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Frag los!: 50 Antworten für Skeptiker und Glaubende
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eBook344 Seiten3 Stunden

Frag los!: 50 Antworten für Skeptiker und Glaubende

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Über dieses E-Book

"Wenn das Christentum falsch ist, ist es bedeutungslos, und wenn es stimmt, von unendlicher Bedeutsamkeit. Das Einzige, was es nicht sein kann: ein bisschen wichtig."

Der Aussage von C. S. Lewis stimmen die Autoren dieses Buches absolut zu. Mehr noch, genau aus diesem Grund suchen sie das Gespräch und die konstruktive Auseinandersetzung mit Menschen, die bisher mit dem Glauben nichts anfangen können. Und auch Christen haben noch viele Fragen. In "Frag los!" setzen die Autoren sich daher mit 50 schwierigen Fragen auseinander, die nicht nur Atheisten an den christlichen Glauben stellen.

Dabei schöpfen Prof. Dr. Matthias Clausen (Theologe), Dr. Alexander Fink (Biophysiker), Dr. Andreas Gerstacker (Althistoriker), Thomas Giebel (Informatiker) und Stephan Lange (Gymnasiallehrer) aus ihrer fachlichen Expertise - und gehen auf Einwände ein, denen sie in ihrem Umfeld immer wieder begegnen. Ihre 50 Antworten laden Skeptiker und Glaubende zu einem Disput auf Augenhöhe ein und liefern dafür gut begründete Argumente.

Denn gute Fragen verdienen gute Antworten.

Mit Antworten und Denkanstößen auf Fragen z.B. aus Bereichen Naturwissenschaft, Logik oder Geschichtswissenschaft und Einwände wie:

- "Beweise erst mal, dass es Gott gibt. Wenn du das geschafft hast, höre ich zu."
- "Jesus ist bloß eine mythologische Raubkopie."
- "Christsein führt letztendlich zu Homophobie."
- "Der Schöpfungsbericht und wissenschaftliche Erkenntnisse (Urknall, Evolution) schließen einander aus."
- "Wenn Gott Schöpfer von allem ist, wer hat ihn dann erschaffen?"
- u.v.m.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum18. Jan. 2021
ISBN9783761567630
Frag los!: 50 Antworten für Skeptiker und Glaubende
Autor

Matthias Clausen

Prof. Dr. Matthias Clausen, Jg. 1972, ist evangelischer Theologe. An der Evangelischen Hochschule Tabor in Marburg lehrt er Praktische Theologie und Systematische Theologie. Als Redner ist er im Auftrag des Instituts für Glaube und Wissenschaft (IGUW) bundesweit unterwegs. Er lebt mit seiner Familie in Marburg.

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    Buchvorschau

    Frag los! - Matthias Clausen

    Vorwort

    Schade, dass es dieses Buch erst jetzt gibt! Es wäre mir in den vergangenen Jahren häufig ein hilfreicher Begleiter, Ratgeber und wertvolles Nachschlagewerk gewesen – denn ich konnte selbst jahrzehntelang mit dem christlichen Glauben wenig anfangen. Ich war einem Gottesglauben nicht grundsätzlich abgeneigt, aber ich war skeptisch. Für mich als ziemlich rationalen, aber auch neugierigen Menschen wäre „Frag los!" perfekt gewesen.

    Auf Reporterreisen im Jahr 2010 lernte ich viele Christen kennen, die mich beeindruckten und mein Interesse weckten: Woher nehmen diese Menschen ihre Kraft, selbstlos in Katastrophen wie dem verheerenden Erdbeben in Haiti zu helfen? Woher kommt ihre innere Ruhe? Aber es schwang auch oft die Frage mit: Haben sie alle ihren Kopf ausgeschaltet und es sich in einem gläubigen Säuselzustand gemütlich gemacht?

