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Reds: Die Geschichte des FC Liverpool
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eBook413 Seiten5 Stunden

Reds: Die Geschichte des FC Liverpool

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Über dieses E-Book

Bill Shankly und Jürgen Klopp. Heysel und Hillsborough. Steven Gerrard und Ian Rush. Istanbul 2005 und Madrid 2019. Die Geschichte des FC Liverpool ist reich an Triumphen und Tragödien, aber auch an legendären Spielern und Trainern. Dieses Buch nimmt den Leser mit auf eine Reise durch die Historie des Kultklubs von der Merseyside und macht dabei auch Ausflüge in die Musikszene der Stadt sowie in ihre sozialen und politischen Kämpfe.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum15. Aug. 2019
ISBN9783730704561
Reds: Die Geschichte des FC Liverpool
Autor

Dietrich Schulze-Marmeling

Dietrich Schulze-Marmeling, geboren am 8. Dezember 1956 in Kamen/Westfalen, gehört zu den profiliertesten und produktivsten Fußballautoren- und historikern in Deutschland.Schulze-Marmelings erstes Fußballbuch erschien 1992 und trug den Titel „Der gezähmte Fußball. Zur Geschichte eines subversiven Sports.“ Christoph Biermann schwärmte damals in der „tageszeitung“: „Manchmal schlägt man ein Buch auf und fragt sich nach einer durchlesenen Nacht, warum es das nicht schon vorher gegeben hat. (...) Dieses Buch schafft nämlich den Durchbruch. Es ist der erste ernsthafte Versuch einer Fußballgeschichte in Deutschland, die auch die politischen, sozialen und ökonomischen Bedingungen des Spiels einbezieht. (...) Ein brillanter Steilpass aus defensiver Sprachlosigkeit und vagen Mittelfeldgeraune.“Es folgten u.a. Bücher über Borussia Dortmund und den FC Bayern München, denen der Charakter von „Standardwerken“ attestiert wurde. Ebenso erging es seinen Veröffentlichungen „Das goldene Buch der Fußballweltmeisterschaft“ und „Das goldene Buch des deutschen Fußballs“ (mit Hardy Grüne), die beide in mehreren Auflagen erschienen sind.Auch zur Geschichte großer internationaler Vereine hat Schulze-Marmeling erfolgreiche Bücher vorgelegt, so zum FC Barcelona, zu Manchester United, Celtic Glasgow und zuletzt zum FC Liverpool („Reds“).Für seine bislang wertvollste Veröffentlichung erachtet der Autor indes „Davidstern und Lederball. Die Geschichte der Juden im deutschen und internationalen Fußball“, die mit dazu beitrug, dass die Geschichte des deutschen Fußballs „umgeschrieben“ wurde. Der Literaturkritiker Helmut Böttiger urteilte in der „Zeit“: „Eine absolut herausragende Veröffentlichung. Hier liegt der Idealfall vor: Fußball als Kulturgeschichte.“Für das Buch „Der FC Bayern und seine Juden. Aufstieg und Zerschlagung einer liberalen Fußballkultur“ wurde Schulze-Marmeling mit dem Preis für das Fußballbuch des Jahres ausgezeichnet.Er ist Mitglied der Deutschen Akademie für Fußballkultur und lebt in Altenberge bei Münster.

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    Buchvorschau

    Reds - Dietrich Schulze-Marmeling

    2019

    KAPITEL 1

    „Team of the Macs"

    Der 1892 gegründete FC Liverpool¹ ging aus dem FC Everton hervor und war das Werk des Bierbrauers, Freimaurers und konservativen Politikers John Houlding. Dieser hatte sich mit den Methodisten und Liberalen im Klub überworfen. Das erste Team des LFC wurde vom Iren John McKenna in Schottland rekrutiert. 1901 wurden die „Reds erstmals Meister. Weitere Meisterschaften folgten 1906 sowie 1921 und 1922. Das erste Idol des „Kop, der berühmten Stehtribüne des Stadions an der Anfield Road, war der Nordire Elisha Scott. In den 1930ern stand der FC Liverpool klar im Schatten des Lokalrivalen FC Everton.

    Association Football schlägt Rugby

    In Liverpool etablierte sich der Fußball im Vergleich zu anderen englischen Arbeiterstädten relativ spät. 1879/80 berichtete Birminghams Presse von 811 Fußballspielen in der Stadt, die Kollegen in Liverpool entdeckten für den gleichen Zeitraum nur zwei. Die Entwicklung einer Fußballszene wurde zunächst durch Liverpools eigentümliche, von Gelegenheits- und Hilfsarbeitern geprägte Beschäftigungsstruktur gebremst. Anders als die Fabrikanten im Osten, die „Manchester Men", erwarben Liverpools Gentlemen ihren Reichtum nicht durch Warenproduktion, stattdessen verdienten sie ihr Geld mit Handel, Transport und Bankgeschäften. Das Gros ihrer Gewinne investierten sie dann nicht in der Stadt, sondern in den Kolonien und lukrativen Unternehmen anderswo im Land.

