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Die ersten Menschen auf dem Mond: Ein SciFi Klassiker von H.G. Wells
Die ersten Menschen auf dem Mond: Ein SciFi Klassiker von H.G. Wells
Die ersten Menschen auf dem Mond: Ein SciFi Klassiker von H.G. Wells
eBook319 Seiten4 Stunden

Die ersten Menschen auf dem Mond: Ein SciFi Klassiker von H.G. Wells

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Über dieses E-Book

"Als erster Mensch auf dem Mond"
Der erfolglose Geschäftsmann Bedford wittert das ganz große Geld, als er das Genie Cavor kennenlernt.
Dieser hat einen Stoff entdeckt, der die Gravitation aufhebt.
Gemeinsam wollen sie mit einer von Cavor entwickelten Kapsel zum Mond fliegen.
Als das Unglaubliche gelingt, müssen sie feststellen, dass der Erdtrabant bewohnt ist …

Fantastischer, intelligenter Sci-Fi-Klassiker in neuer Übersetzung.
SpracheDeutsch
HerausgeberMantikore-Verlag
Erscheinungsdatum1. Juni 2020
ISBN9783961880645
Die ersten Menschen auf dem Mond: Ein SciFi Klassiker von H.G. Wells
Autor

H. G. Wells

H.G. Wells (1866–1946) was an English novelist who helped to define modern science fiction. Wells came from humble beginnings with a working-class family. As a teen, he was a draper’s assistant before earning a scholarship to the Normal School of Science. It was there that he expanded his horizons learning different subjects like physics and biology. Wells spent his free time writing stories, which eventually led to his groundbreaking debut, The Time Machine. It was quickly followed by other successful works like The Island of Doctor Moreau and The War of the Worlds.

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    Buchvorschau

    Die ersten Menschen auf dem Mond - H. G. Wells

    Jahren.

    KAPITEL EINS

    Das Treffen zwischen Mr. Bedford

    und Mr. Cavor in Lympne

    Während ich mich hier im Schatten der Weinblätter unter dem blauen Himmel von Süditalien zum Schreiben niedersetze, wird mir mit gewissem Erstaunen bewusst, dass meine Teilnahme an jenen erstaunlichen Abenteuern von Mr. Cavor am Ende das Ergebnis reinsten Zufalls war. Es hätte jeden treffen können. Ich stürzte zu einem Zeitpunkt in diese Angelegenheiten hinein, als ich dachte, mich der geringsten Chance auf verstörende Erfahrungen entzogen zu haben. Ich war nach Lympne gekommen, weil ich es mir als den ereignislosesten Ort der Welt vorstellte. »Jedenfalls«, sagte ich, »werde ich hier Frieden und die Gelegenheit zur Arbeit finden.«

    Und dieses Buch ist die Konsequenz. Wie sehr das Schicksal doch im Widerspruch zu den kleinen Plänen der Menschen steht. An dieser Stelle sollte ich vielleicht erwähnen, dass ich vor Kurzem eine Schlappe bei gewissen Geschäftsunternehmungen erlitten hatte. Da ich nun hier sitze, umgeben von wohlhabendsten Verhältnissen, kann ich mir den Luxus leisten, meine äußerste Not zuzugeben. Ich kann sogar eingestehen, dass meine Missgeschicke bis zu einem gewissen Grad möglicherweise meine eigene Schuld waren. Es gibt Tätigkeiten, bei denen ich einiges Können aufweise, doch gehört das Geschäftemachen nicht dazu. Doch in jenen Tagen war ich jung, und meine Jugend nahm, neben anderen unangenehmen Gestalten, jene von Hochmut bezüglich meiner Geschäftstüchtigkeit an. Ich bin weiterhin jung an Jahren, doch haben die Dinge, die mir zugestoßen sind, etwas von der Jugend meines Geistes abgerieben. Ob sie darunter jedoch Weisheit ans Licht gebracht haben, ist fragwürdiger.

