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Tagebuch eines Hilflosen: Skizzen aus dem Amerika Donald Trumps
Tagebuch eines Hilflosen: Skizzen aus dem Amerika Donald Trumps
Tagebuch eines Hilflosen: Skizzen aus dem Amerika Donald Trumps
eBook1.427 Seiten19 Stunden

Tagebuch eines Hilflosen: Skizzen aus dem Amerika Donald Trumps

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Über dieses E-Book

Literarische Zeitgeschichtsschreibung, die uns alle angeht: vier Jahre lang begleitete Francis Nenik die Präsidentschaft Donald Trumps. Ein genialer Seismograf, dessen Fühler bis ins Epizentrum der Macht reichen.

Am 20. Januar 2017, dem Tag von Donald Trumps Inauguration, beginnt Francis Nenik ein einzigartiges Schreibvorhaben. Er will diese bizarre Präsidentschaft in seinem Tagebuch begleiten. Genau vier Jahre später werden es 1461 Einträge sein: einer für jeden Tag dieser Amtszeit.

Nenik geht es aber nicht nur um Donald Trump. Er nimmt die gesamte Administration in den Blick, um die politischen Veränderungen in den USA zu analysieren und die schrittweise Transformation des Landes genau zu beschreiben. Immer wieder widmet er sich deshalb auch scheinbar abseitigen Themen, geht auf wenig bekannte historische Ereignisse ein und scheut sich bei aller Kritik an Trump auch nicht, die politische Kultur auf der anderen Seite des Spektrums kritisch zu hinterfragen.

Durch die täglichen Tagebucheinträge entsteht zugleich eine Poetologie, die die Geschichte nicht von ihrem Ende her erzählt, sondern während sie geschieht. Nenik nutzt dabei die Möglichkeiten des Schriftstellers, arbeitet mit Aphorismen und Alliterationen und verfasst literarische Essays zu politischen Entscheidungen. Zugleich bedient er sich auch wissenschaftlicher und journalistischer Mittel und Formen, arbeitet mit Behördendokumenten, Studien und Archivmaterial. Nenik gelingt es so, das Kaleidoskop einer Ära zu zeichnen. Ein Buch, das uns im Rückblick dabei helfen wird, zu verstehen, was vor unser aller Augen passiert ist.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum1. Apr. 2021
ISBN9783751800303
Tagebuch eines Hilflosen: Skizzen aus dem Amerika Donald Trumps

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    Buchvorschau

    Tagebuch eines Hilflosen - Francis Nenik

    Dank

    »Jeder sollte das Tagebuch eines anderen führen.«

    Oscar Wilde

    20.01.2017

    Inauguration: Der Vogel hebt ab und deutet den eigenen Flug, seine Tätigkeit wird nur auf der zerbügelten Haut seines von innen gegerbten Gesichts den Charakter eines Opfers tragen.

    21.01.2017

    Noch immer protestieren Millionen Menschen gegen Donald Trump. Dagegen, dass er die Wahl gewonnen hat, dass er Präsident ist und dass er überhaupt ist, wie er ist. Und doch: Auf der Rückseite der Proteste lauert bereits die Gewöhnung. Sie wartet auf ihren Einsatz. Es wird noch ein wenig dauern, bis sie hervortreten kann. Aber das macht nichts. Sie ist geduldig, denn sie weiß: Ihr Tag wird kommen, so wie er gekommen ist. Das Normale ist das Machbare plus Zeit.

    22.01.2017

    Donald klagt, die Presse fördere den Zwiespalt. Er erkennt das an seinen Haaren. Der Spliss hat zugenommen. Melania ist Haircare kaufen gegangen: Damit wird er das Land einen.

    23.01.2017

    Washington D. C., 8 Grad, Regen, dazu eine Sturmwarnung vom Nationalen Wetterdienst. Das muss sich ändern! Papier und Tinte werden’s richten. Sturmwarnungen verfasst in Zukunft das Oval Office. Alles in trockenen Tüchern. Superpower-Montag.

    24.01.2017

    Donald Trump verbringt seine ersten Tage im Weißen Haus damit, eine Vielzahl von Durchführungsverordnungen zu unterzeichnen. Es ist die reinste Fließbandarbeit. So viel hat er in seinem ganzen Leben noch nicht geschrieben. Aber er hat auch viel vor. Er will die Mexikaner ausmauern. Will den von Obama gestoppten Bau der Keystone XL Pipeline wieder aufnehmen und Rohöl aus Kanada quer durchs Land und sämtliche Naturschutzgebiete transportieren. Will aus dem Transpazifischen Partnerschaftsvertrag aussteigen, um Einfuhrzölle für ausländische Produkte erheben zu können. Und er will sämtlichen Organisationen, die auch nur über die Möglichkeit von Schwangerschaftsabbrüchen informieren, die Entwicklungsgelder streichen. Und zwar komplett. Finanzielle Abreibung für medizinische Abtreibung sozusagen. Und damit das auch alle verstehen und sich auch in hundert Jahren noch an Donald Trumps großes Streichkonzert erinnern, saß er gestern Abend wieder an seinem schweren Eichenholzschreibtisch, dem sogenannten »Resolute Desk«, und signierte sein radikal-resolutes Anti-Abtreibungs-Papier. Umringt war er dabei von einem Dutzend Männer – diverse Berater und Stabschefs, dazu Vizepräsident Mike Pence, Trumps Schwiegersohn Jared Kushner und noch einige mehr. Sie alle nickten, als Trump das Memorandum signierte. Frauen waren keine zugegen. Aber warum auch? Die Betroffenen werden wie immer nicht gefragt.

    25.01.2017

    Im Weißen Haus treffen sich weiße Männer mit weißem Haar um Obamacare so weiß wie möglich auszuradieren. In den Kohlegruben von Kentucky bereuen derweil weiße Männer mit schwarzen Lungen ihre Wahl. Wenn Obamacare fällt, platzen ihre Gesundheitsversicherungen wie unter Hochdruck stehende Lungenbläschen. Graue Tage für sie.

    26.01.2017

    The New Furor spricht: »Der Anfang meiner Worte ist das Ende eurer Welt!«

    I: ex

    IIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIII

    M: k. o.

    27.01.2017

    Trump ist der Retter des Fernsehens. Er bezieht seine Informationen aus dem TV und reagiert darauf via Twitter. Er hat die Nachrichtenkette umgekehrt. Aber das ändert nicht das Geringste. Das Ereignis ist ER – und wie rum ER die Kette hält, ist egal. Hauptsache, ER hält sie in der Hand.

    28.01.2017

    Am Ende des Tages ist Donald Trump auch nur ein alter Mann, der Angst davor hat, dass seine Welt eine andere werden könnte.

    29.01.2017

    Als Präsident wohnt Trump zwar im Herzen Washingtons, die Leute dort scheinen ihn aber nicht gerade in ihre Herzen geschlossen zu haben. Bei der Präsidentschaftswahl hat er in der Stadt nur 4,09 % der Stimmen geholt. Das ist das schlechteste Ergebnis, das ein Kandidat der Republikaner jemals in Washington D. C. erzielt hat. Andererseits: So viel besser waren die meisten anderen auch nicht. Seit 1992 haben alle republikanischen Kandidaten in Washington D. C. weniger als 10 % der Stimmen geholt. Und auch davor sind sie niemals auch nur in die Nähe eines Sieges gekommen. Das beste Ergebnis hat Richard Nixon für die Republikaner eingefahren, der 1972 exakt 21,56 % der Stimmen gewann. Wenn das »D. C.« nicht schon »District of Columbia« hieße, könnte man es also mit »Democratic County« übersetzen. Aber Trump wird das nicht weiter jucken, denn erstens ist er Präsident, zweitens kann er sich durch das Ergebnis in Washington weiter als Stachel im politischen Herzfleisch des Establishments inszenieren und drittens hat er die 90,86 %, die Hillary Clinton in Washington erzielt hat und die landesweit den Rekordwert für die Demokraten darstellen, anderswo locker getoppt. Und zwar mehrfach. Um genau zu sein, hat Trump in sechs Countys 91 % oder mehr geholt. Am höchsten war die Zustimmungsrate in Roberts County in Texas, wo 94,58 % der Leute ihr Kreuz bei Trump gemacht haben. Überhaupt hat er 2.623 der 3.112 Countys gewonnen und damit so viele, wie seit Ronald Reagan 1984 überhaupt keiner mehr.

    30.01.2017

    Trumps Landwirtschaftsminister heißt Sonny Perdue. Eine perfekte Wahl, wenn es darum geht, der Verschleierung der Tatsachen Rechnung zu tragen, denn nichts verbirgt die gnadenlose Fratze der Agrarindustrie besser als ein gutmütiges Großvatergesicht. Ökologische Landwirtschaft, Unterstützung kleiner Farmen, Tierschutz, Arbeitnehmerrechte, Maßnahmen gegen den Klimawandel – damit ist es aus und vorbei. C’est perdue.

    31.01.2017

    Man kann die Tatsache, dass Trump zum Präsidenten gewählt worden ist, auch als Sieg des amerikanischen Pragmatismus über die europäische Moralphilosophie lesen.

    01.02.2017

    Ich habe mir einen Anagramm-Generator gebaut und ihn gefragt, was ich mit »Donald Trump« tun kann. Er hat mir eine Trilogie des potenziellen politischen Aktionismus geschrieben:

    Teil 1:

    Darn Mud Plot.

    Das Dreckskomplott verwünschen.

    Teil 2:

    Damp Lord Nut.

    Herrn Dummnuss schwächen.

    Teil 3:

    Punt Mad Lord.

    Den verrückten Herrscher wegkicken.

    02.02.2017

    Es ist für mich unvorstellbar, wie die Welt in vier Jahren, nach dem Ende von Trumps Präsidentschaft, aussehen wird. Aber noch viel unvorstellbarer ist für mich, wie die Einträge in diesem Tagebuch dann aussehen werden. Es scheint, als erfordere das Abbild einer Zeit mehr Vorstellungskraft als die Zeit selbst. Aber warum auch nicht? Alle Historiografie ist ein Sich-Distanzieren. Schritt hält der Schreibende nur mit sich selbst. Das Imaginäre ist die geschichtsmächtigste Kraft.

    03.02.2017

    Die USA nehmen Bootsflüchtlinge aus Lagern der Australier auf. Laut Donald Trump wird das Heimatschutzministerium jeden Einzelnen genau untersuchen. Eines werden sie aber bei keinem finden: die Menschenwürde. Die haben ihnen die Australier schon genommen.