    Einfache Jobs fand man damals meist im Hafen: als Dock- oder Lagerhausarbeiter, zudem waren hier viele Lotsen, Seeleute, Kutscher, Einzelhändler, Seiler, Segeltuchmacher, Schiffszimmerleute, Kupferschmiede etc. zuhause. Ihre Arbeitskraft war allerdings nur unregelmäßig gefragt, viele von ihnen verdingten sich als Tagelöhner, geregelte Arbeitszeiten waren noch unbekannt. Ähnlich erging es den Beschäftigten in den kleinen Fabriken, die um den Hafen entstanden und in denen Teile der in Liverpool abgeladenen Rohstoffe verarbeitet wurden.

    Unter diesen Umständen war es kaum möglich, einen gemeinsamen Kampf für Arbeiterrechte zu organisieren. Während die Textilarbeiter im Osten Lancashires bereits in den 1850ern am Samstagnachmittag nicht arbeiten mussten (ab 14 Uhr, ab 1874 sogar schon ab 13 Uhr), kamen Liverpools Dockarbeiter erst im April 1890 in den Genuss eines freien Samstagnachmittags. Einem großen Teil der Liverpooler Arbeiterschaft blieb deshalb zunächst nur wenig Raum für den Fußball als Freizeitbeschäftigung.

    Auch die Stärke von Rugby und Cricket sowie der Kampf religiöser Führer gegen den Wochenend-Fußball in öffentlichen Parks hemmte die Entwicklung des Spiels. Noch 1923 lehnte der Liverpooler Stadtrat mit 60 zu 25 Stimmen einen Antrag ab, der Sporttreibende auch am „heiligen Sonntag die Benutzung der städtischen Parks gestatten sollte. Der erzürnte Beigeordnete Austin Harewood war der Meinung, dass Liverpool sich „im Griff einer klerikalen Tyrannei befände.

    Last but not least: Der moderne Fußball hatte seinen Ursprung in den elitären Public Schools. „Dank der rigiden Klassentrennung in Liverpool, wo man mehr als in anderen Industriestädten unter seinesgleichen blieb, wurde das Spiel von heimkehrenden Public-School-Absolventen nicht „nach unten weitergegeben.

    Eine entscheidende Schwäche allerdings hatte Liverpools Rugby: Der Sport wurde von elitären Public-School-Absolventen dominiert, die sich den Cup-Wettbewerben des nordenglischen Rugby League² verweigerten. Denn die Herren mochten nicht gegen Teams antreten, die sozial nicht „in ihrer Liga spielten". Und überhaupt bestritten Gentlemen nur Freundschaftsspiele. So gab es schließlich doch den Raum für Association Football.

    1863 war im Londoner Gasthaus Freemasons’ Tavern mit der Football Association (FA) der weltweit erste nationale Fußballverband gegründet worden. Der FA-Cup als erster nationaler Wettbewerb wurde schließlich zur Saison 1871/72 eingeführt und entwickelte sich schnell zu einer Attraktion. Rugby verlor durch den Pokal in Lancashire an Boden. Denn die konservative Rugby Union sah sich in dieser Grafschaft nicht in der Lage, einen attraktiven Pokalwettbewerb einzuführen. Dem Rugby mangelte es also an spannenden, die Spieler motivierenden und die Zuschauer mobilisierenden Wettspielen.

    Erst 1883 gewann zum ersten Mal ein Arbeiterverein den FA-Cup. Der Sieger kam mit Blackburn Olympic aus einer Industriestadt nördlich von Manchester. Olympic bezwang die Old Etonians aus dem etwa 25 Kilometer westlich von London gelegenen Eton mit 2:1 und beendete damit die Dominanz der Universitäts- und Public-School-Teams aus dem Süden Englands. Die siegreiche Elf bestand aus vier Textilarbeitern, drei Metallarbeitern, einem Angestellten, einem Klempnermeister, einem Schankwirt und einem Zahnarzt. Die Fußball-Aristokraten aus Eton oder Oxford waren schockiert und zogen sich aus der zu diesem Zeitpunkt prestigeträchtigsten Konkurrenz im englischen Fußball zurück. Viele der Public Schools verabschiedeten sich komplett vom Fußball und widmeten sich den Gentlemen angemesseneren Disziplinen, in denen sie Kontakt und ein Kräftemessen mit den proletarischen Massen vermeiden konnten.

    Liverpool entwickelte sich nun binnen einer Dekade von einer Stadt ohne Association Football zu einer Hochburg dieses Spiels. Die Zahl der Spiele und Vereine stieg sprunghaftan: 1878 gab es in Liverpool erst zwei Klubs, 1886 waren es bereits 151. Das ehemalige Rugby-Mekka war zum Fußball übergelaufen.

    Profifußball und Football League

    Als im Januar 1884 das nordenglische Team Preston North End im FA-Cup auf den Londoner Klub Upton Park traf, eskalierte der bereits seit Jahren schwelende Konflikt zwischen den Befürwortern des Professionalismus und den Anhängern des Amateursports. Upton Park beschwerte sich bei der FA, weil der Gegner mit schottischen Akteuren angetreten sei, deren Spielberechtigung angezweifelt wurde. Prestons Spieler waren in der Tat Profis. Der Klubsekretär, Fabrikmanager Major William Sudell, machte keinen Hehl daraus, dass man Spieler importiert und diese mit Arbeitsplätzen versorgt hatte. Auf der Suche nach Verstärkungen war der umtriebige Sudell vor allem in Schottland fündig geworden, wo er u. a. den Torjäger Jimmy Ross rekrutierte.

