Parker tanzt den letzten Tango: Butler Parker 232 – Kriminalroman
Von Günter Dönges
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Über dieses E-Book
Butler Parker ist seinen Gegnern, den übelsten Ganoven, auch geistig meilenweit überlegen. In seiner auffallend unscheinbaren Tarnung löst er jeden Fall. Bravourös, brillant, effektiv – spannendere und zugleich humorvollere Krimis gibt es nicht!
»Mister Parker, sehen Sie auch, was sich meinen Augen bietet?« fragte Agatha Simpson mit erfreutem Unterton in der Stimme, der nicht zu überhören war. Die Lady stand mit ihrem Butler vor einem Nebeneingang zu Harrods, dem weltberühmten Kaufhaus, und gedachte dort einige Einkäufe zu tätigen. Josuah Parker sah natürlich, was die Aufmerksamkeit seiner Herrin erregte. Für den Außenstehenden kaum wahrnehmbar, hoben sich in dem sonst glatten und unbewegten Gesicht die Brauen indigniert. Gegenüber hatte ein kleiner Reisebus gestoppt, dem ein schlanker, mittelgroßer Mann entstiegen war. Offenbar hatte auch er die Absicht, Harrods einen Besuch abzustatten. Mister Unbekannt wartete auf eine Lücke im fließenden Verkehr, um die Fahrbahn zu überqueren. Plötzlich zwängte sich ein junges Mädchen durch die sich bereits wieder schließende Tür des Busses und sprang auf die Straße. Gehetzt blickte es sich um. Gleich darauf öffnete sich die Bustür erneut, ein zweiter Mann erschien, schrie dem Mädchen etwas zu und ergriff brutal seinen Arm... Der erste Aussteiger wurde auf die Szene aufmerksam und drehte sich um. Dann stand er auf einmal mit zwei, drei Schritten an der anderen Seite der jungen Frau und packte ihren zweiten Arm. Sie schrie und wand sich und versuchte, die beiden Verfolger abzuschütteln. Sie holte mit ihrem rechten Fuß aus und trat einen der Männer heftig gegen das Schienbein, woraufhin der Betreffende erst mal einen kleinen Step aufs Pflaster legte. Eilige Passanten, die die Szene beobachteten, wandten sich indigniert ab und setzten ihren Weg fort. Es war schockierend für manchen eingefleischten Briten, wie sich mitunter die Leute in der Öffentlichkeit aufführten, aber was sollte man anderes von Ausländern erwarten? Lady Agatha hingegen hatte nicht die Absicht, wegzuschauen. Die geplanten Einkäufe hatte sie bereits vergessen. So setzte sie sich energisch in Bewegung.
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Parker tanzt den letzten Tango - Günter Dönges
Butler Parker
– 232 –
Parker tanzt den letzten Tango
Günter Dönges
»Mister Parker, sehen Sie auch, was sich meinen Augen bietet?« fragte Agatha Simpson mit erfreutem Unterton in der Stimme, der nicht zu überhören war.
Die Lady stand mit ihrem Butler vor einem Nebeneingang zu Harrods, dem weltberühmten Kaufhaus, und gedachte dort einige Einkäufe zu tätigen. Josuah Parker sah natürlich, was die Aufmerksamkeit seiner Herrin erregte. Für den Außenstehenden kaum wahrnehmbar, hoben sich in dem sonst glatten und unbewegten Gesicht die Brauen indigniert.
Gegenüber hatte ein kleiner Reisebus gestoppt, dem ein schlanker, mittelgroßer Mann entstiegen war. Offenbar hatte auch er die Absicht, Harrods einen Besuch abzustatten. Mister Unbekannt wartete auf eine Lücke im fließenden Verkehr, um die Fahrbahn zu überqueren.
Plötzlich zwängte sich ein junges Mädchen durch die sich bereits wieder schließende Tür des Busses und sprang auf die Straße. Gehetzt blickte es sich um. Gleich darauf öffnete sich die Bustür erneut, ein zweiter Mann erschien, schrie dem Mädchen etwas zu und ergriff brutal seinen Arm...
Der erste Aussteiger wurde auf die Szene aufmerksam und drehte sich um. Dann stand er auf einmal mit zwei, drei Schritten an der anderen Seite der jungen Frau und packte ihren zweiten Arm. Sie schrie und wand sich und versuchte, die beiden Verfolger abzuschütteln. Sie holte mit ihrem rechten Fuß aus und trat einen der Männer heftig gegen das Schienbein, woraufhin der Betreffende erst mal einen kleinen Step aufs Pflaster legte.