    Es ist kaum notwendig, im Einzelnen auf die Spekulationen einzugehen, die mich nach Lympne in Kent brachten. Heutzutage haftet sogar Geschäftsvorgängen ein Aroma des Abenteuers an. Ich ging Risiken ein. In diesen Dingen gibt es ausnahmslos ein gewisses Geben und Nehmen, und schließlich fiel es mir zu, widerwillig reichlich zu geben. Selbst als ich aus allem herausgekommen war, hielt es ein streitsüchtiger Gläubiger für nötig, Heimtücke zu zeigen. Womöglich sind Sie schon auf dieses brennende Gefühl wütender Tugend gestoßen oder haben es nur verspürt. Er setzte mir hart zu. Letztendlich war ich überzeugt, dass ich nichts weiter tun konnte, als ein Theaterstück zu schreiben, wenn ich mich für meinen Lebensunterhalt nicht als Büroangestellter abmühen wollte. Ich besitze eine gewisse Vorstellungskraft und einen luxuriösen Geschmack, und ich wollte energisch kämpfen, um ein solches Schicksal zu vermeiden. Zusätzlich zu meinem Vertrauen in meine Fähigkeiten als Geschäftsmann war ich zu jener Zeit überzeugt, dass ich in der Lage wäre, sehr gute Theaterstücke zu schreiben. Es ist, wie ich annehme, keine allzu ungewöhnliche Überzeugung. Ich wusste, dass es außerhalb legitimer Geschäftsvorgänge kaum etwas gab, das so viele opulente Möglichkeiten bot, und sehr wahrscheinlich beeinflusste dies meine Meinung. Ich hatte mir tatsächlich angewöhnt, dieses ungeschriebene Drama als hübsche, kleine Reserve für einen schwarzen Tag zurückzustellen. Dieser schwarze Tag war gekommen, und ich machte mich an die Arbeit.

    Ich bemerkte bald, dass das Verfassen eines Stückes zeitaufwendiger war, als ich angenommen hatte. Zunächst hatte ich dafür zehn Tage anberaumt, und auf der Suche nach einer Absteige für diese Zeit war ich nach Lympne gekommen. Ich schätzte mich glücklich, den kleinen Bungalow zu bekommen. Ich erhielt ihn mit einem Vertrag über drei Jahre. Ich stellte ein paar einfache Möbel hinein, und während das Stück in Arbeit war, kochte ich selbst. Meine Kochkunst hätte Mrs. Bond schockiert. Und dennoch, wissen Sie, es schmeckte. Ich hatte eine Kaffeekanne, einen Topf für Eier, einen für Kartoffeln und eine Bratpfanne für Würste und Speck: Dies waren die einfachen Vorrichtungen für meinen Komfort. Man kann nicht immer herausragend sein, Einfachheit jedoch ist stets eine mögliche Alternative. Für den Rest kaufte ich auf Kredit ein Achtzehn-Gallonen-Bierfass, und täglich kam ein vertrauensvoller Bäcker vorbei. Dies war vielleicht nicht der Lebensstil von Sybaris, aber ich hatte schon schlechtere Zeiten erlebt. Der Bäcker, der ein wirklich anständiger Mann war, tat mir ein wenig leid, doch selbst für ihn hatte ich Hoffnung.

    Wenn jemand nach Einsamkeit sucht, so ist Lympne sicherlich der richtige Ort. Es liegt im Lehmteil von Kent, und mein Bungalow stand am Rande einer alten Meeresklippe und bot einen Blick über die Ebene der Romney Marsh aufs Meer. Bei sehr nassem Wetter ist das Haus beinahe unerreichbar, und ich habe gehört, dass der Postbote die schlammigeren Abschnitte seiner Route gelegentlich mit Brettern an seinen Füßen entlangging. Ich habe nie gesehen, wie er dies tat, aber ich kann es mir durchaus vorstellen. Vor den Türen der wenigen Hütten und Häuser, aus denen das Dorf derzeit besteht, stecken große Birkenbesen, um den schlimmsten Lehm wegzuwischen, was einigen Aufschluss über die Textur des Distrikts geben dürfte. Ich zweifle, dass es diesen Ort überhaupt geben würde, wäre er nicht eine verblasste Erinnerung an längst Vergangenes. Zur Zeit der Römer war hier die große Hafenstadt Portus Lemanis, und inzwischen liegt die See vier Meilen entfernt. Den gesamten steilen Hügel hinunter liegen Felsblöcke und Unmengen römischen Ziegelwerks, und von dort aus verläuft die alte Watling Street, stellenweise noch gepflastert, pfeilgerade nach Norden. Damals stand ich auf dem Hügel und dachte an all das: die Galeeren und Legionen, die Gefangenen und Beamten, die Frauen und Händler, die Spekulanten wie ich, an all das Schwärmen und den Tumult, die lärmend im Hafen ein- und ausgingen. Und nun gibt es nur noch ein paar Geröllhaufen auf einem grasbedeckten Hang, ein Schaf oder zwei – und mich. Und wo die Hafenstadt gewesen war, lagen nun die Ebenen der Marschlandschaft, die eine weite Biegung bis zum entfernten Dungeness beschreiben, wo hier und da verstreute Baumgruppen stehen und die Kirchtürme vergangener mittelalterlicher Städte, die Lemanis nun in den Untergang folgen.

