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Zeitschrift Polizei & Wissenschaft: Ausgabe 4/2020
Zeitschrift Polizei & Wissenschaft: Ausgabe 4/2020
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eBook201 Seiten2 Stunden

Zeitschrift Polizei & Wissenschaft: Ausgabe 4/2020

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Über dieses E-Book

Kompetentes Handeln basiert allgemein auf der Kombination
praktischer Erfahrung und wissenschaftlicher Erkenntnisse.
Grundlage hierfür ist die Kommunikation und Diskussion
zwischen Wissenschaftlern und Praktikern. Dies gilt ganz
besonders für eine moderne Polizei.
Die Zeitschrift Polizei & Wissenschaft bietet die Möglichkeit
zur wissenschaftlichen Kommunikation polizeirelevanter
Themenbereiche. Sie versteht sich als Schnittstelle zwischen
Wissenschaft und Polizei. Durch ihre interdisziplinäre
Ausrichtung werden unterschiedlichste wissenschaftliche
und praktische Perspektiven miteinander vernetzt. Dazu
zählen insbesondere die Bereiche Psychologie, Rechtswissenschaft,
Soziologie, Politikwissenschaft, Medizin,
Arbeitswissenschaft und Sportwissenschaft. Aber natürlich
wird auch polizeirelevantes Wissen der Disziplinen genutzt,
die nicht klassisch mit dem Begriff Polizei verknüpft sind,
wie z.B. Wirtschaftswissenschaften, Sprachwissenschaften,
Informatik, Elektrotechnik und ähnliche.
Polizei & Wissenschaft regt als breit angelegtes Informationsmedium
zur Diskussion an und verknüpft Themenbereiche.
Sie erscheint vierteljährlich und geht mit ihrer interdisziplinären
Interaktivität über einen einseitigen und fachlich
eingeschränkten Informationsfluss hinaus. Dazu nutzt sie
die Möglichkeiten des Internets und fördert durch die
Organisation von Veranstaltungen auch eine direkte
Kommunikation.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum2. Nov. 2020
ISBN9783866766662
Zeitschrift Polizei & Wissenschaft: Ausgabe 4/2020

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    Buchvorschau

    Zeitschrift Polizei & Wissenschaft - Verlag für Polizeiwissenschaft

    Zur Rechtmäßigkeit der Betäubungsmittelgabe durch Notfallsanitäter

    Auf der Grundlage einer Vorab-Delegation des zuständigen Ärztlichen Leiters Rettungsdienst im Hinblick auf §§ 29, 13 BtMG, §§ 5, 1 HeilprG und §§ 223 ff., 13 StGB

    Karsten Fehn

    A. Einleitung

    Die Ausbildung der zum Einsatz kommenden Notfallsanitäter richtet sich nach dem NotSanG,¹ das überwiegend seit dem 01.01.2014 in Kraft ist. Mit diesem wurde ein neuer nichtärztlicher Beruf² im Rettungsdienst geschaffen. Hierdurch wurde die Qualifikation des nichtärztlichen Rettungsdienstpersonals im Vergleich zum vormals geltenden RettAssG³ angehoben und den aktuellen Anforderungen der rettungsdienstlichen Einsatzpraxis angepasst. Gleichzeitig sollte mehr Rechtssicherheit hinsichtlich der Durchführung invasiver Maßnahmen geschaffen werden. So enthält § 4 Abs. 2 Nr. 1 NotSanG eine Auflistung von Maßnahmen, die der Notfallsanitäter eigenverantwortlich durchführen kann, also beherrschen muss. Dies schließt die Durchführung invasiver Maßnahmen ein (§ 4 Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe c) NotSanG). In § 4 Abs. 2 Nr. 2 NotSanG werden Aufgaben aufgezählt, die der Notfallsanitäter zur Anwendung im Rahmen der Mitwirkung (an einer ärztlichen Behandlung) zu erlernen hat. Hierzu gehören insbesondere heilkundliche Maßnahmen, die der zuständige ÄLRD oder verantwortliche Arzt bei bestimmten notfallmedizinischen Zustandsbildern und -situationen standardmäßig vorgegeben und überprüft hat und die von ihm verantwortet werden (§ 4 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe c) NotSanG).

