An ihren Taten sollt ihr sie erkennen: Ein Insider entlarvt die neue Geld- und Politikkaste
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Buchvorschau
An ihren Taten sollt ihr sie erkennen - Hans-Christian Lange
Ebook Edition
Hans-Christian Lange
An ihren Taten sollt ihr sie erkennen
Ein Insider entlarvt die neue Geld- und Politikkaste
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Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig.
Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
ISBN 978-3-86489-835-8
© Westend Verlag GmbH, Frankfurt/Main 2021
Umschlaggestaltung: Buchgut, Berlin
Satz und Datenkonvertierung: Publikations Atelier, Dreieich
Inhalt
Inhalt
I. Einleitung
1. Die apokalyptischen Reiter der 1920er-Jahre kehren zurück
Reiche und Einflussreiche
Aus der Vergangenheit gelernt?
Schicksal eines Elitenkritikers
Eliten gegen Bevölkerung
Lobbyismus, Korruption, Staatserpressung
Eliten verraten die Demokratie
Neue apokalyptische Reiter: Die Kasten
Wo liegt die moralische Schuld?
Staats- und Regierungsversagen
Exkurs I: Expeditionen ins Reich der Einflussreichen
1. Wie ich in die Bunkervilla der Geld- und Machteliten eindrang
Stockholm als politischer Hotspot im Zweiten Weltkrieg
Reuters Exil
Reuter und das vereinte Deutschland
Briefing durch den Premier
In der Bunkervilla
Machtzirkel privater Art
Elitenkritik
2. Von »Hyänen«, »Elefanten« und »Gorillas« – was ich unter gemischten Raubtiergruppen erlebte
»Elefant« »und »Hyäne«
Einsame Elefantenbullen
Terrorgefahr durch Eliten?
Der »Gorilla« an der Wallstreet
Wenn Blut im Wasser ist
Freifahrtschein statt freiem Fall
Dolores – ein sexy Mädchenname?
»Schöpferische Zerstörung«
Partikularinteressen der Politik
II. Grausame statt goldene 20er-Jahre?
1. Von »Ratten«-‚ »Krebs«- und »Eimermenschen«
Darwin’sche Gesetze im Schweinestall
Selektion des modernen Homo sapiens
Begünstigte und benachteiligte Spezies
»Survival of the Weakest«
2. Sozialdarwinismus schrumpft Körper
»Ratten und Krebsmenschen«
Infektionsrisiko für »Untermenschen«
»Eimermenschen« in Deutschland
Exkurs II: Entlarvung der Elitenmoral: Wie ich vom Kanzleramtsberater zur Gelbweste wurde
1. Gewerkschafts- und Gelbwesten-Showdown
Deutsche und Franzosen stehen auf
Das »petit peuple« wacht auf
Biotop der Bessergestellten
Zeit der Zahnlosen
Gewalt und Gegengewalt
Aufstände »auskärchern«
»Präsident Bling Bling«
Revolutionär gegen »Riens«
2. Sprengsätze im Revolutionsquartier Schwabing
Die Befreiung des Gustl Mollath
Lenin als Nachbar der Millionäre
Deutscher Geheimdienst stürzt Zaren
Die rote Republik
3. Machtkampf gegen das »Modell Seattle«
Der große Bevölkerungsaustausch
»Modell Seattle« in München
4. Die neuen Überlebensbedingungen
Autonomie der Abgehobenen
Echte und falsche Eliten
Kaste ohne Volk
Herrschaft ohne Alternative
Homo sapiens sapiens
Geheimcodes der Geldeliten
5. Der »Homo neoliberalensis«
Künftige Kriege der Finanzwelt
Die Spezies »seltener Kombinationen«
Privilegierte gegen primitive Populationen?
6. Eine globale Kaste koppelt sich ab
Die neuen Superreichen …
… und ihre Machtzentren
Leistungs- oder leistungslose Kaste?