    04.02.2017

    Langsam verwesende Körper unter Maßanzügen. Überzüchtete Gehirne, die sich austoben wollen. Wall Street. Neue Freiheit. Statt Anklage die Anti-Klagemauer. Die Gebetszettel lesen sich alle wie Dekrete aus dem Weißen Haus.

    05.02.2017

    Tagebücher sind die Annalen des kleinen Mannes.

    06.02.2017

    Vielleicht war das Bild, das wir über Jahre hinweg von Amerika hatten, nur ein Traum, ein Produkt reinen Geistes und schlechten Gewissens, und jetzt, wo Amerika unter Trump auftaucht wie ein urzeitliches Tier aus einem Sumpf, wie ein wabernder Batzen Fleisch aus einem kochenden Sud, da können wir es nicht glauben und hoffen, dass das Fleisch nur die Überreste jenes Tieres darstellt, das man lange vor unserer Zeit geschlachtet hat, und dass das Bild, wie dieses Monster aus dem Morast kriecht, nur in unserem Kopf existiert.

    07.02.2017

    Menschen mit psychischen Störungen dürfen nach einer Entscheidung des Kongresses künftig wieder Waffen kaufen. Die National Rifle Association jubelt – und die psychisch Kranken auch. Wer eine multiple Persönlichkeitsstörung vorweisen kann, bekommt beim Kauf eines Sturmgewehrs gleich noch eins dazu.

    08.02.2017

    Betsy DeVos ist seit gestern Bildungsministerin der Vereinigten Staaten. Ihre Wahl war denkbar knapp, am Ende stand es im Senat 50:50, und nur weil die Stimme des Vizepräsidenten in solchen Fällen doppelt zählt, hat sie den Job bekommen. DeVos war (und ist) vor allem bei den moderaten Republikanern umstritten, nicht nur, weil sie eine extrem eifrige, um nicht zu sagen eifernde Verfechterin von Privatschulen ist, sondern weil sie möglichst viele dieser Schulen unter erzkonservative christliche Führung bringen will. Im Wahlkampf hatte sich DeVos für den hoffnungslosen Jeb Bush eingesetzt und Trump als »Eindringling« gebrandmarkt, der die republikanische Partei nicht repräsentiere. Aber dann ist sie heimlich nach Canossa gegangen, oder sagen wir besser: hat ihren Bruder Erik dorthin geschickt. Wobei der im Grunde schon da war. Denn ihr Bruder Erik, der mit Nachnamen Prince heißt, einst das skandalträchtige Söldnerunternehmen Blackwater gegründet hat und seither in der klandestinen Welt der globalen Sicherheitsberater verkehrt, ist inzwischen zu einem festen Bestandteil von Trumps Dunstkreis geworden und berät ihn in Geheimdienst- und Militärangelegenheiten. Er hat dafür gesorgt, dass Trump seine nach Macht gierende Schwester nicht exkommuniziert, d. h. sie nicht aus dem Kreis der Kandidaten für die Leitung des Bildungsministeriums verstößt. Schließlich, so hat Erik Prince König Donald erklärt, sei seine Schwester ganz auf der Linie des Präsidenten und genauso wie er daran interessiert, den Staat bis aufs Mark zu entkernen und die öffentlichen Aufgaben in die Hände von Unternehmen und Privatleuten zu legen. Die Hohlräume, die bei der ganzen Aufräumaktion entstehen, wolle sie aber nicht leer lassen, sondern mit kleinen und großen Soldaten Christi auffüllen, denn sie erwarte die baldige Ankunft des Reichs Gottes und wolle vorbereitet sein, wenn er kommt. Tja, und als er das gehört hat, da ist er weich geworden, der Papst Präsident. Er hat gemerkt, dass sie um das Amt geradezu bettelt, die bildungsbeflissene Betsy, und dass sie es ernst meint mit Reue und Buße und dass sie ihr letztes Hemd (und auch ein bisschen was von ihrer letzten Milliarde) geben würde für ihre gemeinsame Vorstellung vom umfunktionierten amerikanischen Staat. Na ja, und da hat er sie eben als Ministerin vorgeschlagen und ihren Bruder, den Söldnerführer, zum, wenn schon nicht unbescholtenen, so doch unbesoldeten Militärberater gemacht. Denn nicht erst seit er Präsident ist, weiß Trump wie man repräsentiert – und eines ist sicher: Es gibt nicht viele Geschwisterpaare, die die amerikanische Trinitätslehre aus Gott, Geld und Gewalt so gut verkörpern wie Eric Prince und Betsy DeVos.

    09.02.2017

    Donald, das alte Pfirsichgesicht. Man nennt ihn The Peach With the Bleach and the Brain Out of Reach.

    10.02.2017

    Was weder Trump noch die Demokraten begreifen (weil sie den romantischen Quell ihrer Sehnsucht nicht mal vor sich selbst offenbaren): Amerika findet seine Einheit nur in der Wunde, die mit ihren blutigen Lippen zum linken wie zum rechten Ohr spricht.

    11.02.2017

    Me lanija (Slowenisch) bedeutet: »Ich schweige.«

    12.02.0217

    Nicht erst seit Donald Trump wissen wir: Golfplätze sind das Arkadien der Mächtigen.

    13.02.2017

    So geht das: Erst schenken die Franzosen den Amerikanern die Freiheitsstatue, damit die Welt von der Freiheit erfährt, die in beiden Ländern existiert. Dann bauen die Amerikaner eine große Mauer, damit ihre Freiheit erhalten bleibt. Anschließend errichten die Franzosen ebenfalls eine Mauer, und zwar rund um den Eiffelturm, damit auch dort trotz Terror die Freiheit gewahrt bleibt. Und zum Schluss schenkt die Freiheit dem Rest der Welt Statuen von Franzosen und Amerikanern, damit alle erfahren, dass sie es ist, der man in beiden Ländern Denkmäler in Form von Mauern gebaut hat.

    14.02.2017

    Trudeau traf Trump – der Schöne besuchte das Biest. Wenn es nur so einfach wäre … Beide wollen das Öl, um den Sand aus dem Getriebe der Keystone-Pipeline zu spülen. Die Schmiermitteldiplomatie hat gerade erst begonnen.

    15.02.2017

    Das konservative American Action Forum veranstaltet ab sofort ein »Regulation Rodeo«. Wer in kürzester Zeit die meisten Regulierungen abwirft, wird zum Superstier gekürt. Auf der dazugehörigen Webseite wird der Wettkampf in Form von Deregulierungs-Grafiken sichtbar gemacht. Aktuell liegt Bully Boy Donald deutlich in Führung. Er hat den Papierkram direkt bei den Hörnern gepackt und nach Angaben des Aktionskomitees schon über 24 Millionen Stunden Verwaltungsarbeit gespart. In gerade mal 26 Tagen! Super-American!

    16.02.2017

    … und dann sind da Leute wie Stephen Miller, und wenn ich ihn sehe, möchte ich lachen (aber das geht nicht, denn die Situation ist zu ernst) und ihn übertönen (aber das kann ich nicht, denn er ist auf allen Kanälen) und den Fernseher schwarz-weiß stellen (denn das ist die Zeit, aus der er kommt). Er, Stephen Miller, der unlängst erklärte: »Wenn jemand etwas Schlimmes über mich erzählt, dann ist das nicht wahr.« Er hat das ernst gemeint. Er kann das sagen. Er ist Donald Trumps Chefredenschreiber.

    17.02.2017

    Linda McMahon, einst Geschäftsführerin von World Wrestling Entertainment (WWE), jetzt Ministerin für Kleinunternehmen. Perfekte Wahl. Braucht nur 20 x 20 Fuß zum Geschäftemachen. Spendet dafür groß. Und das Beste: Hat 30 Jahre Erfahrung mit der Herstellung und dem Verkauf falscher Realitäten. Wahrhaft Wegweisende Entscheidung!

    18.02.2017

    Scott Pruitt ist seit gestern Leiter der Umweltschutzbehörde EPA. Zeit für ein kleines Gedicht.

    Scott proved it

    Erst bekämpft’ ich die Umweltbehörde,

    jetzt bin ich ihr Boss,

    denn was mich an ihr störte,

    war, dass man dort die dreckige Luft nicht genoss.

    Unser Klima wird sich nicht wandeln,

    und falls doch, hat es Gott so gewollt,

    wir aber dürfen seinen Plan nicht verschandeln,

    weil er uns sonst bis in alle Ewigkeit grollt.

    Also unterstütz’ ich sie weiter, die Typen

    von der Kohle- und Ölindustrie,

    die Umweltaffen können schon mal üben,

    deren Verständnis von Klimatologie.

    19.02.2017

    Die Hölle, das sind die anderen,

    aber die Gewöhnung daran, das sind wir.

    20.02.2017

    Ablaufplan einer Demokratie:

    1. Fassung bewahren.

    2. Verfassung hochhalten.

    3. Fassungslosigkeit spüren.

    4. Verfassungslosigkeit erleben.

    (5. Fassung bewahren.)

    21.02.2017

    Donald Trumps autokratisch grundierte Politik ist konkret. Sie fängt einfach irgendwo an, bricht den Ersten aus der gegnerischen Reihe heraus, dann den Nächsten, den Nächsten … Manche trifft es doppelt, andere gar nicht. Die Löcher sind nicht verlinkt, sie sind einfach zwei Einschläge nebeneinander. Unvorhersehbar, wen es als Nächstes erwischt. Die Geschosse scheinen wahllos zu kommen und doch haben sie alle ein Ziel und auch ein System. Sie schaffen sich ihre Ordnung im Einschlag. Sie sind das Gedächtnis desjenigen, der feuert.

    22.02.2017

    Eines ist klar: Donald Trump ist Spiegel und Projektionsfläche derjenigen, die sich nicht abgebildet finden im Raum der medialen Öffentlichkeit. Er ist die Dauerpräsenz der Dauerabsenten.

    23.02.2017

    Dem US-Militär steht das Wasser bis zum Hals. Der Anstieg des Meeresspiegels droht in den nächsten Jahrzehnten 128 seiner Stützpunkte zu verschlingen. Nur leider glaubt der Präsident nicht an den Klimawandel und kürzt der Umweltschutzbehörde weiter die Gelder.