    Gott sei Dank konnte ich auf meinem weiteren Weg so viele persönliche Gotteserfahrungen sammeln, dass mein Lebenskniefall vor Jesus fast von selbst passierte. Heute darf ich als christlicher Journalist häufig auf Bühnen und in Texten von meiner Gottesbegeisterung erzählen – und oft hätte ich mir ein Buch wie dieses als kleinen Helfer in meiner Tasche gewünscht, wenn ich mit kritischen Nachfragen nach einem Vortrag oder in Leserbriefen gelöchert wurde.

    Das Tolle an diesem Werk ist: Den Autoren gelingt es, dem Leser auf solche Fragen nicht nur ein störrisches „Nein, so ist es nicht" entgegenzuschleudern, sondern sich tiefer und gleichzeitig erfrischend knackig mit skeptischen Einwänden zu beschäftigen. Sie wollen nicht mit Scheuklappen recht haben und mit dem Vorschlaghammer argumentieren, sondern lassen Skepsis gelten, räumen andere (irdische) Optionen ein und sind auf Augenhöhe mit dem Leser, statt von oben zu predigen. Noch wichtiger für mich als Christen aber ist: Sie führen aus, warum ich hellwach im Kopf sein kann, mündig und vernünftig, warum ich jede Frage stellen darf, warum ich mitten im Leben stehen und mich jeder Diskussion stellen kann – und gleichzeitig tiefgläubiger, ja frommer Christ und Jesus-Anbeter sein kann. Es schließt sich nicht aus.

    „Frag los!" ist Power-Food für den Kopf und das Herz. Für den Skeptiker wie für den Christen. Den einen wird es zum Nachdenken herausfordern, dem anderen wertvolle Diskussionshilfe sein für die Gespräche, die man als Gläubiger unweigerlich zuhauf führt.

    Ich bezeichne mich nach wie vor als Glaubens-Grünschnabel. Ich kann felsenfest auf Gott vertrauen und dennoch wieder und wieder innerlich unruhig werden, mir Fragen stellen, von meiner eigenen Unwissenheit überrascht werden. Ich bin mir sicher, dass ich „Frag los!" auch auf meinem weiteren Weg noch oft zur Hand nehmen werde. Um zu lernen, um mich innerlich zu vergewissern, um es weiterzugeben. Gut, dass es dieses Buch jetzt gibt.

    Daniel Böcking, stellvertretender BILD-Chefredakteur

    und Buchautor

    Einleitung

    Schon der Dichter Wilhelm Busch sagte: „Wer in Glaubenssachen den Verstand befragt, kriegt unchristliche Antworten."¹ So darf man natürlich denken. Aber stimmt es auch? Viele würden hier zustimmen und beherzt „Ja!" sagen: Wenn man das Thema Gott und Glaube mal nicht mit Samthandschuhen anfasst, sondern richtig ins Kreuzverhör nimmt, zeigt sich schnell, aus welchem Holz es geschnitzt ist – aus morschem. Antworten, die in innerchristlichen Kreisen ungeprüft abgenickt werden, fallen krachend in sich zusammen, wenn sie außerhalb der Szene diskutiert werden. Es ist eben genau so, wie die Lyrikerin Lizette W. Reese sagt: „Der alte Glaube zündet Kerzen an in jedem Haus, die harte Wahrheit pustet sie im Vorbeigehen wieder aus."²

    Wir als Autoren dieses Buches nehmen diese Skepsis ernst. Wir wissen, dass man Fragen zum Glauben so und so beantworten kann. Dass es gute und schlechte Antworten gibt. Und auch, dass Christen manchmal den Eindruck erwecken, als würden sie kritischem Nachdenken am liebsten ausweichen wollen. Genau das möchten wir mit diesem Buch nicht. Wir wollen schwierigen Fragen nicht aus dem Weg gehen, sondern vielmehr unseren christlichen Glauben intellektuell redlich vertreten und für Menschen, die nicht viel mit ihm anfangen können, plausibel machen.