    Jener Ausblick auf das Marschland war tatsächlich eine der schönsten Ansichten, der ich je gewahr wurde. Ich nehme an, Dungeness war fünfzehn Meilen weit entfernt: Es lag wie ein Floß auf dem Meer, und noch weiter im Westen standen die Hügel von Hastings unter der sinkenden Sonne. Manchmal hingen sie nahe und deutlich da, manchmal waren sie verschwommen und niedrig, und oft genug ließ sie das Wetter gänzlich aus dem Blickfeld verschwinden. Und all die näherliegenden Abschnitte des Marschlands waren von Gräben und Kanälen durchzogen.

    Das Fenster, neben dem ich arbeitete, gab den Blick auf den Horizont über dem Grat frei, und es war von diesem Fenster aus, da ich Cavor zum ersten Mal sah. Es war just, als ich mit meinem Szenarium kämpfte, meinen Geist zu dieser harten Arbeit zwang, und natürlich erregte er meine Aufmerksamkeit.

    Die Sonne war untergegangen, der Himmel bot strahlende Beschaulichkeit in Grün und Gelb, und dagegen hob er sich schwarz ab: eine merkwürdige, kleine Gestalt.

    Er war ein kleines, rundliches, dünnbeiniges Männlein mit Bewegungen von ruckartiger Eigenheit. In seinem außergewöhnlichen Geist hatte er es für passend empfunden, sich mit einer Cricketmütze, einem Überrock, Fahrrad-Kniebundhosen und Strümpfen zu kleiden. Warum er dies tat, weiß ich nicht, denn er fuhr niemals Fahrrad und spielte auch nie Cricket. Es war ein zufälliges Zusammentreffen von Kleidungsstücken, weiß der Himmel, wie es entstand. Er gestikulierte mit Händen und Armen, sein Kopf ruckte hin und her, und er summte. Er summte wie etwas Elektrisches. Sie haben nie solch ein Summen gehört. Und hin und wieder räusperte er sich mit einem höchst außergewöhnlichen Laut.

    Es hatte geregnet, und sein zuckender Gang wurde durch die extreme Glitschigkeit des Fußweges noch verstärkt. Gerade als er sich vor die Sonne bewegte, hielt er inne, zog eine Uhr hervor, zögerte. Dann, mit einer irgendwie krampfhaften Geste, machte er kehrt und zog sich mit aller vorstellbaren Eile zurück, wobei er nicht länger gestikulierte, sondern mit weitem Schritt ging, welcher seine relativ großen Füße – ihre scheinbare Größe wurde, wie ich mich erinnere, durch den klebenden Lehm noch verstärkt– zum bestmöglichen Vorteil zeigte.

    Dies geschah am ersten Tag meines Aufenthalts, als meine schreiberische Energie auf ihrem Höhepunkt war und ich den Vorfall einfach als lästige Ablenkung abtat: eine Verschwendung von fünf Minuten. Ich wandte mich wieder meinem Szenarium zu. Doch als sich diese Erscheinung am nächsten Abend mit erstaunlicher Genauigkeit wiederholte, und erneut am nächsten Abend und tatsächlich jeden Abend, wenn kein Regen fiel, wurde die Konzentration auf das Theaterstück immer mühevoller. »Zum Kuckuck mit dem Mann«, sagte ich, »man würde glatt denken, er lerne, eine Marionette zu sein!«, und über mehrere Abende verfluchte ich ihn kräftig. Dann machte meine Verärgerung Überraschung und Neugierde Platz. Warum in aller Welt würde ein Mensch so etwas tun? Am vierzehnten Abend hielt ich es nicht mehr aus, und somit öffnete ich die Terrassentür, sobald er auftauchte, überquerte die Veranda und ging auf den Punkt zu, wo er jedes Mal stehenblieb.