Die eigene Alternativlosigkeit
Moral als Klassenunterschied
7. Der Rassismus der Reichen und Einflussreichen
Vertrauensverlust der Demokratie
Widerstand gegen den Verrat von oben
Virusausbreitung und Börsenrallye
Toxische Medienimperien
Die toxischen Big Tech
Zensur der Zuckerbergs
Corona-RAF und andere schlimme Finger
8. Das Volk in der pandemischen Vorhölle
Das oligarchische Dutzend
Die Kasten schalten den sozialen Sprengsatz scharf
Vergiftung von innen
Privatiers in der Pandemie
Drohendes Durchregieren
Arme leben kürzer
Frauen leben schlechter
Knallhartes Kastenwesen
III. Pest, Panik und Plutokratie: Warum die oberen Kasten das Volk aufgeben
1. Der Neoliberalismus mutiert zum Nihilismus
Krise des Kapitalismus
Die Krise elektrisiert und politisiert
Das zerstörerische Element des Neoliberalismus
Zersetzung der Seelen
Wertezerfall und seine Folgen
Vulgarisierte Elite
2. Die Wiener Weltmachtvisionäre Adolf Hitler und Friedrich von Hayek
Extremismus provoziert Extremismus
Traum vom Kolonialreich
Die erfolgreichste Ideologie des 20. Jahrhunderts
Die Thatcher-Reagan-Revolution
3. Die neuen Kasten und ihre »Kolonialreiche«
Kolonialer Freihandel als Vorbild
Gegen Demokratie und Volkssouveränität
Das geheime Grundgesetz der Globalisten
4. Das »Menschenrecht auf Kapitalflucht«
Erpressung der Nationen
5. Liberale Kasten führen Krieg
Drohnen-Krieger Obama
Neoliberalismus oder Neobarbarei?
IV. Das Zeitalter des Zorns: Der Demos meldet sich machtvoll zurück
1. Das Volk verliert das Vertrauen
Toxische Botschaften
Die Oberen schüren Ohnmacht und Ressentiments
2. Die Angriffskriege als Sündenfall der Supereliten
Neoliberale Selbstverteidigung
Friedensschwüre zerbrechen
Wohlfahrtsversprechen zerplatzen
3. Die europäischen Kasten ignorieren den Demos
Demokratische Referenden als Reinfall
4. Populismus als Widerstand und Ventil des Volkes
Viele verpassen den Aufzug
Vulgarität von unten?
Opposition durch Occupy Wall Street
Neue soziale Literatur
Abrechnung mit den Politikkasten
Privilegierte Moral gegen Populismus von unten
Die neue Massenbewegung Aufstehen
5. Der Auftakt zur Revolte vor Corona
Gegen den Strom der »flüssigen Gesellschaft«
Ausbruch der französischen »Gelbwestenbewegung«
6. Die bleierne Zeit geht zu Ende: Das Jahr der Massenproteste 2019
Das Desaster des europäischen Demos
Deutsche Führung nach französischem Gusto
Medien rufen zum Aufstand auf
V. Flucht vor Volk und Virus: Die Kasten koppeln sich ab
1. Die Rückkehr von Gewalt und politischen Morden in Deutschland
Böse Blutlinie und toxische Konzerne
Makel politischer Morde
Herrschaftswissen im Ausverkauf
Annus horribilis
Anomie und Anarchie
Verlust der Kontrolle über das eigene Leben
Dolchstoßlegenden gegen die Demokratie
Die Reiter galoppieren wieder
2. »Wir hängen Dir das Pestglöckchen um«
Covid erstickt
Säbelrasseln der Staatsspitze
Die Lage an der Front
Vorteil der Begüterten
Kritiker als psychisch Kranke?
Virokratie im Süden
Nervennahrung für die Finanzmärkte
Wasserpistole statt Bazooka
Konzerne statt Kellner
3. Globale Migranten verraten verseuchte Volksmassen
Schaumbäder und Salber
Unternehmen und Lebensmittel leerkaufen
»Survival of the Richest«
Geparkte Menschen begehren auf
Luxus- gegen Armenquarantäne
Mit dem Pharao ins Grab?
Keine wilden Tiere
4. »Sie dürfen Dein Essen nicht riechen«
Lieber verbunkern statt plündern
Sozialdarwinisten auf der Seidenstraße der Seuche
Keine kleinen Fluchten für kleine Leute
Gewinne der Leistungslosen
Plattform- und Pharmakonzerne
5. Pandemie-Spiele für Plutokraten
Künstlicher »schwarzer Schwan«
»Event 201«
6. Die Maginot-Linie der Mächtigen: Neue deutsche Schutzbunker?
Plan B der Prominenten
Reiche im Raketensilo
Finanzieller Fall-out
7. Spionagekrieg um Schutzkleidung
Pharma-Piraterie
8. Marsianische Fieberphantasien
Die Beta-Version der Menschheit
Neuer Lebensraum im Orbit?
