Ich möchte Dich endlich einmal verstehen: Menschenkenntnis durch Märchen, Charakter- und Persönlichkeitsstrukturen
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Über dieses E-Book
Warum gibt es Reibungen - gerade mit jenen Menschen, die wir am meisten lieben?
Dieses Buch ist für Männer und Frauen geschrieben, die sich und die unterschiedlichen Charakterstrukturen ihrer Partner(in) erkennen und verstehen lernen möchten.
Märchen und Fallbeispiele aus langjähriger Praxisarbeit sollen helfen, auch Partnerkrisen und Lebensprobleme erkennen und verstehen zu lernen, um so verständiger und toleranter miteinander umzugehen und in Harmonie miteinander leben zu können.
Carlo L. Weichert
Carlo L. Weichert wurde im völlig zerstörten Nachkriegs-Berlin geboren. In seiner Kindheit hat er große Armut, soziale Ablehnung und Alkoholismus in seinem Elternhaus und seiner Umgebung erleben müssen. Sein ganzes Leben war geprägt von Krankheiten und schwerem Rheumatismus (Morbus Bechterew). Weil ihm die Schulmedizin nicht helfen konnte, wurde er Heilpraktiker, Gesprächs- und Familientherapeut. Er arbeitete 25 Jahre lang in seiner psychosomatischen Praxis für Naturheilverfahren, Gesprächs- und Familientherapie sowie Heilhypnose. Er war Dozent an Volkshochschulen, Kreisbildungswerken, bei Heilpraktiker- und psychologischen Tagungen und Kongressen sowie in Radiosendungen. Für ihn ist sein Beruf Berufung. Neben dem Schreiben von Artikeln und Büchern, pilgerte er auf der Suche nach Spiritualität und Glauben, verschiedene Jakobswege in Spanien, Portugal und Italien. Heute, gut 75 jährig, lebt Carlo L. Weichert aufgrund seiner Erkrankung auf La Palma, einer Insel, die er als Gottgeschenk und Jungbrunnen ansieht.
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Buchvorschau
Ich möchte Dich endlich einmal verstehen - Carlo L. Weichert
Fotos und Darstellungen: pixabay Imagines gratis
Danken möchte ich an dieser Stelle meiner Lektorin Bea, die mir mit ihrer freundlich - kritischen Art viele Hinweise und Tipps zu den Themen gab und die den „Fehlerteufel" in diesem Buch bekämpfte.
Gedanken zu diesem Buch
Der Inhalt dieses Buches erhebt keinen Anspruch „wissenschaftlich" zu sein. Sein Fundament ist der langjährige Erfahrungsschatz aus meiner Praxisarbeit mit Patienten, Paaren, Therapiegruppen, empirisches Wissen und Studienwissen.
Seine Inhalte basieren auch auf dem Hintergrund der Gedanken und Erkenntnisse unserer psychologischen Altmeister
, wie z. B. Freud, Jung, Adler, Reich, Rogers usw.
Licht in die unsichtbaren Quellen
Wer bin eigentlich ICH? Und wer bist DU? Erklärungen dazu versucht dieses Buch zu geben.
Es ist für all die Menschen gedacht, die genau wie ich, auf der Suche nach sich selbst sind, nach Erklärungen für ihr eigenes Sein, für die eigenen Lebensmuster und die Lebensmuster anderer, z. B. Partner, Kinder usw.
Es spricht eine leicht verständliche Sprache, soll Information und Ratgeber sein. Es möchte den Versuch wagen, in diese unendlich komplizierten Gebilde unserer unterschiedlichen Charakter- und Persönlichkeitsstrukturen Licht hineinzubringen.
Ich bin mir sicher: Das alles kann letztlich nur ein Versuch sein, denn unsere Charakter- und Persönlichkeitsstrukturen entsprechen auch den Inhalten unserer Seele.
Aber wer kann diese schon in ihrer gesamten (göttlichen) Weisheit erfahren und darstellen?
Es ist auch für die Menschen geschrieben worden, die mit Menschen arbeiten, sei es im Sozialdienst, im schulischen, theologischen, psychologischen oder medizinischen Bereich, damit sie sich selbst und die Menschen, die ihnen anvertraut sind, besser verstehen und mit ihnen umgehen können.