    Die Pazifisten am Pazifik frohlocken schon. Das perfekte Abrüstungsprogramm: Wasser hoch, Waffen runter. Und mit ein bisschen Glück saufen die Russen und Chinesen auf der anderen Seite auch gleich noch mit ab.

    24.02.2017

    Trump fordert mehr Atomwaffen für die USA. Das heißt, eigentlich wünscht er sich eine atomwaffenfreie Welt. »Aber solange Staaten Atomwaffen haben, werden wir im Rudel ganz oben stehen«, spricht’s und plant fleißig die Aufrüstung und Modernisierung des Arsenals.

    Wahrscheinlich muss erst ein Atomkrieg ausbrechen, damit er kapiert, dass es bei Nuklearwaffen so etwas wie eine Spitzengruppe nicht gibt. Und dass der Glaube, ganz oben zu sein, nichts anderes ist als die Voraussetzung dafür, dass eines Tages alles am Boden liegt.

    25.02.2017

    Chicago: Der Windy City bläst es rau entgegen, immer mehr Schießereien und eine steigende Mordrate. Das gefällt Trump nicht. Er will Bundespolizisten entsenden, schickt dann aber doch nur Twitter-Tiraden. Aber warum auch nicht, so setzt er nicht nur ein Zeichen gegen Gewalt, sondern gleich 140.

    Bei den Kriminalstatistikern sprudeln derweil die Daten wie Blut. Die Aufklärungsrate bei Tötungsdelikten liegt in Chicago bei 5 %. Der Anteil Weißer an den Opfern ist ebenso hoch.

    26.02.2017

    Gestern Abend hat der britische Rechtspopulist und einflussreiche Brexit-Befürworter Nigel Farage Donald Trump in Washington zum Essen getroffen. Die beiden kennen sich gut. Farage hat Trump während des Präsidentschafts-Wahlkampfes wiederholt unterstützt, und Trump selbst hat Farage auf seinen Veranstaltungen als »Mr. Brexit« vorgestellt. Auch sonst ist Farage in den rechtskonservativen Kreisen des amerikanischen Politikbetriebs bestens vernetzt. Trumps enger Vertrauter Stephen Bannon hatte Farage bereits 2014 auf einem der exklusiven Empfänge seines Breitbart News Networks mit den entsprechenden Leuten bekannt gemacht und ihm die Möglichkeit gegeben, für den Brexit zu werben.

    Jetzt, drei Jahre später, hat Farage beim Dinner im Trump International Hotel die Rendite in Form eines Platzes am Präsidententisch eingestrichen – und eine Rede vor der mächtigen »Conservative Political Action Conference« gab’s für ihn gleich noch dazu. Darin sprach Farage von einer »großen, globalen Revolution«, die durch den Brexit und die Wahl Trumps zum Präsidenten begonnen habe. Sie werde sich, so Farage, in den kommenden Jahren in der ganzen westlichen Welt ausbreiten.

    Wie alle (selbsternannten) Revolutionäre ist auch Farage davon überzeugt, den Leuten mit seinen Plänen einen Gefallen zu tun. Er ist sich sicher, dass sogar jene, die jetzt noch zu seinen Gegnern zählen, ihn eines Tages für seine Ideen lieben werden. Und dem Präsidenten, so glaubt er, wird es nicht anders ergehen. »Genau wie der Brexit jeden Tag populärer wird, so wird auch Präsident Trump in den USA jeden Tag beliebter werden«, erklärte Farage und schloss seine Rede auf der Konferenz mit dem Ruf: »Wir werden siegen!«

    Für das rechtskonservative Publikum klang dieser Satz wie ein Versprechen. Für mich klingt er wie eine Drohung.

    27.02.2017

    Heute vor fünf Jahren veröffentlichte WikiLeaks Millionen E-Mails des amerikanischen Sicherheitsinformationsdienstes Stratfor. 2013 wurde der Aktivist Jeremy Hammond von einem Bundesgericht für den Hack, der die kriminellen Machenschaften von Stratfor offenlegte, zu zehn Jahren Haft verurteilt. Hammond ist heute fast völlig vergessen.

    Dies ist meine klägliche Erinnerung. Dies ist meine kleine Klage. Dies sind meine Zeilen, in deren Zwischenräumen sich die Hoffnung Luftschlösser baut.

    28.02.2017

    Trump? Militäretat?

    B O O M !B O O M !B O O M !B O O M !B O O M !

    01.03.2017

    Das amerikanische Außenministerium freut sich mitteilen zu können, dass die Keystone-Pipeline XL 42.000 neue Jobs schaffen wird. Na gut, 38.100 davon sind Zulieferer und Serviceunternehmen, von denen die meisten nur kleinere Aufträge erhalten. Und gewiss, nur 3.900 Mann haben direkt was mit dem Bau der Pipeline zu tun. Und klar, auch die werden nur ein Jahr lang Arbeit haben. Aber hee, wenn das Ding einmal steht, bleiben immer noch 35 dauerhafte Jobs übrig. Okay, ein paar davon sind in Kanada, aber trotzdem: 20 bleiben in den USA. 20 neue Jobs für Amerika.

    Das ist großartig!

    Fragt sich nur, welcher Assi im Außenministerium in den Report geschrieben hat: »Das geplante Projekt hat auf die Beschäftigungszahlen und das Einkommen in den USA keinerlei Auswirkungen.«

    Was soll denn das heißen, keinerlei Auswirkungen? Keinerlei heißt null. Aber 20 ist nicht null. 20 ist unendlich viel mal mehr als null! Hat anscheinend keine Ahnung von Mathe, dieser Schreiberling. Und von Wirtschaft auch nicht. Kein Wunder, der Report stammt ja auch noch aus der Zeit von Obama. Ist bestimmt schon gefeuert worden, der Typ. Sein Glück. Bester Zeitpunkt für ’nen Rausschmiss. Kann er jetzt mitmachen beim amerikanischen Jobwunder. Gibt Millionen neuer Jobs. 42.000 davon allein bei der Keystone-Pipeline!

    02.03.2017

    Sich der Welt schreibend zu nähern, heißt, ihr aus dem Weg zu gehen.

    03.03.2017

    US-Börse: 724 Milliarden Dollar Wertsteigerung in 24 Stunden. Macht 100 Dollar pro Erdbewohner. Gewinnausschüttung. Grundeinkommen. Welt samt Bevölkerung gerettet.

    (Quelle: Tagebuch eines Heilfrohen)

    04.03.2017

    Trump hat Obama heute via Twitter beschuldigt, dass er im Wahlkampf seine Telefone abgehört habe. Was soll man dazu sagen? »O’ zapft is!« made in USA. Der OBaMa hat’s angestochen. Das blondierte Maß aller Dinge schäumt.

    05.03.2017

    Wie es aussieht, entbehren Trumps Anschuldigungen gegen Obama jeglicher Grundlage und sind nur eine jener Nebelkerzen, die Trump gerne wirft, um von sich selbst abzulenken und die Öffentlichkeit auf die falsche Fährte zu locken. Die Amerikaner bezeichnen so ein Verhalten als »red herring«, und vielleicht ist das Sprichwort in diesem Fall näher an der Wahrheit, als man denkt. Es würde mich jedenfalls nicht wundern, wenn die echten Roten was mit der Sache zu tun haben. So wie es aussieht, gab es nämlich heimliche Verbindungen zwischen Trumps Wahlkampfteam und den Russen …

    06.03.2017

    Die Gays for Trump sind am Wochenende für den Präsidenten auf die Straße gegangen. Von Diskriminierung keine Rede. Es ist alles Liebe, Einheit, Vaterland, und da sind natürlich auch die rechtskonservativen Breitbart News vor Ort. Die Breitbart-Reporterin berichtet von Andre Soriano, einem homosexuellen Designer, der 2013 in einer von Rihanna moderierten Reality Show den 7. Platz erreicht hat. Soriano, so die Reporterin, »wurde beim Anblick der vielen Trump-Unterstützer von seinen Emotionen derart überwältigt, dass er anfing zu weinen.«

    07.03.2017

    In zehn Tagen ist es so weit: St. Patrick’s Day. Der offizielle Trump-Shop verkauft deshalb ab sofort »Make America Great Again«-Caps in Irisch-Grün, das Stück für 50 Dollar.

    Zu teuer? Ach was! Schließlich prangt auf der Rückseite der Shamrock, jenes Kleeblatt, das in Irland als Nationalsymbol gilt. Eigentlich hat der Shamrock drei Blätter – Ausdruck der himmlischen Trinität. Auf dem Trump-Cap aber hat er vier. Für die Iren ist das ein grober Fehler, für die 50-Dollar-Spender dagegen ein Symbol kommenden Glücks.

    Und St. Donald? Dem ist das alles egal. Für ihn ist es einfach nur ein weiteres Zeichen, dass man immer noch eins draufsetzen muss, wann man nach oben will. Nach ganz ganz oben.

    08.03.2017

    Donald Trump feiert heute Pfauentag.

    09.03.2017

    Hawaii klagt gegen Trumps neues Einreiseverbot. Die Insel will weltoffen wirken. 2016 hat sie die Zahl der aufgenommenen Flüchtlinge gegenüber 2015 um 350 % gesteigert. Von zwei auf sieben.

    10.03.2017

    … und es ist Freitagnachmittag, und John Browdy kommt von der Arbeit nach Hause, und Mary hat einen Kuchen gebacken und Kaffee gekocht, und so sitzen sie da, essen und trinken und reden, derweil eine Etage über ihnen ihr Sohn seine Existenz einer Spielkonsole vermacht hat und im Zimmer nebenan seine Schwester auf dem Bett liegt und mit großen Augen eine Zeitschrift durchblättert, und für einen Moment ist alles gut in Amerika und die Welt draußen vor den Wänden existiert nur noch in Erinnerungen und kommenden Fiktionen …

    11.03.2017

    Tief versteckt in Jared Kushners jugendlich wirkendem Gesicht liegt bereits die Enttäuschung über sein kommendes Schicksal, das ihn ständig weiter nach oben führen und in jener zynischen Abgeklärtheit enden wird, die die Liebe anderer suchte und den eigenen Verrat fand.