    Sudell war ein entschiedener Befürworter des Professionalismus und behauptete, er habe zum Wohle des Spiels gehandelt. Denn ohne die Verstärkung mit „Gastarbeitern wäre es seinem Klub nicht möglich gewesen, mit den mächtigen Blackburn Rovers zu konkurrieren. Preston North End wurde disqualifiziert und für ein Jahr vom FA-Cup ausgeschlossen. Zwei weiteren „proletarischen Klubs – Burnley und Great Lever aus Bolton – erging es ebenso.

    Im Oktober 1884 trafen sich in Manchester die Vertreter von 31 Vereinen, darunter die meisten Topadressen Lancashires sowie Aston Villa, Walsall Swifts und Sunderland. Als Befürworter des Profitums drohten sie mit dem Auszug aus der FA und der Gründung einer eigenen British Football Association. Neun Monate später lenkte der Verband ein und gestattete das Berufsspielertum, wenngleich zunächst nur in restriktiver Form. Wenn man die Entwicklung des professionellen Fußballs schon nicht verhindern konnte, so wollte man sie wenigstens kontrollieren. Also verordnete die FA eine Gehaltsobergrenze für Profis.

    Am 2. März 1888 lud der Geschäftsmann William McGregor die Klubs Bolton Wanderers, Blackburn Rovers, Preston North End, West Bromwich Albion und Aston Villa ins Anderton’s Hotel in der Londoner Fleet Street ein. Am Vorabend des FA-Cup-Endspiels wollte McGregor über die Gründung einer nationalen Fußball-Liga diskutieren. Denn allein auf Basis des FA-Cups und weiterer regionaler Pokalwettbewerbe ließ sich eine Saison nicht finanziell planen. Bei frühzeitigem Ausscheiden war das Pflichtspielprogramm schnell beendet. Was noch blieb, waren Freundschaftsspiele, die aber bisweilen den Pokalverpflichtungen eines der Teams zum Opfer fielen. Freundschaftsspiele litten ohnehin unter ihrer Unverbindlichkeit, und so wurden Begegnungen schon mal wegen schlechten Wetters, Transportproblemen oder einfach, weil der eine oder andere Leistungsträger verletzt war, abgeblasen. Manchmal trafen die Absagen so kurzfristig ein, dass die fußballinteressierte Öffentlichkeit erst im Stadion davon erfuhr.

    Die nach London eingeladenen Klubs wurden von McGregor gebeten, sich über die Zukunft einer solchen Liga Gedanken zu machen. Er wollte, „dass sich zehn oder zwölf der prominentesten Vereine in England zusammenfinden, um in jeder Saison Heim- und Auswärtsspiele gegeneinander auszutragen". Die anvisierte Vereinigung sollte Association Football Union heißen.

    McGregor und seine Mitstreiter wurden durch die Entwicklung in den USA ermutigt, wo die Professionalisierung des Sports früher begonnen hatte. Die USA waren gewissermaßen das Geburtsland des Profisports, der sich dort nicht mit dem ideologischen Ballast einer aristokratischen Sporttradition herumschlagen musste. Im Winter 1876 wurde die National League of Professional Baseball Clubs ins Leben gerufen, die weltweit erste Profiliga und das erste Sportunternehmen der Welt. Anders als bei der späteren englischen Football League ging es bei der Baseball-Liga nicht nur um die Organisation und Finanzierung eines professionellen Spielbetriebs, sondern – wie bei sonstigen Unternehmen des Wirtschaftslebens – um das Erwirtschaften von Gewinnen.

    Da die Klubs im Süden Englands an McGregors Projekt kein Interesse zeigten, musste ein zweites Treffen her, das nun in Manchester stattfand. Am 17. April 1888 wurde im Royal Hotel in Manchester die weltweit erste nationale und professionelle Fußballliga aus der Taufe gehoben.

    McGregors Namensvorschlag „Association Football Union wurde allerdings verworfen, denn eine „Football Union gab es bereits beim konkurrierenden Rugby, wo sich 1871 die Rugby Football Union gegründet hatte. Stattdessen einigte man sich auf den Namen „The Football League. McGregor wollte zunächst auch schottische und walisische Vereine einbeziehen, weshalb man auf die Länderbezeichnung „English verzichtete.

    Die Legalisierung des Professionalismus und die Gründung der Liga veränderte die englische Fußballlandkarte nachhaltig. Die zwölf Gründungsmitglieder kamen mit Preston North End, Aston Villa, Wolverhampton Wanderers, Blackburn Rovers, Bolton Wanderers, West Bromwich Albion, Accrington³, Burnley, Derby County, Notts County, Stoke (ab 1926 Stoke City) und dem Liverpooler Klub FC Everton ausnahmslos aus den Arbeiter- und Industriestädten des Nordens und der Midlands, die durch die Eisenbahn miteinander verbunden waren.