Millionen kleinster Bausteine, fest in unserem Unterbewusstsein verankert, bestehend aus positiven und negativen, bewussten und unbewussten Prägungen, Erziehung und Erfahrungen, steuern unser Fühlen, Denken und Handeln, aus unzähligen, unterschiedlichen und unbewussten Quellen… und alles formt unseren Charakter.
Wichtig:
Die von mir geschilderten Handlungen und Personen entstammen meiner schriftstellerischen Freiheit. Eventuelle Ähnlichkeiten mit lebenden Personen und deren Lebenssituationen sind rein zufällig.
Ein alter Spruch sagt: "Am Extrem erkennt man das Normale". Deshalb habe ich manches mit einem gewissen Augenzwinkern betrachtet.
Hinweis:
Dieses Buch ist von der ersten bis zur letzten Seite in ganzheitlichen Zusammenhängen geschrieben. „Filtern" Sie bitte in Ihrem eigenen Interesse keine Einzelkapitel heraus.
Diese sind sonst aus dem Gesamtzusammenhang herausgenommen und können u. U. nicht in ihrer Komplexität verstanden werden, weil das Hintergrundwissen der vorhergehenden Kapitel fehlt.
In Athen, über dem Orakel von Delphi steht geschrieben:
„Erkenne Dich selbst"
Und nun:
Wünsche ich Ihnen viel Freude beim Lesen und … viele neue Erkenntnisse, auch über sich selbst.
Ihr
Carlo l. Weichert
Heilpraktiker, Gesprächs-, Familien- u. Hypnosetherapeut La Palma, im Mai 2021
Inhaltsverzeichnis:
Gedanken zum Buch
TEIL 1
Märchen, Spiegel unserer Persönlichkeit
BEATE UND GERD: Red' doch endlich einmal mit mir!
Verliebt sein heißt nicht, ein Leben lang glücklich sein
Jeder erlebt jeden anders
TEIL 2
Von unserer kindlichen Seele
Das Märchen von der größten Kraft des Universums
SEELE? Das ist doch nur etwas für Pfarrer
Die kindliche Seele gleicht einem tiefen Brunnen
9 Monate Erfahrungen im Mutterleib
Stillen ist mehr als „nur" Nahrung
Unsere Kleinkindzeit: Daran können wir uns kaum erinnern
Unser Elternhaus: Kapital oder Hypothek?
TEIL 3
Die orale Grund – Charakterstruktur
Die 3 Grund-Charakterstrukturen
Das Märchen vom tapferen Schneiderlein
Das Märchen vom (oralen) „Froschkönig"
TEIL 4
Die schizo Grund – Charakterstruktur
Das Märchen von der „Frau Holle"
TEIL 5
Yin und Yang, zwei gegensätzliche Pole
Die indische Anekdote von der hilflosen Frau
TEIL 6
Das 3 Instanzen Modell
Es – Ich – Über-Ich
TEIL 7
Die narzisstische Grund – Charakterstruktur
Das Märchen von der „Prinzessin auf der Erbse"
Das Märchen vom „König Drosselbart"
TEIL 8
Hinter allem steht die Angst
Ein Gipfel bestimmt das Bild
Die Anekdote: „Die Welt geht unter…"
TEIL 9
Die angstneurotische Persönlichkeit
Das Märchen vom „hässlichen Entlein"
TEIL 10
Die depressive Persönlichkeit
Das Märchen von „der traurigen Traurigkeit"
TEIL 11
Die masochistisch - depressive Persönlichkeit
Das Märchen von „Armut und Demut"
TEIL 12
Die hysterische Persönlichkeit
Das Märchen vom „Fischer und seiner Frau"
TEIL 13
Die aggressiv - hysterische Persönlichkeit
Das Märchen von „Liebe und Leid teilen"
TEIL 14
Die Borderline Persönlichkeit
Das Märchen vom Schneewittchen
TEIL 15
Auf der Suche nach dem Paradies
Wer bin ich? - Wer bist Du?
Das Märchen von „Hänsel und Gretel"
Jetzt sind Sie dran:
Charakterbäume
Biografie des Autors
Bücher des Autors
Stufen des Lebens
Literaturhinweise
Teil 1
Märchen, Spiegel unserer Persönlichkeit
Beate und Gerd: „Red doch endlich einmal mit mir"
Verliebt sein heißt nicht, ein Leben lang glücklich sein
Jeder erlebt jeden anders
Mein Charakter: ein riesiges Mosaikbild
TEIL 1 – KAPITEL 1
Märchen, Spiegel unserer Persönlichkeit
Können Sie sich an Märchen erinnern? Auch wenn viele Märchen schon über 250 Jahre alt sind, die Charakter- bzw. Persönlichkeitsstrukturen der Menschen, die sie beschreiben, haben sich bis heute kaum verändert.