Eilige Passanten, die die Szene beobachteten, wandten sich indigniert ab und setzten ihren Weg fort. Es war schockierend für manchen eingefleischten Briten, wie sich mitunter die Leute in der Öffentlichkeit aufführten, aber was sollte man anderes von Ausländern erwarten?
Lady Agatha hingegen hatte nicht die Absicht, wegzuschauen. Die geplanten Einkäufe hatte sie bereits vergessen. So setzte sie sich energisch in Bewegung. Auf ihrem Gesicht lag der Ausdruck freudiger Erwartung. Sie witterte wieder mal eine mehr als willkommene Abwechslung und gedachte, sich diese auf keinen Fall entgehen zu lassen.
Ohne Rücksicht auf den Verkehr schob sich die Detektivin auf die Fahrbahn und gebot den Autos mit erhobener Hand Halt. Es war für sie selbstverständlich, daß die Wagen zu stoppen hatten, wenn eine Lady mitten im dickesten Berufsverkehr die Straße zu überqueren gedachte. Parker folgte ihr in geringem Abstand und lüftete dabei seine schwarze Melone in Richtung der erzürnten Autofahrer. Er wußte schließlich, was sich gehörte.
*
Lady Agatha hatte die kleine Gruppe erreicht und musterte erwartungsvoll die beiden Männer mit dem Mädchen.
»Was ist das für eine Art, mit einer Dame umzugehen, Sie Lümmel?« herrschte sie die Kerle an, die sie erst verdutzt, dann verärgert und aggressiv anstarrten.
»Hau’ ab, altes Mädchen, schwing’ die Hufe!« knurrte der rechte Mann. »Das hier ist ’ne Privatangelegenheit und geht dich nichts an, klar?«
Agatha Simpson war mehr als erfreut, als sie die nicht eben höfliche Anrede vernahm. Sie wußte genau, daß sie soeben beleidigt worden war und freute sich im vorhinein darauf, entsprechend reagieren zu können. Vorsichtshalber erkundigte sie sich noch mal bei ihrem Butler, der mit unbewegter Pokermiene hinter ihr Aufstellung genommen hatte.
»Ich bin soeben schwer beleidigt worden, Mister Parker, nicht wahr?«
»In der Tat, Mylady. Eine gewisse Despektierlichkeit in der Äußerung dieses Herrn war nicht zu überhören.«
Die ältere Dame nickte zufrieden. Sie hatte nichts anderes erwartet und lächelte die beiden Männer nahezu freundlich an. Dann holte sie plötzlich aus und versetzte dem rechten Burschen eine schallende Ohrfeige. Geübt in der Kunst des Bogenschießens und des Golfens, verfügte die resolute Dame über beträchtliche Kraft, was der Getroffene zu seiner peinlichen Überraschung feststellen mußte. Er ließ den Arm der Verfolgten los und wurde förmlich zurückgeschleudert, prallte gegen den Bus, dem er kurz vorher entstiegen war, und rutschte langsam daran hinunter aufs Pflaster.
Der zweite Mann war einen Augenblick überrascht und bekam vor Staunen den Mund nicht zu. Dann aber reagierte er und wollte die Scharte seines Partners auswetzen. Er holte zu einem gewaltigen Schwinger aus.
Doch er kannte die Lady nicht. Zuerst traf ihn ein in derbes Leder gehüllter Fuß direkt unterhalb der Kniescheibe und brachte ihn ins Wanken. Gleich darauf lernte er den Pompadour der Lady kennen, der das nur notdürftig mit dünnem Schaumstoff umwickelte Hufeisen eines stämmigen Brauereipferdes enthielt.
Besagter Handbeutel legte sich auf sein Brustbein und vermittelte ihm sofort das schmerzhafte Gefühl, von einer Dampfwalze gerammt worden zu sein. Betroffen tastete er seinen Oberkörper ab, um das Ausmaß des Schadens festzustellen. Er rechnete mit angebrochenen Rippen und schluchzte erleichtert auf, als er nichts dergleichen feststellen mußte.
Aus dem Bus sprangen inzwischen zwei weitere Männer, um den bedrängten Kollegen zu Hilfe zu eilen. Aber sie kamen nicht mehr zum Eingreifen. Passanten, die stehengeblieben waren, spendeten der energischen Lady lautstark Beifall. Als die beiden Männer aus dem Bus stiegen, wurden sie von einigen männlichen Fußgängern in ihr Fahrzeug zurückgedrängt.