    Zusammenfassung

    Die Delegation einer BtM-Gabe durch den Ärztlichen Leiter Rettungsdienst auf Notfallsanitäter ist zulässig. Die daraufhin erfolgte Verabreichung vom BtM durch Notfallsanitäter an Patienten ist nicht strafbar. Erfolgt die BtM-Gabe aufgrund einer autonomen Entscheidung der Notfallsanitäter, ist hingegen objektiv ein strafbares Handeln zu bejahen. Eine Rechtfertigung gemäß § 34 StGB ist jedoch möglich. Ferner erfüllt die BtM-Gabe den objektiven Tatbestand der gefährlichen Körperverletzung, sodass zur Rechtfertigung eine wirksame Einwilligung des Patienten erforderlich ist. Umgekehrt kann eine Unterlassensstrafbarkeit des Notfallsanitäters vorliegen, wenn dieser seine Garantenpflicht verletzt. Zur Absicherung ist aus rechtlicher Sicht die Etablierung eines Telenotarzt-Systems empfehlenswert.

    Notfallsanitäter, Ärztlicher Leiter Rettungsdienst, Delegation, Betäubungsmittel, rechtfertigender Notstand, Einwilligung, Unterlassen, Strafbarkeit.

    Abstract

    The devolvement of administering controlled substances (narcotics) by the chief physician of the Emergency Medical Service unto paramedic staff is admissible. The administration carried out in conducting this devolvement is not indictable. However, an administration of controlled substances carried out by the paramedic staff because of an autonomous decision is indictable but could be justified in accordance to section 34 German Criminal Code. In addition, the application of controlled substances meets the objective elements of bodily injury. A justification is only possible in case of an informed consent. On the other hand, a paramedic can make himself liable to prosecution under certain circumstances if he violated his guarantor position by not administering controlled substances. From a legal perspective a tele-emergency-physician-system should be established to obtain legal compliance.

    Paramedic staff, chief physician of Emergency Medial Service, devolvement, controlled substances, narcotics, justified emergency, informed consent, failure to act, guarantor position, culpability.

    Bei dem NotSanG handelt es sich indes um ein Berufsausbildungs- und Berufszulassungsgesetz, das als Bundesgesetz in Ermangelung einer entsprechenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes⁴ den Notfallsanitätern im Rahmen ihrer Aufgabenwahrnehmung auf der Grundlage der jeweiligen Landes-Rettungsgesetze unmittelbar keine Handlungsermächtigungen an die Hand geben kann. In der rettungsdienstlichen Einsatzpraxis sieht sich das nichtärztliche Rettungsdienstpersonal nun aber häufig Schmerzpatienten gegenüber, deren Behandlung mit Schmerzmedikamenten – auch BtM – den Notfallsanitätern möglich wäre. Diese sind in der Durchführung der Analgesie sowie in der Beherrschung gängiger möglicher Komplikationen in der Regel auch ausgebildet.

    Ist eine Analgesie mit Morphin – oder anderen Opiaten (nachfolgend: „BtM") – indiziert, ist zu bedenken, dass es sich hierbei um Wirkstoffgruppen handelt, die in der Anlage III zu § 1 Abs. 1 BtMG⁵ gelistete Wirkstoffgruppen zählen. Deshalb sind die Regelungen des BtMG und der BtMVV zu beachten. Ferner sind §§ 5, 1 Abs. 1, Abs. 2 HeilprG zu berücksichtigen, weil es sich bei einer Schmerzmedikation (mit und ohne BtM) um eine heilkundliche Maßnahme handeln könnte und schließlich die Straftatbestände der einfachen bzw. gefährlichen Körperverletzung gemäß § 223 Abs. 1 StGB bzw. § 224 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2 StGB sowie der (fahrlässigen) Körperverletzung (durch Unterlassen), §§ 223 Abs. 1, 229, 13 Abs. 1 StGB umfasst. Dabei können die vorgenannten Vorschriften nicht isoliert gesehen werden, sondern sind im Zusammenspiel insbesondere mit § 4 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe c) NotSanG einerseits und mit dem Landes-Rettungsdienstgesetz andererseits zu sehen.