    EINWURF

    Lancashire und der Profifußball

    Mit der Verkürzung der Arbeitszeit, der Einführung des freien Samstags und der Erhöhung der Löhne begann die Eroberung des Fußballs durch die Industriearbeiterschaft, schon bald triumphierten „Arbeiterteams" in den Wettbewerben und zogen große Zuschauermassen an. Die Grafschaft Lancashire entwickelte sich zur Wiege des Professionalismus, und noch heute hat der Nordwesten Englands die höchste Konzentration an Profiklubs in Europa. In der Saison 2018/19 spielten in den vier englischen Profiligen:

    •Premier League (5):

    FC Liverpool, FC Everton, Manchester United, Manchester City, FC Burnley.

    •Football League Championship (3):

    Blackburn Rovers, Bolton Wanderers, Wigan Athletic.

    •Football League One (3):

    FC Blackpool, Accrington Stanley, AFC Rochdale.

    •Football League Two (3):

    Macclesffteld Town, FC Bury, Tranmere Rovers.

    Von den bislang 120 englischen Fußballmeisterschaften wurden 57 von Klubs aus Lancashire gewonnen: Manchester United (20), FC Liverpool (18), FC Everton (9), Manchester City (6), Blackburn Rovers (2), FC Burnley (2).

    Die soziale Entwicklung Englands hatte sich ab Mitte des 19. Jahrhunderts relativ friedlich vollzogen – dank der privilegierten Stellung im Welthandel und in der Weltindustrie. Um 1850 arbeitete die große Masse der Fabrikarbeiter noch täglich zwischen 15 und 16 Stunden. Um 1870 betrug die Arbeitszeit in der Textilindustrie 10,5 Stunden am Tag und 60 Stunden wöchentlich bei freiem Samstagnachmittag. Die Löhne der Facharbeiter, die um 1870 etwa 30 Prozent der Industriearbeiterschaft ausmachten, stiegen zwischen 1850 und 1865 real um etwa 15 Prozent. Anschließend kam es zu einem allgemeinen Anwachsen der Reallöhne um ein Drittel. Im Zeitraum 1850 bis 1914 verdoppelten sie sich sogar annähernd.

    Diese Verbesserung der Lebensbedingungen – mehr freie Zeit und höhere Einkommen – gab der Arbeiterschaftdie Gelegenheit, sich dem Fußball zuzuwenden. Sie betrat damit ein Spielfeld, das bis dahin von ganz anderen sozialen Kreisen exklusiv besetzt wurde. Denn auch in seinem „Mutterland" waren die Anfänge des Fußballs zunächst bürgerlich-elitär. Beim FC Sheffield, gegründet am 24. Oktober 1857 und heute der älteste noch existierende Fußballverein der Welt, waren 1858 elf der 29 Vereinsmitglieder Fabrikanten. Bis Ende der 1860er Jahre rekrutierten sich englische Fußballklubs fast ausschließlich aus ehemaligen Public-School-Teams, also aus Zöglingen exklusiver Privatschulen. Entsprechend war eine große Zahl der frühen Klubs im Südosten des Landes beheimatet, während im englischen Norden die Vereinsdichte deutlich geringer ausfiel.

    Das änderte sich nun grundlegend. Schon gegen Ende des 19. Jahrhunderts war Fußball in England die hauptsächliche Freizeitbeschäftigung der Arbeiter, deren Anteil an der beschäftigten Bevölkerung auf 80 Prozent gewachsen war.

    FC Everton

    Die Wiege des FC Everton war die 1865 gegründete Kirchengemeinde St. Domingo Methodist Church, was keineswegs ungewöhnlich war. 1885 unterhielten 25 der 112 Liverpooler Fußballklubs Verbindungen zu kirchlichen Einrichtungen, in Birmingham waren es 83 von 344.

    1877 wurde Ben Swift Chambers (1845–1901) Pfarrer in der St. Domingo Methodist New Connexion Chapel in der Breckfield Road North. Chambers war ein Aktivist der „Band of Hope-Bewegung, einer Temperenzler-Organisation für Jugendliche aus der Arbeiterschaft, und ein Anhänger von „Muscular Christianity, einer philosophischen Bewegung, die Mitte des 19. Jahrhunderts in England ihren Ursprung hatte und sich durch den Glauben an die patriotische Pflicht, die moralische und physische Schönheit von Sportlichkeit, Disziplin, Selbstaufopferung und Männlichkeit auszeichnete. Im viktorianischen Zeitalter war „Muscular Christianity" eine Methode zur Charakterbildung von Schülern an den Public Schools.

    Chambers rief für die Jugendgemeinde einen Cricket-Klub ins Leben. Allerdings war Cricket ein reines Sommerspiel, und um die Jugendlichen auch außerhalb der Cricket-Zeit sportlich zu beschäftigen, wurde deshalb 1878 der St. Domingo Football Club gegründet.