Deshalb werden Märchen heute auch gern in Therapien, VHS - Veranstaltungen (Märchenabende) usw., als Spiegel für unser Sein und Verhalten eingesetzt.
Typisch für alle Märchen ist die kurze Handlung sowie das ewige Ringen um „Gut und Böse, Arm und Reich" usw.
Märchen nehmen uns mit.
Sie stellen in Kurzform die Handlung, die handelnden Figuren, deren Persönlichkeiten, deren Charaktere und seelischen Prozesse dar. Oft – wie in einem Spiegel – erlebe ich Ähnliches in den Familientherapien.
Die Märchen schildern es exakt:
Es geht um das „Experiment Leben", um das Ringen mit sich selbst, um unsere Lebensaufgaben und Probleme mit den Partnern, der Familie, auf dem Weg zu eigener Reife und Selbstfindung, wie z. B. in dem uns allen bekannten Märchen von Hänsel und Gretel. (Finden Sie am Ende dieses Buches).
Märchen durch die Brille der Psychologie betrachtet, erweckt sie erst so richtig zum Leben.
In den Märchen können wir uns oft in den Persönlichkeitsstrukturen der handelnden Personen spiegeln. So besteht die Möglichkeit, über uns selbst viel zu erfahren, unsere eigene Persönlichkeit zu erkennen, diese zu überdenken und zu verändern.
In diesem Buch werden Sie ausgesuchte Märchen finden, hier in der „altdeutschen" (Märchen) - Sprache wiedergegeben.
Ich wage hier den Versuch, Ihnen - auch anhand von Märchenfiguren - unsere Charakter - und Persönlichkeitsstrukturen näher zu bringen.
Wie wird man zu einem „Hans im Glück"?
Durch die Brille unserer materiellen Wohlstandswelt betrachtet, ist dieser erwachsene Hans im nachfolgenden Märchen der Gebrüder Grimm ein absoluter Dummkopf, weil er sich durch sein kindlich – naives Denken und Handeln, zum Sozialempfänger macht und nun in der Konsequenz seiner Familie oder dem „Staat auf der Tasche liegen wird".
*****
Aber aus christlicher, ebenso buddhistisch / hinduistischer Sicht, ist dieser Hans ein weiser Mensch.
Denn Jesus sagt uns: „Du kannst nur einem Herrn dienen, Gott oder dem Mammon."
Und:
„Wenn Ihr nicht werdet wie die Kinder (naiv, spontan, gläubig, tolerant, weise usw.), könnt Ihr nicht in das Himmelreich kommen."
Durch das Loslassen aller materiellen Werte, ist Hans materiell zwar zu einem armen, in seiner Seele aber zu einem reichen und glücklichen Menschen geworden.
Siehe dazu auch das Buch von Hermann Hesse: „Siddhartha".
Das Märchen von „Hans im Glück"
Hans hatte sieben Jahre bei seinem Herrn gedient. Da sprach er zu ihm: „Herr, meine Zeit ist herum, nun gebt mir meinen Lohn. Der Herr antwortete: „Du hast mir treu und ehrlich gedient
und er gab ihm ein Stück Gold, das so groß als Hansens Kopf war. Hans zog ein Tüchlein aus der Tasche, wickelte den Klumpen hinein, setzte ihn auf die Schulter und machte sich auf den Weg nach Haus.
Wie er so dahinging, kam ihm ein Reiter entgegen, der frisch und fröhlich auf einem muntern Pferd vorbeitrabte. „Ach, sprach Hans ganz laut, „was ist das Reiten für ein schönes Ding.
Der Reiter hielt an und rief: „Ei, Hans, warum läufst du auch zu Fuß? „Ich muss ja wohl
, antwortete er, „da habe ich einen Klumpen Gold heim zu tragen und ich kann den Kopf dabei nicht gerade halten."
„Weißt du was, sagte der Reiter, „wir wollen tauschen: ich gebe dir mein Pferd, und du gibst mir deinen Klumpen.