    Er hatte seine Uhr in der Hand, als ich ihn erreichte. Er hatte ein pausbäckiges, rötliches Gesicht und rötlich braune Augen – zuvor hatte ich ihn nur im Gegenlicht gesehen. »Einen Augenblick, Sir«, sagte ich, als er sich umwandte. »Einen Augenblick«, sagte er, »sicher. Oder, wenn Sie länger mit mir sprechen möchten und es nicht zu viel verlangt ist – Ihr Augenblick ist um –, würde es Ihnen etwas ausmachen, mich zu begleiten?«

    »Nicht im Geringsten«, sagte ich und ging neben ihm her.

    »Meine Gewohnheiten sind regelmäßig. Meine Zeit für Unterhaltungen – begrenzt.«

    »Zu dieser Zeit, nehme ich an, betätigen Sie sich sportlich?«

    »Ganz recht. Ich komme her, um den Sonnenuntergang zu genießen.«

    »Tun Sie nicht.«

    »Sir?«

    »Sie sehen ihn sich nie an.«

    »Sehe ihn mir nie an?«

    »Nein. Ich habe Sie dreizehn Abende lang beobachtet, und nicht einmal haben Sie den Sonnenuntergang angeblickt – nicht einmal.«

    Er runzelte die Stirn wie jemand, der einem Problem gegenübersteht.

    »Nun, ich genieße das Sonnenlicht … die Atmosphäre … Ich gehe diesen Weg entlang, durch jenes Tor … « Er ruckte mit dem Kopf über seine Schulter. »… und ums …«

    »Tun Sie nicht. Haben Sie nie. Das ist alles Unsinn. Dort gibt es keinen Weg. Heute Abend, zum Beispiel …«

    »Ah! Heute Abend! Lassen Sie mich nachsehen. Ah! Ich sah gerade auf meine Uhr, sah, dass ich bereits mehr als drei Minuten über die genaue halbe Stunde hinaus draußen war, entschied, dass keine Zeit war, herumzugehen, drehte mich um …«

    »Das tun Sie immer.«

    Er sah mich an – überlegte. »Vielleicht tue ich das, wenn ich jetzt so darüber nachdenke. Aber was war es denn, worüber Sie mit mir sprechen wollten?«

    »Nun, darüber!«

    »Darüber?«

    »Ja. Warum machen Sie das? Jeden Abend kommen Sie her und machen ein Geräusch …«

    »Ich mache ein Geräusch?«

    »In etwa so.« Ich ahmte sein Summen nach. Er sah mich an, und es war deutlich, dass das Summen seine Antipathie hervorrief.

    »Das mache ich?«, fragte er.

    »Jeden Abend, den Gott werden lässt.«

    »Ich hatte keine Ahnung.«

    Er hielt inne und betrachtete mich ernsthaft. »Kann es sein«, sagte er, »dass ich eine Angewohnheit entwickelt habe?«

    »Nun, es sieht so aus. Oder nicht?«

    Er zog seine Unterlippe zwischen Daumen und Zeigefinger herunter. Er betrachtete eine Pfütze zu seinen Füßen.