Exkurs III: Verfolgungswahn im »Green Room« der Milliardäre
Fünf Milliardäre und ein Whistleblower
Blockchain oder Bunkerbau?
Klimakrise und andere Kollapse
Elektronische Halsbänder für Bodyguards
VI. Hobbits, Hooligans, Vulkanier: Der Heilige Krieg zwischen Kaste und Masse
1. Die soziale Schattenpandemie
Tracking von Mitbürgern
Kasten treiben Keil
Rolltreppe nach unten
2. Klassenkampf von oben
Ischgl oder Eitergeschwüre?
Proleten als Parasiten
Corona-geschleifte Gesellschaftsschichten
Radikalisierung durch Missachtung und Moral
Die Peripherie des »petit peuple«
3. Hass auf Hobbits und Hooligans
Kostümpartys der oberen Klasse
Neoliberaler Kreuzzug gegen die Demokratie
Sozialdarwinist ohne Skrupel
4. Paria- und Parallelgesellschaften
Mächtige spielen Marginalisierte aus
5. Die einheimischen Fremden
Fremde Fremde und eigene Fremde
6. »Dunkeldeutschland« blutet aus
Mezzogiorno Ostdeutschland
Verlust von Heimat und Kultur
7. Arbeiter als Aussätzige
8. Quarantäne als Folter
Exkurs IV: Sex, Zwangsarbeit und Spezialimmobilien
Aufarbeitung des Dritten Reichs
Berliner Hauptstadtgespräche
1. Morddrohungen gegen Murat
Selbstmordserien und Schweinestahl
Soziale Ächtung
Wir und ihr
2. Brandbrief der Bandarbeiter
Darwinist Piëch?
Sex-Skandal VW
Gewerkschafts- und Politikkaste
Osterloh kämpft für die Kasten
VII. Angst, Ausgrenzung, Ausnahmezustand: Die Globalokalypse greift um sich
1. Verrat an der Demokratie von oben
Wirecard und Geheimdienste
2. Drahtzieher im Dunkeln
Verfassungsschutz gegen »Covidioten«
3. Die politische Kaste ermächtigt sich
Gesundheits- oder Demokratiekrise?
Coronare Verzwergung
4. Der »deutsche Blick« kehrt zurück
Irrungen und Wirrungen
Geteert und gefedert
5. Das Jahr der Ratte 2020
Mutantenvirus oder Mutantenratten?
Pumas in Privatwohnungen
Panik und Gewalt
Krisenfutter für die Karstadt-Krake
6. Katastrophen im Interregnum
Liberale Impf-Nationalisten
Französischer Impf-Chauvinismus
Schulen öffnen für das Virus
7. Weltbürgerkrieg um Biosicherheit?
Globale Gerechtigkeitsfalle
Genetische Traumata
Hybris der Staatsspitze
8. Die »reine Kanzlerin« und das »unreine Volk«
Muttis Schloss
Von Verzicht keine Rede
Neoliberale, soweit das Auge reicht
VIII. Gemeinsinn, Gegenmacht, Gewalt von oben? Wer uns nicht beschützt, muss weg
1. Aufstandsbekämpfung von oben und Gegengewalt von unten
Verlust des Gemeinsinns
»Failed State«
Aufstandsbekämpfung von oben
»Befriedung« von oben
2. Immunität für obere, »Unendlichkeitshaft« für untere
Gegengewalt von unten?
Wehrlose Körper
Rückzugsorte des Volkes
3. »Gemeinschaftsgefährder« von oben?
Guillotine gegen das Geld?
Globalkonzerne »fressen sich voll«
Gefährdung der Gesellschaft durch Geld?