„Von Herzen gern", sprach Hans. Der Reiter stieg ab, nahm das Gold und half dem Hans hinauf, gab ihm die Zügel fest in die Hände. Hans war seelenfroh, als er auf dem Pferde saß und so frank und frei dahinritt. Da setzte sich das Pferd in Trab, und ehe sichs Hans versah, war er abgeworfen. Das Pferd wäre auch durchgegangen, wenn es nicht ein Bauer aufgehalten hätte, der des Weges kam und eine Kuh vor sich hertrieb.
Hans war verdrießlich und sprach zu dem Bauern: „Es ist ein schlechter Spaß, das Reiten, zumal, wenn man sich den Hals brechen kann. Da lob ich mir Eure Kuh, man hat obendrein seine Milch, Butter und Käse jeden Tag. Was gäb ich darum, wenn ich so eine Kuh hätte!
„Nun, sprach der Bauer, „geschieht Euch so ein großer Gefallen, so will ich Euch wohl die Kuh für das Pferd vertauschen
und Hans willigte mit tausend Freuden ein.
Hans trieb nun seine Kuh weiter, immer nach dem Dorfe seiner Mutter zu.
Da ward es ihm ganz heiß. „Dem Ding ist zu helfen'', dachte Hans, „jetzt will ich meine Kuh melken und mich an der Milch laben." Er band sie an einen Baum, aber wie er sich auch bemühte, es kam kein Tropfen Milch zum Vorschein.
Und weil er sich ungeschickt dabei anstellte, so gab ihm das Tier mit einem der Hinterfüße einen solchen Schlag vor den Kopf, dass er zu Boden taumelte.
Glücklicherweise kam gerade ein Metzger des Weges, der auf einem Schubkarren ein junges Schwein liegen hatte. Der Metzger sprach: „Die Kuh will wohl keine Milch geben, das ist ein altes Tier, das höchstens noch zum Ziehen taugt oder zum Schlachten. „Ei
, sprach Hans, „ja, wer so ein junges Schwein hätte, das schmeckt anders, dabei noch die Würste. „Hört Hans
,, sprach da der Metzger, „Euch zuliebe will ich tauschen und will Euch das Schwein für die Kuh lassen. „Gottes Lohn Euch Eure Freundschaft
, sprach Hans, übergab ihm die Kuh, ließ sich das Schweinchen geben.
So zog Hans weiter und überdachte, wie ihm doch alles nach Wunsch ginge, begegnete ihm ja eine Verdrießlichkeit, so würde sie doch gleich wieder gutgemacht.
Es gesellte sich danach ein Bursche zu ihm, der trug eine schöne weiße Gans unter dem Arm und Hans fing an, von seinem Glück zu erzählen. Der Bursche erzählte ihm, dass er die Gans zu einer Kindstaufe brächte. „Ja, sprach Hans, und wog sie mit der einen Hand, „die hat ihr Gewicht, aber mein Schwein ist besser.
„Hört', sagte der Mann, „mit Eurem Schweine mags nicht ganz richtig sein. In dem Dorfe, durch das ich gekommen bin, ist eben dem Schulzen eins aus dem Stall gestohlen worden.
„Ach Gott, sprach Hans, „helft mir aus der Not, nehmt mein Schwein da und lasst mir Eure Gans.
So ging nun der gute Hans mit der Gans unter dem Arme der Heimat zu.
„Wenn ichs recht überlege, sprach er mit sich selbst, „habe ich nur Vorteile bei dem Tausch: Was wird meine Mutter eine Freude haben!
Als er durch das letzte Dorf gekommen war, stand da ein Scherenschleifer mit seinem Karren, sein Rad schnurrte, und er sang dazu. „Euch gehts wohl, weil Ihr so lustig bei Eurem Schleifen seid."
„Ja", antwortete der Scherenschleifer, „das Handwerk hat einen güldenen Boden. Ein rechter Schleifer ist ein Mann, der, sooft er in die Tasche greift, auch Geld darin findet. Ihr müsst ein Schleifer werden wie ich, dazu gehört eigentlich nichts als ein Wetzstein, das andere findet sich schon von selbst.
Da hab ich einen, dafür sollt Ihr mir aber auch weiter nichts als Eure Gans geben, wollt Ihr das? „Wie könnt Ihr noch fragen
, antwortete Hans, „ich werde ja zum glücklichsten Menschen auf Erden, habe ich Geld, sooft ich in die Tasche greife, was brauche ich da länger zu sorgen?" Er reichte ihm die Gans hin, und nahm den Wetzstein in Empfang.