    12.03.2017

    Am 12. März 1989 dankte der amerikanische Schriftsteller Thomas Pynchon dem durch eine Fatwa vom Tode bedrohten Autor Salman Rushdie auf den Buchseiten der New York Times mit den Worten, dass Rushdie mit seinen Satanischen Versen all jene, die schreiben, daran erinnert habe, dass ihre Pflicht die eines Ketzers sei und dass die eingeschworenen Feinde des Schriftstellers die Macht und jene Unvernunft sind, die sich in Grundlosigkeiten ergießt und Alternativlosigkeiten gebiert. An dieser Pflicht hat sich – 28 Jahre und eine schier endlose Reihe machthungriger Herrscher später – nicht das Geringste geändert.

    13.03.2017

    Scott proved it again! Scott Pruitt, Chef der US-Umweltschutzbehörde, hat erklärt, dass der CO2-Ausstoß nicht entscheidend für die Erderwärmung sei. Folge: Tausende wütende Bürger rufen in der Umweltschutzbehörde an und legen sie mit ihren Anrufen lahm. Selbst die Praktikanten werden zum Telefondienst abbestellt. Und Pruitt? Der freut sich. Die Umweltaffen sind alle am Telefonieren und haben dadurch keine Zeit, den neuesten Bericht der Nationalen Ozean- und Atmosphärenbehörde zu lesen, demzufolge der Kohlendioxidgehalt der Luft in Rekordtempo wächst.

    14.03.2017

    Das Weiße Haus hat gestern neun »Opfer von Obamacare« eingeladen, damit sie dem Präsidenten von ihrem Schicksal berichten. Zur selben Zeit präsentierte zwei Meilen entfernt das unabhängige Budgetbüro des Kongresses eine Analyse, wonach 14 Millionen Amerikaner ihre Krankenversicherung verlieren, wenn das Konzept der Republikaner umgesetzt wird.

    15.03.2017

    Trump ist heute bei einer Wahlkampfveranstaltung in Nashville. Wahl gibt’s zwar keine, aber gekämpft wird hier immer. Erst kürzlich hat ein Kerl aus der Gegend einen 47-Ender erlegt. Weltrekord! Das Geweih wird demnächst in der lokalen Baptistenkirche gezeigt. Für die Besucher gibt’s Fachinformationen und ein Fleisch-Dinner aus Elch, Reh, Ente, Wildschwein, Truthahn und Eichhörnchen. Danach sagt der LifeWay-Pfarrer noch ein paar Worte und irgendein Kerl spielt auf der Trumpete.

    16.03.2017

    Amerika und sein Präsident – keiner weiß mehr.

    Amerika und sein Präsident – keiner weiß mehr.

    17.03.2017

    In den USA erwägt Heimatschutzminister Kelly Familien zu trennen, wenn sie illegal die Grenze überqueren.

    In Deutschland hat sich die Kelly Family wiedervereint und will demnächst auf große Tour durch mehrere Länder gehen.

    Irgendwie ist immer alles verkehrt.

    18.03.2017

    Baden-Baden hat den amerikanischen Finanzminister Steven Mnuchin empfangen. Die Stadt gibt das Beste, was sie hat – eine dicke Schicht alteuropäischer Patina für den Spieler aus der Neuen Welt. Sie wird helfen, aus dem Goldjungen einen Staatsmann zu machen.

    19.03.2017

    Sie kommen aus dem Big Business.

    Sie gehen in die große Politik.

    Sie gründen ihr eigenes Politik-Business.

    Sie gieren.

    Sie agieren.

    Sie re-gieren.

    20.03.2017

    Am 26. August 1941 besucht der Schriftsteller Thomas Mann eine Abendgesellschaft in L. A. Es gibt gepflegte Cocktails und wilde Konversationen. Nach einer Weile ruft irgendein Typ: »America first!« Und: »We are the hope of the world!« Als die Party fast schon vorbei ist, taucht schließlich Erich Maria Remarque auf. 27.600 Tage später gibt es im Westen noch immer nichts Neues.

    21.03.2017

    Ich weiß nicht, warum, aber die Vorstellung, dass Donald Trump jetzt auch das Staatsoberhaupt von Puerto Rico ist, will mir einfach nicht in den Kopf.

    22.03.2017

    Ein Impeachment für das alternde Pfirsichgesicht? Es scheint, als ziele man auf den Kern, doch sind es in Wahrheit Fruchtfleischattacken. Die Haute Couture der modernen Politik: Das Abziehen der Haut im Zeitalter der Show. Pyrrhus trifft Potus, Potjomkin ruft Putin. Wo man einst ganze Häuser entkernte, werden heute nur noch die Kulissen verrückt.

    23.03.2017

    Wenn Trump spricht, verwendet er oft die Worte: »… but that’s okay.« Meist stehen sie am Ende eines Satzes, in dem er erklärt, dass er irgendetwas getan hat, was andere nicht mochten oder erwartungsgemäß nicht mögen werden.

    »A lot of people are going to be angry that they are not a priority, but that’s okay.« (28. Februar 2017 anlässlich der Unterzeichnung eines Präsidialerlasses, der eine Vergrößerung des Budgets für die Historically Black Colleges and Universities vorsieht.)

    Aber die Worte funktionieren auch als Punchline ganz gut: »You know, in the old days, when I made this speech I got paid a lot of money. Now I have to do it for nothing. Not a good deal, but that’s okay.« (17. Februar 2017 anlässlich einer Rede im Boeing-Werk in North Charleston/South Carolina.)

    Die Worte fungieren aber auch als eine Art sprachliches Schulterzucken, dem die übliche Selbststilisierung zum Opfer innewohnt. Die Worte sind dann meist an seine politischen Gegner gerichtet, deren Handlungen Trump nicht weiter kümmern …

    »I haven’t been treated properly. And that’s okay …« (Interview mit Fox News am 27. Februar 2017.)

    Aber ich schreibe das hier nicht auf, um eine Analyse der Trump’schen Rhetorik zu unternehmen. Dafür ist später noch Zeit, zumal die Menge des Materials dann um einiges größer und die Ausbeute ergiebiger sein wird. Nein, ich schreibe es auf, weil mich das Wörtchen »okay« interessiert, schließlich hat es heute vor 178 Jahren zum ersten Mal das Licht der Welt erblickt, schwarz aufscheinend in der Boston Morning Post auf der zweiten Seite, in der zweiten Spalte, in Form von zwei kursiv gesetzten Kleinbuchstaben – zur Feier des Tages akklamiert von einem Ausrufezeichen: »o. k.!« Direkt dahinter stand auch die Auflösung dieser damals noch unbekannten Abkürzung, und der Leser erfuhr, dass »o. k.« »all correct« bedeutet. Was freilich ein wenig verwunderlich ist, denn in der Abkürzungslogik hätte »all correct« eigentlich »a. c.« ergeben müssen. Aber damals war es schwer in Mode, sich in der Kurzform auf eine falsche Schreibweise zu beziehen. Die Gleichung lautete deshalb: all correct = oll korrect = o. k.

    Erfinder der Abkürzung und Verfasser des dazugehörigen Textes war ein gewisser Charles Gordon Greene von der Anti-Bell Ringing Society, einer Vereinigung, die angetreten war, das allgemeine Klingelstreichwesen zurückzudrängen und als Freizeitbeschäftigung stattdessen das Umbuchstabieren bekannter Wörter propagierte. Greenes Absicht war es, die Verschreiber samt echt falscher Abkürzung in die Zeitung zu bringen, schließlich wünschten er und seine New-Speller sich nichts mehr, als dass ihr neu ausgedachtes Kürzel »zwischen den schwarzen Lettern Funken schlagen, die Köpfe der Leser in Flammen setzen und ihre Münder entzünden« würde.

    Eine ziemlich abgefahrener Wunsch, but that’s okay …

    24.03.2017

    Der Unterschied zwischen Fake und Fakt ist nicht groß. Bei mir beträgt er gerade mal 3,7 cm.

    (Nein, es ist nicht »Na, Sie wissen schon, was«, sondern der Abstand zwischen dem »e« und dem »t« auf der Tastatur des Computers, mit dem ich dieses Tagebuch schreibe.)

    25.03.2017

    In Kalifornien schlägt sich die Anhängerschaft Trumps mit Gegnern. In Florida schlägt Melania allein auf einem Fundraising-Dinner auf. In Virginia schlägt Donald Trump stundenlang auf Golfbälle ein. Amerika ist in Schläglage geraten.

    26.03.2017

    Ich suche nach Inspirationen für meinen heutigen Tagebucheintrag, aber alles, was ich finde, ist ein Artikel in der Huffington Post. Titel: »11 praktische Wege, um voll und ganz im Hier und Jetzt zu leben.« Empfehlung Nummer 9 lautet: »Schreiben Sie ein Tagebuch.«

    Diese huffnungslosen Typen wissen nicht, wovon sie reden! Mein Hier und Jetzt dauert schon viereinhalb Stunden, und ich habe noch immer keine Idee, was ich schreiben soll. Ich bin ein Hilfloser, der das Tagebuch eines Hilflosen füllen muss. In Punkt 9 heißt es weiter: »Es gibt Tage, an denen es schwer ist, in der Gegenwart zu leben.« Falsch! Es gibt Tage, an denen es schwer ist, die verdammte Gegenwart loszuwerden!

    27.03.2017

    Ich sitze im Park in der Sonne und lese über somalische Flüchtlinge, die in den USA Asyl beantragt haben und denen das US-Außenministerium daraufhin einen Platz in Alaska zugewiesen hat. Inzwischen gibt es so viele Somalier in Alaska, dass sich dort eine eigenständige somalische Gemeinde etabliert hat.

    Es ist das Leben und das Lesen. Es ist die imaginierte Wärme einer Gemeinschaft von Afrikanern im kalten Alaska, während ich im frühlingshaften Leipzig allein in der Sonne sitze und die Haut auf meinem Gesicht langsam verbrennt.

    28.03.2017

    Manche Menschen suchen in Büchern nach der Lösung des Welträtsels, nach geheimen Bibelcodes und gigantischen Verschwörungskomplotts. Ich dagegen bin ein einfacher Geist, und deshalb frage ich meinen selbstgebauten Anagramm-Generator, was er über Edward Scott Pruitt, den Chef der Umweltschutzbehörde EPA, weiß.

    Er sagt, Pruitt sei traurig, höhnisch und korrupt.

    sad twitted corrupt

    Aber warum?, will ich wissen.

    Weil er eine Postkarte ist, auf die alle was draufgemalt haben, lautet die Antwort.

    postcard drew tutti

    Alle?, frage ich.