Politik als Totalausfall
Anzeichen von Bürgerkrieg
IX. Nationale Demokratie oder globaler Markt?
1. Kampf um die Demokratie
Das Vakuum der sozialen Frage
2. Kampf gegen den Krieg
Marshallplan für die jungen Menschen
3. Kampf gegen die Kasten
Danksagung
Anmerkungen
Dieses Buch habe ich meinen Kindern Alexandra, Armin und Jana gewidmet
I. Einleitung
1. Die apokalyptischen Reiter der 1920er-Jahre kehren zurück
»Das Ende ist nah – aber für wen?«¹
Michael Mann, amerikanischer Regisseur, 2014
Wir stehen wieder am Beginn von 20er-Jahren. Wenn wir zurückblicken, fragen wir uns: Werden sie wieder golden für wenige und grausam für viele – wie die letzten 20er-Jahre vor einem Jahrhundert? Das damalige Jahrzehnt war von Krisen geprägt. Überall tauchten apokalyptische Reiter auf und verbreiteten Angst und Schrecken, Elend und Tod. Die Völker sammelten sich wie heute um ihre Eliten und suchten Schutz.
Die jüdische Journalistin Gabriele Tergit notiert im Jahr 1920 über die Stimmung in Berlin, Paris und New York, dass man »(…) die apokalyptischen Reiter (zu gut kannte), als dass man sich noch über einen mehr gewundert hätte«.²
Tergit hatte gerade den Ersten Weltkriegs erlebt, der weltweit über 15 Millionen Menschen das Leben gekostet hatte. Zu seinem Ende brach die Spanische Grippe aus. Diese Seuche kostete bis zu 50 Millionen zusätzliche Menschenleben. Weitere Reiter des Unheils folgten. Sie überzogen die Welt mit immer neuen Krisen. Manche von ihnen waren gut erkennbar, manche aber zeigten sich erst, als sich eine noch größere Katastrophe anbahnte.
Heute, hundert Jahre später, zu Beginn der 2020er-Jahre, begegnen wir erneut apokalyptischen Gestalten. Es sind Wiedergänger der früheren. Manche erkennen wir sofort, andere weniger oder überhaupt nicht. Geschichte wiederholt sich zwar nicht, aber bestimmte Gefahren und Risiken durchaus. Der Sturm auf das Kapitol im Januar 2021 zeigt: Fast hätte dort eine kleine Machtclique eine der stabilsten Demokratien der Welt an den Kipppunkt gebracht.
Immer wieder können sich Krisen in Katastrophen verwandeln. So wie in den 1920er- und 1930er-Jahren: Die Krisen kulminierten zur Katastrophe von Diktatur und Weltkrieg. Doch es war nicht der apokalyptische Reiter der Pandemie von 1920, der die endgültige Katastrophe heraufbeschwor. Auch nicht die Hyperinflation von 1923, die die deutsche Bevölkerung enteignete, oder der Börsencrash von 1929 – so wenig wie die Weltwirtschaftskrise von 1930 oder die Massenarbeitslosigkeit. Nichts davon kippte die Demokratie Richtung Diktatur, nichts davon den Frieden Richtung Krieg.
Reiche und Einflussreiche
Es war damals eine kleine Gruppe von Reichen und Einflussreichen, die das verbrochen hat. Sie bildeten die Elite, auf deren Krisenmanagement die deutschen Bürger ihre Hoffnung setzten. Diese Elite sollte vermeiden, dass die Krisen sich zu einer Katastrophe auswuchsen. Aber ihre Worte und ihre Taten standen in einem Widerspruch. An ihren Taten hätte man sie erkennen können. Doch da war es schon zu spät. Darum müssen wir heute, angesichts neuer Krisen, besonders darauf achten, ob die Reden der Eliten sich mit ihren Taten decken oder ihnen widersprechen.
Damals predigten sie Gemeinsinn, Demokratie und Frieden, verstießen aber selbst dagegen. So wurden diese Kasten zum apokalyptischen Reiter. Sie täuschten die Bevölkerung und zerstörten die Demokratie.
Aus der Vergangenheit gelernt?
Heute gibt es eine neue Krise, die Covid-Pandemie, und es gibt neue Eliten. Die Deutschen haben die Unheilsgestalten der Zwischenkriegszeit nicht ganz vergessen. Sie hoffen, dass die Eliten der heutigen, der zweiten deutschen Demokratie aus den Katastrophen gelernt haben und es dieses Mal besser machen. Blicken wir kurz zurück, um das beurteilen zu können.