„Ich muss in einer Glückshaut geboren sein, rief er aus, „alles, was ich wünsche, trifft mir ein, wie einem Sonntagskind.
Indem er weiterging, begann er müde zu werden und musste jeden Augenblick halt machen, dabei drückten ihn die Steine ganz erbärmlich. Wie eine Schnecke kam er zu einem Feldbrunnen geschlichen. Darauf setzte er sich nieder und wollte sich zum Trinken bücken. Da versah ers, stieß ein wenig an, und die Steine plumpsten in den Brunnen hinab.
Hans, als er sie versinken sah, sprang vor Freuden auf, kniete dann nieder und dankte Gott mit Tränen in den Augen, dass er ihn auf eine so gute Art von allem befreit hätte, was ihm im Leben hinderlich gewesen wäre.
„So glücklich wie ich bin, rief er aus, „gibt es keinen Menschen mehr unter dieser Sonne.
Ein Märchen der Gebrüder Grimm
Von der Weisheit des Lebens
Einmal ehrlich:
Wie oft regen wir uns über irgendetwas oder über jemanden auf? Weil da Dinge sind, die MIR nicht passen, weil der/die etwas sagt, denkt, tut, was nicht in MEIN Denk – Fühl - Machen - Schema passt.
Das ärgert mich, das kann ich nicht zulassen, da muss ich doch… oder?
Warum muss ich? Weil mir oft innere Ruhe, Einfühlungsvermögen, Einsicht, Verständnis und - last not least - Nachsicht, Toleranz und die Weisheit fehlt, die Dinge einfach einmal stehen zu lassen, darüber nachzudenken, sich auch in andere, z.B. den Partner / die Partnerin einzufühlen, die einfach anders sind, die anders denken und anders empfinden.
Am schwierigsten ist es aber für viele, einfach einmal „alle fünfe gerade sein zu lassen", einfach einmal tolerant zu sein und einfach einmal alles loszulassen?
Geht aber nicht, weil ich ja erwachsen bin, mir von allen Seiten viele „Programme" anerzogen, aber mir die kindliche Spontanität und Naivität aberzogen wurden… und mir so (wie im nachfolgenden Beispiel von Beate und Gerd) kindliche Toleranz und Weisheit fehlten.
Jesus Christus sagt uns dazu:
„Wenn Ihr nicht werdet wie die Kinder, könnt Ihr nicht in das Himmelreich kommen"… und genau das hat ER damit gemeint.
TEIL 1 – KAPITEL 2
BEATE UND GERD:
„Red' doch endlich einmal mit mir!"
Praxisbeispiel:
Beate (38) war sauer, stinksauer sogar. „Was bildet sich dieser Kerl eigentlich ein, mich so zu behandeln, mich so abblitzen zu lassen", dachte sie wutentbrannt.
Sie wischte sich die Tränen ab, welche ihr die Wangen herunterliefen.
Dann ging sie ins Wohnzimmer, wo Gerd (42) vor dem Fernsehapparat saß.
Und sie tat das, was Gerd hasste wie die Pest: Sie schaltete ihm einfach den Fernsehapparat aus.
Er zog daraufhin die Augenbrauen etwas zusammen, verschränkte seine Arme vor der Brust und legte bedächtig langsam seine Füße auf den Tisch, ... was nun Beate noch mehr aus der Fassung brachte. „Ich möchte endlich wissen, was mit Dir los ist", schimpfte sie nun laut. „Red doch endlich einmal mit mir!"
Gerd rührte sich nicht, was ihre Wut noch vermehrte.
„Bin ich es jetzt nicht einmal mehr wert, dass Du mit mir sprichst, ja? Sind wir jetzt schon so weit, dass ich nur noch für den Haushalt gut bin, für die Kinder, fürs Essen? ... Und wenn der Herr es einmal wieder braucht, dann auch gut fürs Bett ... Ja?
Ist es so? ... Sind wir jetzt schon soweit? ... Aber reden mit mir, dazu reicht es nicht!"
Gerd kannte ja ihre temperamentvollen, unerwarteten und heftigen Ausbrüche. Was man ihm aber nicht ansah, war: Er fühlte sich in diesen Situationen hilflos, so hilflos, wie ein kleiner Junge.
„Dann werde ich mich scheiden lassen!"
Plötzlich schaute Beate ihm zornblitzend in die Augen: „Red doch endlich, verdammt noch mal, so red doch endlich mit mir!"
