Angel on earth
Von Alicia Seitz
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Buchvorschau
Angel on earth - Alicia Seitz
Impressum
Personen und Handlungen sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind zufällig und nicht beabsichtigt.
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© 2020 Papierfresserchens MTM-Verlag GbR
Mühlstraße 10, 88085 Langenargen
Alle Rechte vorbehalten. Taschenbuchauflage erschienen 2012
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt.
Herstellung: Redaktions- und Literaturbüro MTM
Lektorat: Hedda Esselborn
Titelillustrationen: K.-U. Häßler (Weltkugel) & Asmaa Murad (Engel) / fotolia.com lizenziert
ISBN: 978-3-86196-083-6 - Taschenbuch
ISBN: 978-3-96074-318-7 - E-Book
*
Inhalt
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Die Autorin
Nachwort
*
Kapitel 1
„… und daher verurteile ich dich hiermit nach Himmelsgesetzbuch Seite 843, Paragraf Acht, Absatz Vier auf Bewährung …", so lautete das Urteil, das mir im Prozess vor dem Oberhimmelsgericht ausgesprochen wurde.
Leider hatte die Staatsanwaltschaft natürlich recht, da hätte ich mir gar keinen Anwalt holen müssen, denn ich wusste, dass ich meine Pflichten vernachlässigt hatte. Trotzdem nützte mir die Einsicht nun auch nichts mehr, denn leider hatte ich genau in dem Augenblick nicht aufgepasst, als es am Gefährlichsten war, sodass sich dieses Unglück ereignen konnte.
Wobei sich über die Größe des Zwischenfalls wirklich streiten ließ. Laut meinen Freunden war es gar nichts, konnte jedem einmal passieren und hätte erst recht nicht vor Gericht gebracht werden müssen. Laut meines Ausbilders, dem Direktor meiner Schule und der Staatsanwaltschaft war es das Schlimmste, was einem Engel, der sich noch in seiner Ausbildung befand, passieren konnte.
Und ich selbst? Ich hatte keine wirkliche Vorstellung davon, wie schwer oder falsch es war, was ich getan hatte. Es war einfach alles ein riesiger Schock gewesen. Ich hatte mich doch wirklich nur kurz ausgeruht, ein kleines Nickerchen gemacht. Und Elsa war sonst noch nie etwas zugestoßen. Jede einzige Minute, die ich sie zum Schützling hatte, hatte ich sie mit Adleraugen beobachtet. Meinen ersten Schützling, die Person, auf die ein Engel sein ganzes Leben lang stolz war. Meine Lehrerin für Geschichte und Engelskunde hätte Stunden damit verbringen können, davon zu erzählen, wie viel Spaß sie doch daran hatte, auf die erste ihr zugeteilte Person aufzupassen, welche verrückten Dinge sie doch angestellt hatte und was das für wilde Jahre auf der Erde gewesen waren, die Siebziger.
Das war der Optimalfall. Ein Mensch mit einem interessanten Leben, ein junger Mensch, unvorsichtig und unerfahren, den Sinn des Lebens suchend. Ein Mensch, der seinen Schutzengel auslastete, der ihm Aufgaben und Schwierigkeiten bot.
Doch mein erster Schützling war davon so weit entfernt, wie es nur ging. Elsa war eine alte Dame, die auf sich allein gestellt in einem Dorf irgendwo in den bayrischen Alpen wohnte, mit sich und ihrem Leben zufrieden war und die das Ruhige und Entspannte liebte. Sie ging nicht einmal in die Stadt, ihre Tochter besuchen, weil sie sich vor den Straßenbahnen fürchtete und ihr die lauten Geräusche Kopfschmerzen bereiteten. Stattdessen saß sie lieber stundenlang auf der Holzbank vor ihrem Häuschen, strickte und lauschte dem Rauschen der Bäume.