Die damaligen oberen Kasten hatten überdurchschnittlich von Krieg und Krisen profitiert. Sie bereicherten sich teilweise am Ersten Weltkrieg. Danach erlebten sie goldene 20er-Jahre, die Mehrheit der Deutschen jedoch grausame. Teile der Elite verwandelten sich in eine korrupte Clique. Sie vertraten nicht mehr die Interessen der Bevölkerung, sondern ihre eigenen gegen diejenigen der Allgemeinheit. Was war ihr Motiv? Ihre Hauptangst galt ihren Interessen und ihrem Besitz. Wer bildete diese Kaste? Sie setzte sich aus Großindustriellen, Bankiers, Großgrundbesitzern und hohen Politikern zusammen. Im Weltkrieg und in den darauffolgenden Staatskrisen hatten sie mehr Macht und Einfluss angesammelt, als es ihnen sonst möglich gewesen wäre.³
Schicksal eines Elitenkritikers
Schon damals, zu Zeiten der Berliner Journalistin Tergit, warnte ein Mann frühzeitig vor ihnen. Es war der junge Hauptmann Kurt von Schleicher. Er veröffentlichte mitten im Ersten Weltkrieg, während der Schlacht von Verdun, eine Denkschrift, in der er die Bereicherung einiger weniger auf Kosten der Vielen anprangerte. Er empörte sich über die »Kriegsgewinnler«, die als Großindustrielle oder Spekulanten vom Krieg profitierten, während das Volk litt, oder die sogar direkt am Tod von Millionen Soldaten verdienten.⁴
In den liberal-konservativen Führungsschichten echauffierte man sich heftig über Schleichers Pamphlet. Er aber machte trotzdem Karriere und sollte als der »rote General« 16 Jahre später der letzte demokratische Reichskanzler der Republik werden. Historiker bezeichnen ihn als die letzte Chance von Weimar. Verzweifelt versuchte er unter schwierigsten Umständen, Hitlers Machtergreifung zu verhindern. Aber genau die korrupten Eliten, die er als junger Offizier angeprangert hatte, fielen ihm in den Rücken.
Sie hatten das perfekt vorbereitet. Jahre zuvor sammelten Großindustrie und Großgrundbesitzer Gelder und schenkten dem Reichspräsidenten von Hindenburg ein Rittergut. Dieser Fall von Korruption sollte später den Sturz der Demokratie ermöglichen.⁵
Als General von Schleicher Reichkanzler geworden war, beging er im Krisenjahr 1932 zwei fatale Fehler: Er versuchte die Partei Hitlers zu spalten, was dieser vereitelte. Und Schleicher ging daran, die Privilegien der Großgrundbesitzer zurechtzustutzen: Er plante eine Reform, die das Vermögen und Eigentum dieser Kreise bedrohte. Mit beiden Maßnahmen machte er sich erbitterte Feinde, die sich hinter seinem Rücken zusammenschlossen.⁶
Eliten gegen Bevölkerung
Die Verschwörung der Eliten vollzog sich ohne Wissen des Parlaments und der Bevölkerung. Heute wissen wir: Diese hat insgesamt mehr Instinkt gegenüber den Machtambitionen Hitlers bewiesen als die Geld- und Machteliten. Die Wähler ließen Hitlers NSDAP die gesamten 1920er-Jahre nicht über den Status einer mickrigen Nischenpartei hinauskommen – und selbst bei den Reichstagswahlen von 1928 erreichte die NSDAP nur 2,6 Prozent der Stimmen. Erst nach Ausbruch der Weltwirtschaftskrise und der Massenarbeitslosigkeit im Jahr 1930 erreichte sie den Höhepunkt von 18 Prozent. Die Wähler verpassten ihr bei den Reichstagswahlen vom November 1932 aber wieder einen entscheidenden Dämpfer – mit einem Schwund von vier Millionen Stimmen. Damit hatte Hitler es versäumt, auf dem Höhepunkt seiner Wahlerfolge nach der Macht zu greifen.