    Vor diesem Hintergrund ergeben sich folgende rechtliche Fragen, die der vorliegende Beitrag einer Klärung zuführen möchte: Ist die BtM-Gabe durch Notfallsanitäter zur Behandlung von Notfallpatienten im rettungsdienstlichen Einsatz auf der Grundlage einer Vorab-Delegation des zuständigen ÄLRD für bestimmte notfallmedizinische Zustandsbilder und -situationen (entsprechend dem Rechtsgedanken des § 4 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe c) NotSanG) im Hinblick auf §§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Buchstabe b), 1. Alt., 2. Alt., Abs. 4 BtMG i.V.m. 13 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 BtMG (unbegründete Verabreichung oder Überlassung von BtM), ferner auf § 5 HeilprG i.V.m. § 1 Abs. 1, Abs. 2 HeilprG (unerlaubte Ausübung der Heilkunde) und schließlich auf § 224 Abs. 1 Nr. 1, 2. Alt. und Nr. 2, 2. Alt. StGB (gefährliche Körperverletzung) rechtmäßig? Umgekehrt ist zu untersuchen, ob eine Strafbarkeit wegen vorsätzlicher oder fahrlässiger Körperverletzung durch Unterlassen gemäß §§ 223, 229, 13 Abs. 1 StGB begründet sein kann, wenn der Notfallsanitäter den Schmerzzustand eines Notfallpatienten nicht durch die indizierte und mögliche BtM-Gabe beseitigt, obgleich diese tatsächlich möglich und rechtlich zumutbar ist?

    B. Handlungsgrundlagen für die BtM-Gabe durch Notfallsanitäter im Rahmen der Vorab-Delegation

    Überspringt man zunächst die Prüfung des objektiven Tatbestandes § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe b) 1. Alt., 2. Alt. BtMG i.V.m. § 13 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 BtMG und unterstellt dessen Erfüllung, stellt sich sogleich die Frage nach einer möglichen Rechtfertigung des Handelns der Notfallsanitäter. Käme man zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzungen eines solchen Rechtfertigungsgrundes ohnehin immer vorliegen, wäre eine Befassung mit dem objektiven Tatbestand der Strafvorschrift nicht mehr erforderlich. Eine solche Betrachtung ist in Fällen autonomer Entscheidungen von Notfallsanitätern zur BtM-Gabe außerhalb einer Delegation oder dann von Bedeutung, wenn man eine Vorab-Delegation der BtM-Gabe durch einen ÄLRD nicht als wirksame ärztliche Delegation anerkennen wollte. In beiden Alternativen läge kein Handeln des Notfallsanitäters „im Rahmen einer ärztlichen Behandlung" gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 BtMG und damit ein objektives Verabreichen bzw. Überlassen eines BtM entgegen dieser Vorschrift vor.

    I. Rechtfertigungsgründe

    Vor diesem Hintergrund ist zunächst zu untersuchen, welche strafrechtlichen Rechtfertigungsgründe (nicht) in Betracht kommen.

    1. Keine rechtfertigende Einwilligung

    Einigkeit besteht in der Rechtsliteratur, soweit ersichtlich, zutreffend zunächst darin, dass für eine strafrechtliche Rechtfertigung einer nicht den Vorgaben des § 13 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 BtMG entsprechenden und damit gemäß § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe b) 1. Alt., 2. Alt. BtMG unter Strafe gestellten BtM-Verabreichung bzw. BtM-Überlassung nur der Rechtfertigungsgrund des § 34 StGB (rechtfertigender Notstand) und nicht der Rechtfertigungsgrund der Einwilligung in Betracht kommt.