Trotz alledem versuchte ich meinen Job wirklich gut zu machen und bewachte die Dame rund um die Uhr. Selbst im Schlaf hatte ich ein Auge auf sie. Doch gerade, als ich mich einmal – an einem der Nachmittage, an denen Elsa wieder einmal seelenruhig auf ihrer Bank saß und an einem Pullover strickte – für fünf Minuten hingelegt hatte, geschah, was ein Engel eigentlich hätte verhindern müssen:
An dem Abend zuvor hatte ein starker Sturm gewütet und vieles verwüstet. Das Haus meines Schützlings war, dank meiner Hilfe, vollkommen unbeschadet davon gekommen. Dummerweise hatte ich dabei nicht an die großen Tannen gedacht, die majestätisch über das Holzhaus hinweg ragten, denn während Elsa dort saß und strickte, krachte plötzlich ein schwerer Ast herunter und traf die alte Dame. Den Rest könnt ihr euch sicherlich denken. Normalerweise wäre ihr Schutzengel, also ich, in einem solchen Fall zur Stelle gewesen, hätte den Ast weggelenkt oder die Dame daran erinnert, dass sie zum Beispiel noch eine Pfanne auf dem Herd stehen hatte, weshalb sie aufgestanden und in ihr Haus gegangen wäre. Doch da ich schlief, konnte ich es nicht.
Ich hatte mich so sehr bemüht, alles richtig zu machen, hatte allen beweisen wollen, dass ich sehr wohl imstande war, Verantwortung zu übernehmen. Wie ich wusste, war es kein Zufall, dass ausgerechnet ich den langweiligsten Schützling hatte, bei dem man wirklich nichts falsch machen konnte. Mir hatte generell niemand zugetraut, es so weit zu schaffen, einmal einen Schützling zu haben. Meine Lehrer hatten mir von Beginn an gesagt, dass sie keine Hoffnung hätten, dass ich meine Ausbildung je schaffen würde. Ich hatte besonders hart gearbeitet und es geschafft, selbst die härtesten Kritiker von mir zu überzeugen, und Elsa war nur noch die Krönung, um endgültig alle Zweifel zu beseitigen. Doch statt dies zu tun, hatte ich alles nur noch schlimmer gemacht.
Und deshalb wurde ich angeklagt und verurteilt. Vielleicht könnt ihr euch nicht vorstellen, was es heißt, auf Bewährung verurteilt zu werden, weil es auf der Erde etwas völlig anderes bedeutet als bei uns. Im Himmel heißt es für Schutzengel so viel wie auf die Erde zu fliegen, dort seinem neuem Schützling zu begegnen und sich seine Probleme sozusagen vor Ort anzuschauen. Er ist getarnt als normaler Mensch und fügt sich einfach in den Alltag ein. Dabei ist dem verurteilten Schutzengel weder bekannt, wer sein neuer Schützling ist, noch, wie und wann er wieder zurück in den Himmel kommen kann. Es ist an ihm, dies herauszufinden, sowie sich in der fremden Welt zurechtzufinden.
Ich persönlich kannte niemanden, der schon einmal auf der Erde gewesen war, und war generell mit niemandem befreundet, der Straftaten begangen hatte. Ich war schon immer diejenige gewesen, der die dummen Zufälle nur so hinterher liefen, als wären sie billige Schmuckimitate und ich ein starker Elektromagnet. In jedes Fettnäpfchen, das es gab, tappte ich hinein, und es war nur eine Frage der Zeit gewesen, bis etwas Schreckliches passierte.
„Oh Gott Becca! Ich hab’s von Amelia gehört! Ich will nicht, dass du gehst! Das ist alles so kurzfristig! Wirklich schon morgen? Das ist so schrecklich! Wäre ich der Richter gewesen, ich hätte dich freigesprochen ...", rief Antonia, als ich zur Tür unseres Lieblingscafés hereingeflogen kam und mich zu meinen Freunden an den Tisch gesellte. Der Schock war ihnen allen ins Gesicht geschrieben.
Meine Mitbewohnerin Amelia, die den Prozess die gesamte Zeit über mitverfolgt hatte und als Zeugin aussagen musste, hatte nach der Urteilsverkündung nicht lange gefackelt und sofort alle meine Freundinnen an unserem Stammtreffpunkt zu einer ordentlichen Verabschiedungsrunde zusammengetrommelt. Es schien für sie alle wirklich sehr überraschend zu kommen, oder sie waren einfach nur wirklich gut darin, zu überspielen, dass sie es sich die ganze Zeit schon gedacht hatten. Sie konnten nicht wirklich geglaubt haben, dass ich ohne Strafe aus der Sache herauskommen würde. So naiv war nicht einmal Antonia.
„Leute, ich will auch nicht weg