    »Mein Geist ist sehr beschäftigt«, sagte er. »Und Sie wollen wissen, wieso! Nun, Sir. Ich kann Ihnen versichern, dass ich nicht nur nicht weiß, warum ich diese Dinge tue, ich weiß nicht einmal, dass ich sie getan haben. Wenn man darüber nachdenkt, so ist es genau, wie Sie sagen: Ich bin nie jenseits dieses Feldes gewesen … Und diese Dinge verärgern Sie?«

    Aus irgendeinem Grund ließ ich mich allmählich von ihm erweichen. »Nicht verärgern«, sagte ich. »Allerdings … Stellen Sie sich vor, Sie würden ein Theaterstück schreiben!«

    »Das könnte ich nicht.«

    »Nun gut, irgendetwas, das Konzentration erfordert.«

    »Ah!«, sagte er, »natürlich«, und dachte nach. Sein Gesichtsausdruck wurde so voller Kummer, dass ich noch mehr nachgab. Schließlich liegt ein Hauch Aggression darin, von einem Mann, den man nicht kennt, wissen zu wollen, warum er auf einem öffentlichen Fußweg vor sich hin summt.

    »Sie sehen«, sagte er schwach, »es ist eine Angewohnheit.«

    »Oh, das erkenne ich.«

    »Ich muss damit aufhören.«

    »Aber nicht, wenn es Sie verstimmt. Schließlich war es nicht meine Sache … Es ist doch eine Art Freiheit.«

    »Überhaupt nicht, Sir«, sagte er, »überhaupt nicht. Ich stehe tief in Ihrer Schuld. Ich sollte mich vor solchen Dingen hüten. Zukünftig werde ich das. Würde es Ihnen etwas ausmachen … noch einmal? Das Geräusch?«

    »Etwas so«, sagte ich. »Susuu, susuu. Aber eigentlich, wissen Sie …«

    »Ich danke Ihnen vielmals. Es ist ja so, dass ich weiß, dass ich manchmal furchtbar abwesend bin. Sie sind durchaus im Recht, Sir … vollkommen im Recht. Ich stehe wirklich in Ihrer Schuld. Diese Sache muss enden. Und nun, Sir, habe ich Sie weiter mitgenommen, als ich sollte.«

    »Ich hoffe doch, dass meine Dreistigkeit …«

    »Mitnichten, Sir, mitnichten.«

    Wir musterten einander einen Moment lang. Ich lupfte meinen Hut und wünschte ihm einen guten Abend. Zuckend erwiderte er den Gruß, und so gingen wir unserer Wege.

    Am Zauntritt blickte ich zurück auf seine sich entfernende Gestalt. Seine Haltung hatte sich merklich verändert; er schien schlapp, eingesunken. Der Kontrast zu seinem alten, gestikulierenden, susuuenden Selbst erschien mir auf absurde Weise bedauernswert. Ich blickte ihm nach, bis er außer Sicht war. Danach wünschte ich mir von Herzen, ich hätte mich um meine eigenen Angelegenheiten gekümmert, und kehrte in meinen Bungalow und zu meinem Stück zurück.

    Am nächsten Abend sah ich nichts von ihm, auch nicht am Abend darauf. Doch bekam ich ihn durchaus nicht aus dem Kopf, und mir kam der Gedanke, dass er als sentimentale, komische Figur bei der Entwicklung meiner Handlung einen nützlichen Zweck erfüllen könnte. Am dritten Tag kam er mich besuchen.

    Eine Zeitlang wunderte ich mich darüber, was ihn hergeführt hatte. Er führte eine gleichgültige, höchst formelle Konversation, dann kam er abrupt zur Sache. Er wollte mir den Bungalow abkaufen.

    »Sehen Sie«, sagte er, »ich mache Ihnen nicht den geringsten Vorwurf, doch haben Sie meine Angewohnheit zerstört, und das bringt meinen Tag durcheinander. Jahrelang ging ich hier vorbei – jahrelang! Zweifellos summte ich … Sie haben all das unmöglich gemacht!«

    Ich schlug vor, er solle einen anderen Weg versuchen.

    »Nein. Es gibt keinen anderen. Dies ist der einzige. Ich habe mich erkundigt. Und nun – jeden Nachmittag um vier Uhr – gerate ich in eine Sackgasse.«

    »Aber, verehrter Herr, wenn Ihnen die Sache so wichtig ist …«

    »Sie ist lebenswichtig. Sehen Sie, ich … ich bin Forscher … Ich betreibe wissenschaftliche Forschungen. Ich wohne …«