Er trug sich deshalb mit Selbstmordgedanken. Joseph Goebbels notierte in seinem Tagebuch, die gesamte NSDAP-Führung sei der Verzweiflung nahe: »Die Zukunft ist dunkel trübe, alle Aussichten entschwunden.«⁷ Gemeint waren die Aussichten auf eine legale Machtergreifung. Hitler schrieb seinen Erfolg ab.
Jetzt aber kam es zu einer der tragischsten Wendungen der deutschen Geschichte: Teile der Eliten drehten die Uhr eigenmächtig zurück – und leisteten damit wesentlichen Vorschub für die Diktatur, wie das später auch der Nürnberger Gerichtshof bestätigte.
Lobbyismus, Korruption, Staatserpressung
Ein einflussreicher Vertreter der damaligen Finanzelite und der Großindustrie, der Bankier Kurt von Schröder, fädelte in seiner Kölner Villa ein geheimes Treffen mit Hitler und dem Ex-Kanzler Franz von Papen ein. Dieses Treffen gilt Historikern bis heute als »Geburtsstunde des Dritten Reichs«.
Denn jetzt drängte ein Teil der Großindustrie und der Großgrundbesitzer vehement beim Reichspräsidenten von Hindenburg auf Hitlers Ernennung zum Reichskanzler.⁸ Hitler selbst besaß Erpressungsmaterial – in Zusammenhang mit der Schenkung der Eliten an Hindenburg – und übte damit Druck aus. Und tatsächlich erwies sich der Reichspräsident als erpressbar.⁹ Die kleine Machtclique zwang von Schleicher, den »Sozialisten in Generalsuniform«¹⁰, zum Rücktritt und schaltete gleichzeitig den Souverän, das Volk, aus. Sie installierte Hitler ohne Wahlsieg an der Macht. Fünf Wochen später jubelte Goebbels: »Es ist wie ein Traum. (…) Der Führer arbeitet bereits in der Reichskanzlei.«¹¹
Dieser entmachtete wenig später den Reichstag, der bald darauf in Flammen aufging. Er hatte allerdings nicht vergessen, dass von Schleicher einer seiner gefährlichsten Gegner war. In der »Nacht der langen Messer« im Juni 1934, in der der neu gekürte Diktator mit politischen Gegnern abrechnete, schickte er ein SS-Kommando zum Haus des roten Generals, der sein Land nicht verlassen wollte, und ließ ihn illegal erschießen. Der gefügige Reichstag verabschiedete ein Gesetz zur »Staatsnotwehr«, das diese Mordtaten legalisierte.
Eliten verraten die Demokratie
Der Weimar-Experte, der Historiker Fritz Fischer, resümiert: »… dass nicht die Wahlergebnisse, die im November 1932 für die NS-Politik rückläufig waren, Hitler an die Macht brachten, sondern die Politik der Machteliten, (…) auch bedeutende Gruppen der Industrie (…) waren am Prozess der Machtübertragung beteiligt.«¹² Der Gelehrte Dietrich Schwanitz wird noch deutlicher: Nicht die bayerischen Bierzeltfaschisten und nicht die großen NSDAP-Wählergruppen in Norddeutschland verhalfen Hitler an die Macht, sondern eine sogenannte Kamarilla aus Großindustrie, Hochfinanz und Spitzenpolitik.¹³ Diese Eliten wollten ihr Vermögen und ihren Status retten und opferten dafür Demokratie und Souveränität des Volkes.