    Kirchenleute wie Chambers wollten mittels des Fußballs die „modernen Krankheiten der modernen Massen- und Industriegesellschaftbekämpfen: die epidemische Trunk- und Wettsucht, den schwindenden Einfluss der Religion in der Arbeiterschaft und deren Hinwendung zu sozialradikalen Ideen. In Liverpool war der Alkohol das größte Problem, 1874 gab es hier 2.587 Verkaufsstellen für Bier, Wein und Schnaps. Nicht nur erwachsene Männer, auch Kinder im Alter von acht oder neun Jahren torkelten besoffen durch die Straßen. Außerhalb der Pubs lungerten die Männer rum und pumpten vorübereilende Passanten um Geld für Bier an – sie gingen als „cornermen in die Stadtgeschichte ein.

    Erste Spielstätte des St. Domingo Football Club war eine Wiese im Südosten des Stanley Parks im Stadtteil Everton, der heute die Stadien des FC Everton und des FC Liverpool trennt. Der 1870 eröffnete Park ist noch immer der bedeutsamste in Liverpool.

    Hier trug der Klub 1879 auch sein erstes Spiel aus, bei dem der Everton Church Club mit 1:0 bezwungen wurde. Das St.-Domingo-Team war nur eines von vielen, die im Stanley Park kickten. Aber es war das beste, weshalb es auch Spieler außerhalb der Kirchengemeinde und deren Einzugsgebiet anzog. Im November 1879 votierte deshalb eine Versammlung im Queen’s Head Hotel für die Umbenennung des St. Domingo Football Club in Everton Fooball Club.

    Der neue Klub weckte das Interesse von John Houlding, Gründer der Brauerei Tynemouth Street Brewery („Houlding’s Sparkling) und Besitzer des heute noch existierenden Hotels und Pubs „The Sandon an der Oakfield Road, nur wenige Fußminuten von Anfield entfernt, dessen Villa sich in Nachbarschaft zum Spielfeld des FC Everton im Stanley Park befand. Der wohlhabende Bierbrauer war Freimaurer, Vorsitzender der Everton Conservative Association und ein Hardline-Unionist. Ein charismatischer Selfmademan ohne nennenswerte akademische Ausbildung, aber ein begnadeter Autodidakt. In Everton geboren, sprach er die Sprache der einfachen Leute und betätigte sich als Philanthrop. Houlding kümmerte sich insbesondere um Jugendliche aus armen Verhältnissen und ältere Menschen, man nannte ihn auch „Honest John und „King John of Everton. Als der konservative Unterhausabgeordnete für den Wahlkreis Everton starb, erschien Houlding als dessen logischer Nachfolger, den nationalen Parteigrößen der Konservativen aber war dessen Popularität bei den Liverpooler Arbeitern suspekt, weshalb sie Einspruch erhoben. Auch bei den Liverpooler Tories war Houlding umstritten. Um eine Spaltung der Partei zu vermeiden, zog Houlding seine Kandidatur zwar zurück, 1897 wurde er dann aber zum Oberbürgermeister der Stadt am Mersey gewählt.

    Der Unternehmer und Politiker erkannte schon früh das Potenzial des Fußballs für die Getränke-Industrie und natürlich auch für seine politischen Ambitionen. Und so wurde John Houlding 1881 Präsident des FC Everton. Sein engster Mitstreiter im Klub war John McKenna, ein ehemaliger Rugby-Aktivist. Der protestantische Ire, wie Houlding Tory, Freimaurer und Mitglied des Oranier-Ordens, stammte aus der Gemeinde Donagh in der irischen Grafschaft Monaghan und war Anfang der 1870er im Alter von 17 nach Liverpool ausgewandert. In Liverpool ging McKenna auf Distanz zur Brutalität und dem elitären Charakter des Rugbys und wurde ein Fan von Association Football. Er sah aber auch, dass der die Zuschauer in großen Massen mobilisierende Association Football das größere Potenzial besaß. McKenna war stark beeindruckt, als 1880 ein Derby zwischen den beiden East-Lancashire-Klubs Blackburn Rovers und Darwen 10.000 Interessierte mobilisierte.

    Als die Zuschauerzahlen im Stanley Park vierstellig wurden, sah sich Houlding nach einer neuen Spielstätte um. Er fand diese südlich des Stanley Parks zwischen Anfield Road und Walton Breck Road. Das Gelände gehörte John Orrell, einem Bierbrauer und Freund Houldings, der es nun an den FC Everton verpachtete. Am 28. September 1884 lief Everton erstmals in Anfield auf und schlug das Team von Earlestown mit 5:0. Es wurden Tribünen für gut 8.000 Zuschauer errichtet, aber das Stadion konnte um die 20.000 aufnehmen. Am 2. März 1889 war Anfield erstmals Schauplatz eines Länderspiels, als England im Rahmen der British Home Championship Irland mit 6:1 besiegte.

    Am 8. September 1888 bestritt Everton sein erstes League-Spiel in Anfield. Vor 10.000 Zuschauern wurde Accrington mit 2:1 geschlagen. Erster Meister der Football League wurde Preston North End – ungeschlagen, weshalb das Team, das auch noch den Pokal gewann, „The Invincibles" getauft wurde. (In der Liga gelang dies seither nur noch einem Team: Arsenal in der Saison 2003/04.) Everton wurde nur Achter. Auch in der folgenden Saison 1889/90 gewann Preston die Meisterschaft. Everton verbesserte sich aber deutlich und wurde mit zwei Punkten Abstand Vizemeister. 1890/91 durfte Everton dann als erster Liverpooler Klub die englische Meisterschaft feiern.