Gerd erstarrte zu Stein, denn unter ihren funkelnden Blicken fühlte er sich wie das berühmte Kaninchen vor der Klapperschlange. Aber Beate sah in seinem Verhalten nichts als Sturheit. Plötzlich drehte sie sich um, rannte aus dem Wohnzimmer und rief laut: „Ich werde mich scheiden lassen!" … und sie warf die Wohnzimmertür zu, dass es krachte.
Sie lief ins Schlafzimmer, sperrte die Tür zu, warf sich auf das Bett und brach in lautes Schluchzen aus.
Gerd brauchte Luft. „Was ist denn jetzt nur schon wieder los?", fragte er sich. Verärgert polterte er durch den Korridor zur Garderobe, wo er sich eilig seine Jacke anzog.
Aus dem Kinderzimmer dröhnte Diskomusik. „Das hält man ja hier nicht mehr aus. Ewig dieses Theater um nichts!", knurrte er vor sich hin.
Da ging die Kinderzimmertür auf und Anette, die älteste Tochter, stand in der Tür. „Macht endlich Euer Gedudel leiser", schimpfte er nun, drehte sich um und verließ das Haus, indem er die Haustür zuknallte. Er steuerte das Vereinsheim des Fußballclubs an.
„Haben wir uns auseinandergelebt?"
Beate lag im Schlafzimmer quer über dem Bett und weinte laut vor sich hin. Sie spürte Gefühle von Wut, Ohnmacht, ja Verzweiflung. Sie verstand ihren Mann einfach nicht mehr. Sie hatte das Gefühl, sie kam nicht an ihn heran. Und je lauter und heftiger sie wurde, desto mehr machte er zu und war ihr ferner denn je, was sie rasend machte.
Er war aber auch immer so kühl, so sachlich. „Er müsste doch wissen, dass ich Zärtlichkeit, Gespräche mit ihm, aber auch die Auseinandersetzung unbedingt brauche", dachte sie. „Warum ist er nur so?" Viele ihrer Freundinnen beneideten sie um Gerd. Er sei so offen, so freundlich und tolerant, hieß es. Ja, wenn die ihn alle kennen würden.
Gerd war doch früher anders, dachte Beate. Ja, er war schon immer ein ruhiger Typ, aber früher konnte man gut mit ihm reden. Warum denn jetzt nicht mehr? Scheiden? Nein, das käme für sie sowieso nicht infrage. Sie musste sich vorhin einfach Luft machen.
Dann stand für sie eine ganz neue Frage im Raum: „Oder haben wir uns auseinander gelebt, wie so viele andere Paare auch, die ich kenne?"
Plötzlich spürte sie Angst, insbesondere, weil sie an einige ihrer Freundinnen dachte, die nach ermüdenden und entwürdigenden Scheidungen nun schlecht versorgt und allein mit ihren Kindern dastanden.
„Ich bin nur noch dafür gut, mein Geld abzugeben!"
Gerd steckte seine Hände tief in die Taschen und ging nachdenklich durch die nachtdunklen Straßen.
„Also scheiden möchte sich Beate lassen", dachte er, denn er nahm Beates Ankündigung sehr ernst. „Vielleicht war es wirklich das Beste so. Mit Beate wurde es in der letzten Zeit immer schwieriger. Wegen jeder Kleinigkeit schimpfte sie, war oft launenhaft und zänkisch. Immer nörgelt sie an mir herum. Ja, oft ist sie sogar laut und ausfallend.
Bei anderen, ja, da ist sie immer gut gelaunt. Überall setzt sie sich in den Mittelpunkt, macht sich beliebt und ist für jeden da…, nur für mich nicht", denkt Gerd bitter. „Was in mir vorgeht, das hat sie noch nie interessiert. Ich bekomme nur immer ihre Strafpredigten zu hören, wie es ihr geht, was sie stört oder was sie wieder gern hätte.
Ich glaube, ich bin nur noch gut, um mein Geld hinzulegen, damit sie den ganzen Tag daheim sein kann. Andere Frauen haben auch Familie, zwei Kinder, Haus und Garten. Aber die gehen zusätzlich noch arbeiten… und die sind nicht so launenhaft und beklagen sich ständig."
„Im Bett wird es auch immer weniger"
„Wenn ich es recht bedenke", so Gerd, „im Bett klappt es zwischen uns schon lange nicht mehr. Früher war es mit ihr wirklich toll. Heute hat sie zum Sex kaum mehr