Kehren wir in die heutige Zeit zurück und stellen die entscheidende Frage: Ist es heute nicht mehr vorstellbar, dass eine kleine Minderheit eine Demokratie ins Kippen bringt? Zwei aktuelle Ereignisse widerlegen das: zum einen der von Präsident Trump initiierte Sturm auf das Kapitol Anfang 2021 und zum anderen die Putschdrohung französischer Generäle im Frühjahr 2021.¹⁴
Dass die Bevölkerung weltweit ihren Eliten immer weniger traut, hat sich allerdings schon lange vor der Corona-Pandemie abgezeichnet. Der Harvard-Professor Yascha Mounk beobachtet mit Sorge weltweit den »Aufstieg der illiberalen Demokratie«: In dieser »gewinnen Eliten immer mehr Kontrolle über das politische System und schotten es Zug und Zug von der Öffentlichkeit ab«.¹⁵
So untergräbt heute wie damals der Lobbyismus die Stabilität der Staaten. Er verschafft einzelnen privilegierten Kreisen Vorteile und schädigt die Allgemeinheit. In Europa steigt er bedrohlich an: »In den 1970er-Jahren gab es in Brüssel noch keine 1 000 registrierten Lobbyisten. Heute versuchen Tag für Tag mehr als 30 000 Lobbyisten, die Politik der EU zu beeinflussen.«¹⁶ Und in Berlin sind allein 6 000 von ihnen unterwegs.¹⁷
Neue apokalyptische Reiter: Die Kasten
Zusätzlich stehen heute neue apokalyptische Reiter am Horizont bereit: eine mögliche neue Weltwirtschaftskrise, globale Fluchtbewegungen wegen Impfstoffmangel, Hyperinflation, drohende Staatsbankrotte, Klimakrisen und Massenarbeitslosigkeit, aber auch autoritäre und radikale Politiker, die auf ihre Chance lauern.
Und warum gelten die heutigen Eliten als Kasten? Die afro-amerikanische Pulitzer-Preisträgerin Isabel Wilkerson liefert dafür die Begründung. Sie hat den Begriff treffend in ihrem aktuellen Buch The Caste definiert. Darin arbeitet sie sechs Säulen heraus, auf denen das Kastenwesen bis heute aufbaut – ob es sich nun durch rassistische, soziale oder moralische Kriterien bestimmt. Denn die sogenannten neuen Kasten grenzen und kapseln sich mit Hilfe sowohl eines ethnischen wie eines sozialen Rassismus ab.
Wilkerson arbeitet folgende Herrschaftsprinzipien der Kasten heraus: Erbfolge; Endogamie oder strenge Auswahl der Zulassung zur Kaste; Förderung harter Hierarchien in der Gesellschaft; »Reinheit« der eigenen Mitglieder; angeborene Überlegenheit gegenüber der angeborenen Unterlegenheit der übrigen Mitglieder; Entmenschlichung und Stigmatisierung »niederer Kasten«; Gewalt und Terror zur Abgrenzung nach unten.¹⁸
Der Kenner der sogenannten Superklasse, der ehemalige amerikanische Politiker David Rothkopf, hat die obersten Geld- und Politikkasten des 21. Jahrhunderts schon 2008 grob skizziert: »Menschen, deren Entscheidungen Tag für Tag riesige Vermögenswerte auf Märkten verschieben, rund um den Globus Arbeitsplätze schaffen, verlagern oder abbauen und über das Schicksal von Regierungsprogrammen, manchmal sogar ganzer Regierungen befinden.«¹⁹
Die Zehnerjahre mit weltweitem Wachstum und die Corona- Krise haben Macht und Einfluss dieser winzigen Minderheit der Weltbevölkerung weiter ausgedehnt. Und sie haben sie auch in Deutschland stärker denn je ermächtigt.
Folgende Fragen stehen deshalb zur Debatte: Konzentrieren die Geldeliten möglicherweise Vermögen und Macht in einer nie dagewesenen Weise – und vergrößern damit den Abstand zu den restlichen 90 bis 99 Prozent der Bevölkerung? Schotten sie sich in exklusiver Weise ab und schützen sich, wie das den Eliten in der bisherigen Geschichte der Menschheit bisher nie möglich war – nicht einmal in den Zeiten von Feudalismus und Absolutismus? Und gefährden diese Eliten damit die Demokratie, die soziale Gerechtigkeit, aber auch das ökologische Gleichgewicht insgesamt? Die Antworten auf die Thesen werden zeigen, was neu ist an den Geld- und Politikeliten und was sich wiederholt.
Wo liegt die moralische Schuld?
Bedauerlicherweise schiebt die deutsche Politikkaste die moralische Schuld an der Pandemie immer wieder der Bevölkerung zu, lähmt diese aber gleichzeitig mit Zwangsmaßnahmen und dem Entzug von Rechten. Spitzenvertreter der Politik geben Durchhalteparolen aus und beschwören in ihren Reden die Demokratie. Dabei senden sie aber immer wieder die Botschaft aus, dass die Hauptgefahr für die Demokratie bei der Normalbevölkerung liege.
Die Geschichte der ersten deutschen Demokratie belegt,