    Eine wirksame ausdrückliche oder mutmaßliche Einwilligung des Patienten kann sich rechtfertigend nur auf die in der BtM-Verabreichung möglicherweise liegende gefährliche Körperverletzung gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 1, 2. Alt., Nr. 2, 2. Alt. StGB, jedenfalls aber auf die darin liegende einfache Körperverletzung gemäß § 223 Abs. 1 StGB (s. hierzu unten Gliederungspunkt II. 3.) auswirken, nicht aber auf die Schutzgüter des BtMG. Diese sind neben der Gesundheit des Einzelnen die Gesundheit der Bevölkerung im Ganzen (Volksgesundheit)⁷ sowie die Gestaltung des sozialen Zusammenlebens in einer Weise, die dieses von sozialschädlichen Wirkungen des Umgangs mit Drogen freihält,⁸ mit den Aspekten des Jugendschutzes, des Schutzes vor organisierter Kriminalität und der Gewährleistung der internationalen Zusammenarbeit bei der Suchtstoffkontrolle.⁹ Damit dient das BtMG dem Schutz von Allgemeingütern, die jedoch – anders als die individuelle körperliche Integrität – nicht der Dispositionsbefugnis des Einzelnen unterliegen, sodass eine Einwilligung eine Strafbarkeit gemäß § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe b), 1. Alt., 2. Alt. BtMG i.V.m. § 13 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 BtMG nicht beseitigen kann.¹⁰

    2. Rechtfertigender Notstand, § 34 StGB

    Voraussetzung für die Rechtfertigungswirkung des § 34 StGB ist das Bestehen einer Notstandslage im Sinne des § 34 Satz 1 StGB: „Wer in einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib, Freiheit, Ehre, Eigentum oder ein anderes Rechtsgut eine Tat begeht, um die Gefahr von sich oder einem anderen abzuwenden, handelt nicht rechtswidrig, wenn bei Abwägung der widerstreitenden Interessen, namentlich der betroffenen Rechtsgüter und des Grades der ihnen drohenden Gefahren, das geschützte Interesse das beeinträchtigte wesentlich überwiegt."Für die Notstandslage wesentlich ist also die Existenz einer Interessenkollision derart, dass eine gegenwärtige Gefahr für das „Erhaltungsgut nur durch die in der Inanspruchnahme des „Eingriffsguts liegenden Verletzung anderer rechtlich geschützter Interessen abgewendet werden kann.

    Erfolgt der Einsatz von BtM, um einen starken Schmerzzustand eines Notfallpatienten zu beseitigen, sind als „Erhaltungsgüter die Rechtsgüter „Gesundheit und „Leben des Notfallpatienten zu identifizieren, für die eine gegenwärtige Gefahr besteht. Dabei stellen starke Schmerzen schon an sich eine erhebliche Beeinträchtigung des Gesundheitszustandes dar. Hinzu kommt, dass die Schmerzmedikation in einigen Fällen nicht „nur zur Schmerzausschaltung oder -linderung an sich erfolgt. Vielmehr sollen durch die Herstellung eines schmerzfreien oder schmerzerträglichen Zustands beim Notfallpatienten erst weitere Behandlungsmaßnahmen und/oder der Transport in eine Behandlungseinrichtung ermöglicht werden. Ferner soll die Schmerzausschaltung häufig das Entstehen, die Vertiefung oder die Manifestation weiterer, über den eigentlichen Schmerzzustand hinausgehender gesundheitlicher Schäden oder gar einer Lebensgefahr vermeiden. So dient etwa die Analgesie beim akuten Koronarsyndrom vor allem dazu, die durch den Schmerz verursachte Ausschüttung des Stresshormons Adrenalin zu senken. Durch dieses kann das bereits vorgeschädigte Herz zusätzlich belastet und geschädigt werden, sodass es zu einer Lebensgefahr für den Notfallpatienten kommen oder die bereits bestehende Lebensgefahr noch intensiviert werden kann.¹¹

