannt – durch den permanenten regelnden Einsatz der Rechtsgewalt des Staates begleitet wird.
Und was die dafür einschlägigen paar Grundprinzipien westlicher Zivilisation – ihrer Ökonomie und ihrer gewaltmäßigen Administration – angeht, ist der Einsatz des Westens für deren Export nach Zentralasien ganz sicher nicht nach Wunsch seiner Befehlshaber verlaufen, aber ebenso sicher auch nicht ohne einschneidende Wirkung geblieben. Dies wird ironischerweise gerade an den paar Facetten der Zustände in Afghanistan deutlich, die in den Augen der öffentlich enttäuschten Parteigänger westlicher Zivilisierungsanstrengungen für das Land mit Vorliebe mal als Bebilderungen, mal als Gründe dafür zitiert werden, dass der Westen mit seinen guten Werken dort hinten gescheitert ist.
4.
a) Dass es nicht geklappt hat, den Afghanen – Menschen und Land – eine materielle Perspektive zu geben und zu vermitteln, ist ein Gemeinplatz, der regelmäßig unter Hinweis auf die Blüte der Opiumwirtschaft in Afghanistan plausibel gemacht wird. Nur – steht die nicht eher fürs Gegenteil? So viel Marktwirtschaft ist offensichtlich in Afghanistan angekommen: Auch dort wird modern vom Geld gelebt, also für Geld gewirtschaftet. Und das geht, die marktführende Stellung der afghanischen Opiumbauern beweist es, unter den dortigen Gegebenheiten mit dem Anbau, der Weiterverarbeitung und dem Export der rauscherzeugenden Ware offensichtlich besser als mit den wenigen überhaupt vorstellbaren Alternativen. Womit der Afghane zugleich die Einsicht beweist und praktiziert, dass es, wenn schon aufs Geld, dann nicht auf irgendeines ankommt, sondern vorzugsweise auf den Dollar, das papierne Symbol schlechthin westlicher Lebensart nach ihrer materiellen Seite. So: als größter und verlässlicher Versorger des einschlägigen weltweiten Kulturbetriebs samt Drogenpartys, -toten und -kriegen ist Afghanistan geradezu vorbildlich integriert in das vom Westen dominierte Global Village mit seinen Lieferketten und Geldströmen. Und umgekehrt: Die Tatsache, dass sich ansonsten mit Feldfrüchten in Afghanistan kein Geld von der richtigen Sorte und in der nötigen Menge verdienen lässt, ist ebenfalls schon lange kein Resultat der sprichwörtlichen Abgeschiedenheit des Landes mehr. Den Bauern fehlen mit dem Geld die dafür auf dem Weltmarkt käuflichen technischen Möglichkeiten, aus ihren Böden mehr herauszuholen; sie wirtschaften stattdessen mit „traditionellen", also den billigsten Mitteln. Entsprechend dürftig sehen ihre Ernten aus, wenn sie durch die ortsüblichen Naturlaunen