    Eins teilt sich in zwei

    Zwischenzeitlich hatte John Houlding Anfield gekauft. Der FC Everton musste ihm nun jährlich eine Pacht von 100 Pfund bezahlen. Zur Saison 1889/90 erhöhte Houlding diese um 150 Pfund auf 250 – mit Verweis auf die gestiegenen Zuschauereinnahmen. Außerdem forderte der Bierbrauer ein Monopol für den Getränkeverkauf im Stadion.

    Der folgende Disput zwischen Houlding und den Everton-Direktoren drehte sich nicht nur um die Pacht, vermutlich nicht einmal vorrangig. Mindestens genauso bedeutend waren unterschiedliche politische Auffassungen und die Rolle der Methodisten im Klub. Im Everton-Vorstand saßen sowohl konservative als auch liberale Parteiaktivisten. Größter und stärkster Widersacher Houldings war der liberale Politiker George Mahon, mit dem er schon während der Kommunalwahlen aneinandergeraten war. Mahon, dessen Eltern aus Irland (Dublin) nach Liverpool emigriert waren, war Mitglied der Walton Liberal Association und engagierte sich mit der Liberal Party für „Irish Home Rule, also für eine Selbstverwaltung der noch unter Londons Herrschaftstehenden irischen Insel. Konservative Protestanten und Unionisten wie Houlding und McKenna waren hingegen erbitterte Gegner von „Home Rule.

    Außerdem kollidierte Houldings Alkohol-Business mit der methodistischen Gesinnung einiger Everton-Direktoren, die sich die Bekämpfung des Alkoholkonsums auf die Fahnen geschrieben hatten. Den methodistischen „Evertonians behagte nicht, dass sich die Spieler in Houldings „The Sandon umzogen, von wo aus sie zum Stadion marschierten. Im „Sandon war auch die Geschäftsstelle des Klubs untergebracht, und die enge Verbindung zwischen Mannschaft und Pub garantierte Houlding an Spieltagen viel Kundschaft. Evertons Methodisten wurden von der Football League unterstützt, deren Boss William McGregor ebenfalls Methodist war. Der aus Schottland stammende Tuchhändler gehörte dem Vorstand von Aston Villa aus Birmingham an, das 1874 von Mitgliedern der Villa Cross Wesleyan Chapel gegründet worden war und somit ähnliche Wurzeln wie der FC Everton hatte. Laut Houlding war das „fanatische Abstinenzlertum seiner klubinternen Gegner der entscheidende Grund für die spätere Spaltung des Klubs.

    Einigen Klubdirektoren und Mitgliedern war Houlding zu mächtig geworden. Sie kritisierten seinen autokratischen Führungsstil und warfen ihm vor, dass er den Klub nur als ein weiteres Business betrachten würde.

    Am 15. September 1891 fand in der Royal Street Hall eine Generalversammlung des FC Everton statt, auf der Houlding die Gründung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung vorschlug. Dieses Unternehmen sollte Anfield und benachbartes Land, das noch John Orrell gehörte, für 9.237 Pfund erwerben. Die von Houlding vorgeschlagene Form einer GmbH war damals noch sehr ungewöhnlich. George Mahon unterstütze Houldings Idee einer Umwandlung des Vereins in eine Aktiengesellschaft, aber die beiden Männer hatten unterschiedliche Vorstellungen bezüglich der Gestaltung des Aktienbesitzes. Houlding wollte 12.000 Anteilscheine ausgeben. Die überwiegende Mehrheit davon sollte in den Händen der Klubführung bleiben. Mahon hingegen wollte nur 500 ausgeben, von denen kein Mitglied mehr als zehn und kein Vorstandsmitglied mehr als sieben oder acht Aktien besitzen durften. Als am 25. Januar 1892 im Liverpool College in der Shaw Street eine außerordentliche Hauptversammlung tagte, wurde Houldings Plan abgelehnt.

    Am 15. März 1892 beschloss der FC Everton auf einer Versammlung in der Presbyterian School in der Royal Street den Ausschluss Houldings und den Auszug aus dem Stadion an der Anfield Road, in dem man seit 1884 gespielt hatte. Der FC Everton bezog nun eine neue Heimat auf der nördlichen Seite des Stanley Parks, nur wenige Hundert Meter Luftlinie von Anfield entfernt. Die Spielstätte an der Goodison Road wurde bereits am 24. August 1892 eingeweiht.

    EINWURF

    Fußball und Bier

    Der Fußball und das Bier – das ist die älteste kommerzielle Verbindung in diesem Sport. Den FC Liverpool würde es ohne Bier möglicherweise gar nicht geben. Denn der Klub wurde auch gegründet, um die kommerziellen Interessen eines Bierbrauers zu befriedigen. Die Aufstiege des FC Liverpool, von Manchester United und Celtic aus Glasgow waren zumindest auch das Werk von Bierbrauern und Gastwirten, die im Fußball einen großen Absatzmarkt erblickten. Aber auch bei anderen britischen Klubs hatten Bierbrauer, Getränkehändler und Gastwirte schon früh großen Einfluss.