    Der Anagramm-Generator überlegt, dann sagt er:

    dictator stud twerp

    »Diktator Zuchthengst Einfaltspinsel?«, übersetze ich’s mir.

    »Ganz genau«, bestätigt mein Anagramm-Generator und erklärt mir, dass es Diktator Gelbhaar war, der dem kleinen Scotti eingebläut hat, was er sagen soll. Weil Gelbhaars Vokabular jedoch sehr begrenzt ist, die Karte aber schön voll werden sollte, hatte er all die studierten Zuchthengste, die in seinem ovalen Büro Kreise drehen, dazu animiert, ebenfalls was auf die Karte zu schreiben, und auch sonst durfte jeder Blödmann, der einen Kohlestift in der Hand halten konnte, vorbeikommen und seine Wünsche notieren.

    »Das klingt übel«, sage ich.

    »Ja«, sagt mein Anagramm-Generator, »dabei hab ich nur ein bisschen mit dem Offensichtlichen gespielt …«

    29.03.2017

    Der Gesichtsausdruck Trumps nach der Unterzeichnung eines Dekrets ist das verfleischlichte Sinnbild jener Sinn-Entleertheit der Macht, die sich allein ihrer selbst gewiss ist und sich in jener Absolutheit erschöpft, deren eigene Quelle sie ist.

    30.03.2017

    Make America Great Again

    (ein Rückspiegel-Poem)

    Größer und größer sollte sein Land werden,

    aber es wurde nur wärmer und wärmer,

    und die Meere stiegen und stiegen,

    und Quadratmeile für Quadratmeile

    versank

    in verwässerten Zahlen

    und aufgeweichten Papieren.

    31.03.2017

    Habe heute erfahren, dass in der inzwischen aufgelösten Trump University keine Lateinkurse angeboten wurden. Wahrscheinlich ein Akt des Selbstschutzes. Sonst hätte noch einer der Kursteilnehmer gemerkt, dass eine Trump-Universität a priori eine Contradictio in adjecto ist.

    01.04.2017

    Ein Aprilscherz ist was Schönes. Aber nicht, wenn er sich mithilfe einer Reality-Show auf Dauer gestellt hat und vier Jahre lang Murmeltiertag mit der Ungläubigkeit spielt. Andererseits, die Verwunderung wäre in diesem Fall noch zu ertragen. Wirklich schlimm dagegen ist, dass jeder, auch ich, inzwischen Donald Trump für den amerikanischen Präsidenten hält.

    02.04.2017

    Seit Trump Präsident ist, werden in den USA weniger Waffen verkauft. Die Einzigen, die seit der Amtseinführung aufrüsten, sind Schwarze und Homosexuelle. Als Obama Präsident war, war es genau andersherum. Der Schwarze im Amt brachte immer mehr weiße, heterosexuelle Männer dazu, sich Knarren zu besorgen.

    Es sind Entladungen der Angst. Es ist die amerikanische Form des Beweises, dass alle Menschen gleich sind.

    03.04.2017

    Mein kleines Tagebuch ist im Grunde nichts anderes als die fortdauernde Nacherzählung einer Alternativweltgeschichte, die sich in die Realität verlaufen hat.

    04.04.2017

    Trump fordert »Jobs! Jobs! Jobs!«, aber nicht im Außenministerium. Dort sind bei den leitenden Beamten noch immer 30 von 106 Stellen unbesetzt. Bei den Staatssekretären fehlen sogar sieben von neun. Ihr Chef, Rex Tillerson, ist ein König ohne Stab, denn den hat Trump bereits über ihm gebrochen. Also spielt Tillerson den Draußenminister und fährt im privaten Fahrstuhl jeden Tag hoch in die 7. Etage in sein palastartiges Büro, derweil Trumps inhäusiger Schwiegersohn Jared Kushner den Außerhalb-des-Amtes-Minister mimt und als solcher im Auftrag des Herrn Schwiegervater durch die zerstörte Weltgeschichte fliegt.

    05.04.2017

    Bildungsministerin Betsy DeVos hat im Nationalen Luft- und Raumfahrtmuseum die Wichtigkeit mathematisch-technischer Bildung betont und dafür geworben, dass mehr Mädchen entsprechende Fächer studieren. Unterdessen sieht Donnie Darkos Budgetplan vor, den dazugehörigen Bildungs- und Förderprogrammen der NASA sämtliche Mittel zu streichen. Ein Widerspruch? Mitnichten! So eine Null ist geradezu die Grundlage für Höhenflüge. Er selbst ist das beste Beispiel, schließlich liest er nach eigenen Angaben keine Bücher, hat aber schon 17 geschrieben.

    06.04.2017

    Seit sich Donald Trump ungeniert im Glanz seines Präsidenten-Ichs sonnt, verzeichnen die großen Zeitungen in den USA steigende Abonnentenzahlen. Besonders die linksliberalen Blätter wie die New York Times profitieren davon, dass sich die demokratisch geprägten urbanen Eliten den Frust von der Seele lesen wollen. Die lokalen Blätter gehen dagegen vor die Hunde. Der Ausverkauf ist ein Musterbeispiel für Wirklichkeitsabsorption. Erst verschwindet die Zeitung vor Ort, dann verschwindet der Ort selbst aus der Öffentlichkeit. In den USA mussten seit dem Jahr 2004 mehr als anderthalbtausend Zeitungen schließen. Statt Licht wird dicht gemacht.

    Trump kann das egal sein. Das Lokale hat ihn noch nie interessiert. Er liest ohnehin nur die großen Zeitungen. Jeden Tag, immer die gleichen vier Blätter: New York Times, Washington Post, Wall Street Journal, New York Post. Alles in Print. Trump liest keine Zeitungen online. Er liest am liebsten überhaupt nichts im Netz. Seine nicht enden wollenden Twitter-Nachrichten mögen ihn wie einen Digital-Junkie aussehen lassen, tatsächlich aber ist Trump ein Mann der analogen Welt. Er reagiert mit Twitter, nicht auf Twitter. Seine Informationsbasis ist und bleibt die fassbare Welt und die findet er – abgesehen von Fox News – in gedruckten Zeitungen und Magazinen. Deshalb bringen ihm seine Mitarbeiter auch jeden Tag nicht nur vier große Blätter, sondern auch eine Mappe voll ausgedruckter Online-Artikel. Und dazu noch ein paar Texte, die sie aus anderen Drucksachen herausfrisiert haben. (Die Mappe, so heißt es, ist neben Fox News Trumps zentrale Informationsquelle, und jeder Minister, Berater und Behördenchef versucht, Artikel, die ihn in einem guten Licht dastehen lassen, darin zu platzieren. Aber das ist nicht so einfach getan wie gesagt: Wer mit seinen Werbetextchen zum Präsidenten durchdringen, d. h. in die Mappe rein will, muss vorher an der Auslesemaschine namens Stabschef vorbei. Und je nach Wertigkeit des eigenen Rangs auch noch an einer Handvoll anderer Leute, die ihre Wachposten im Staff’s Secretary Office des Weißen Hauses bezogen haben und sich als Kettenhunde des Präsidenten verstehen.) Wer es aber schafft, zu Trump durchzudringen, hat gute Chancen, dass er erhört wird. Angesichts der New York Times und der Washington Post dringen allerdings auch jene zu ihm durch, deren Ansichten er ganz und gar nicht zu teilen vermag, weshalb es bereits erste Berichte von Journalisten gibt, die von Trump ihre eigenen Artikel zu- oder besser wohl: zurückgeschickt bekamen, inklusive einiger markiger Worte, mit denen Trump die entsprechenden Stellen signiert hatte. Signaturen gibt’s allerdings auch für jene Artikel, die bei Trump auf besondere Gegenliebe stoßen, was dazu führt, dass der ein oder andere Minister, Berater oder Behördenchef auch mal Post von Trump kriegt, und zwar ganz physisch in Form ausgeschnittener Artikel oder kompletter Zeitungen, in denen der jeweilige Minister, Berater oder Behördenchef – stellvertretend für die Trump-Administration und damit letztendlich: stellvertretend für Trump – gelobt worden ist. Sogar ausgedruckte Tweets sollen von Trump schon mithilfe der Poststelle des Weißen Hauses verschickt worden sein, zumindest wenn man den Berichten einiger Journalisten glauben darf, die sie in den Büros der jeweiligen Adressaten entdeckt haben, was allerdings auch nicht allzu schwer war, denn die Tweets hingen eingerahmt an der Wand! Was freilich auch daran lag, dass Trump sie nicht nur ausgedruckt, sondern auch signiert hatte. Eingerahmt haben den Tweet natürlich jeweils die Empfänger, denn für sie gibt der Rahmen dem Tweet erst die Würde. Unbewusst oder sagen wir besser: rückwärts gewandt (und zwar in jeglicher Hinsicht) bestätigt sich damit aber noch etwas anderes, nämlich Trumps analoges Verständnis von Welt, dessen Grundpfeiler Übersicht, Klarheit, Festigkeit und Abgrenzung sind. Es ist die Welt, wie sie früher mal war, und sei es auch nur im Kopf eines alten Mannes, der heute als Präsident im Weißen Haus sitzt. In einem ausgedruckten, signierten und eingerahmtem Tweet kommt Trumps Welt zu sich – und Trump selbst zu den Menschen.

    07.04.2017

    Eine der geläufigsten Charakterisierungen Trumps lautet: Der Mann ist böse. Ich würde das zwar so nicht unterschreiben, aber falls diese Charakterisierung trotzdem stimmt (und sie stimmt im Grunde ja immer nur für den Charakterisierenden und die, die ihm zustimmen, und nicht für den Charakterisierten selbst), also, wenn Trump tatsächlich »böse« ist, dann bekommt der Spruch von der »Banalität des Bösen« noch mal eine ganz neue Bedeutung, dann banalisiert sich das Banale aufs schlichtweg Blöde hinab, und das scheint mir keine sinnvolle Verwendung der Kategorie des Banalen zu sein. Wobei mich die Rede von der »Banalität des Bösen« in Wahrheit viel mehr interessiert als die Deutung Trumps als »böse«, »teuflisch« oder »monströs«, oder was immer sonst noch so durch den Raum des Pseudopsychologischen geistert. Denn die Tatsache, dass die – im Übrigen von Karl Jaspers bereits 1946 in einem Brief an Hannah Arendt vorgeprägte und von Arendt 1963 durch den Untertitel ihres Buches Eichmann in Jerusalem populär gemachte – Rede von der »Banalität des Bösen« wirkmächtig werden konnte und auch nach Jahrzehnten noch wirkmächtig ist, zeigt doch nur, dass wir es noch immer nicht geschafft haben, uns vom Monströsen zu lösen oder – anders gesagt – dass das Monster, das wir in einem Menschen wie Donald Trump sehen, noch immer in uns schlummert und aus der Dunkelheit des Schädelinneren heraus unsere äußere Wahrnehmung bestimmt.