    Damit das gelingt, vereint dieses Buch ganz unterschiedliche Personen: einen Althistoriker (Dr. Andreas Gerstacker), einen Biophysiker (Dr. Alexander Fink), einen Theologen (Prof. Dr. Matthias Clausen), einen Informatiker (Thomas Giebel) und einen Gymnasiallehrer (Stephan Lange). Einen Gastbeitrag steuert zudem Marc Jost, Generalsekretär der Schweizerischen Evangelischen Allianz, bei. Wir alle sind davon überzeugt, dass der Schriftsteller C. S. Lewis recht hat, wenn er schreibt: „Wenn das Christentum falsch ist, ist es bedeutungslos, und wenn es stimmt, von unendlicher Bedeutsamkeit. Das Einzige, was es nicht sein kann: ein bisschen wichtig."³

    Genau aus diesem Grund haben wir dieses Buch geschrieben. Und wir freuen uns, wenn unsere Antworten dazu beitragen, das eine oder andere Fragezeichen kleiner werden oder ganz verschwinden zu lassen. Aber natürlich auch, wenn sich aus unseren Texten kritische Rückfragen ergeben. Lassen Sie uns das gerne wissen. (Wie, erfahren Sie im letzten Kapitel.) Skepsis ist schließlich nicht nur erlaubt, sondern erwünscht! Es geht uns eben nicht ums schnöde Rechthaben-Wollen, sondern um ein ehrliches Ringen um Wahrheit. Wenn das auch in Ihrem Interesse liegt, lesen Sie dieses Buch gerne mit vollem kritischem Engagement!

    Stephan Lange, im Herbst 2020


    1 W. Busch (¹²2008): Was beliebt ist auch erlaubt. Wilhelm Busch. Sämtliche Werke II. S. 882.

    2 Übersetzt nach L. W. Reese (2017): A Handful of Lavender. S. 25.

    3 Übersetzt nach C. S. Lewis (2014): God in the Dock. S. 51.

    Glauben und Denken

    Einwand 1:

    Beweise erst mal, dass es Gott gibt. Wenn du das geschafft hast, höre ich zu.

    Auf dieses Anliegen könnte man ganz einfach antworten und sagen: „Weil Gott kein Teil des Universums ist, kann man ihn auch nicht mit naturwissenschaftlichen Mitteln belegen." Aber dann könnten Sie zu recht zurückfragen: „Aber warum macht er sich dann nicht für uns belegbar? Wenn es ihn wirklich gibt und er jeden Menschen gerne erreichen möchte, sollte es ihm doch ein Anliegen sein, alle Menschen – gerade die Skeptiker unter uns – zweifelsfrei von sich zu überzeugen. Zum Beispiel mit einem zwingenden Beleg oder einem eindeutigen Beweis. Möglichkeiten für einen allmächtigen Gott gäbe es ja viele: Er könnte sich direkt sichtbar machen oder uns zumindest unmissverständliche Zeichen geben, indem er z. B. Hier ist Jesus. Ja, es gibt mich wirklich! einmal pro Woche in jeder Sprache der Welt groß in den Himmel schreibt. Er könnte dafür sorgen, dass sich nur die Gesundheit kranker Menschen verbessert, für die gebetet wird. Oder ganz andere Wunder vor aller Augen tun. Oder vieles andere."

    Aber wir sehen so etwas nicht. Ein Bekannter sagte mir einmal: „Es bleiben nur folgende Möglichkeiten: a) Es gibt Gott einfach nicht, b) er will der Menschheit seine Existenz nicht zwingend beweisen oder c) er kann es nicht." Und er hat recht: Das sind die drei logischen Optionen, vor denen wir letztlich stehen. Als Christ mache ich mich, und das mag sich zunächst seltsam anhören, für Antwort b stark: Ja, es gibt Gott – aber er will uns keine unumstößlichen Belege für sein Dasein geben. Er hat sogar gute Gründe, dies nicht zu tun. Das will ich natürlich erklären.