    Er schien zu überlegen. »Genau dort drüben«, sagte er und deutete mit dem Finger gefährlich nah an meinem Auge. »Das Haus mit den weißen Schornsteinen, die Sie gerade so über die Bäume hinweg sehen können. Und meine Lebenslage ist ungewöhnlich … ungewöhnlich. Ich stehe kurz vor der Vollendung einer der wichtigsten … Demonstrationen … Ich kann Ihnen versichern: eine der wichtigsten Demonstrationen, die jemals gemacht wurden. Sie verlangt nach ständigem Nachdenken, ständiger geistiger Leichtigkeit und Aktivität. Und der Nachmittag war meine brillanteste Zeit! … Aufbrausend mit neuen Ideen … neuen Betrachtungsweisen.«

    »Aber warum gehen Sie nicht weiterhin vorbei?«

    »Alles wäre anders. Ich wäre befangen. Ich würde über Sie und Ihr Stück nachdenken – wie Sie mich irritiert ansehen –, anstatt über meine Arbeit nachzudenken. Nein! Ich muss den Bungalow haben.«

    Ich überlegte. Ich wollte die Angelegenheit selbstredend gründlich überdenken, bevor irgendetwas Endgültiges gesagt würde. Ich war jener Tage im Allgemeinen bereit, Geschäfte zu tätigen, und ein Verkauf erschien mir immer attraktiv; doch erstens gehörte der Bungalow nicht mir, und selbst wenn ich ihn ihm zu einem guten Preis verkaufte, würde ich vermutlich in Schwierigkeiten geraten, wenn ich diese Abmachung erfüllte, sollte der derzeitige Besitzer Wind von dem Verkauf bekommen, und zweitens war es mir, nun … unbehaglich. Es war zweifellos ein Geschäft, das einer vorsichtigen Handhabung bedurfte. Darüber hinaus war auch die Möglichkeit, dass er tatsächlich an einer wertvollen Erfindung forschte, für mich von großem Interesse. Mir wurde klar, dass ich gerne mehr über seine Forschung herausfinden wollte, ohne jedwede Hintergedanken, sondern einfach mit der Vorstellung, dass es mich von der Schreibarbeit ablenken würde, wenn ich wüsste, worum es sich handelte. Ich streckte meine Fühler aus.

    Er war durchaus gewillt, Auskunft zu geben. Sobald das Gespräch erst einmal in Gang gekommen war, wurde es tatsächlich zu einem Monolog. Er sprach wie ein Mann, in dem sich viel aufgestaut und der diese Rede wieder und wieder vor selbst gehalten hatte. Er sprach gut eine Stunde lang, und ich muss zugeben, ich fand das, was ich hörte, ein wenig steif. Doch durch all das zog sich der Unterton der Befriedigung, die man verspürt, wenn man die Arbeit vernachlässigt, die man sich selbst auferlegt hat. Während dieses ersten Gesprächs verstand ich wenig von seiner Arbeit. Die Hälfte seiner Worte behandelte technische Einzelheiten, die mir vollkommen fremd waren, und er illustrierte für mich ein oder zwei Punkte mit etwas, was er mit Zufriedenheit grundlegende Mathematik nannte, und berechnete etwas auf einem Briefumschlag mit einem Durchschlagsstift, auf eine Weise, durch die das Verständnis noch weiter erschwert wurde. »Ja«, sagte ich, »ja. Fahren Sie fort!« Nichtsdestotrotz verstand ich genug, um mich davon zu überzeugen, dass er nicht nur ein Sonderling war, der den Entdecker spielte. Trotz seiner spinnerhaften Erscheinung hatte er eine Kraft an sich, die dies unmöglich machte. Was auch immer es war, es war ein Ding mit mechanischen Einsatzmöglichkeiten. Er erzählte mir von einer Werkstatthütte, die er besaß, und von drei Assistenten – vormals Gelegenheitsarbeiten verrichtende Handwerkergesellen –, die er ausgebildet hatte. Nun, von der Werkstatthütte bis zum Patentamt ist es zweifellos nur ein Schritt. Er lud mich auf einen Besuch ein. Ich nahm bereitwillig an und achtete darauf, dies mit der einen oder anderen Bemerkung zu betonen. Die vorgeschlagene Übertragung des Bungalows blieb in der Schwebe, was sehr günstig war.