    08.04.2017

    Heute mal nur ein kleiner Nachtrag zu gestern, denn die Sache mit der »Banalität des Bösen« ist mir nicht aus dem Kopf gegangen. Deshalb hier noch mal ein wenig genauer – und im Glauben, dass der Rückblick einen Ausblick eröffnet. Also: Jaspers schreibt in seinem Brief an Arendt im Oktober 1946, dass ihm »das Reden vom Dämonischen in Hitler und dergleichen« nicht ganz geheuer sei, denn: »Mir scheint, man muß, weil es wirklich so war, die Dinge in ihrer ganzen Banalität nehmen, in ihrer ganzen nüchternen Nichtigkeit – Bakterien können völkervernichtende Seuchen machen und bleiben doch nur Bakterien. Ich sehe jeden Ansatz von Mythos und Legende mit Schrecken.«*

    Auch wenn ich Trump weder mit Hitler noch mit irgendwelchen Bakterien gleichsetzen oder auch nur damit vergleichen will, so scheint mir, dass Jaspers Aussage genau jene dünne Linie skizziert, auf der jedes noch so dicke Buch über Trumps Präsidentschaft entlang wandern muss.

    09.04.2017

    »Nordkorea, wir kommen. Unsere Kriegsschiffe öffnen das Land wie unsere Matrosen in den Häfen die Schenkel der Frauen. Wir sind geübt in diesen Dingen, denn wir haben das schon einmal getan. Damals, 1853, in Japan, als unsere Kanonenboote ihre Mörser nach Osten hin drehten und das Land vom Isolationismus befreiten. Jetzt kommen wir wieder. Wir sind der Stoßtrupp der Freiheit, wir sind der Türöffner zu unserer Welt.«

    (Kleine Kollektivfantasie der Mitglieder des Historical Advisory Committee im amerikanischen Außenministerium, spontan verfasst unter dem Eindruck nordkoreanischer Raketen, die schreiend übers Meer in Richtung Amerika ziehen und aufgrund fehlender Reichweite in den Fluten des Pazifik versinken.)

    10.04.2017

    »Man muss den Worten auch Daten folgen lassen.« Das könnte ein zeitgemäßes Motto für Journalisten sein. Und das hätte auch seinen guten Sinn, denn wenn Trumps Protz- und Prahl-Präsidentschaft etwas Gutes hat, dann ist es die Tatsache, dass immer mehr Berichterstatter die Kraft ihrer Worte mit der Eingängigkeit interaktiver Karten und der Tiefenschärfe riesiger Zahlenmeere verbinden. Der Datenjournalismus der linksliberalen Medien feiert Hochzeit in der Scheidung mit Trump. Der unzeitgemäße Selbstdarsteller im Amt hat die zeitgemäße Form der Informationsdarstellung befeuert.

    11.04.2017

    Hiobsbotschaft für Konservative. Der republikanische Gouverneur von Alabama ist wegen einer Sex-Affäre zurückgetreten. Ist er ein Sünder? Ach was, er ist ein Sieger! Bei dem seit 1776 laufenden Wettkampf um die meisten Sex-Affären amerikanischer Bundespolitiker liegen die Republikaner dadurch jetzt mit 39:25 in Führung. Ich habe das – der »List of federal political sex scandals in the United States« bei Wikipedia sei Dank – eigenhändig ausgezählt. Und es passt auch sonst. In Hiob 39,25 steht schließlich geschrieben: »Sooft die Trompete klingt, ruft es: Hui!«

    12.04.2017

    Donald Trumps Sohn Eric behauptet, die Bombardierung eines syrischen Militärflughafens durch die Amerikaner zeige, dass es keine Verbindungen zwischen seinem Vater und Russland gebe.

    Als wenn das dröhnende Gegeneinander beim öffentlichen Material- und Menschenschlachten nicht seit jeher die Basis für das stille Miteinander der großen Geschäftemacher wäre.

    13.04.2017

    Auf die Politisierung der Öffentlichkeit reagiert Trump mit der Privatisierung der Politik.

    14.04.2017

    Oh, all ihr Hobos und Eisenbahn-Tramps, eure Freiheit liegt in den letzten Zügen. Das ländliche Amerika wird entkoppelt und der Bahnen beraubt, auf denen ihr zieht. Meile um Meile verrostet zur Sesshaftigkeit. Wer hätte das gedacht? Die Kunst der Bewegung und des Sich-Treibenlassens endet im zusammengestrichenen Budgetplan des amerikanischen Verkehrsministeriums, in einer Handvoll Büros, in denen die einzigen Reisebeschreibungen die Dienstanweisungen von Sesselfurzern sind.

    15.04.2017

    Würde ich in den USA leben, ich könnte dieses Tagebuch nicht schreiben. Je größer die Distanz zu den Dingen, Ereignissen und Menschen, über die ich berichte, umso besser. Die Unmöglichkeit des Erlebens ist die Bedingung der Möglichkeit meines Schreibens. Mein Zugang ist einer des Fernbleibens.

    16.04.2017

    Was Donnie nicht gelungen ist, hat Bini geschafft: Sie hat das zerrissene Amerika geeint. Alles, was Bini Adamczak dafür tun musste, war, ein Buch zu veröffentlichen. 100 Seiten haben gereicht, um die entzweiten zu vereinigten Staaten zu machen, denn nichts eint mehr als ein gemeinsamer Feind. Ein Blick in die Zeitschriften, Blog-Beiträge und Online-Foren zwischen Seattle und Miami macht’s deutlich: Seit Tagen stehen Millionen Amerikaner Seite an Seite, bereit, vom Text- ins Schlachtfeld zu ziehen, um den Kampf aufzunehmen mit dem, was sie bedroht: Eine deutsche Autorin und ihr Buch mit dem Titel Communism for Kids.

    17.04.2017

    Wenn ich gestern schon mal beim Kommunismus war, kann ich heute gleich weitermachen damit. Die Sache ist nämlich die: Marx wollte die permanente Revolution, Trump dagegen will die permanente re-election. Sein Kampagnen-Team hat schon 13 Millionen Dollar gesammelt, damit er 2021 wiedergewählt wird. Eine halbe Million Dollar Spendengelder ging allerdings mehr oder weniger direkt an Trump, da die Kampagneros in seinen Immobilien Büros angemietet haben und dafür kräftig zahlen. Aber auch der Secret Service und seine Agenten sollen, wenn schon nicht bluten, so doch zumindest blechen. Zum Beispiel für die Golfcarts, die sie auf Trumps Platz in Mar-a-Lago mieten müssen, um den Präsidenten beim Ballspielen zu beschützen. Allein mit dem Verleihen der Golfcarts hat Trump bisher über 35.000 Dollar verdient. Und sie rollen weiter. Wochenende für Wochenende. In Permanenz. Und das müssen sie auch, denn statt Revolution und Reduktion zählen für Trump nur re-election und Rendite. Oder, um es mit Trumps eigenen Worten zu sagen, die er im Jahr 2000 in einem Interview mit dem Wirtschaftsmagazin Forbes zum Besten gab: »Es ist ziemlich wahrscheinlich, dass ich der erste Präsidentschaftskandidat sein könnte, der sich um das Amt bewirbt und damit auch noch Geld verdient.«

    18.04.2017

    In den USA hat Innenminister Ryan Zinke verkündet, dass die Mitarbeiter seines Ministeriums demnächst testweise ihre Hunde mit ins Büro bringen dürfen, um die interne Zusammenarbeit zu verbessern und die Arbeitsmoral zu erhöhen. Ein Mehr an Mitarbeit und Moral wird auch dringend nötig sein, denn Präsident Trump plant, das Budget des Innenministeriums um 12 % zu senken. Mit anderen Worten: Der Innenminister ist auf den Hund gekommen, weil sein Ministerium auf den Hund gekommen ist.

    19.04.2017

    In der Psychogeografie Trumps führen alle Wege direkt auf ihn zu. Er ist seine eigene To-Donald-Liste.

    20.04.2017

    An der mexikanisch-amerikanischen Grenze wurden im März knapp 17.000 Menschen festgenommen. Im Dezember waren es noch 60.000 gewesen. Bei Eltern mit Kindern sank die Zahl von 16.000 auf 1.100 ab. Ein 17-Jahres-Tief. In seinen Ausläufern, südlich der großen Schicksalslinie, warten unterdessen noch immer zahllose Menschen auf ihre Chance, unbemerkt ins gelobte Land reinzukommen, derweil andere umkehren und zurück ins Hinterland irgendeines Hinterlandes gehen, das nicht nur keine Erfüllung, sondern auch keinen Glauben mehr kennt.

    21.04.2017

    Melania hüllt sich in Hervé Pierre und Christian Louboutin.

    Ich hülle mich darüber nicht länger in Schweigen,

    denn in meines Tagebuches Akten

    zählen nur die nackten

    Fakten.

    22.04.2017

    World Earth Day. Überall wird heute gegen die wachsende Umweltzerstörung protestiert. Auch in den USA, dem Land, das den Weißkopfseeadler in seinem Wappen trägt. Das Tier war in den 1960er-Jahren fast ausgestorben und wurde 1973 mithilfe des Gesetzes zum Schutz bedrohter Arten gerettet. Jetzt aber ist das Gesetz selbst bedroht. Ein paar republikanische Weißköpfe im Kongress wollen ihm die Flügel stutzen und eine Reihe von Tierarten von der Liste streichen. Zu viele Tiere, zu viel Schutz, zu viel Regulierung, sagen sie. Der Weißkopfseeadler ist allerdings nicht unter den Streichkandidaten, denn den hat die Bush-Administration bereits 2007 von der Liste genommen, da sich die Bestände erholt hatten und ein spezielles Gesetz aus dem Jahre 1940 das Tier weiterhin schützt. Von den meisten anderen Arten, die jetzt ihren Schutzstatus verlieren sollen, kann man das dagegen nicht behaupten. Aber die sind auch keine Nationalsymbole. Wobei das mit der Symbolik so eine Sache ist. Benjamin Franklin jedenfalls erklärte 1784 in einem Brief an seine Tochter Sarah: »Was mich betrifft, so wünschte ich, man hätte den Weißkopfseeadler nicht zum Repräsentanten unseres Landes gemacht; er ist ein Vogel von schlechtem moralischen Charakter. Er verdient seinen Lebensunterhalt nicht auf ehrliche Weise.«* Mit Blick auf Trump passt das immerhin wieder.