    Gott ist kein Es, sondern ein Jemand – ein Jemand mit Gefühlen, Wünschen und Absichten. Dem sogar etwas fehlen kann, nämlich der Kontakt zu uns Menschen. Gott fehlt etwas, wenn ihn auch nur ein einziger Mensch ablehnt. Und wenn das vorkommt, dann lässt es ihm keine Ruhe und er geht dieser Person nach. Er sieht jeden als unendlich wertvoll an und wünscht sich, mit allen seinen Geschöpfen in einem vertrauensvollen Kontakt zu stehen.

    Vertrauen ist aber eine Überzeugung, die sich weder erzwingen noch beschließen lässt. Zwang trägt immer die Last der Unfreiheit. Echtes Vertrauen kommt nur zustande, wenn ich wirklich frei in meiner Entscheidung bin. Für uns heißt das: Gott könnte uns natürlich zwingende Gründe geben, sodass wir gar nicht anders könnten, als von seiner Existenz auszugehen. Aber meine Motivation, mich Gott zu nähern, wäre dann nicht mehr freiwillig, sondern extern erzwungen.

    Denn was wäre, wenn jeder Mensch zu 100 Prozent wüsste, dass er existiert: ein allmächtiger, allwissender, vollkommen gerechter, liebevoller und heiliger Gott. Dieses Wissen würde unser Denken und Handeln nicht nur etwas, sondern massiv beeinflussen. „Nein", sagen hier manche. „Würde es nicht! Wenn sich Gott eindeutig klar machen würde, könnte ich mich immer noch frei gegen ihn entscheiden." Ja, das stimmt! Aber Hand aufs Herz: Wie viele Menschen, die aktuell leben oder je gelebt haben, würden so handeln? Vielleicht gar nicht so wenige, das will ich nicht abstreiten. Trotzdem übertreibe ich sicher nicht, wenn ich sage: Viele würden nicht so rebellisch sein. Sie würden, wenn sie zweifelsfrei wüssten, dass Gott existiert, ihm aus rein praktischer Klugheit gefallen wollen oder zumindest versuchen, nicht in Ungnade bei ihm zu fallen. Eine aufgrund von Berechnung, Sicherheitsdenken und/oder Egoismus gewonnene Haltung hat mit einer vertrauensvollen Beziehung aber wenig zu tun. Genau darauf will Gott jedoch hinaus.

    Er liefert uns also keine zweifelsfreien Gründe für seine Existenz, weil er will, dass es aus vollkommen freien Stücken geschieht, wenn wir uns für eine Beziehung mit ihm entscheiden. Wer trotzdem eindeutige Belege fordert, der verlangt von Gott entweder, seinen Wunsch nach einer Beziehung aufzugeben, die auf Freiwilligkeit beruht, oder das logisch Unmögliche. (Denn selbst für Gott ist es nicht möglich, jemanden dazu zu zwingen, etwas freiwillig zu tun.)

    Das heißt natürlich nicht, dass es gar keine Gründe für die Existenz Gottes gibt. Es gibt sie. Keine eindeutig zwingenden, wohl aber Argumente, die einer stimmigen Logik folgen und somit zeigen, dass es schlüssig ist, von Gottes Dasein auszugehen.⁵ Anders formuliert: Man begeht keinen intellektuellen Selbstmord, sondern folgt logisch konsistenten Argumentationen, wenn man z. B. die Tatsache, dass wir Menschen erlebnisfähige und selbstreflexive Ich-Subjekte sind,⁶ die Geltung der Naturgesetze, die mathematische Verstehbarkeit, Entstehung und Feinabstimmung des Universums oder die Existenz objektiver Moral auf Gott und sein Handeln zurückzuführt.

    Ich weiß: Zu solchen Argumenten hat sich im Laufe der Zeit nicht nur unüberlegte, sondern auch ernst zu nehmende Kritik, gesammelt. Aber natürlich auch eine entsprechende Kritik der Kritik, sodass wir schlussendlich – und vor allem dann, wenn wir nicht nur Einzelargumente, sondern den gesamten Argumentrahmen betrachten⁷ – vor einem starken Plädoyer für die Existenz Gottes im theistischen Verständnis stehen (siehe Einwand 5).

