Entscheiden (E-Book)
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Über dieses E-Book
Jeden Tag müssen Menschen Entscheidungen treffen. Es liegt eine Fülle an Ratgeberliteratur vor, die zu guten Entscheidungen anzuleiten verspricht. Wann aber ist eine Entscheidung gut? Wieso sind Entscheidungen oft nicht rational? Wodurch werden sie beeinflusst?
In diesem Band erhalten Sie Einblicke in Erkenntnisse der Entscheidungsforschung. Es werden Aktivitäten vorgestellt, mit denen sich Kinder im Bildungsbereich und in Vereinen mit dem Phänomen "Entscheiden" auseinandersetzen und in Entscheidungsprozesse eingebunden werden können.
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Buchvorschau
Entscheiden (E-Book) - Bettina Zurstrassen
PHÄNOMENAL!
WISSENSWERTES ÜBERS ENTSCHEIDEN
Bei schwierigen Entscheidungen ist es sinnvoll, eine Nacht darüber zu schlafen. Die besten Entscheidungen trifft man im Schlaf. Stress blockiert das Denken.
Wer eine schwierige Aufgabe lösen oder sich anspruchsvolle Informationen merken muss, greift eher zu Süßigkeiten als zu gesunden Lebensmitteln.
24 Sorten Erdbeermarmelade im Supermarkt überfordern viele Menschen. Viele treffen dann keine Entscheidung oder sind im Nachhinein unzufrieden mit ihrer Wahl (Paradox of Choice).
Nudge-Strategien können unser Verhalten beeinflussen. In der Kantine greifen wir eher zu Salat, wenn die Salattheke in der Nähe des Eingangs nur ein paar Schritte entfernt ist.
Beinahe alle großen Entscheidungen bereut man mal, aber zum Zeitpunkt der Entscheidung waren sie für das Individuum richtig.
Den Homo oeconomicus, den rationalen, Nutzen abwägenden Menschen gibt es nicht. Entscheidungen werden immer auch durch Gefühle beeinflusst.
Viele Wissenschaftsdisziplinen beschäftigen sich mit dem Phänomen «Entscheiden», z. B. die Psycholog ie, die Soziologie, die Wirtschaftswissenschaften, die Rechtswissenschaft, die Philosophie, die Ethnologie oder auch die Mathematik und die Biologie bzw. Bio-Chemie.
Was und wie viel wir essen, ist abhängig vom sozialen Umfeld, also von den Menschen, mit denen wir unser Essen einnehmen. Wir orientieren uns am Essverhalten unserer Mitessenden (Ankerfunktion).
Im Restaurant greifen wir selten zum teuersten Wein auf der Weinkarte. Dass er auf der Karte steht, ergibt dennoch Sinn. Wenn bestimmte Weine teuer sind, erscheinen andere Weinsorten vergleichsweise günstig. Oft bestellen wir einen Wein, der preislich in der Mitte liegt.
DAS PHÄNOMEN
VERSTEHEN
1
Leben in einer Entscheidungsgesellschaft
Menschen, die in freiheitlich-demokratischen, zugleich individualistischen Gesellschaften leben, sind oft mit der Situation konfrontiert, sich entscheiden zu müssen. Im Gegensatz zur feudalistisch-ständischen Gesellschaft oder zu Kasten-Gesellschaften wie in Indien können wir in weiten Teilen unsere eigene Biografie «basteln» (z. B. bei der Berufswahl, der Lebensform, beim Wohnort, vgl. Hitzler/Honer 1994), uns für einen Lebensstil ent- und umentscheiden und im Rahmen von Wahlen oder anderen Formen politischer Partizipation wie Plebisziten politisch mitentscheiden.
Sich entscheiden zu können ist ein Privileg, zugleich aber auch eine emotionale und intellektuelle Herausforderung. In einer Vielzahl von Situationen muss sich der Mensch in modernen Gesellschaften auf eine bestimmte Art und Weise verhalten, indem er sich zum Beispiel informiert, die eigenen Interessen abwägt, eine Position entwickelt und sich entscheidet oder eine Entscheidung vermeidet.
Sich entscheiden zu müssen ist historisch-gesellschaftlich kein neues Phänomen, die Entscheidungssituationen werden aber immer komplexer und gesellschaftlich wird verstärkt erwartet, Entscheidungen rational zu treffen (Schimank 2005, S. 33). Der Soziologe Uwe Schimank spricht daher von «Entscheidungsgesellschaften» und beschreibt damit ein weiteres Merkmal, das moderne Gesellschaften kennzeichnet (Schimank 2005, S. 12, S. 20 ff.). Wir, besonders die Politik und Organisationen, versuchen durch das Heranziehen von statistischen Daten unsere Entscheidungen zu rationalisieren und so abzusichern (Mayntz 2012), auch wenn die Qualität der Daten oft nicht einmal gesichert ist.
Immer mehr Bereiche des Lebens werden zudem politisch und ethisch aufgeladen. Ein Beispiel hierfür sind Flugreisen, die im Kontext der Klimadebatte legitimationsbedürftig sind. Der Begriff «Flugscham» ist kennzeichnend für den Konflikt, den viele Menschen mit sich selbst oder in ihrem sozialen Umfeld bei der Reiseplanung aushandeln müssen. Bei der Entscheidung für oder gegen eine Flugreise versuchen wir, rationale Argumente zu finden. Wir wägen Aspekte wie die mögliche Zeitersparnis, die Kosten, den zollfreien Einkauf am Flughafen oder den Energieverbrauch anderer Reiseformen mit den klimaschädlichen Emissionen des Fliegens ab.
Politische, organisatorische und individuelle Entscheidungen erfolgen immer vor dem Hintergrund der für das Individuum relevanten Gesellschaft und ihrer Normen und sozialen Werte. In den 1960er-Jahren zum Beispiel hat der Klimaschutz bei der Entscheidung für oder gegen eine Flugreise kaum eine Rolle gespielt.