Josuah Parker hatte die Gelegenheit genutzt, um sich zu entfernen. Fünf Minuten später rollte sein hochbeiniges Monstrum, dem Aussehen nach ein ehemaliges Londoner Taxi, an den Straßenrand und hielt. Parker stieg aus und öffnete höflich die hintere Tür.
Die Detektivin führte das schluchzende junge Mädchen zum Wagen und schob es in den Fond. Gleich darauf hatte auch sie Platz genommen und nickte Parker zu. »Nach Hause, Mister Parker«, ordnete sie an. »Ich bin sehr angetan von diesem erfreulichen Nachmittag. Ich habe den Eindruck, ich stehe wieder mal am Beginn eines neuen Falles.«
»Den Mylady wie immer souverän lösen werden«, wußte Parker im vorhinein.
»Sehr richtig, Mister Parker.« Die Stimme der passionierten Detektivin klang selbstbewußt und zufrieden. »Sie wissen, Mister Parker, kein Kriminalfall ist schwer genug, um nicht von einer Lady Simpson im Handumdrehen geklärt zu werden.«
»Mylady sind bewundernswert«, fand Parker, während er sein hochbeiniges Monstrum gelassen durch den dichten Verkehr lenkte.
»Sie sagen es, Mister Parker«, bestätigte Agatha Simpson umgehend. Falsche Bescheidenheit war ihr fremd, sie hielt sich für die beste Kriminalistin und pflegte dies auch ungeniert zu behaupten ...
*
»Hier, Kindchen, trinken Sie erst mal«, forderte Lady Agatha das junge Mädchen auf und ergriff eines der Gläser, die der Butler auf einem silbernen Tablett servierte.
Gehorsam nahm die verschüchtert wirkende Dame das Glas und trank. Dabei wurde sie von Lady Agatha, Parker, Mike Rander und Kathy Porter aufmerksam und mitfühlend beobachtet. Man befand sich in der großen Halle von Myladys Stadthaus in Shepherd’s Market, wohin Agatha Simpson und Parker mit ihrem Gast nach dem kleinen Intermezzo vor Harrods unverzüglich zurückgekehrt waren.
»Geht’s jetzt besser?« fragte die Hausherrin und bemühte sich, ihre an sich baritonale Stimme mütterlich klingen zu lassen. Wohlwollend musterte sie den weiblichen Gast, bei dem es sich um eine echte Schönheit handelte.
Die junge Dame besaß ein feingeschnittenes, ebenmäßiges Gesicht von broncefarbener Tönung, das von einer üppigen, rabenschwarzen Frisur gekrönt wurde. Die etwa Mittelgroße verfügte über eine außerordentlich attraktive Figur. Sie strahlte einen gewissen exotischen Reiz aus, der im Augenblick allerdings von Angst und Besorgnis überschattet wurde.
»Darf man sich nach Ihrem werten Namen erkundigen?« fragte Parker höflich an.
»Aber Mister Parker, lassen Sie dem Kind doch etwas Zeit, sich zu besinnen, es ist ja noch ganz verwirrt«, wies ihn Lady Agatha zurück.
»Pardon, Mylady, man bittet um Entschuldigung«, gab der Butler würdevoll zurück.
»Schon gut, Mister Parker, Sie lernen es noch.« Die Lady winkte ab und wandte sich nun selbst an ihren Gast.
»Also, Kindchen, wer sind Sie und was haben Sie für Probleme? Nur heraus mit der Sprache, Sie sind hier unter Freunden«, erklärte sie ohne groß zu überlegen.
Die junge Frau sah die Lady einen Augenblick unsicher an, dann brach sie in Tränen aus und schlug die Hände vors Gesicht. Agatha Simpson sah sie bestürzt an.
»Da sehen Sie mal, was Sie mir Ihrer Methode anrichten, Mister Parker«, grollte sie, während sie hilfesuchend Kathy Porter anblickte.
Die Gesellschafterin und Sekretärin der Lady verstand, ergriff eine Hand des Mädchens und zog es nach nebenan, während sie ihm tröstend einen Arm um die Schultern legte.
»Sie können nicht mit jungen Frauen umgehen, Mister Parker«, bemerkte Lady Agatha, während sie nach einem Glas griff, um ihren Kreislauf mit altem Cognac zu stärken.
»Meine bescheidene Person ist untröstlich, Mylady«, behauptete Parker mit unbewegter Miene. »Man wird sich bemühen, auch auf diesem Gebiet dazuzulernen.«
»Ich hoffe nur, Sie übertreiben dabei nicht, Parker.« Mike Rander, ein gutaussehender, schlanker Mann um die vierzig, der ein wenig an