    23.04.2017

    Liebes Klima, du hast dich verändert. Melania wird immer kälter zu mir. Ich friere Tag und Nacht. Von wegen steigende Temperaturen. Es herrscht Eiszeit! Selbst mein Twitter-Vögelchen ist schon ganz blau. (Aus Donald Trump, Tagebuch, unveröffentlicht.)

    24.04.2017

    Es ist schwer zu sagen, ob ein Land, das pro Jahr 611 Milliarden Dollar fürs Militär ausgibt, ein besonders reiches oder ein besonders armes Land ist. Vielleicht ist es einfach beides. Und noch ein Drittes dazu: ein schizoides, schisszoides, schießzoides Land.

    25.04.2017

    Die Wahl Donald Trumps hat gezeigt, wie groß die Differenz zwischen politischer und kultureller Macht in einer westlichen Demokratie ist. Aber diese Erkenntnis hat auch etwas Gutes, um nicht zu sagen etwas Befreiendes. Sie macht nämlich (hoffentlich!) Schluss mit dem elenden Glauben, dass Schriftsteller, Musiker, Theaterschaffende, Künstler oder sonstige »Kulturintellektuelle« politisch etwas zu sagen hätten. Das haben sie nämlich nicht. Aber das soll mir nur recht sein. Zumal die ganze Angelegenheit auch ihren Witz hat. Denn, dass die Selbstüberschätzung der kulturellen Eliten von einem Mann beendet wurde, der sich mehr als jeder andere selbst überschätzt und mit Kunst und Kultur nichts, aber auch gar nichts am Hut hat, zeigt, dass die Ironie der Geschichte unter dem gegenwärtigen Getrumpel am besten gedeiht.

    26.04.2017

    Es gibt keine Entwicklung in diesem Tagebuch. Es ist eine Coming-of-Page-Geschichte, die jeden Tag aufs Neue beginnt.

    27.04.2017

    USA vs. Nordkorea, Trump gegen Kim Jong-un, Frisur 1 gegen Frisur 2. Der Tag der Entscheidelung naht. Dem Seitenscheidel sind alle Mittel recht, und der Mittelscheidel erklärt, sich von seiner schlimmsten Seite zu zeigen. Wer verliert, wird frisiert. Der andere nimmt den Hairway to Heaven.

    28.04.2017

    Die deutschen Reformatoren heißen Luther und Melanchthon, die amerikanischen Mnuchin und Cohn. Ihre Kirche ist die Finanzindustrie, ihr Katechismus das Steuergesetz. Für die Präsentation ihrer Thesen aber brauchten sie heute nur ein einziges Blatt. Ihre einfältige Trinitätslehre definiert sich als: »Wachstum, Jobs und Profite«, und das Heil findet sich nicht oben im Himmel, sondern unten, in den niedrigen Abgaben. Firmen sollen in Zukunft jedenfalls statt 35 % nur noch 15 % Unternehmenssteuer bezahlen und können ihre Gewinne aus Auslandsgeschäften gleich mit verrechnen. Wenn alles so kommt wie geplant, würden Trump und andere Milliardäre massiv entlastet werden. Aber das hat seinen Sinn. Die Sachs’schen Goldmänner wissen, wem sie ihre Karriere verdanken. Ihr Wittenberg heißt Washington, ihr Glaube buchstabiert sich als Gier.

    29.04.2017

    Alle berichten über meine 100 ersten Tage und wie chaotisch, verrückt und aufregend sie waren. Aber niemand schreibt über meine 100 letzten Nächte, und dass ich sie in trauriger Einsamkeit verbracht habe. Überall nur noch Fake, nirgends mehr Fuck News. Ungerecht!

    (Aus: Donald Trump, Tagebuch, unveröffentlicht)

    30.04.2017

    In den USA hat die Umweltschutzbehörde EPA ihre eigenen Analysen zum Klimawandel aus dem Netz genommen. Sie werden, so heißt es, überarbeitet. Draußen, vor dem klassizistischen Riesengebäude der EPA, fernab der gut gekühlten Räume, in denen die frisch geleerten Server stehen, überarbeitet der Klimawandel unterdessen die Realität. Für Washington D. C. werden morgen 28 Grad erwartet, und auch danach wird’s nicht kühler. Die monatliche Durchschnittstemperatur für den April liegt schon jetzt bei knapp 18 Grad. Das ist ein Grad über dem bisherigen Höchstwert aus dem Jahr 1994. Und außerhalb der Hauptstadt sieht’s nicht anders aus. Die ganze Ostküste schwitzt. Überall purzeln die Rekorde in die Höhe.

    01.05.2017

    Die US-Demokraten setzen auf die Macht von Graswurzelbewegungen beim Widerstand gegen Trump und bei der Erneuerung der eigenen Partei. Unterdessen steigen die Verkaufszahlen für Rasenmäher im ganzen Land stark an, und ein Ende dieser Entwicklung ist nicht in Sicht. Laut der Studie Power Lawn & Garden Equipment Market in the U.S. der Freedonia Group wird die Zahl der Rasenmäher bis 2021 »signifikant wachsen«.

    02.05.2017

    Trump will heute mit Putin am Telefon sprechen. Wie ist das möglich? Gelten Telefonate zwischen zwei Egomanen nicht eigentlich als Selbstgespräche?

    03.05.2017

    Nach über einhundert Tagebucheinträgen ist es mir endlich gelungen, eine definitive Definition der USA zu liefern. Also: Die USA sind ein Land, in dem die Gouverneure reich sind und irgendwie immer machen, was sie wollen. Sie sind Repukraten oder Demokaner, sehen aus, als seien sie einer Simpsons-Folge entsprungen, besitzen dutzende Firmen, haben früher mal viel Sport gemacht und später den Geruch von Schweiß als Basketballtrainer genossen, essen gern Mayonnaise-Sandwiches und geben ihren Kindern Namen wie Jay und Jill, weil sie heimlich Alliterationen lieben und sich selbst Jim Justice nennen, auch wenn die Leute in ihrem Bundesstaat häufiger als irgendwo sonst im Land an Gewalt und Drogen sterben, aber hey, das ist das Leben, das ist Amerika, aber das ist okay …

    04.05.2017

    Barack Obama schreibt ein Buch.

    Hillary Clinton schreibt ein Buch.

    Ivanka Trump schreibt ein Buch.

    Ich schreibe – kein Buch.

    Ich schreibe nur Tagebuch.

    Ich schreibe, wie andere Bücher schreiben.

    Ich bin ein Mann fremden Geletters.

    Ich bin ein Schrifthintenansteller.

    Ich bin ein von den Tagen Entlöhnter.

    05.05.2017

    Die Republikaner im Repräsentantenhaus haben entschieden: Obamacare soll in Teilen abgeschafft werden. Die Versicherer dürfen künftig älteren Menschen höhere Beiträge aufbürden als jungen, der Schutz für Patienten mit Vorerkrankungen wird deutlich beschnitten, das Budget des Gesundheitsfürsorgeprogramms für sozial Schwache massiv zusammengekürzt und stattdessen Steuererleichterungen für Besserverdienende eingeführt. Die Abstimmung war denkbar knapp. Die 193 Demokraten haben komplett dagegen gestimmt, 20 Republikaner haben sich ihnen angeschlossen, ein Republikaner war nicht da, und vier Sitze im Haus sind vakant. Am Ende hieß es 217:213 für die Republikaner. Ob ihre Vorlage im Senat durchkommen wird, ist allerdings offen. Es ist noch nicht mal sicher, ob sie dort überhaupt angenommen wird. Zwar haben die Republikaner im Senat die Mehrheit, inzwischen aber eine Vielzahl eigener Reformvorschläge erstellt, die seit Wochen über die Flure geistern. Ob sich einer von ihnen in den Hinterzimmern der Macht zu einer Gesetzesvorlage auswächst, die anschließend im Senat eine Mehrheit bekommt, weiß niemand zu sagen. Die Demokraten aber sind sich einig: Was immer die Republikaner machen, wird den Gesundheitsschutz von Millionen Menschen schwächen und dazu führen, dass viele ihre Krankenversicherung verlieren. »Ich habe in meinem ganzen Leben noch nie einen solchen politischen Selbstmord gesehen«, sagte eine demokratische Abgeordnete, die passenderweise Louise Slaughter heißt.

    06.05.2017

    Das Weiße Haus hat heute ein Foto veröffentlicht, das zeigt, wie Trump mit den republikanischen Vertretern des Repräsentantenhauses und Mitgliedern seiner Regierung den gestrigen Abstimmungssieg feiert. Das Bild wurde im Garten des Weißen Hauses aufgenommen. Trump steht am Rednerpult, dreht sich zu den hinter ihm wartenden Republikanern um und breitet die Arme aus, um zu zeigen: Ich hab’s geschafft! Die Republikaner heben den Daumen, lachen und jubeln ihm zu. Auf dem Foto sind 49 Männer und 1 Frau zu sehen. Aber die ist vom Vizepräsidenten verdeckt. Die Zahl der Afroamerikaner auf diesem Bild beträgt null.

    07.05.2017

    Donald Trump hat alles erreicht. Und doch, folgt man seinen Worten, ist es, als sei Amerika ein Synonym für alles, was noch nicht wahr geworden ist. Ein Möglichkeitsraum, dem die Geschichte die Erfüllung versagt hat. Doch jetzt ist ER gekommen. ER, der sich selbst nichts versagt, wird Amerikas Bestimmung erfüllen. Denn ER ist sich sicher: Das Schicksal seines Landes ist seins. Wenn Amerika ihm folgt, wird es groß, wird es siegen, wird es ein RE-ICH.

    08.05.2017

    Millionen Menschen

    haben

    Millionen Dinge

    über Donald Trumps

    eine und einzige

    Frisur

    gesagt,

    aber niemandem ist bisher aufgefallen,

    dass sie

    der größtmögliche Gegensatz

    zu einem

    Igelschnäuzchen

    ist.