    (Stephan Lange)

    Einwand 2:

    Wenn Gott will, dass wir an ihn glauben, warum zeigt er sich nicht einfach?

    Ich greife einmal den Schwung auf, der im letzten Kapitel aufkam: Gott würde sein eigentliches Ziel mit uns Menschen sabotieren, wenn er uns eindeutig zwingende Belege für seine Existenz gäbe. Können wir von Gott aber nicht noch mehr erwarten? Wenn Sie nun sagen: „Ja, vor allem mehr Konkretheit", bin ich voll bei Ihnen. Denn es stimmt ja: Wenn die Argumente für Gott wirklich so weit tragen, dass man sein Dasein begründet in Betracht ziehen kann, ist das natürlich eine wichtige, aber letztlich noch keine ergiebige Einsicht. Und das sogar in zweierlei Hinsicht:

    Zum einen hat Gott selbst kein Interesse daran, dass seine Geschöpfe nur zur bloßen Überzeugung kommen, dass er existiert. Das ist nicht seine Absicht. Zum anderen hilft es uns nicht wirklich weiter. Denn selbst wenn man sagt, dass es plausibel ist, von seinem Dasein auszugehen: Mit welchem Gott hätten wir es dann zu tun? Dem deistischen⁸, dem muslimischen, dem bahaiischen⁹ oder vielleicht doch dem christlichen? Wir könnten also von Gott, sofern es ihn gibt und er uns gerne begegnen möchte, erwarten, dass er sich (viel) klarer macht.

    Und genau das trifft den Kern – denn Gott hat sich eindeutig gezeigt. Nicht in einem Dogma, einer Ideologie oder Institution und in erster Linie übrigens auch nicht in einem Buch. Sondern in erster Linie in einer Person – der Person Jesus Christus. Gott hat sich anschaulich gemacht, indem er selbst in Jesus Mensch wurde und uns damit ein Angebot macht: „Wer wissen will, wer und wie ich bin, wie ich denke und urteile, der schaue sich Jesus an. In ihm seht ihr mich."

    Aber warum sollte das stimmen? Warum sollte man glauben, dass sich Gott in Jesus zeigt? Ich finde diese Frage deshalb so berechtigt, weil ich sie mir vor elf Jahren auch gestellt habe. Im Rückblick würde ich mir folgende Antwort geben: Weil Jesus genau das von sich sagt, und zwar auf eine Art und Weise, die für mich sehr glaubwürdig ist. Wie meine ich das? Nun, wenn wir uns Jesus und sein Selbstverständnis anschauen, wie es im NT beschrieben wird, dann wird uns jemand vorgestellt, der von sich beansprucht, Gott selbst zu sein. Dieses Selbstbild äußert sich in verschiedenen Kontexten wie im Anspruch Jesu, Sünden vergeben zu können (z. B. Mk 2,5; Lk 7,47; Mt 12,31). Im jüdischen Kontext ist das klar Chefsache – nur Gott allein kann Sünden vergeben.