    Bei Aston Villa saßen in den 1890ern eine Reihe von Hoteliers und Gastwirten im Vorstand, Sitzungen und Feiern wurden häufig in Gasthäusern veranstaltet. In England waren in diesen Jahren mindestens 15 % der Anteilseigner bei den Profiklubs Leute, die ihr Geld mit dem Verkauf alkoholischer Getränke verdienten. In Schottland kontrollierten die Gastwirte 1916 sogar 31,2 % der Anteilsscheine von 23 Klubs. In Nordirland waren 1921 beim Belfast Celtic and Athletic Club die 74 Spirituosenhändler die mit Abstand größte Gruppe der Anteilseigner.

    In den 1890ern und nach der Jahrhundertwende hatte das Engagement der Brauereien und Wirtshausbesitzer im Profifußball deutlich zugenommen. Das Spiel hatte sich landesweit als Zuschauersport etabliert, da sich die Industriearbeiterschaft seiner annahm. Bierbrauer und Wirtshausbesitzer entdecken im Profiklub eine Brücke zu ihrem wichtigsten Markt – der trinkenden Industriearbeiterschaft.

    Um begehrte Spieler zur Unterschrift zu bewegen oder sie langfristig an den Verein zu binden, bot man ihnen die Übernahme von Gasthäusern an. So konnte man die Gehaltsobergrenze für Profis unterlaufen. In den frühen 1880ern waren mindestens sechs Spieler der Blackburn Rovers zugleich Gastwirte, beim FC Sunderland soll in den 1890ern das halbe Team hinterm Tresen gestanden haben. Und nicht nur die Fußballer profitierten, ein prominenter Name als Gastwirt versprach den beliefernden Brauereien höhere Absätze.

    Den Profifußball begleitete schon früh der Vorwurf, er fördere den Genuss von Alkohol und somit auch ein ungebührliches Verhalten seiner Akteure. Der frühe Profi wurde in der Presse regelmäßig als Trunkenbold porträtiert. 1896 bemängelte John J. Bentley, von 1894 bis 1910 Präsident der Football League, viele Menschen würden den Profials „Vagabunden betrachten, „der das Gros seiner Zeit im Pub verbringt – abgesehen von eineinhalb Stunden, in denen er seinen Lohn verdienen muss. Die Presse neigte zu drastischen Übertreibungen, die einiges über die sozialen Vorurteile gegenüber Profis verrieten. Der Profifußball wurde von jungen Männern aus dem Milieu der Industriearbeiterschaft gespielt, aber die Berichterstattung über das Spiel lag in den Händen von Leuten, die zur Mittelschicht gehörten.

    Alkohol spielte im Fußball eine zwiespältige Rolle. Unter den ersten Funktionären der Football League und des Professionalismus in Lancashire und den Midlands findet man eine Reihe methodistischer Abstinenzler, die mithilfe des Sports die in der Arbeiterschaft verbreitete „Seuche" Alkohol bekämpfen wollten. So William McGregor, der Vater der Football League, oder Charles Suitcliff, der erste Sekretär in der Geschichte der Liga und Sonntagsschulprediger, sowie Charles Clegg aus Sheffield und Walter Hart aus Birmingham, beide in der Abstinenzbewegung aktiv. In Sunderland verkündete 1896 der Geschäftsführer der lokalen Church of England Temperance Society, er wolle Aktien des Fußballklubs erwerben, da sich der Fußball in der Stadt als wirkungsvolle Waffe gegen den Alkoholkonsum erwiesen habe. Ähnlich sah dies 1898 Liverpools Chief Constable. Die Popularität des FC Liverpool und des FC Everton hätten zur Verringerung des Alkoholkonsums in der Stadt beigetragen. Die Männer würden nun nach Arbeitsschluss am Samstag nicht mehr in den nächsten Pub eilen, sondern ins Stadion. Die Sportbegeisterung mache Fußball und Radfahren zu machtvollen Konkurrenten des Besäufnisses, das bis dahin als einzige Abwechslung für die Arbeiter galt.

    Ob es wirklich so war, ist umstritten. 1900 schrieb der Edel-Amateur N.L. Jackson, ein entschiedener Gegner des Professionalismus: „Die häufig strapazierte Behauptung, der professionelle Fußball hielte die Männer vom Gasthaus fern, wird durch die Tatsachen nicht gestützt. Erst kürzlich hat sich ein alter schottischer Internationaler über den wachsenden Einfluss von Gastwirten im Fußballmanagement beklagt. Und John Cameron, einst Sekretär der Old Players Union, konstatierte 1906 in „Spalding’s Football Guide: „Die größte Versuchung, mit der der junge Profikonfrontiert wird, ist der Alkohol. Wenn du ein populärer Spieler geworden bist, denken deine Bewunderer, dass sie ihre Verehrung am besten dadurch zeigen können, dass sie dir ein Bier oder einen Scotch mit Soda spendieren."

    Aston Villa engagierte 1900 sogar einen Privatdetektiv, um das Privatleben seiner Spieler auszuspionieren. Vom schottischen Nationalspieler Jimmy Cowan hieß es, er sei zwei- bis dreimal in der Woche betrunken gewesen.