    In einem solchen Fall stehen „Gesundheit und „Leben als individuelle Rechtsgüter den vorstehend unter 1. dargelegten allgemeinen Schutzgütern des BtMG gegenüber. Bei letzteren handelt es sich ohne Zweifel um Allgemeingüter von hoher Bedeutung. Gleichwohl muss ein „wesentliches Überwiegen" des konkreten Schutzes von „Gesundheit und „Leben des Einzelnen (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) gegenüber dem hier in Rede stehenden vornehmlich tangierten Allgemeingut der Gesundheit der Bevölkerung im Ganzen im Sinne des § 34 Satz 1 StGB attestiert werden. Ein im Generellen anzustrebender Schutz der Bevölkerung darf und soll nach seinem Zweck nicht zu einem Eingriff in die Rechtsgüter im Sinne des Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG im Einzelfall führen. Dies erschließt sich bereits daraus, dass das Allgemeingut der Gesundheit der Bevölkerung im Ganzen aus der Summe der Rechtsgüter „Gesundheit und „Leben der Individuen besteht und es sich bei letzteren um Rechtsgüter von verfassungsrechtlichem Höchstrang handelt.¹² Unterstellt, die betäubungsmittelrechtswidrige Morphin-Gabe war in der hier in Rede stehenden rettungsdienstlichen Einsatzsituation auch die einzige Möglichkeit, die Gefahr abzuwenden, ist also insgesamt vom Vorliegen einer Notstandslage auszugehen.¹³ Für diese Annahme spricht auch die Begründung des Entwurfs des NotSanG:¹⁴

    „Da sich die Gesetzgebungskompetenz des Bundes auf die Zulassung zum Beruf des Notfallsanitäters beschränkt, sind Regelungen zur Berufsausübung im Rahmen dieses Gesetzes nicht möglich. Die Ausbildungszielbeschreibung soll jedoch als Auslegungshilfe für Fälle des rechtfertigenden Notstandes dienen können."

    Da es sich bei der BtM-Gabe um eine rettungsdienstliche Tätigkeit eines gemäß dem NotSanG ausgebildeten Notfallsanitäters handelt, wirkt dieser, auf die Motive des NotSanG gestützte Interpretationsansatz gleichermaßen für eine Rechtfertigung objektiver Verstöße gegen das BtMG, als auch gegen andere Straftatbestände, wie z. B. für einen etwaigen Verstoß gegen § 5 HeilprG (s. hierzu unten Gliederungspunkt II. 4.).

    Schließlich kann die Sicherheit der Notfallpatienten nicht als generelles, sondern nur als Argument im Einzelfall gegen die Annahme einer Notstandssituation ins Feld geführt werden. Selbstverständlich gilt insoweit, dass ein Notfallsanitäter in jeder Situation zu fachgerechtem Handeln verpflichtet bleibt. Erkennt oder befürchtet er, dass sein Handeln dem Notfallpatienten mehr schaden als nützen könnte, müsste er die von ihm erwogene Maßnahme unterlassen. Anderenfalls wäre kein „deutliches Überwiegen des „Erhaltungsgutes gegenüber dem „Eingriffsgut" mehr zu beobachten, die Notstandslage entfiele und es drohte eine Strafbarkeit – je nach subjektiver Tatseite – wegen Körperverletzungs- oder gar Tötungsdelikten (etwa gemäß §§ 229, 224 Abs. 1 Nr. 1, 2. Alt. Nr. 2, 2. Alt., 227, 222 StGB.). In extremen Situationen, in denen ohne sofortiges Eingreifen des Notfallsanitäters der Tod des Notfallpatienten droht, vermindern sich indes die an den Notfallsanitäter zu stellenden Anforderungen erheblich. In diesem Zusammenhang sei am Rande bemerkt, dass die Verabreichung von BtM durch nichtärztliches Rettungsdienstpersonal einer Studie aus dem Jahr 2010 zufolge bezogen auf die Gabe von Morphin durch

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