    Jesu Selbstverständnis zeigt sich auch in der Rolle, die er sich im erwarteten Endgericht zuschreibt. An einer Stelle sagt er: „Ich sage euch: Wer sich vor den Menschen zu mir bekennt, zu dem wird sich auch der Menschensohn vor den Engeln Gottes bekennen." (Lk 12,8) Hierzu ist es hilfreich zu wissen, dass der Titel der Menschensohn die häufigste Selbstbezeichnung Jesu ist (über 80-mal). Für seine jüdischen Zeitgenossen lag die Anspielung auf das alttestamentliche Buch Daniel klar auf der Hand: Der Menschensohn steht dort für die Person, die am Ende aller Zeiten ins endzeitliche Richteramt eingesetzt wird, um „auf den Wolken des Himmels kommend (Dan 7,13) das Endgericht durchzuführen. Und auch hier ist im jüdischen Kontext klar: „Richter der Endzeit kann nur einer sein: Gott allein. Jesus macht also in Lk 12,8f. – aber auch an anderen Stellen (z. B. Lk 7,22f.; Joh 6,35ff.; Mt 25,31ff.) – deutlich, dass das Ergehen der Menschen am Jüngsten Tag von ihrer Haltung ihm gegenüber abhängt. Und auch seine Selbstbetitelung, der Sohn Gottes zu sein, schwächt seinen Gottesanspruch nicht ab. Im Gegenteil: Jesus beansprucht damit nichts Geringeres, als derselben Natur wie Gott zu sein (siehe Einwand 16). Die religiöse Elite seinerzeit verstand dies, und es veranlasste sie dazu, Jesu Tod wegen Blasphemie zu fordern (Joh 19,7).

    Das waren natürlich nur einige Passagen, die den Anspruch Jesu zeigen, an Gottes Stelle zu stehen. Was ist davon zu halten? Letztlich stehen wir vor vier Möglichkeiten: a) Es ist falsch, was Jesus sagt, und er weiß das auch – dann ist er ein eiskalter Lügner, b) es ist falsch, was er sagt, er denkt aber, dass es richtig sei – dann leidet er an religiösen Wahnvorstellungen, c) der Gottesanspruch Jesu entspricht der Wahrheit oder d) er hat ihn nie erhoben, es handelt sich dabei um einen Mythos.

    Was lässt sich hierzu sagen? Nun, der internationale Forschungsstand der historischen Jesusforschung erlaubt auf jeden Fall nicht, die Mythos-Möglichkeit ernsthaft in Betracht zu ziehen.¹⁰ Maßgebende Experten in diesem Fachbereich gehen davon aus, dass Jesus in der Tat mit dem Selbstverständnis auftrat, Gott zu sein. Ernsthaft denkbar sind daher nur noch die (drei) Möglichkeiten, dass Jesus ein Lügner, ein Größenwahnsinniger oder aber wirklich Gott selbst ist. Was davon stimmt? Wie wirkt Jesus auf uns? Oder besser gefragt: auf Sie?

    Es versteht sich von selbst, dass ich Ihnen diese Bewertung nicht abnehmen kann. Meine Bitte wäre daher, sich ein eigenes Urteil über „den Fall Jesus" zu bilden. Gerade dann, wenn Ihre letzte Lektüre der Lebensberichte Jesu schon etwas zurückliegt. Schnappen Sie sich doch einfach mal ein Neues Testament und lesen Sie in aller Ruhe eine seiner Biografien. Das geht ganz klassisch per Buch oder modern via bibleserver.com oder Smartphone-App. Die digitalen Bibelzugänge haben praktischerweise sogar viele verschiedene Übersetzungen parat (hier empfiehlt sich eine gut lesbare wie die Neue Genfer Übersetzung). Und fragen Sie sich beim Lesen: Für wen halte ich Jesus? Welchen Eindruck macht er auf mich? Zeigt sich hier vielleicht wirklich Gott selbst?

    (Stephan Lange)

    Einwand 3:

    Glaube an Gott ist nichts als Wunschdenken.

    Darauf kann man zweifach antworten. Die erste Möglichkeit erscheint naheliegender, die zweite ist jedoch effektiver. Aber es soll ja spannend bleiben, daher zunächst:

    Möglichkeit 1: Nichts als Wunschdenken. Stimmt diese Beschreibung für Glaubende? Sätze mit „nichts als" sind generell riskant. Es reicht im Grunde ein Gegenbeispiel, um sie zu widerlegen. Wer tatsächlich behaupten wollte, aller Glaube an Gott sei ausschließlich Ausdruck von Wunschdenken, dem könnte ich z. B. einfach meine eigene Lebensgeschichte erzählen. Wie bin ich

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