    Das Trinkverhalten vieler Profis korrespondierte mit ihrer sozialen Herkunft. Die Mehrheit der englischen, schottischen und irischen Profis entstammte dem Industriearbeitermilieu und betrachtete den Bierkonsum als natürlichen Bestandteil der Arbeiterkultur. Der Alkohol galt als Geißel der Industriearbeiterschaft, weshalb vielerorts christliche Abstinenzler-Gruppen aus dem Boden schossen. Mitte der 1870er soll der englische Mann im Schnitt jährlich 103 Galonen Bier geschluckt haben (entspricht etwa 390 Litern). Ein zeitgenössischer Beobachter behauptete, dass der Arbeiter in der Schwerindustrie täglich sogar zwischen dreieinhalb und sieben Pints Bier (= ca. 1,7 bis ca. 4 Liter) in seinen Körper schütte. 1899 ermittelte ein Komitee des britischen Unterhauses, dass 15 % der Nahrungsaufnahme eines englischen Mannes aus Bier bestehe. Ein geradezu demonstrativer Bierkonsum sollte auch in den folgenden Jahrzehnten ein bedeutendes Merkmal von Working-class-Kultur bleiben.

    Das Trinkverhalten von Fußballprofis aus dem Arbeitermilieu wurde zusätzlich dadurch befördert, dass sie im Vergleich zum gewöhnlichen Industriearbeiter über mehr Zeit und mehr Geld verfügten. Gewöhnlich wurde an vier Tagen in der Woche jeweils einmal trainiert. Gegen Mittag war der Arbeitstag des Profis beendet. Dann rief der Pub.

    „Team of the Macs"

    John Houlding besaß nun zwar ein Stadion mit einem Fassungsvermögen von 18.000 bis 20.000, aber keine Mannschaft, die dieses mit Abnehmern seines Bieres füllen konnte. So rief er am 2. Juni 1892 den FC Liverpool ins Leben. Auch wenn dies sein eigenes Kind war: Dem Klub drückte er für die Benutzung von Anfield eine Pacht von 100 Pfund auf, also die Summe, die Everton ursprünglich bezahlt hatte. Allerdings legte Houlding dem LFC ein Startgeld von über 500 Pfund in die Kasse.

    Die Besitzstruktur des neuen Klubs unterschied sich fundamental von der des FC Everton. Letzterer war ein Mitgliederklub. 36 % der Anteile befanden sich in den Händen von Arbeitern. Beim FC Liverpool waren dies nur 5 %. Das Gros der Anteile konzentrierte sich auf wenige Personen, nämlich auf Houlding und seine Geschäftsfreunde.

    Nun musste noch eine Mannschafther. Das erste Team des neuen Klubs wurde in Schottland rekrutiert und firmiert deshalb in den Klub-Annalen als „Team of the Macs – bei acht Spielern startete der Familienname mit einem „Mc: Duncan McLean, James McBride, Malcolm McVean, Hugh McQueen, Matt McQueen, John McCartney, Bill McOwen und Joe McQue. Keiner der Spieler kam aus Liverpool oder auch nur England. Kapitän der Mannschaft war Andrew Hannah, kein „Mac", aber nichtsdestotrotz Schotte. Hannah stammte aus Renton in der schottischen GrafschaftDunbartonshire. Der Verteidiger hatte bereits zuvor in England gespielt: 1888 für West Bromwich und von 1889 bis 1891 für Everton. Anschließend war er nach Renton zurückgekehrt. Architekt der Mannschaft war John McKenna, der erste Manager des LFC.

    In seiner ersten Saison 1892/93 zahlte der junge Klub diesem „gekauften Team" insgesamt 12.000 bis 15.000 Pfund an Gehältern und Prämien. Der LFC löste damit eine Lohn-Debatte aus. Die Zeitung Liverpool Review beklagte, dass Fußballspieler besser als Bankdirektoren bezahlt würden – in einer Stadt, wo einer von 24 Bürgern von extremer Armut betroffen sei (gegenüber einem Bürger von 60 im County Lancashire und einem von 41 in ganz England und Wales).

    Da ein Antrag auf Aufnahme in die Football League scheiterte, musste der FC Liverpool in der Lancashire League starten. Diese war 1889 von Klubs ins Leben gerufen worden, die bei der Gründung der Football League nicht berücksichtigt wurden. Das Gros der Klubs kam aus der Grafschaft Lancashire, aber die Liga akzeptierte auch einige aus der benachbarten Grafschaft Cheshire.

    Am 1. September 1892, einem Donnerstag, lief die eilig zusammengestellte Mannschaft des FC Liverpool erstmals in Anfield auf, in blau-weißen Trikots mit weißer Hose. Die „Reds waren anfangs keine „Reds. Erst 1894 wechselte man zu roten Trikots, komplett rot wurde das Dress aber erst 1964 unter dem Manager Bill Shankly.

    Die Premiere war ein Freundschaftsspiel gegen Rotherham Town, Meister der Midlands League, der mit 7:1 überfahren wurde. Nur eine

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