    09.05.2017

    Trump hat heute FBI-Direktor James Comey gefeuert. Hintergrund ist die Tatsache, dass Comey Trumps Vorwürfe, Obama habe sein Telefon abgehört, nicht bestätigen wollte, weil auch nicht bestätigen konnte, denn an der Sache ist offensichtlich nichts dran, schließlich hat das FBI keinerlei Hinweise gefunden. Außerdem hat Comey den Geheimdienstausschuss des Repräsentantenhauses über die russischen Manipulationsversuche bei der Präsidentschaftswahl informiert und sich bei der Gelegenheit auch gleich noch über Trumps Russland-Kontakte ausgelassen, woraufhin Trump endgültig rot gesehen hat. Also hat er Comey gefeuert. Comeytenhafter Absturz sozusagen. Aber wer weiß, ob sich seine Entlassung am Ende nicht als Trumps Tunguska-Ereignis entpuppt.

    10.05.2017

    Ajit Pai, seines Zeichens Jurist, Republikaner und Vorsitzender der amerikanischen Bundesbehörde für Telekommunikation, will die Netzneutralität aufgeben, um, wie er sagt, das Internet freier zu machen. Freiheit aber bedeutet für ihn Deregulierung. Deregulierungen aber waren schon immer eine Grundlage für Klassengesellschaften – und das heißt: für Ungleichbehandlungen. Sie sind die eigentliche Essenz und das wahre Ergebnis dieser Form von Freiheit. Und das soll auch so sein, denn die Gleichbehandlung von Übertragungswegen – und das heißt in letzter Konsequenz: die gleichberechtigte Verbreitung von Daten im Netz – klingt in Ajit Pais Ohren nach digitalem Kommunismus. Er dagegen ist ein Mann des Kapitals. Einer, der die Schnelligkeit einer Entwicklung an der Geschwindigkeit misst, mit der die digitalen Dollars durch die Datenkabel rauschen. Ajit Pai heißt in Wahrheit Ajit Pay.

    11.05.2017

    Wenn’s Frühling wird,

    kommen sie hoch,

    die Toten aus den New Yorker Central-Park-Teichen.

    Ein einfaches Prinzip: steigt die Temperatur des Wassers,

    steigt die Menge der Bakterien darin,

    unaufhörlich, wie die Zahl von Trumps Twitter-Nachrichten.

    Die Bakterien aber sind glücklich, sie haben Arbeit und Unterkunft

    in den Brusthöhlen der Leute,

    direkt neben den Herzen, die für niemand mehr schlagen.

    Dort produzieren sie Gase,

    eine kleine, unterirdische Industrie,

    vertreten nicht von Gewerkschaften, sondern von Lobstergruppen.

    Und während die Bakterien arbeiten,

    bekommen die Körper Auftrieb

    und steigen, ganz langsam, aus der Tiefe empor.

    Aber wehe, wenn die Krebse sie kriegen,

    sie fressen den Auffahrenden Löcher in die Brust,

    und dann laufen die Herzen über und die Gase entweichen.

    Und dann? Dann wird’s Sommer,

    und in den New Yorker Central-Park-Teichen

    haben ein paar den Grund ihres Daseins auf ewig gefunden.

    12.05.2017

    Wer Scheiße baut, darf auch auf die Kacke hauen.

    (Aus: Donald Trump, Tagebuch, unveröffentlicht.)

    13.05.2017

    Donald Trump hat heute vor Studenten der Liberty University in Lynchburg/Virginia gesprochen, der größten privaten christlichen Universität in den USA. Das Wort Wissenschaft hat er in seiner Rede allerdings kein einziges Mal in den Mund genommen. Stattdessen hat er erklärt: »In America, we don’t worship government. We worship God.«

    Eine passende Aussage für eine Hochschule, in der die Lehrkräfte die Evolutionstheorie ablehnen und die Studierenden dazu verpflichtet werden, Kurse in kreationistischer Biologie zu besuchen, weshalb es dann auch kein Wunder ist, dass man in der universitätseigenen Sammlung das Alter der dort aufbewahrten Saurier-Fossilien mit 3.000 Jahren angibt.

    Und Trump? Der weiß dazu nichts zu sagen – und hat mit seinem Satz im Grunde auch schon alles gesagt, schließlich hat er seinen Ausspruch nicht als Regierungschef getan, sondern als der Gott, für den er sich hält.

    14.05.2017

    Flash-Mob auf einem Trump’schen Golf-Platz nahe Los Angeles. 200 Leute legen sich auf den kurz geschnittenen Rasen und formen den Schriftzug »RESIST!«. Die Betreiber der Anlage rufen die Polizei, die ist innerhalb von Minuten vor Ort, positioniert sich mit Mann und Maus auf dem Clubhaus-Balkon – und greift nicht ein. Niemand wird verhaftet, und nach einer Stunde gehen alle wieder nach Hause.

    Ein Zeichen der Hoffnung? Vielleicht. Vielleicht ist es aber auch ein Ausdruck der Selbstsicherheit eines Systems, das Kritik auf der Oberfläche (des Rasens) zulässt, um Zeit zu haben, sie tief in sich einzusaugen, und das heißt: sie zu assimilieren und sich untergründig nutzbar zu machen, um daraus zu lernen, damit »das System« gestärkt fortschreiten und noch widerstandsfähiger, noch endgültiger, noch unausweichlicher, kurzum: damit es UNWIDERSTEHLICH werden kann.

    15.05.2017

    Sitze beim Kieferchirurgen, Weisheitszahn-OP, gleich gehen die Lichter aus. Deshalb noch flugs im Kopf nach einem Gedanken gesucht und den Tag a priori verbucht. Also: Was ist der Unterschied zwischen Donald Trump und Wladimir Putin? Ganz einfach: Der eine nimmt immer nur den Mund voll, der andere kaut dagegen jedes Mal auf.

    16.05.2017

    Mein Anagramm-Generator ist ein schlaues Kerlchen. Als ich ihm heute mitgeteilt habe, dass Trump und Erdoğan sich treffen, hat er gesagt, er wisse alles über die beiden. Er brauche nur ihre Namen zu hören und schon sei ihm klar, was da gespielt wird.

    Na schön, hab ich gesagt, dann erklär mir doch mal, was die Ziele der beiden sind, was bei denen gerade politisch so läuft.

    »Mordant purge«, hat mein A.-G. mit Blick auf Erdoğan gesagt, »eine alles wegbeißende Säuberungsaktion.«

    Und Trump, hab ich gefragt, was macht der gerade?

    »Dormant purge«, lautete die Antwort, »eine stille Säuberungsaktion.«

    Verstehe, hab ich gesagt, und wie erreichen sie das?

    »Tamper ground«, meinte mein Ej-Tschie bezüglich Erdoğan, »Grundlage fälschen.«

    Und Trump?

    »Argument drop«, war seine Antwort, »kein Argument zulassen.«

    Klingt plausibel, hab ich gesagt, aber weißt du auch, worüber sie heute gesprochen haben?

    Aber mein Ej-Tschie meinte, sie hätten nicht gesprochen.

    Aber was haben sie dann getan, wollte ich wissen, was war das zwischen den beiden heute im Weißen Haus?

    »A grunted romp«, hat er gesagt, »ein dahingegrunztes Techtelmechtel.«

    17.05.2017

    Man könnte Donald Trump aufgrund dessen, was er sagt und tut, als Witzfigur betrachten, als ein irres Maskottchen der amerikanischen Demokratie, aber das ist er nicht, im Gegenteil, er ist ihr ureigenstes Abbild, ihr reinstes Produkt – der auf die Washingtoner Erde gekommene Sohn der Gründerväter.

    18.05.2017

    Chelsea Manning ist frei. Endlich! Aber vergessen wir nicht all die anderen, die wegen ähnlicher »Vergehen« noch immer in Haft sitzen: Jeremy Hammond, der die kriminellen Machenschaften von Stratfor öffentlich machte, Ryan Johnson, der sich dem Einsatz im Irak widersetzte, oder Jeffrey Sterling, der als geheim eingestufte Informationen weitergab und damit politische Skandale aufdeckte. Ein Sprichwort sagt: Ehrlich währt am längsten. In diesen Fällen muss es wohl eher lauten: Ehrlich sitzt am längsten. Allerdings nicht am politischen Hebel, sondern im amerikanischen Knast.

    19.05.2017

    Trump auf großer Auslandsreise. Heute ist er in Saudi-Arabien, morgen in Israel – ziemlich verzwickte Interessen, komplizierte Materie, reichlich vermintes Gelände, überhaupt nicht sein Ding. Danach geht’s weiter zum Papst in den Vatikan, da gibt’s bestimmt auch nur Mecker. Aber dann, dann geht’s endlich nach Belgien – und mit Belgien kennt er sich aus, zu Belgien wusste er schon letztes Jahr im Wahlkampf etwas zu sagen. »Also, Belgien«, hat er gesagt, »Belgien ist eine wunderschöne Stadt.«

    20.05.2017

    Trump tütet den größten Rüstungsdeal der US-Geschichte ein und verkauft den Saudis amerikanische Waffen im Wert von 110 Milliarden Dollar. Gefragt, wozu er so viele Waffen brauche und ob er zufrieden mit dem Geschäft sei, sagte Kronprinz Mohammed Bin Salman: »Yeah, man.«

    21.05.2017

    Und es ist Sonntag in Amerika, und Donald ist nicht im Land, und alle atmen auf und aus und ein und durch, denn es ist der erste Tag seit Monaten, der ihnen eine Ahnung davon verschafft, wie es mal gewesen ist, damals, als das Lachen über den Clown noch Teil der Aufführung war und er es ihnen nicht täglich zurück in die Hälse gestopft hat, eine Ahnung, wie es einst war und irgendwann wieder sein wird, dann, wenn alles ganz anders ist und das Luftholen in den Unbemerktheiten des Tages verschwindet, wenn es in ihm aufgeht wie ein Teig voller Hefe, den irgendjemand – ein Zauberer vielleicht? – vor aller Augen in eine Schüssel gelegt und unter seinem Tuch zum Verschwinden gebracht hat.

    22.05.2017

    Trumpel in Israel.

    Trouble is real.

    23.05.2017

    Trump schnappt sich SNAP, das Supplemental Nutrition Assistance Program, hierzulande auch

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