    Schließlich erhob er sich zum Abschied und entschuldigte sich für die Länge seines Besuchs. Über seine Arbeit zu sprechen, war, wie er sagte, eine Freude, die er zu selten genoss. Es käme nicht oft vor, dass er auf einen so intelligenten Zuhörer wie mich stieß, er träfe sich kaum mit professionellen Wissenschaftlern.

    »So viel Kleinlichkeit«, erklärte er, »so viele Intrigen! Und wirklich, wenn man eine Idee hat – eine neuartige, fruchtvolle Idee … Ich will nicht unnachsichtig klingen, aber …«

    Ich bin ein Mann, der an Impulsivität glaubt. Ich machte einen womöglich übereilten Vorschlag. Man bedenke jedoch, dass ich in Lympne vierzehn Tage lang allein mit dem Verfassen eines Theaterstücks beschäftigt war und meine Gewissenbisse wegen seines ruinierten Spaziergangs weiterhin über mir hingen. »Warum«, fragte ich, »machen Sie dies nicht zu Ihrer neuen Gewohnheit? Anstelle derjenigen, die ich verdorben habe? Zumindest solange, bis wir uns wegen des Bungalows geeinigt haben. Was Sie wollen, ist doch, Ihre Arbeit im Kopf durchzugehen. Das haben Sie während Ihrer Nachmittagsspaziergänge immer getan. Unglücklicherweise sind diese vorbei: Sie können nicht zurückgewinnen, was war. Aber kommen Sie doch her und sprechen Sie mit mir über Ihre Arbeit. Betrachten Sie mich als eine Art Wand, gegen die Sie Ihre Ideen werfen und dann wieder auffangen können. Sicherlich weiß ich nicht genug, um Ihnen die Ideen stehlen zu können … und ich kenne keine Wissenschaftler …«

    Ich hielt inne. Er überlegte. Offenkundig reizte ihn die Sache.

    »Ich fürchte aber, dass ich Sie langweilen werde«, sagte er.

    »Glauben Sie, ich bin zu einfältig?«

    »Oh, nein. Nur die technischen Einzelheiten …«

    »Gleichwohl haben Sie heute Nachmittag mein Interesse geweckt.«

    »Es wäre mir natürlich eine große Hilfe. Nichts macht Ideen so klar, als wenn man sie erklärt. Bislang …«

    »Mein lieber Herr, sprechen Sie nicht weiter.«

    »Aber können Sie denn die Zeit aufbringen?«

    »Es gibt keine bessere Erholung als eine andere Beschäftigung«, sagte ich mit tiefster Überzeugung.

    Die Angelegenheit war geklärt. Auf der Verandatreppe drehte er sich um. »Ich stehe bereits tief in Ihrer Schuld«, sagte er.

    Ich gab ein fragendes Geräusch von mir.

    »Sie haben mich vollkommen von dieser lächerlichen Angewohnheit des Summens geheilt«, erklärte er.

    Ich glaube, ich sagte, ich wäre froh, ihm einen Gefallen getan zu haben, und er wandte sich ab.

    Der Gedankengang, den unser Gespräch angeregt hatte, musste ihn unmittelbar wieder in den Griff bekommen haben. Er begann wie zuvor, mit den Armen zu wedeln. Der Wind trug das leise Echo von „Susuu" zu mir heran …

    Nun, das war schließlich nicht meine Sache …

    Er kam am nächsten Tag und am Tag danach und hielt zu unserer gegenseitigen Zufriedenheit zwei Vorlesungen über Physik ab. Er strahlte äußerste Luzidität aus, als er über den »Äther«, »Antriebsröhren«, »Gravitationspotenzial« und derlei sprach, und ich saß in meinem Klappstuhl und sagte: »Ja«, »Fahren Sie fort«, »Ich kann Ihnen folgen«, damit er weitersprach. Es war ungeheuer schwieriger Stoff, aber ich glaube nicht, dass er jemals vermutete, wie wenig ich verstand. Es gab Momente, da ich am Sinn dieser Tätigkeit zweifelte, jedenfalls aber ruhte ich mich von jenem vermaledeitem Theaterstück aus. Dann und wann erschienen mir die Dinge klarer, nur um mir wieder zu

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